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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_965/2017  
 
 
Urteil vom 18. April 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Held. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Stadtrichteramt Zürich, Postfach, 8022 Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Revision (Strafbefehl; notwendige Verteidigung), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 22. August 2017 (SR160026-O/U/cwo). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer wurde mit Strafbefehl vom 17. November 2011 wegen Missbrauchs einer Fernmeldeanlage zu einer Busse von Fr. 100.- verurteilt. Auf ein hiergegen von ihm gestelltes (zweites) Revisionsgesuch trat die Vorinstanz am 22. August 2017 nicht ein. Der amtlich bestellte, notwendige Verteidiger teilte dem Beschwerdeführer mit, dass er beabsichtige, gegen den Beschluss der Vorinstanz kein Rechtsmittel einzulegen. 
 
2.   
Der Beschwerdeführer gelangt mit persönlicher Eingabe vom 6. September 2017 ans Bundesgericht und beantragt sinngemäss, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und auf sein Revisionsgesuch sei einzutreten. Er macht Entschädigungs- und Genugtuungsansprüche von Fr. 200'000.- geltend. Er rügt eine Verletzung von Art. 410 Abs. 1 lit. a und c StPO
 
3.   
Die Vorinstanz erwägt zusammengefasst, soweit der Beschwerdeführer sich sinngemäss auf den Revisionsgrund nach Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO berufe, wonach auf das Strafverfahren durch strafbare Handlungen eingewirkt worden sei, behaupte und lege er nicht dar, dass gegen die von ihm beschuldigte Person ein Strafverfahren durchgeführt oder eingeleitet worden sei. Dass ihm im damaligen Strafbefehlsverfahren kein Verteidiger bestellt worden sei, obwohl die Kammer ihm im vorliegenden Revisionsverfahren sowie in einem anderen hängigen Strafverfahren einen amtlichen Verteidiger bestellt habe, da er nicht in der Lage sei, seine Interessen selber zu vertreten, stelle keinen Revisionsgrund dar. 
 
4.   
Die Rügen des Beschwerdeführers erweisen sich als unbegründet, soweit auf sie eingetreten werden kann (vgl. Art. 42 Abs. 2, Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
4.1. Der Beschwerdeführer kann den Revisionsgrund, es sei durch strafbare Handlungen auf das Strafbefehlsverfahren eingewirkt worden (Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO), weder im kantonalen noch im bundesgerichtlichen Verfahren mit blossen Tatsachenbehauptungen begründen. Die Vorinstanz weist zutreffend darauf hin, dass sich der Revisionsgrund nach gefestigter Rechtsprechung aus dem Strafverfahren ergeben muss, wenn ein Täter strafrechtlich noch zur Rechenschaft gezogen werden kann und keine besondere Ausnahmesituation wie Tod, Schuldunfähigkeit oder Verjährung vorliegt. Es muss zumindest ein Strafverfahren gegen einen Verdächtigten eingeleitet worden sein (vgl. Urteil 6B_293/2016 vom 1. Juli 2016 E. 1.2 mit zahlreichen Hinweisen). Dies ist nach den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht der Fall. Dass er mehrfach Strafanzeigen erstattet habe, zu denen Polizei und Staatsanwaltschaft in keiner Weise Stellung genommen hätten, genügt insoweit nicht. Zudem ergibt sich aus der Beschwerde nicht, gegen wen der Beschwerdeführer Anzeige erstattet haben will und inwieweit die vermeintlich strafbaren Handlungen sich auf das Strafbefehlsverfahren ausgewirkt haben könnten.  
 
4.2. Dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Revisionsverfahren und in einem anderen hängigen Strafverfahren notwendig verteidigt ist, führt nicht zur Revision des rechtskräftigen Strafbefehls. Das vorliegende Revisionsverfahren und das noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren unterscheiden sich sowohl prozessual als auch materiell grundlegend vom 2011 durchgeführten Strafbefehlsverfahren. Die beiden Verfahren weisen bis auf den Beschwerdeführer als beschuldigte Person keinerlei Gemeinsamkeiten auf. Gegenstand des Strafbefehlsverfahren war eine Übertretung, die zu einer Busse von Fr. 100.- geführt hat. Der Beschwerdeführer hat gemäss den Feststellungen der Vorinstanz seine gegen den Strafbefehl erhobene Einsprache schriftlich zurückgezogen. Dass er sich der Tragweite des Rückzugs nicht bewusst gewesen sei, behauptet er nicht. Im noch hängigen Strafverfahren wiegen die ihm gemachten Vorwürfe der Sachbeschädigung, Verleumdung, Beschimpfung und Tätlichkeiten erheblich schwerer. Die Bestellung eines Verteidigers erfolgte gemäss Vorinstanz insbesondere aufgrund der weitschweifigen Eingaben mit teilweise inadäquater Wortwahl und den Schwierigkeiten des Beschwerdeführers, sich im Rahmen einer mündlichen Verhandlung schlüssig und zusammenhängend zu äussern, mithin aufgrund prozessualer Abläufe, die sich im damaligen Strafbefehlsverfahren nicht gestellt haben.  
 
Revisionsrechtlich beachtlich sind zudem nur neue Tatsachen und Beweismittel, die geeignet sind, die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Verurteilung basiert, zu erschüttern und die einen günstigeren Entscheid zugunsten des Verurteilten ermöglichen (BGE 137 IV 59 E. 5.1.4; Urteil 6B_596/2017 vom 5. Oktober 2017 E. 1.3; je mit Hinweisen). Hingegen sind Verfahrensverstösse grundsätzlich mittels Revision nicht korrigierbar, sondern müssen im ordentlichen Rechtsmittelverfahren geltend gemacht werden (Urteile 6B_22/2018 vom 15. März 2018 E. 5; 6B_616/2014 vom 10. November 2014 E. 5). Revisionsrechtlich unbeachtlich sind auch Tatsachen, mit denen Verfahrensverstösse geltend gemacht werden, die zwar möglicherweise in der Nichtbeachtung einer negativen oder positiven Prozessvoraussetzung bestehen, aber nicht zu einer die Strafklage verbrauchenden Einstellung führen, es sei denn, die Verfahrensverstösse sind von einer solchen Schwere, dass sie als Verstoss gegen das Rechtsstaatsprinzip jede Entscheidung in der Sache endgültig verhindern und die daraus resultierende Einstellungsentscheidung einer sachentscheidenden Einstellung gleichsteht. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Unfähigkeit, seine Verfahrensinteressen selbst ausreichend zu wahren, betrifft nur die rechtliche Bewertung des über Schuld und Rechtsfolgen entscheidenden Sachverhalts und kann die tatsächliche Urteilsbasis nicht ins Wanken bringen. Sie scheidet deshalb aus dem Kreis der nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO berücksichtigungsfähigen Tatsachen aus. 
 
5.   
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen. Dem Beschwerdeführer sind reduzierte Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 1'200.- auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. April 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Held