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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_281/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 21. September 2017  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Fonjallaz, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.D.________, 
2. B.D.________, 
3. C.D.________, 
Beschwerdeführer, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Sven Gretler, 
 
gegen  
 
Staatssekretariat für Migration. 
 
Gegenstand 
Erleichterte Einbürgerung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 7. April 2017 des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung VI. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.D.________ wurde am 8. Juni 2016 vom Staatssekretariat für Migration (SEM) erleichtert eingebürgert. Am 12. Juli 2016 beantragte sie dem SEM den Einbezug ihrer beiden Söhne B.D.________ (geb. 15. Juni 2006) und C.D.________ (geb. 23. Februar 2008) in ihre Einbürgerung. 
Am 30. August 2016 verfügte das SEM, B.D.________ und C.D.________ nicht in die Einbürgerung ihrer Mutter miteinzubeziehen. 
Am 7. April 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde von A.D.________, B.D.________ und C.D.________ gegen diese Verfügung des SEM ab. 
 
B.  
Mit Beschwerde vom 23. Mai 2017 beantragen A.D.________, B.D.________ und C.D.________, das SEM anzuweisen, die beiden Söhne in die erleichterte Einbürgerung ihrer Mutter einzubeziehen bzw. sie einzubürgern. 
 
C.  
Bundesverwaltungsgericht und SEM verzichten auf Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Beim angefochtenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich um einen Endentscheid über eine erleichterte Einbürgerung. Als solcher fällt er nicht unter die Ausnahme von Art. 83 lit. b BGG, womit die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 ff. BGG zulässig ist. Die Beschwerdeführer haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und sind vom angefochtenen Entscheid, der die Verweigerung der Einbürgerung der Beschwerdeführer 2 und 3 durch das SEM bestätigte, in schutzwürdigen Interessen betroffen und daher zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, womit auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2.  
 
2.1. Die aus Nigeria stammende Beschwerdeführerin 1 wurde nach ihrer Heirat mit einem Schweizer vom SEM am 8. Juni 2016 erleichtert eingebürgert. Den Miteinbezug ihrer beiden Söhne lehnte es zunächst stillschweigend, am 30. August 2016 ausdrücklich ab. Beide Söhne wurden 2006 und 2008 in der Schweiz geboren und lebten hier bis 2011 bei ihrer Mutter. Am 15. Oktober 2011 wurden sie von ihrem Vater im Rahmen seines Besuchsrecht abgeholt und ohne Wissen der Mutter und der Beiständin an einen unbekannten Ort in Nigeria verbracht. Dieser wurde wegen Entführung zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt (siehe Urteil 6B_1279/2015 vom 14. April 2016) und befindet sich zurzeit im Strafvollzug. Die Beschwerdeführerin 1 konnte den Aufenthaltsort ihrer Kinder nicht ausfindig machen und hat keinen Kontakt zu ihnen.  
 
2.2. Nach Art. 33 BüG werden die unmündigen Kinder der Bewerberin grundsätzlich in die Einbürgerung einbezogen. Das Bundesverwaltungsgericht führt dazu aus, nach seiner ständigen Praxis (BVGE 2007/29) beziehe es die im Ausland wohnenden Kinder in der Regel nicht in die Einbürgerung des Elternteils ein. Vorliegend hätten die mittlerweile elf bzw. neun Jahre alten Beschwerdeführer 2 und 3 die ersten fünf bzw. dreieinhalb Jahre ihres Lebens in der Schweiz verbracht; seit sechs Jahre lebten sie indessen offenbar bei der Verwandtschaft ihres Vaters in Nigeria. Es sei daher nicht anzunehmen, dass sie noch über altersgemässe Kenntnisse einer Landessprache oder überhaupt über einen aktuellen Bezug zur Schweiz verfügten.  
 
2.3. Es liegt nahe, den Einbezug von minderjährigen Kindern in die Einbürgerung eines Elternteils nach Art. 33 BüG auf diejenigen Kinder zu beschränken, die bei diesem in der Schweiz wohnen und aufwachsen sollen und diejenigen, die im Ausland - z.B. im Herkunftsland der einzubürgernden Person - verbleiben und möglicherweise keine weiteren Beziehungen zur Schweiz haben, davon auszuschliessen. Das gilt umso mehr, als sie, sollten sich die Verhältnisse ändern und sie zum eingebürgerten Elternteil in Schweiz nachziehen, nach Art. 31a BüG erleichtert eingebürgert werden können. Diese Lösung verträgt sich auch mit dem Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts, gewährleistet sie doch am ehesten, dass die Kinder das Bürgerrecht mit dem Elternteil gemeinsam haben, bei dem sie leben.  
Vorliegend wurden die Beschwerdeführer 2 und 3 aus der Schweiz entführt und leben seither in Nigeria, wo sie dem Zugriff sowohl der schweizerischen Behörden als auch der Mutter, welche das Sorgerecht innehat, entzogen sind. Sie wachsen somit faktisch in Nigeria als Nigerianer auf und haben, soweit bekannt, keinerlei Bezug zur Schweiz (mehr). An dieser Situation würde der Miteinbezug der Beiden in die Einbürgerung ihrer Mutter allein nichts ändern. Es ist völlig offen, ob es dieser je gelingen wird, Kontakt zu ihren Kindern herzustellen oder sie gar zu sich in die Schweiz zu nehmen. Falls aber der Kindsvater die Rückkehr der Kinder zur Mutter ermöglichen sollte - z.B. um einer weiteren Verurteilung zu entgehen, die ihm allenfalls droht, wenn er den rechtswidrigen Zustand bzw. die Entführung aufrechterhält - besteht die Möglichkeit, sie dannzumal erleichtert einzubürgern. Das Bundesverwaltungsgericht hat unter diesen Umständen kein Bundesrecht verletzt, indem es die Weigerung des SEM schützte, die Beschwerdeführer 2 und 3 in die Einbürgerung ihrer Mutter miteinzubeziehen. 
 
3.  
Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Staatssekretariat für Migration und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung VI, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. September 2017 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Störi