Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_579/2023
Urteil vom 31. Oktober 2024
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Haag, Merz,
Gerichtsschreiberin Trutmann.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Stadelmann,
gegen
B.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Armin Durrer,
Gemeinderat Stansstad,
Postfach 463, 6362 Stansstad,
Regierungsrat des Kantons Nidwalden, Staatskanzlei, Rechtsdienst,
Dorfplatz 2, Postfach 1246, 6371 Stans.
Gegenstand
Ersatzneubau Mehrfamilienhaus / Baubewilligung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung, vom 15. Mai 2023 (VA 23 1).
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 29. November 2021 erteilte der Gemeinderat Stansstad der B.________ AG unter Nebenbestimmungen die Baubewilligung u.a. für den Neubau eines Mehrfamilienhauses und einer Grundwasser-Wärmepumpe auf der Parzelle Nr. 26, Grundbuch Stansstad. Gleichzeitig entschied der Gemeinderat über die gegen das Bauvorhaben gerichtete Einwendung von A.________, Eigentümerin einer Nachbarparzelle, und eröffnete den Parteien den Gesamtbewilligungsentscheid der Baudirektion Nidwalden vom 28. Oktober 2021. Dieser bildet Bestandteil der Bewilligung.
B.
Eine gegen die Verfügungen vom 29. November 2021 erhobene Beschwerde von A.________ wies der Regierungsrat des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 6. Dezember 2022 ab. Das hierauf angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden wies eine gegen den regierungsrätlichen Entscheid gerichtete Beschwerde von A.________ mit Urteil vom 15. Mai 2023 ebenfalls ab, soweit es darauf eintrat.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 24. Oktober 2023 gelangt A.________ an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Entscheids vom 15. Mai 2023, des Entscheids des Regierungsrats vom 6. Dezember 2022 sowie der Beschlüsse des Gemeinderats vom 29. November 2021 und des kantonalen Gesamtbewilligungsentscheids vom 28. Oktober 2021.
Der Gemeinde- und Regierungsrat sowie das Verwaltungsgericht verzichten auf eine Vernehmlassung. Die private Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Im Rahmen des Replikrechts reicht die Beschwerdeführerin eine weitere Stellungnahme ein.
Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat der Beschwerde mit Verfügung vom 17. November 2023 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Erwägungen:
1.
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit von Beschwerden von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 333 E. 1 mit Hinweis).
1.2. Anfechtbar beim Bundesgericht sind Endentscheide, die das Verfahren ganz (Art. 90 BGG) oder in Bezug auf unabhängig voneinander zu beurteilende Begehren oder auf einen Teil der Streitgenossen abschliessen (Teilentscheid; Art. 91 BGG). Ein Teilentscheid kann namentlich vorliegen, wenn mit der Errichtung einer bewilligten Baute begonnen werden darf, bevor gewisse selbständig beurteilbare Teilaspekte - wie z.B. die Farb- und Materialwahl - nachträglich bewilligt werden (vgl. Urteile 1C_12/2024 vom 1. Juli 2024 E. 2.2.2, zur amtlichen Publikation vorgesehen; 1C_479/2022 vom 17. April 2023 E. 1.2; je mit Hinweisen). Selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch Ausstandsbegehren betreffen (Art. 92 BGG), können demgegenüber nur unter den in Art. 93 Abs. 1 BGG vorgesehenen Voraussetzungen selbständig angefochten werden.
1.3. In der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Baubewilligung vom 29. November 2021 finden sich unter Dispositivziffer 31 gesamthaft 9 Nebenbestimmungen, die vor Baubeginn noch zu erfüllen sind. Insbesondere hat die Beschwerdegegnerin noch einen detaillierten Umgebungsplan mit den Gestaltungsabsichten und dem aussenräumlichen Konzept (Zufahrten, Einmündungsradien, Sichtweiten, Mauern, Treppen, Zäune, Rampen, Terraingestaltung und Spielplatz) zur Kontrolle und Bewilligung nachzureichen.
1.4. Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei derartigen, vor Baubeginn zu erfüllenden Nebenbestimmungen um aufschiebende Bedingungen, welche die praktische Wirksamkeit der Baubewilligung hemmen (vgl. BGE 149 II 170 E. 1.6). Belässt die Formulierung der Nebenbestimmungen keinen Spielraum für ihre Umsetzung, qualifiziert das Bundesgericht Entscheide im vorgenannten Sinne hinsichtlich ihrer Anfechtbarkeit als Endentscheide (vgl. BGE 149 II 170 E. 1.6 e contrario). Verfügt die Bauherrschaft hingegen über einen Umsetzungs- bzw. Gestaltungsspielraum, wird die Baubehörde prüfen müssen, ob die gewählte Lösung gesetzeskonform und geeignet ist, die beanstandeten Mängel zu beseitigen. Insofern verbleibt der Baubehörde ein Entscheidungsspielraum und gilt das Baubewilligungsverfahren noch nicht als abgeschlossen (Urteil 1C_34/2023 vom 29. September 2023 E. 1.3).
1.5. Ein Spielraum bei der Umsetzung der Nebenbestimmung ist vorliegend nicht von der Hand zu weisen. Es sind - auch unter Berücksichtigung der in der Baubewilligung enthaltenen Vorgaben zu den Sichtweiten gemäss SN 640 273a, den Grenzabständen für Bepflanzungen und Terrainverschiebungen - verschiedene Lösungen denkbar, wie insbesondere die Zufahrt und die übrige Umgebung des geplanten Mehrfamilienhauses zu gestalten sind. Beim angefochtenen Urteil handelt es sich daher um einen Zwischenentscheid, der lediglich unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG angefochten werden kann.
1.6. Ein solcher Zwischenentscheid ist auch aus folgendem Grund gegeben:
1.6.1. Erteilt die Baubehörde die Baubewilligung unter dem Vorbehalt einer Bewilligung in einem nachgelagerten Verfahren, geht sie in der Regel davon aus, dass die noch offenen Punkte von untergeordneter Bedeutung sind und den Grundentscheid nicht mehr in Frage stellen können. Sie ist dabei an das Koordinationsgebot gemäss Art. 25a RPG gebunden. Dieses verlangt, dass ein geplantes Bauvorhaben in einem einzigen und einheitlichen Bewilligungsverfahren geprüft wird (vgl. Urteile 1C_12/2024 vom 1. Juli 2024 E. 2.2.2, zur amtlichen Publikation vorgesehen; 1C_348/2022 vom 2. Februar 2023 E. 1.3.2). Die Anforderungen von Art. 25a RPG gelten auch für Konzessionsverfahren, welche u.a. nach der Gesetzgebung der Kantone im Zusammenhang mit Bauvorhaben durchgeführt werden müssen und von diesen zu bewilligen sind (vgl. ARNOLD MARTI, in: Aemisegger/Moor/Ruch/Tschannen [Hrsg.], Praxiskommentar RPG: Baubewilligung, Rechtsschutz und Verfahren, N. 13 zu Art. 25a).
1.6.2. Im Gesamtbewilligungsentscheid der Baudirektion vom 28. Oktober 2021 wurde die gewässerschutzrechtliche Bewilligung für die Grundwasser-Wärmepumpe unter Vorbehalt einer Grundwasserkonzession erteilt. Die Baudirektion führt dazu aus, das Gesuch um Erteilung einer Konzession könne erst nachträglich behandelt werden, da für die Abklärungen zu den Auswirkungen auf das Grundwasser zuerst die Nutzungsanlagen erstellt werden müssten. Die Vorinstanzen bestätigten diesen Entscheid. Da vorliegend nicht ersichtlich ist, inwiefern sich das Begehren um Erteilung einer baurechtlichen Bewilligung für die Grundwasser-Wärmepumpe - insbesondere für die Entnahme- und Rückgabebauwerke - unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Grundwassernutzung und dem Begehren um Erteilung einer entsprechenden Konzession beurteilen liesse, liegt nicht ein Teil-, sondern ein Zwischenentscheid vor (vgl. BGE 135 V 141 E. 1.4.1; Urteile 1C_64/2023 vom 9. November 2023 E. 1.4; 1C_697/2020 vom 30. März 2021 E. 1.4; je mit Hinweisen).
1.7. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist daher nur zulässig, wenn das Urteil einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könnte (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Beides ist hier nicht der Fall und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht geltend gemacht. Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten. Über die Frage, ob das nachgelagerte Konzessionsverfahren im Lichte von Art. 25a RPG und dem kantonalen Recht zulässig ist, ist bei diesem Ergebnis nicht zu entscheiden.
Die Beschwerdeführerin wird das vorinstanzliche Urteil - nur dieses bildet zulässiges Anfechtungsobjekt vor Bundesgericht (sog. Devolutiveffekt, vgl. BGE 149 II 1 E. 4.7; 136 II 539 E. 1.2) - anfechten können, wenn und sobald die von der Beschwerdegegnerin nachzureichenden Pläne genehmigt sind und die Konzession für die Nutzung des Grundwassers erteilt worden ist (Art. 93 Abs. 3 BGG; vgl. BGE 149 II 170 E. 1.10; Urteil 1C_34/2023 vom 29. September 2023 E. 1.6; je mit Hinweisen).
2.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Zudem hat sie der anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Stansstad, dem Regierungsrat des Kantons Nidwalden und dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. Oktober 2024
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Die Gerichtsschreiberin: Trutmann