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[AZA 7] 
H 234/01 Ge 
 
IV. Kammer 
 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Schmutz 
 
Urteil vom 4. Februar 2002 
 
in Sachen 
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
1. A.________, 
2. B.________, Beschwerdegegner, 
und 
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Liestal 
 
A.- Der 1927 geborene B.________ wurde von seiner ersten Ehefrau geschieden und dabei zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. 1972 heiratete er die 1941 geborene A.________, welche 1991 ihre Erwerbstätigkeit aufgab und als nichterwerbstätige Ehefrau ab 1. Januar 1997 AHV-beitragspflichtig wurde. Mit Verfügungen vom 17. April 2001 erhob die Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes von A.________ Beiträge als Nichterwerbstätige in Höhe von Fr. 2323.- für die Jahre 1997 und 1998 und Fr. 2424.- für die Jahre 1999 und 2000. Bemessungsgrundlage bildete die Hälfte des steuerveranlagten ehelichen Renteneinkommens und Vermögens, wobei die von B.________ an die geschiedene erste Ehefrau bezahlten Unterhaltsbeiträge von seinem Renteneinkommen nicht in Abzug gebracht wurden. 
 
B.- Die von A.________ und B.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft mit Entscheid vom 30. Mai 2001 gut. Es wies die Ausgleichskasse an, die Beiträge nach Abklärung der Alimentenverpflichtung von B.________ neu zu berechnen und dabei das für A.________ auf Grund der Alterspension des Ehemannes festgesetzte Renteneinkommen um die Hälfte der geschuldeten Unterhaltszahlungen zu reduzieren. 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. 
A.________ und B.________ und die Ausgleichskasse verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Streitig und zu prüfen ist einzig die Frage, ob bei der Berechnung der von der Versicherten als Nichterwerbstätiger geschuldeten AHV-Beiträge Unterhaltszahlungen, die der Ehemann an die von ihm geschiedene erste Ehefrau auszurichten hat, vom Renteneinkommen als Beitragsobjekt in Abzug zu bringen sind. 
2.- a) Mit der 10. AHV-Revision hat der Gesetzgeber den Grundsatz der allgemeinen Beitragspflicht der Nichterwerbstätigen eingeführt (Cadotsch, Die 10. AHV-Revision im Bereich der Beiträge, CHSS 1996 S. 234). Gegenüber der früheren Rechtslage ist damit namentlich die nichterwerbstätige Ehefrau eines Versicherten nicht mehr von der Beitragspflicht befreit. Die eigenen Beiträge eines nichterwerbstätigen Ehegatten gelten dabei als bezahlt, sofern der erwerbstätige Ehegatte versichert ist und Beiträge von mindestens der doppelten Höhe des Mindestbeitrages bezahlt hat (Art. 3 Abs. 3 lit. a AHVG). Eine solche Anrechnung der Beitragsleistungen des andern Ehegatten entfällt dabei insbesondere in drei Fällen: erstens wenn beide Ehegatten nichterwerbstätig sind, zweitens wenn der erwerbstätige Ehegatte weniger als den doppelten Mindestbeitrag bezahlt, drittens wenn der Ehegatte nicht versichert ist (Greber/ Duc/Scartazzini, Commentaire des articles 1 à 16 de la loi fédérale sur l'assurance-vieillesse et survivants (LAVS), S. 106 Rz 18 zu Art. 3; Käser, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl. 1996, S. 60 Rz 2.21). 
 
b) Gemäss dem - durch die 10. AHV-Revision unverändert gelassenen - Art. 10 Abs. 1 AHVG bezahlen Nichterwerbstätige je nach ihren sozialen Verhältnissen einen AHV-Beitrag von 324 - 8400 Franken im Jahr. Gestützt auf Abs. 3 erlässt der Bundesrat nähere Vorschriften über die Bemessung der Beiträge. Im diesbezüglich unveränderten Art. 28 Abs. 1 AHVV bestimmte der Bundesrat, dass sich die Beiträge der Nichterwerbstätigen, für die nicht der jährliche Mindestbeitrag vorgesehen ist (Art. 10 Abs. 2 AHVG), auf Grund ihres Vermögens und Renteneinkommens bemessen. Auf 1. Januar 1997 wurde Abs. 4 neu in Art. 28 AHVV mit folgendem Wortlaut eingefügt: "Ist eine verheiratete Person als Nichterwerbstätige beitragspflichtig, so bemessen sich ihre Beiträge auf Grund der Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens.. " 
c) Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat wiederholt festgestellt, dass die Beitragsbemessung auf Grund des Renteneinkommens gemäss Art. 28 AHVV gesetzmässig ist (BGE 105 V 243 Erw. 2, ZAK 1984 S. 484; vgl. auch AHI-Praxis 1994 S. 169 Erw. 4a). In BGE 125 V 221 hat es diese Rechtsprechung bestätigt und die hälftige Anrechnung des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens gemäss Art. 28 Abs. 4 AHVV als gesetz- und verfassungsmässig erklärt. Namentlich lässt es sich nach seiner Auffassung im Lichte der am 1. Januar 1988 in Kraft getretenen Revision des Eherechts nicht beanstanden, wenn als Beitragsobjekt die Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens herangezogen wird. 
 
 
d) Mit BGE 127 V 65 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht die Rechtsprechung gemäss EVGE 1960 S. 38 bestätigt, wonach Unterhaltszahlungen, welche der geschiedene oder getrennt lebende Versicherte seinem früheren Ehepartner zukommen lässt, vom Renteneinkommen (oder vom massgebenden Vermögen) im Sinne von Art. 28 AHVV nicht in Abzug gebracht werden können. Trotz der Rechtsentwicklung im Bereich des Steuerrechts und der in der Lehre geäusserten Kritik liegt kein genügender Grund vor, um von der Rechtsprechung gemäss dem Urteil EVGE 1960 S. 38 abzuweichen. 
Der Begriff des Renteneinkommens gemäss Art. 28 AHVV ist unabhängig vom Begriff der Rente oder des Einkommens im Sinne des Steuerrechts. Auch decken sich die in der AHV zugelassenen Abzüge nicht mit denen des Steuerrechts und insbesondere nicht mit den im DBG vorgesehenen (zu den verschiedenen Punkten siehe Reto Böhi, Der unterschiedliche Einkommensbegriff im Steuerrecht und im Sozialversicherungsrecht und seine Auswirkungen auf die Beitragserhebung, Bern 2001, S. 123 ff. und 257 ff.). Für Nichterwerbstätige stützt sich Art. 28 AHVV auf das Renteneinkommen, ohne besondere Abzüge vorzusehen. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass die Abzugsfähigkeit der Unkosten prinzipiell auf Aufwendungen beschränkt ist, die für den Erwerb des Einkommens notwendig sind oder damit unmittelbar verbunden sind (vgl. Walter Ryser/Bernard Rolli, Précis de droit fiscal suisse, 3. Aufl. , Bern 1994, S. 157). Ferner sehen die Bestimmungen der AHV weder für eine noch für mehrere Kategorien von Beitragspflichtigen die Möglichkeit vor, die an den geschiedenen Ehegatten bezahlten Unterhaltsbeiträge vom Einkommen abzuziehen. Fehlt es in diesem Punkt an einer speziellen Bestimmung, so braucht sich die Rechtsentwicklung im Bereich der direkten Bundessteuer und der Steuerharmonisierung nicht zwingend auf die AHV auszuwirken (BGE 127 V 72 Erw. 4d/aa). 
Wenn es auch im Allgemeinen stimmt, dass ein Abzug der Unterhaltsbeiträge vom Einkommen des Schuldners seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besser entspricht (vgl. 
Botschaft des Bundesrats vom 25. Mai 1983 zu den Bundesgesetzen über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden sowie über die direkte Bundessteuer, BBl 1983 S. 165), so rechtfertigt es sich trotzdem nicht, die Versicherten bei der Erhebung der AHV-Beiträge je nach Herkunft ihres Einkommens unterschiedlich zu behandeln. Die Tatsache, dass Unterhaltsbeiträge aus Mitteln des Renteneinkommens und/oder des Vermögens bestritten werden, ist an sich kein genügender Grund, um mit Bezug auf andere Beitragspflichtige, namentlich auf Selbstständigerwerbende, welche die Unterhaltsbeiträge an den geschiedenen oder getrennten Ehegatten auf Grund der gegenwärtigen gesetzlichen Ordnung nicht vom massgebenden Erwerbseinkommen abziehen können (vgl. Käser, a.a.O., S. 230 Ziff. 10.33), eine Unterscheidung zu treffen (BGE 127 V 74 Erw. 4d/cc). 
 
3.- a) Wenn nach BGE 127 V 65 Unterhaltszahlungen, welche der geschiedene Versicherte seinem früheren Ehepartner zukommen lässt, vom Renteneinkommen (oder vom massgebenden Vermögen) im Sinne von Art. 28 AHVV nicht in Abzug gebracht werden können, gilt dies auch für die Festsetzung der AHV-Beiträge einer Versicherten, deren Ehegatte zu Unterhaltszahlungen an die geschiedene Ehefrau verpflichtet ist. Für beide Ehegatten gilt dieselbe Beitragsbemessungsgrundlage und ist das ungekürzte eheliche Renteneinkommen gleichermassen zu berücksichtigen. Die gesamten sozialen Verhältnisse des Paares werden je hälftig für die Beitragsberechnung des Ehemannes und/oder der Ehefrau herangezogen (Käser, a.a.O., S. 222 Ziff. 10.15). 
 
b) Die von der Vorinstanz getroffene Ausscheidung von Einkommensteilen ist nach dem Gesagten nicht angängig. 
Beide nichterwerbstätigen Ehegatten sind je für sich als Beitragssubjekte zu betrachten und jedem ist die Hälfte des gesamten ehelichen Vermögens und Renteneinkommens bei der Beitragsfestsetzung anzurechnen, vorausgesetzt, dass jeweils eine AHV-Beitragspflicht noch besteht. Wie in BGE 127 V 74 Erw. 4d/dd erwogen, hat letztlich der Gesetzgeber zu entscheiden, ob im Bereich der AHV die Unterhaltsbeiträge vom Einkommen des Verpflichteten zum Abzug zuzulassen sind. 
Dies würde dann auch einen entsprechenden Abzug auf dem Renteneinkommen des nichterwerbstätigen Ehepartners im Sinne des angefochtenen Entscheides mit sich bringen. De lege lata erweist sich dieser als bundesrechtswidrig und ist darum aufzuheben. 
 
4.- Da es nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Prozessausgang gehen die Kosten zu Lasten der Beschwerdegegner (Art. 156 Abs. 1 OG). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird 
der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons 
Basel-Landschaft vom 30. Mai 2001 aufgehoben. 
 
II. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwerdegegnern auferlegt. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht 
 
des Kantons Basel-Landschaft und der Ausgleichskasse 
des Basler Volkswirtschaftsbundes zugestellt. 
Luzern, 4. Februar 2002 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: