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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_177/2018  
 
 
Urteil vom 3. August 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Zimmermann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Neuanmeldung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau 
vom 9. Januar 2018 (VBE.2017.566). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1973 geborene A.________ meldete sich am 2. August 2000 unter Hinweis auf Rückenschmerzen erstmals bei der IV-Stelle des Kantons Aargau zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle wies dieses Leistungsgesuch mit Verfügung vom 31. Mai 2001 ab. Nachdem sich der Versicherte am 14. August 2002 erneut bei der IV-Stelle angemeldet hatte, sprach diese ihm berufliche Massnahmen im Sinne einer Umschulung zu, brach diese Massnahme jedoch mit Verfügung vom 9. Februar 2005 und Einspracheentscheid vom 8. September 2005 ab. Weiter sprach die IV-Stelle dem Versicherten mit Verfügung vom 18. Januar 2006 eine ganze Invalidenrente für die Zeit vom 1. November 2002 bis 31. März 2003, eine halbe Rente vom 1. April 2003 bis 30. November 2004 und eine ganze Rente vom 1. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 zu. Für die Zeit ab 1. Februar 2005 verneinte sie einen Rentenanspruch des Versicherten. 
Nachdem die IV-Stelle auf eine erste Neuanmeldung mit Verfügung vom 26. Juni 2008 (bestätigt durch den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 18. März 2010) nicht eingetreten war, wies sie ein entsprechendes erneutes Gesuch mit Verfügung vom 8. September 2011 (bestätigt durch einen Entscheid des kantonalen Gerichts vom 17. April 2012) ab. 
Am 23. Dezember 2013 machte der Versicherte erneut eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend. Die IV-Stelle tätigte medizinische Abklärungen, insbesondere holte sie bei der Neurologie Toggenburg AG eine Expertise ein (polydisziplinäres Gutachten vom 9. August 2016). Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens wies die IV-Stelle das Neuanmeldegesuch mit Verfügung vom 1. Juni 2017 ab. 
 
B.   
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 9. Januar 2018 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde beantragt A.________ sinngemäss, ihm sei unter Aufhebung der Verfügung und des kantonalen Gerichtsentscheides eine halbe Rente der Invalidenversicherung zuzusprechen, eventuell seien weitere Sachverhaltsabklärungen vorzunehmen. 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). 
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als sie die Verfügung der Beschwerdegegnerin, worin diese ein Neuanmeldegesuch abgewiesen hat, bestätigte. 
 
3.  
 
3.1. Der Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung setzt unter anderem voraus, dass die versicherte Person invalid oder von Invalidität unmittelbar bedroht ist. Invalidität ist gemäss Art. 8 Abs. 1 ATSG die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit.  
 
3.2. Geht es um psychische Erkrankungen wie beispielsweise eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein damit vergleichbares psychosomatisches Leiden (vgl. BGE 140 V 8 E. 2.2.1.3 S. 13 f.) oder depressive Störungen leicht- bis mittelgradiger Natur (BGE 143 V 409 und 418), sind für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit systematisierte Indikatoren beachtlich, die - unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotentialen (Ressourcen) andererseits - erlauben, das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE 141 V 281 E. 2 ff. S. 285 ff.).  
Im Hinblick auf die Beurteilung, ob ein psychisches Leiden invalidisierend wirkt, zählen als Tatsachenfeststellungen, welche das Bundesgericht nur eingeschränkt überprüfen kann, alle Feststellungen der Vorinstanz, die auf der Würdigung von ärztlichen Angaben und Schlussfolgerungen betreffend Diagnose und Folgenabschätzung beruhen. Als Rechtsfrage frei überprüfbar ist hingegen, ob und in welchem Umfang die ärztlichen Feststellungen anhand der rechtserheblichen Indikatoren auf Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG) schliessen lassen (BGE 141 V 281 E. 7 S. 309). 
 
3.3. Die Neuanmeldung wird - wie auch das Gesuch um Leistungsrevision - nur materiell geprüft, wenn die versicherte Person glaubhaft macht, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten, rechtskräftigen Entscheidung in einem für den Rentenanspruch erheblichen Mass verändert haben (Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV; BGE 130 V 71 E. 2.2 S. 72 mit Hinweisen). Gelingt ihr dies nicht, so wird auf das Gesuch nicht eingetreten. Ist die anspruchserhebliche Änderung glaubhaft gemacht, ist die Verwaltung verpflichtet, auf das neue Leistungsbegehren einzutreten und es in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen (SVR 2014 IV Nr. 33 S. 121, 8C_746/2013 E. 2); sie hat demnach in analoger Weise wie bei einem Revisionsfall nach Art. 17 ATSG vorzugehen (vgl. dazu BGE 130 V 71). Stellt sie fest, dass der Invaliditätsgrad oder die Hilflosigkeit seit Erlass der früheren rechtskräftigen Verfügung keine Veränderung erfahren hat, so weist sie das neue Gesuch ab. Andernfalls hat sie zunächst noch zu prüfen, ob die festgestellte Veränderung genügt, um nunmehr eine anspruchsbegründende Invalidität oder Hilflosigkeit zu bejahen, und hernach zu beschliessen.  
 
3.4. Im Rahmen einer Neuanmeldung setzt eine Rentenerhöhung oder -zusprache eine anspruchserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse voraus, welche entweder in einer objektiven Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit entsprechend verminderter Arbeitsfähigkeit oder in geänderten erwerblichen Auswirkungen einer im Wesentlichen gleich gebliebenen Gesundheitsbeeinträchtigung liegen kann. Demgegenüber stellt eine bloss abweichende Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhaltes keine relevante Änderung dar (BGE 112 V 371E. 2b S. 372 unten; in BGE 136 V 216 nicht publizierte E. 3.2 des Urteils 8C_972/2009, publiziert in: SVR 2011 IV Nr. 1 S. 1 mit Hinweis).  
 
3.5. Die Frage der wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen beurteilt sich im vorliegenden Fall durch Vergleich des Sachverhalts, wie er im Zeitpunkt der letzten rechtskräftigen Verneinung eines Rentenanspruchs bestanden hat, mit demjenigen zur Zeit der angefochtenen Verfügung (vgl. BGE 134 V 131 E. 3 S. 132 f.).  
 
4.  
 
4.1. Dem Versicherten wurde im Jahre 2006 rückwirkend eine bis zum 31. Januar 2005 befristete Rente der Invalidenversicherung zugesprochen; ein Rentenanspruch für die Zeit ab 1. Februar 2006 wurde damals verneint. In der Folge hat der Beschwerdeführer verschiedene Neuanmeldegesuche eingereicht; letztmals wurde ein solches Gesuch mit Verfügung vom 8. September 2011 (bestätigt durch einen Entscheid des kantonalen Gerichts vom 17. April 2012) rechtskräftig abgewiesen. Da die Beschwerdegegnerin in ihrer Verfügung vom 1. Juni 2017 auf ein erneutes Neuanmeldegesuch eingetreten, dieses jedoch abgewiesen hat, ist die Frage, ob die IV-Stelle zu Recht auf dieses Gesuch eingetreten ist, nicht mehr zu prüfen. Bei dieser Ausgangslage würde jedoch ein Rentenanspruch nur bestehen, wenn es in der Zeit zwischen dem 8. September 2011 und dem 1. Juni 2017 zu einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen wäre, durch welche nunmehr ein rentenbegründender Invaliditätsgrad resultieren würde.  
 
4.2. Das kantonale Gericht hat im Wesentlichen erwogen, die Frage, ob es im relevanten Zeitraum zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen sei, brauche nicht näher geprüft zu werden, da der Versicherte weiterhin nicht in einem rentenbegründenden Ausmass in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt sei. In somatischer Hinsicht stellte es hierbei auf das Gutachten der Neurologie Toggenburg AG vom 9. August 2016 ab; von den von diesen Experten aufgrund der psychischen Beschwerden attestieren Arbeitsunfähigkeit wich es ab, da es diese nach Prüfung der systematisierten Indikatoren (vgl. E. 3.2 hievor) nicht als invalidenversicherungsrechtlich relevant einstufte. Gegen diese vorinstanzlichen Erwägungen bringt der Beschwerdeführer letztinstanzlich lediglich vor, eine bundesrechtskonforme Prüfung der Indikatoren würde dazu führen, dass die invalidenversicherungsrechtliche Relevanz der attestierten psychischen Beschwerde zu bejahen sei; es sei daher auch in psychiatrischer Hinsicht auf das Gutachten der Neurologie Toggenburg AG abzustellen.  
 
4.3. Rechtsprechungsgemäss liegt es nicht allein in der Zuständigkeit der mit dem konkreten Einzelfall (gutachterlich) befassten Arztpersonen, abschliessend und für die rechtsanwendende Stelle (Verwaltung, Gericht) verbindlich zu entscheiden, ob das medizinisch festgestellte Leiden zu einer (andauernden oder vorübergehenden) Arbeitsunfähigkeit (bestimmter Höhe und Ausprägung) führt (BGE 140 V 193 E. 3.1 S. 194). Die Frage, ob und in welchem Umfang die Feststellungen in einem medizinischen Gutachten anhand der rechtserheblichen Indikatoren auf die Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen, ist rechtlicher Natur und damit frei überprüfbar (BGE 141 V 281 E. 7 S. 308). Darum kann aus rechtlicher Sicht von einer medizinischen Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit in einer Expertise abgewichen werden, ohne dass sie ihren Beweiswert gänzlich einbüsste. Darin liegt weder eine Geringschätzung der ärztlichen Beurteilung noch eine gerichtliche Kompetenzanmassung, sondern es ist notwendige Folge des rein juristischen Charakters der sozialversicherungsrechtlichen Begriffe von Arbeits-/Erwerbsunfähigkeit und Invalidität (Urteil 8C_814/2016 vom 3. April 2017 E. 5.3.5, nicht publiziert in BGE 143 V 66, aber in SVR 2017 IV Nr. 47 S. 139 und Urteile 8C_431/2017 vom 24. Mai 2018 E. 3.4, 8C_604/2017 vom 15. März 2018 E. 3.2, je mit Hinweisen).  
 
4.4. Das kantonale Gericht hat in Prüfung der massgebenden Indikatoren die sich aus den psychischen Beschwerden ergebende Arbeitsunfähigkeit als invalidenversicherungsrechtlich irrelevant qualifiziert. Inwieweit die Ausführungen des Versicherten die diesbezüglichen vorinstanzlichen Erwägungen als bundesrechtswidrig erscheinen lassen, erscheint fraglich. Rechtsprechungsgemäss liegt ein Verstoss gegen Art. 105 Abs. 2 BGG nicht bereits dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst dann, wenn der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Fehler beruht (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56; vgl. auch BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f.). Die Frage braucht indessen nicht abschliessend geprüft zu werden: Selbst wenn man, wie vom Beschwerdeführer verlangt, auch hinsichtlich der psychischen Beschwerden auf das Gutachten der Neurologie Toggenburg AG vom 9. August 2016 abstellen würde, führte dies nicht zur Gutheissung der Beschwerde. Die Gutachter attestierten dem Versicherten eine seit dem Jahre 2001 anhaltende, lediglich durch eine kurze (weniger als zwei Monate) Episode höherer Arbeitsunfähigkeit unterbrochene, Arbeitsunfähigkeit aus psychischen Gründen von 50 %. Bestehen nach Ansicht der Experten aber bereits seit 2001 mehr oder weniger gleich gebliebene Einschränkungen, so ist eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes im hier massgebenden Zeitraum (8. September 2011 bis 1. Juni 2017; vgl. E. 4.1 hievor) ohne Weiteres zu verneinen. Damit erübrigen sich auch die vom Beschwerdeführer beantragten weiteren Abklärungen zur Frage, ob er die ihm verordneten Medikamente korrekt einnahm. Das kantonale Gericht hat jedenfalls im Ergebnis kein Bundesrecht verletzt, als es die Abweisung des Neuanmeldegesuchs durch die Beschwerdegegnerin bestätigte; die Beschwerde des Versicherten ist abzuweisen.  
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der BVG-Sammelstiftung Swiss Life, Zürich, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. August 2018 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold