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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.373/2003 /sta 
 
Urteil vom 7. Oktober 2003 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident, 
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Reeb, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Parteien 
1. A.W.________ und B.W.________, 
2. C.X.________ und D.X.________, 
3. Y.________, 
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Hübner, Limmatquai 3, 8001 Zürich, 
 
gegen 
 
Z.________ AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Raffael J. Weidmann, Weidmann & Partner, Bundesplatz 16, Postfach 4747, 6304 Zug, 
Stadt Wädenswil, 8820 Wädenswil, vertreten durch die Baukommission, diese vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Peter Kleb, Utoquai 43, Postfach 1013, 8032 Zürich, 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, Postfach 1226, 8021 Zürich. 
 
Gegenstand 
Art. 9 und 29 Abs. 2 BV 
(Baubewilligung; Arealüberbauung), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, vom 9. April 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Baukommission der Stadt Wädenswil erteilte der Z.________ AG am 30. April 2002 die Baubewilligung für eine aus fünf Einfamilienhäusern, drei Doppeleinfamilienhäusern, drei Reihenhäusern à drei Einfamilienhauseinheiten und einem Mehrfamilienhaus mit 11 Wohnungen bestehende Arealüberbauung auf den Grundstücken Kat.-Nrn. 8825-8827, 8829, 8831-8833 und 12429. Das 10'361 m2 grosse Baugrundstück liegt zwischen der E.________- und der F.________-Strasse im Gebiet "G.________" in Wädenswil und befindet sich im Eigentum der Politischen Gemeinde Wädenswil. 
 
Gegen diese Baubewilligung erhoben verschiedene Nachbarn, worunter A.W.________ und B.W.________, C.X.________ und D.X.________ sowie Y.________, Rekurs bei der Baurekurskommission II des Kantons Zürich. Diese hiess die Rekurse am 19. November 2002 gut und hob die Baubewilligung vom 30. April 2002 auf. 
 
Die Stadt Wädenswil und die Z.________ AG erhoben gegen diesen Entscheid Beschwerden beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses hiess sie am 9. April 2003 gut, hob den angefochtenen Entscheid der Baurekurskommission auf und stellte die Baubewilligung vom 30. April 2002 wieder her. 
B. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 18. Juni 2003 wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs und Willkür beantragen A.W.________ und B.W.________, C.X.________ und D.X.________ sowie Y.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragen sie die Durchführung eines Augenscheins und ersuchen das Bundesgericht, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. 
C. 
Am 25. Juli 2003 verfügte der Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts: 
"Der staatsrechtlichen Beschwerde wird bezüglich der Häuser A1 - A5 sowie des Hauses D aufschiebende Wirkung zuerkannt. Im Übrigen wird das Gesuch abgewiesen." 
D. 
In seiner Vernehmlassung beantragt das Verwaltungsgericht, die Beschwerde abzuweisen. Die Z.________ AG beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Ausserdem sei auf die Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels und eines Augenscheins zu verzichten. Die Stadt Wädenswil beantragt, die Beschwerde abzuweisen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Zur staatsrechtlichen Beschwerde befugt ist nach Art. 88 OG, wer durch den angefochtenen Entscheid persönlich in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt ist und ein aktuelles und praktisches Interesse an der Beschwerde hat. Nach der Praxis des Bundesgerichts sind die Eigentümer benachbarter Grundstücke befugt, die Erteilung einer Baubewilligung anzufechten, wenn sie die Verletzung von Bauvorschriften geltend machen, die ausser den Interessen der Allgemeinheit auch oder in erster Linie dem Schutz der Nachbarn dienen. Zusätzlich müssen sie dartun, dass sie sich im Schutzbereich der Vorschriften befinden und durch die behaupteten widerrechtlichen Auswirkungen der Baute betroffen werden (ZBl 100/1999 S. 136 E. 1b; BGE 118 Ia 232 mit Hinweisen). 
1.2 Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von südwestlich ans Bauareal angrenzenden, von diesem nur durch die E.________-Strasse getrennten Liegenschaften. Sie machen im Wesentlichen geltend, das geplante Bauvorhaben sei nicht bewilligungsfähig, weil es nicht "besonders gut gestaltet" sei und damit die Anforderungen, die § 71 des Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 (PBG) an eine Arealüberbauung stelle, nicht erfülle. Sie bräuchten sich daher nicht gefallen zu lassen, dass ihr Nachbargrundstück vom "Arealüberbauungsbonus" profitiere und in einer für sie nachteiligen Weise mit Häusern überbaut würde, deren Gebäudehöhe und -länge das für die Regelbauweise zulässige Mass überschreite. 
1.3 Vorschriften über die äusseren Abmessungen von Gebäuden dienen nach der Rechtsprechung auch dem Schutz des Nachbarn. Die Beschwerdeführer sind daher zur Rüge befugt, sie würden in willkürlicher Weise zu ihrem Nachteil ausgelegt, sofern sie dartun, dass sie von den widerrechtlichen Auswirkungen der Bauten betroffen sind. 
1.3.1 Nach der Regelbauweise sind in der Zone W2/40%, in welcher sich das Baugrundstück befindet, Bauten mit einer Gebäudehöhe von 7,50 m, einer Firsthöhe von 5,50 m und einer Gebäudelänge von 30 m bzw. einer Gesamtlänge bei geschlossener Überbauung von 40 m zulässig (Art. 3 der Bau- und Zonenordnung der Stadt Wädenswil vom 19. Januar 1998, BZO). Im Rahmen einer Arealüberbauung ist nach Art. 25 BZO in dieser Zone eine Gebäudehöhe von 10,50 m zulässig, und die Gebäudelänge und die Gesamtlänge sind unbeschränkt. Damit sind nach der Regelbauweise Häuser zulässig, die das gewachsene Terrain um 13 m (Gebäudehöhe + Firsthöhe) überragen. Aus den Bauplänen ergibt sich, dass die Häuser A1 - A5 und D, welche auf der den Liegenschaften der Beschwerdeführer gegenüberliegenden Seite der E.________-Strasse gebaut werden sollen und damit deren Aussicht in Richtung See beeinträchtigen werden, diese Höhenkote nicht überschreiten. Es ist nicht ersichtlich, und die Beschwerdeführer legen dies auch nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise (BGE 127 I 38 E. 3c; 125 I 492 E. 1b; 122 I 70 E. 1c) dar, inwiefern sie durch die Überschreitung der nach Regelbauweise zulässigen Gebäudehöhe um 1,25 m durch die Häuser A1 - A5 stärker beeinträchtigt werden als durch eine Überbauung nach Regelbauweise; entscheidend für die Beeinträchtigung ihrer Aussicht ist die Gesamthöhe der Bauten, nicht die Gebäudehöhe. 
1.3.2 Ebenfalls nicht ersichtlich ist, inwiefern die Beschwerdeführer durch die 30 m übersteigende und damit nach der Regelbauweise nicht zulässige Länge des Hauses D betroffen sein sollen, steht dieses Gebäude doch mit der Schmalseite zur E.________-Strasse, die Längsfront ist damit nicht gegen die Liegenschaften der Beschwerdeführer ausgerichtet. Sie legen in keiner Weise dar, dass und weshalb sie durch die bewilligte längere Längsfront des Hauses D stärker beeinträchtigt sein könnten als sie dies wären, wenn die Gebäudelänge nur 30 m betrüge. Es ist im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nicht Sache des Bundesgerichts, nach solchen Gründen zu suchen, die von den Beschwerdeführern nicht vorgebracht werden (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Damit ist die Legitimation der Beschwerdeführer zur Beschwerdeführung in der Sache nicht erstellt, weshalb auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten ist. 
1.4 In formeller Hinsicht werfen die Beschwerdeführer dem Verwaltungsgericht vor, mit seiner Weigerung, einen Augenschein durchzuführen, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt zu haben. Zu dieser Rüge sind sie als Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unabhängig vom Anspruch in der Sache befugt. Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen zu keinen Bemerkungen Anlass geben, ist auf die Beschwerde insoweit einzutreten. 
2. 
2.1 Nach den aus Art. 29 BV fliessenden Verfahrensgarantien sind alle Beweise abzunehmen, die sich auf Tatsachen beziehen, die für die Entscheidung erheblich sind (BGE 117 Ia 262 E. 4b; 106 Ia 161 E. 2b; 101 Ia 169 E. 1, zu Art. 4 aBV, je mit Hinweisen). Das hindert aber den Richter nicht, einen Beweisantrag abzulehnen, wenn er in willkürfreier Überzeugung der bereits abgenommenen Beweise zur Überzeugung gelangt, der rechtlich erhebliche Sachverhalt sei genügend abgeklärt, und er überdies in willkürfreier antizipierter Würdigung der zusätzlich beantragten Beweise annehmen kann, seine Überzeugung werde auch durch diese nicht mehr geändert (BGE 122 V 157 E. 1d; 119 Ib 492 E. 5b/bb, zu Art. 4 aBV). 
2.2 Die Beschwerdeführer machen geltend, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Beweiswürdigung hauptsächlich auf ein Parteigutachten - den Bericht der Ortsbildkommission - sowie auf Fotomontagen der privaten Beschwerdegegnerin gestützt, was einer willkürlichen antizipierten Beweiswürdigung gleichkomme. Anlass zu einem Augenschein hätte zudem der Umstand geben müssen, dass die Beschwerdeführer beim Bau ihrer Häuser aus Rücksicht auf die nach dem damaligen Richtplan der Region Zimmerberg für das Baugebiet geltende "landschaftlich empfindliche Lage" eine Herabsetzung der zulässigen Gebäudehöhe von 7,5 m auf 6 m hätten hinnehmen müssen, wobei ihnen die Baukommission Wädenswil zugesichert habe, diese Höhenbeschränkung hätte auch für das Baugrundstück Geltung; der entsprechende Höhenkotenplan sei nie unter Mitteilung an die Beschwerdeführer aufgehoben worden, weshalb er nach wie vor gültig sei. 
2.3 Das Bauvorhaben ist aktenmässig gut dokumentiert: Nebst den Bauplänen und Fotomontagen besteht ein Bericht der Ortsbildkommission, welcher entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer vom 8. April 2002 datiert. Es gibt somit keinen Hinweis dafür, dass er der Baukommission bei der Erteilung der Baubewilligung vom 30. April 2002 nicht bekannt war und von ihr bloss zur nachträglichen Rechtfertigung des Bauentscheids im Sinne eines "Alibis" bestellt worden sei, wie die Beschwerdeführer unterstellen. Dies spielt letztlich allerdings auch keine entscheidende Rolle: angefochten ist der Entscheid des Verwaltungsgerichts, und diesem lag der Bericht der Ortsbildkommission jedenfalls vor; es wusste zudem auch, dass die Stadt Wädenswil als Verkäuferin des Baugrundstückes auch ein Eigeninteresse an der geplanten Überbauung hat und war deshalb in der Lage, den Bericht der städtischen Ortsbildkommission entsprechend zu würdigen. Schliesslich hat auch die Baurekurskommission II ihren Augenschein vom 20. September 2002 protokollarisch festgehalten. Unter diesen Umständen konnte das Verwaltungsgericht ohne Willkür auf die Durchführung eines Augenscheins verzichten. Die Einwände der Beschwerdeführer etwa gegen die Verwertung der Fotomontagen - ihre Häuser seien wegretuschiert was die geplante Siedlung weniger gedrungen erscheinen lasse und die Farbwahl täusche über die in Wirklichkeit entstehende Riegelwirkung hinweg - sind nicht stichhaltig. Auf Grund der Akten konnte sich das Verwaltungsgericht durchaus ein zuverlässiges Bild von der geplanten Siedlung machen. Besonders zu berücksichtigen ist, dass es der Gemeinde bei der Beurteilung der Frage, ob die Arealüberbauung besonders gut gestaltet sei und damit die Anforderungen von § 71 Abs. 1 PBG erfülle, einen grösseren Ermessensspielraum zugesteht als die Baurekurskommission II dies tat und zum Schluss kam, die Baubewilligung liege innerhalb des der Gemeinde zur autonomen Regelung zustehenden Gestaltungsspielraums. Es ist nicht zu sehen, inwiefern ein Augenschein an diesem Ergebnis etwas hätte ändern können. 
 
Aus diesen Ausführungen ergibt sich zudem, dass auch das Bundesgericht von der Durchführung eines Augenscheins absehen kann. Der entsprechende Antrag ist abzuweisen. 
2.4 Zum Teil verständlich ist zwar der Unmut der Beschwerdeführer, die beim Bau ihrer Häuser die zulässige Gebäudehöhe von 7,50 m nicht ausschöpfen konnten, weil sich das Gebiet nach dem damals geltenden Richtplan in einer landschaftlich empfindlichen Lage befand und sie davon ausgingen, die Beschwerdegegnerin müsse mit den gleichen Restriktionen bauen. Dieser Richtplan wurde indessen geändert und das Baugrundstück liegt neu nicht mehr in einem besonders geschützten Gebiet. Dem ins Recht gelegten Schreiben der Liegenschaftsverwaltung an den Beschwerdeführer Y.________ vom 10. Dezember 1986 lässt sich weder eine Aussage entnehmen, das heutige Baugrundstück unterliege den nämlichen Beschränkungen wie die Y.________ beim Bau seines Hauses auferlegten, noch dass diese Beschränkungen auch in Zukunft und unabhängig von allfälligen Änderungen der planerischen Grundlagen gelten sollten. Dementsprechend müssen sich die Beschwerdeführer damit abfinden, dass das Gebiet nicht mehr als besonders schutzwürdig angesehen wird und die ihnen damals auferlegten baulichen Restriktionen aufgehoben wurden. Was das Verwaltungsgericht zu diesem Aspekt an einem Augenschein an Erkenntnis hätte gewinnen können, ist ohnehin nicht ersichtlich. Die Gehörsverweigerungsrüge ist unbegründet. 
3. 
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Damit werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 OG). Sie haben ausserdem der privaten Beschwerdegegnerin eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt. 
3. Die Beschwerdeführer haben der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftung eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Stadt Wädenswil und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 7. Oktober 2003 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: