Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_466/2022
Urteil vom 31. August 2022
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Marazzi, Bovey,
Gerichtsschreiber Buss.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Betreibungsamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Oberaargau, Jurastrasse 22, 4900 Langenthal.
Gegenstand
Pfändung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 7. Juni 2022 (ABS 22 110).
Sachverhalt:
A.
A.a. Am 28. Februar 2022 ersuchte A.________ das Betreibungsamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Oberaargau, gestützt auf den Verlustschein Nr. xxx vom 10. September 2021 betreffend den Schuldner B.________ um direkte Fortsetzung der Betreibung.
A.b. Am 9. März 2022 vollzog das Betreibungsamt in Anwesenheit des Schuldners die Pfändung.
A.c. Am 13. April 2022 wurde A.________ der Verlustschein Nr. yyy vom 12. April 2022 zugestellt. Diesem ist zu entnehmen, dass das Betreibungsamt auf eine Pfändung des Personenwagens VW Polo (Jahrgang 2003, 208'000 km) in Anwendung von Art. 92 Abs. 2 SchKG verzichtet hat, da das Fahrzeug wertlos sei.
B.
Mit Eingabe vom 20. April 2022 erhob A.________ dagegen Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Bern und verlangte namentlich, es sei der VW Polo des Schuldners zu pfänden.
C.
Mit Entscheid vom 7. Juni 2022 wies die Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab.
D.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 16. Juni 2022 (Postaufgabe) ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des kantonalen Entscheids und die Gutheissung seiner kantonalen Beschwerde. Eventuell sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen unabhängig eines Streitwertes der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG ).
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2).
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
2.
Nach Art. 92 Abs. 2 SchKG sind Gegenstände unpfändbar, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt. Demnach hat eine Gegenüberstellung zwischen dem erwarteten Verwertungserlös einerseits und den Kosten der Verwertung andererseits zu erfolgen. Ist nur ein geringer Reinerlös zu erwarten, ist auf eine Pfändung zu verzichten (BETTLER, Die Pfändbarkeit von Fahrzeugen, in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2012, S. 412). Das Betreibungsamt verfügt dabei über ein Ermessen, welches der Kontrolle der Aufsichtsbehörden untersteht (Urteil 5A_871/2017 vom 20. Februar 2018 E. 3.3.3 mit Hinweisen). Ein Rechtsverstoss liegt vor, wenn das Betreibungsamt bzw. die Aufsichtsbehörde das in Art. 92 Abs. 2 SchKG gewährte Ermessen missbraucht oder überschritten hat (BGE 134 III 323 E. 2; Urteile 5A_783/2015 vom 15. Januar 2016 E. 4.3.2, in: BlSchK 2016 S. 223; 5A_330/2011 vom 22. September 2011 E. 3.1).
3.
Im vorliegenden Fall geht es um einen erstmals im Jahr 2003 in Verkehr gesetzten VW Polo mit einem Kilometerstand von 208'000. Die Vorinstanz hat erwogen, Nachforschungen des Betreibungsamts auf www.autoscout.24.ch hätten ergeben, dass sich die Angebotspreise in Inseraten für einen Personenwagen dieses Typs mit gleichem Alter überwiegend im Bereich zwischen Fr. 1'250.-- und Fr. 1'900.-- bewegen würden. Allerdings würden die anlässlich einer Versteigerung erzielten Zuschlagspreise erfahrungsgemäss deutlich unter dem tatsächlichen Verkehrswert liegen. Ein Erlös in der Höhe der von den Anbietern geforderten Verkaufspreise sei somit nicht zu erwarten. Wie das Betreibungsamt zutreffend ausgeführt habe, wären von einem allfälligen Erlös zudem noch Kosten für die Aufbewahrung, die Verwertung und den Transport abzuziehen. Daher sei es nicht zu beanstanden, wenn das Betreibungsamt zum Schluss gelangt sei, es sei kein genügender Verwertungsüberschuss zu erzielen. Dabei habe sich das Betreibungsamt angesichts seines Erfahrungsschatzes und mit Blick auf einen lediglich geringen zu erwartenden Erlös bei der Schätzung des objektiven Werts auf eine kurze Recherche im Internet beschränken dürfen. Andere Massnahmen zur Schätzung des Fahrzeuges hätten kein angemessenes Kosten-/Nutzenverhältnis aufgewiesen.
4.
Die vom Beschwerdeführer vor Bundesgericht vorgebrachten Rügen, die kantonalen Instanzen hätten das Fahrzeug aufgrund seines objektiven Werts nicht von der Pfändung ausnehmen dürfen und überdies eine "professionelle Wertermittlung" vornehmen müssen, gehen fehl. Eine Ermessenskontrolle - bezogen auf die schlichte Angemessenheit des vorinstanzlichen Entscheids - kann das Bundesgericht nicht vornehmen (vorne E. 2) und eine gesetzeswidrige Ermessensausübung, d.h. eine Rechtsverletzung, ist nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt eine Ermessensüberschreitung zunächst keinesfalls darin, dass das Betreibungsamt bei der Schätzung des Werts des Fahrzeuges auf Erfahrungswerte zurückgegriffen und sich auf eine Recherche im Internet beschränkt hat (vgl. BGE 145 III 487 E. 3.3). Im Übrigen haben die kantonalen Instanzen hinsichtlich des voraussichtlich zu erzielenden Erlöses zu Recht zu bedenken gegeben, dass einerseits vom Steigerungserlös vorweg die Verwertungskosten gedeckt werden müssen und andererseits die im Falle einer betreibungsrechtlichen Zwangsverwertung erzielten Zuschlagspreise erfahrungsgemäss deutlich unter den Marktpreisen liegen (vgl. auch: BGE 108 III 60 E. 3 am Ende; Urteil SCBES.2020.55 der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn vom 8. September 2020). Da das Fahrzeug des Schuldners bereits vor beinahe zwanzig Jahren in Verkehr gesetzt wurde und auch aufgrund seines hohen Kilometerstands unbestrittenermassen nur noch einen geringen Marktwert aufweist, kann der Vorinstanz keine Verletzung von Bundesrecht vorgeworfen werden, wenn sie den Verzicht auf eine Pfändung des Fahrzeuges bestätigt hat.
5.
Die Beschwerde ist damit abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss werden die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu leisten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Oberaargau, und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, mitgeteilt.
Lausanne, 31. August 2022
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Escher
Der Gerichtsschreiber: Buss