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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_533/2014 {T 0/2}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 31. Juli 2014  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Meyer, als Einzelrichter, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons Solothurn,  
Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Michèle Wehrli Roth, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn 
vom 2. Juni 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ bezog mit Wirkung seit August 2001 eine halbe Invalidenrente. Im Rahmen einer Überprüfung des Rentenanspruchs beauftragte die IV-Stelle des Kantons Solothurn am 4. April 2012 eine Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) mit der Erstellung eines polydisziplinären Gutachtens. Mit Verfügung vom 27. Mai 2013 hob die Verwaltung die Invalidenrente (auf Juli 2013 hin) auf. 
 
B.   
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn hiess die dagegen erhobene Beschwerde in dem Sinne gut, als es die Verfügung vom 27. Mai 2013 aufhob und die Sache an die IV-Stelle zurückwies, "damit diese eine neue MEDAS-Abklärung nach dem Verfahren im Sinne der Erwägungen veranlasse und hierauf neu über den Leistungsanspruch der Beschwerdeführerin entscheide" (Entscheid vom 2. Juni 2014). 
 
C.   
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Die Sache sei zur materiellen Überprüfung der Verfügung vom 27. Mai 2013 an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventuell sei die Sache vom Bundesgericht materiell zu prüfen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das kantonale Gericht erwog, die mit BGE 137 V 210 geänderte Rechtsprechung zur Einholung von MEDAS-Gutachten sei im Grundsatz auch auf im Zeitpunkt der Rechtsprechungsänderung laufende Verfahren anwendbar. Bei der Auftragsvergabe an die MEDAS am 4. April 2012 seien die neuen Anforderungen zwar teilweise eingehalten worden. So sei der Beschwerdeführerin bei der Mitteilung der zu beauftragenden Gutachtenstelle der Fragenkatalog zur Stellungnahme zugestellt worden. Auch habe sie Gelegenheit erhalten, triftige Einwendungen gegen die Gutachtenstelle zu erheben. Jedoch sei das Zufallsprinzip (BGE 137 V 210 E. 3.1 S. 242) unberücksichtigt geblieben. Soweit und solange die Vergabeplattform SuisseMED@P im Zeitpunkt der Auftragserteilung (nach ihrer förmlichen Inbetriebnahme auf den 1. März 2012; vgl. Art. 72bis IVV sowie die einschlägigen Verwaltungsweisungen) noch nicht funktioniert habe, hätten die IV-Stellen das Zufallsprinzip auf andere Weise umsetzen müssen. Daher werde die Sache an die IV-Stelle zurückgewiesen, damit diese nach dem geltenden Verfahren ein neues Gutachten einhole. 
 
2.   
Die Beschwerde richtet sich gegen einen Zwischenentscheid, der vor Bundesgericht prinzipiell nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a oder b BGG angefochten werden kann (vgl. BGE 138 V 271). 
 
2.1. Nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid zulässig, wenn dieser einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Ein solcher besteht aus Sicht der Behörde nur, soweit der Rückweisungsentscheid materiellrechtliche Festlegungen enthält (BGE 133 V 477 E. 5.2.4 S. 484). Erfolgt die Rückweisung dagegen zwecks Gewährleistung einer Verfahrensgarantie, so entsteht der Behörde insoweit kein irreversibler Nachteil (zur amtlichen Publikation bestimmtes Urteil 8C_217/2014 vom 12. Mai 2014 E. 4.2). Das gilt auch, wenn mit der Rückweisung die Auflage verbunden ist, ein (neues) medizinisches Gutachten einzuholen: Nach ständiger Rechtsprechung bewirken rein tatsächliche Nachteile wie eine Verlängerung und Verteuerung des Verfahrens allein keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil (BGE 139 V 99 E. 2.4 S. 104).  
 
2.2. Nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid zulässig, wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.  
 
2.2.1. Die beschwerdeführende IV-Stelle bringt in erster Linie vor, der angefochtene Entscheid führe dazu, dass das gesamte Revisionsverfahren wiederholt werden müsste, was einschliesslich Anordnung und Erstellen einer neuen Expertise gut zwei Jahre in Anspruch nehmen dürfte. Ein materieller Endentscheid über die Frage der Rentenaufhebung verhindere diese aufwendige und kostenintensive Beweiserhebung.  
 
Wenn das Bundesgericht zum Schluss käme, die verfahrensrechtliche Begründung des vorinstanzlichen Rückweisungsentscheids sei unzutreffend, könnte damit in der Sache nicht sofort ein (materieller) Endentscheid herbeigeführt werden. Denn der Gegenstand des letztinstanzlichen Verfahrens kann nicht über denjenigen des angefochtenen Urteils hinausgehen; das kantonale Gericht hat über die materielle Frage der Leistungsverweigerung noch nicht befunden (vgl. Urteil 2C_1048/2012 vom 14. April 2014 E. 1.3.2). 
 
2.2.2. Damit kann offenbleiben, wie es sich hier mit der weiteren Voraussetzung der Ersparnis eines bedeutenden Aufwands an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren verhielte.  
 
2.3. Die IV-Stelle beruft sich überdies auf BGE 139 V 99 E. 2.5 S. 104. Diese Erwägung befasst sich mit der Frage, was geschieht, wenn eine Vorinstanz die Sache regelmässig zur gutachtlichen Abklärung an die Verwaltung zurückweist, obwohl sie jeweils ein Gerichtsgutachten einholen sollte (vgl. BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4 S. 264). Das Bundesgericht behält sich vor, in einem solchen Fall ausnahmsweise auf die Beschwerde gegen einen ungerechtfertigten Rückweisungsentscheid einzutreten. Dahinter steht die Überlegung, dass eine strikte Einzelfallhandhabung der Eintretensvoraussetzungen es verunmöglichen würde, eine Fehlpraxis zu korrigieren. Es verhält sich insofern ähnlich, wie wenn unter bestimmten Bedingungen auf das Eintretenserfordernis des aktuellen praktischen Interesses an der Beschwerdeführung (Art. 89 Abs. 1 BGG) verzichtet wird, damit eine bestimmte Frage von allgemeinem Interesse überhaupt je einmal beurteilt werden kann (vgl. BGE 140 III 92 E. 1.1 S. 93; 137 I 23 E. 1.3.1 S. 25).  
Zu prüfen bleibt, ob die vorliegende Konstellation damit vergleichbar ist. Bei Erteilung des Begutachtungsauftrags am 4. April 2012 stand zwar die Vergabeplattform SuisseMED@P bereits in Betrieb (vgl. den am 1. März 2012 in Kraft getretenen Art. 72bis IVV; Kreisschreiben des BSV über das Verfahren in der Invalidenversicherung [KSVI], Anhang V). Die freihändige Vergabe erfolgte indes in einer Übergangssituation; die zufallsgeleitete Vergabe hat sich inzwischen eingespielt. Somit handelt es sich nicht um eine Problematik, die sich in dieser konkreten Form inskünftig weiterhin stellen wird. 
 
2.4. Nach dem Gesagten kann auf die Beschwerde gegen den angefochtenen Zwischenentscheid unter keinem Titel eingetreten werden.  
 
 
3.   
 
3.1. Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 BGG zu erledigen.  
 
3.2. Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG).  
 
 
Demnach erkennt der Einzelrichter:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 31. Juli 2014 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Einzelrichter: Meyer 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub