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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_1125/2019  
 
 
Urteil vom 6. November 2019  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterinnen Jacquemoud-Rossari, Jametti, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Zentrales Amt, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Amtsmissbrauch etc.); Sicherheitsleistung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichts des Kantons Wallis, Strafkammer, vom 27. August 2019 (P3 19 180). 
 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:  
 
1.  
Das Kantonsgericht Wallis trat am 27. August 2019 auf eine Beschwerde androhungsgemäss nicht ein, weil die Beschwerdeführerin die verlangte Sicherheitsleistung innert Frist nicht bezahlt und sie es abgelehnt hatte, den ihr obliegenden Nachweis der fristgerechten Zahlung zu führen. 
Die Beschwerdeführerin wendet sich am 30. September 2019 mit Beschwerde an das Bundesgericht. 
 
2.  
Das Gesuch vom 19. Oktober 2019 um Einsicht in die kantonalen Verfahrensakten ging beim Bundesgericht am 21. Oktober 2019 und somit nach Ablauf der 30-tägigen Beschwerdefrist gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG ein. Eine Ergänzung oder Nachbesserung der Beschwerde vom 30. September 2019 war resp. ist daher nicht mehr möglich. Zudem ist weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern eine Akteneinsicht im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren im Hinblick auf die Begründung der Beschwerde gegen die vorinstanzliche Nichteintretensverfügung erforderlich gewesen wäre. Der vorliegende Entscheid kann entsprechend ohne vorgängige Einsicht in die kantonalen Verfahrensakten ergehen. Es steht der Beschwerdeführerin frei, beim kantonalen Gericht um Akteneinsicht zu ersuchen. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin würde es begrüssen, zu einer Verhandlung eingeladen zu werden. Eine mündliche Verhandlung im Sinne von Art. 57 BGG wird nur ausnahmsweise angeordnet. Vorliegend besteht dafür kein Anlass. 
 
4.  
Vorliegend kann es nur um die Frage gehen, ob die Vorinstanz auf die Beschwerde mangels rechtzeitiger Sicherheitsleistung zu Unrecht nicht eingetreten ist. Die materielle Seite bildet nicht Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesgericht kann sich dazu folglich auch nicht äussern. 
 
5.  
Die Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz kann die Privatklägerschaft verpflichten, innert einer Frist für allfällige Kosten und Entschädigungen Sicherheit zu leisten. Art. 136 StPO betreffend die unentgeltliche Rechtspflege für die Privatklägerschaft bleibt vorbehalten (Art. 383 Abs. 1 StPO). Wird die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet, so tritt die Rechtsmittelinstanz auf das Rechtsmittel nicht ein (Art. 383 Abs. 2 StPO). 
 
6.  
 
6.1. Die Verfahrensleitung der Vorinstanz forderte die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 19. Juli 2019 gestützt auf Art. 383 StPO auf, innert 10 Tagen eine Sicherheit von Fr. 1'000.-- zu leisten, unter der Androhung, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist auf das Rechtsmittel nicht eingetreten werde.  
 
6.2. Die per Einschreiben versandte Verfügung wurde der Beschwerdeführerin am 28. Juli 2019 am Schalter persönlich zugestellt (Art. 85 Abs. 2 und 3 StPO). Entsprechend begann die Frist von 10 Tagen in Anwendung von Art. 90 Abs. 1 StPO mit dem auf den Zustellung folgenden Tag, also am 29. Juli 2019, zu laufen, und nicht etwa, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, ab Datum der Verfügung oder Zeitpunkt deren Lesens. Inwiefern die Verfügung vom 19. Juli 2019 "in sich widersprüchlich" und "nicht klar definiert" sein könnte, ist angesichts deren unmissverständlichen Wortlauts und einfachen Inhalts nicht nachvollziehbar. Davon abgesehen hätte sich die Beschwerdeführerin bei allfälligen (Verständnis-) Fragen nach der Rechtslage erkundigen können. Dass ihr dies weder möglich noch zumutbar gewesen sein soll, macht sie nicht geltend.  
 
6.3. Die Frist von 10 Tagen hat sich, anders als die Beschwerdeführerin meint, auch nicht um allfällige Sonn- und Feiertage verlängert. Eine in Tagen angegebene Frist berechnet sich nach dem Kalender (vgl. Art. 110 Ziff. 6 StGB), wobei jeder Tag zu zählen ist, unabhängig davon, ob es sich um einen Sonn- oder Feiertag handelt. Ebensowenig war die Vorinstanz als kantonale Rechtsmittelinstanz dazu verpflichtet, der Beschwerdeführerin eine Nachfrist anzusetzen. Nach der gesetzlichen Regelung tritt die Rechtsmittelinstanz auf das Rechtsmittel nicht ein, wenn die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet wird (Art. 383 Abs. 2 StPO; siehe auch Urteile 6B_36/2018 vom 12. März 2018 E. 4 und 6B_86/2016 vom 5. Februar 2016 E. 2).  
 
6.4. Die Beschwerdeführerin rügt die Höhe der Prozesskaution als unangemessen, führt aber vor Bundesgericht nicht konkret aus, weshalb die verlangte Sicherheit den Verhältnissen des Falles nicht angepasst sein sollte. Soweit sie unter Berufung auf Art. 136 StPO weiter geltend macht, sie hätte aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation zu einer Sicherheitsleistung nicht verpflichtet werden dürfen, behauptet sie selber nicht, dass sie die Vorinstanz über ihre finanziellen Verhältnisse aufgeklärt und um unentgeltliche Rechtspflege ersucht hätte. Es ist folglich auch nicht ersichtlich, inwieweit die Vorinstanz diesem ihr unbekannten Umstand hätte Rechnung tragen können oder sollen. Dass und inwiefern Verletzungen von Art. 9 BV sowie von Art. 29 Abs. 1 und 3 BV vorliegen könnten, ist weder dargelegt (Art. 106 Abs. 2 BGG) noch erkennbar.  
 
6.5. Die angesetzte Frist von 10 Tagen endete vorliegend am 7. August 2019. Die Sicherheitsleistung bzw. der Vorschuss von Fr. 1'000.-- ging indessen erst am 12. August 2019 ein, wobei es die Beschwerdeführerin ablehnte, den ihr obliegenden Nachweis der fristgerechten Zahlung zu erbringen. Wie angedroht, trat die Vorinstanz damit zu Recht auf die Beschwerde nicht ein.  
 
7.  
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Inwiefern sich die angefochtene Verfügung mit formgerechten Rügen erfolgreich anfechten liesse, ist auch nicht erkennbar. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und um Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsanwalts ist daher infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario). Da von engeren finanziellen Verhältnissen auszugehen ist, auch wenn die Beschwerdeführerin diese nicht belegt, sondern lediglich behauptet, ist eine reduzierte Entscheidgebühr auch in Anbetracht des relativ geringen Aufwandes angemessen. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. November 2019 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill