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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 67/02 
 
Urteil vom 2. April 2003 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Jancar 
 
Parteien 
K.________, 1952, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen 
 
(Entscheid vom 16. Januar 2002) 
 
Sachverhalt: 
Am 19. März 1996 kam es zwischen dem Untervermieter B.________ und seinen beiden Untermietern K.________ (geboren 1952) sowie C.________ in der gemeinsam bewohnten Wohnung zu einer tätlichen Auseinandersetzung, in deren Rahmen der Erstere die Letzteren wegen ausstehender Mietzinse hinauswerfen wollte und ihnen drohte, sie andernfalls "abzuknallen". B.________ sprang danach die Treppe zu seinem Zimmer hinauf und drohte den beiden Untermietern, er hole jetzt seinen Revolver und knalle sie ab. Er holte die Waffe und kam damit die Treppe herunter, während K.________ noch im Hausgang war; als dieser dann das Haus bereits verlassen hatte, schoss B.________ in der Wohnung in eine Glasvitrine. C.________ befand sich zu diesem Zeitpunkt an einem unbekannten Standort in der Wohnung. Verletzt wurde niemand. B.________ wurde wegen dieses Vorfalls der Gefährdung des Lebens und der Nötigung schuldig gesprochen, zu einer bedingten Gefängnisstrafe von vier Monaten und Fr. 300.- Busse verurteilt sowie zur Entrichtung einer Genugtuung von Fr. 300.- an K.________ verpflichtet (Entscheid des Bezirksgerichts X.________ vom 29. April 1997). Zur Abklärung der Verhältnisse zog die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) die Strafakten, Berichte des Dr. med. S.________, Allgemeine Medizin FMH (vom 14. Juli 1999), und des Dr. med. H.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH (vom 31. Januar und 6. Oktober 1997 sowie 22. Juli 1999) sowie ein Gutachten des Dr. med. H.________ (vom 1. April 1999) bei. Gestützt auf diese Unterlagen lehnte sie den Anspruch von K.________ auf Versicherungsleistungen für den Vorfall vom 18. (recte 19.) März 1996 ab, da keine unfallbedingte behandlungsbedürftige Schädigung vorgelegen habe. Der Versicherte habe keine körperlichen Verletzungen erlitten und die psychischen Beschwerden stünden mit dem Ereignis in keinem kausalen Zusammenhang (Verfügung vom 25. Juli 2000). Auf Einsprache des Versicherten hin hielt die Anstalt mit Entscheid vom 18. September 2000 an ihrem ablehnenden Standpunkt fest, da keine körperlichen Verletzungen vorgelegen hätten und das in Frage stehende Schreckereignis (Schussabgabe) bezüglich psychischer Beschwerden den Unfallbegriff nicht erfülle. 
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Entscheid vom 16. Januar 2002 ab. 
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Versicherte die Bejahung der Leistungspflicht der SUVA unter Abzug der Leistungen der Helsana; eventuell sei eine medizinische Begutachtung durch die Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) durchzuführen; die Taggelder seien ab 18./19. März 1999 abzüglich der Leistungen der Helsana zu erbringen; es sei eine Vorschusszahlung zu veranlassen. 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf einzutreten sei, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Unfallversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Entscheides (hier: 18. September 2000) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die neuen Bestimmungen nicht anwendbar. 
2. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Unfallbegriff (Art. 6 Abs. 1 UVG, Art. 9 Abs. 1 UVV) sowie die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter welchen ein Schreckereignis den Unfallbegriff erfüllt (RKUV 2000 Nr. U 365 S. 89 mit Hinweisen), zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausführungen zu dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b mit Hinweisen) sowie zur Zulässigkeit einer antizipierten Beweiswürdigung unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs (BGE 124 V 94 Erw. 4b, 122 V 162 Erw. 1d, je mit Hinweisen; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4b). Darauf wird verwiesen. 
3. 
3.1 Die Vorinstanz hat mit einlässlicher und überzeugender Begründung dargelegt, dass das Schreckereignis vom 19. März 1996 nicht als Unfall anzuerkennen ist, auch wenn B.________ wegen Gefährdung des Lebens und Nötigung bestraft worden ist. In sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht fällt ins Gewicht, dass die Schussabgabe durch B.________ nicht in unmittelbarer Gegenwart des Beschwerdeführers erfolgte, sondern erst im Zeitpunkt, als dieser bereits ausser Haus war. Unter diesen Umständen kann nicht von einem besonderen, intensiven Schockerlebnis ausgegangen werden. Dr. med. S.________, den der Beschwerdeführer am 1. April 1996 konsultiert hat, hat denn auch nicht von einem aussergewöhnlichen Schockzustand, sondern von einer psychischen Anspannung des Versicherten gesprochen (Bericht vom 14. Juli 1999). Im Weiteren hat die Vorinstanz richtig erwogen, dass nach der medizinischen Aktenlage ein natürlicher Kausalzusammenhang (BGE 119 V 337 Erw. 1 mit Hinweis) zwischen dem Vorfall vom 19. März 1996 und den danach verstärkt aufgetretenen psychischen Beschwerden des Versicherten zwar möglich, aber nicht überwiegend wahrscheinlich ist, was eine Leistungspflicht der SUVA ebenfalls ausschliesst. Es wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen. 
3.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden keine Einwendungen vorgebracht, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten. 
 
Der Versicherte macht geltend, es sei nicht richtig, zu behaupten, er habe beim Vorfall vom 18./19. (recte 19.) März 1996 keine körperlichen Schäden abbekommen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass Dr. med. S.________ ausdrücklich dargelegt hat, er habe am 1. April 1996 keine körperlichen Verletzungen feststellen können (Bericht vom 14. Juli 1999). 
 
Soweit der Versicherte argumentiert, die Helsana habe für das Ereignis vom 19. März 1996 Taggelder erbracht, ist dem entgegenzuhalten, dass auf Grund der Akten anzunehmen ist, dass sie dies als Krankenversicherer getan hat, und dass im Übrigen ein rechtsfehlerhafter Entscheid einer anderen Versicherung keine Bindungswirkung für die SUVA hätte (vgl. auch BGE 126 V 292 Erw. 2b). 
4. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, es seien auch die körperlichen Schäden aus den Vorfällen in Zug und Zürich in den Jahren 1992/1993 zu berücksichtigen. 
 
Da die SUVA über diese Ereignisse im vorliegenden Verfahren nicht entschieden hat, fehlt es an einem Anfechtungsgegenstand und damit an einer Sachurteilsvoraussetzung (BGE 125 V 414 Erw. 1a). Diesbezüglich ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde somit nicht einzutreten. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 2. April 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: