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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.563/2005 /leb 
 
Urteil vom 23. September 2005 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, 
Bundesrichterin Yersin, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Anwaltskammer des Kantons Bern, 
Postfach 7475, 3012 Bern, 
 
B.________. 
 
Gegenstand 
Disziplinarverfahren, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Anwaltskammer des Kantons Bern vom 28. Juli 2005. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
A.________ zeigte Fürsprecherin B.________ bei der Anwaltskammer des Kantons Bern wegen Verletzung der Standesregeln an. Am 28. Juli 2005 entschied die Anwaltskammer, von der Eröffnung eines Disziplinarverfahrens gegen Fürsprecherin B.________ werde abgesehen; die Verfahrenskosten auferlegte die Anwaltskammer dem Staat. 
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde, die vom 15. September 2005 datiert, aber schon am 14. September 2005 zur Post gegeben worden ist, beantragt A.________ dem Bundesgericht, den Entscheid der Anwaltskammer aufzuheben, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen gemäss Art. 156 und 159 OG. Für das bundesgerichtliche Verfahren wird ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt. 
 
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen (wie Einholen der Vorakten) angeordnet worden. Das Urteil ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG). 
2. 
2.1 Die Beschwerdeführerin erhebt ausdrücklich staatsrechtliche Beschwerde. Der angefochtene Entscheid erging unter der Herrschaft des am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61). Es stellt sich die Frage, ob als Rechtsmittel ans Bundesgericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Betracht fiele. Zu diesem Rechtsmittel wäre die Beschwerdeführerin indessen nicht legitimiert, fehlt es ihr doch an einem schutzwürdigen Interesse im Sinne von Art. 103 lit. a OG an einer Disziplinierung der angezeigten Fürsprecherin (vgl. BGE 129 II 297 E. 3.1 S. 302 f.). Damit aber fehlt ihr auch ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 88 OG an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids, mit welchem die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens abgelehnt wurde, und sie ist diesbezüglich auch zur staatsrechtlichen Beschwerde nicht legitimiert (BGE 129 II E. 2.1). 
2.2 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst kann mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung von im kantonalen Verfahren zustehenden Parteirechten gerügt werden, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt (grundlegend BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f; spezifisch für das Anwaltsaufsichtsverfahren BGE 129 II 297 E. 2.3 S. 301 f.). Dabei darf die Rüge, Parteirechte seien verletzt worden, nicht auf eine materielle Überprüfung des Bewilligungsentscheids abzielen (BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 313). Ob die Zulässigkeit von verfahrensrechtlichen Rügen auch in Bezug auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gelten müsste, die nicht nach Sachgebiet oder Gegenstand grundsätzlich ausgeschlossen ist, sondern auf die allein wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses an der Anfechtung des Sachentscheids nicht einzutreten ist, kann offen bleiben, ist doch der Rüge so oder anders kein Erfolg beschieden. 
 
Die Berufung auf Parteirechte setzt zuerst voraus, dass die betroffene Person im kantonalen Verfahren Parteistellung hat, was für den Anzeiger im Anwaltsaufsichtsverfahren ohne ausdrückliche kantonalrechtliche Norm nicht der Fall ist (vgl. BGE 129 II 297 E. 2.3 S. 301 f., mit Hinweis). Das bernische Gesetz vom 6. Februar 1984 über die Fürsprecher (FG) sieht vor, dass der Anzeiger Partei im Verfahren ist, sofern er ausdrücklich erklärt, Parteirechte ausüben zu wollen (Art. 30 Abs. 2 Satz 2 FG). Ob und wann die Beschwerdeführerin im Verfahren vor der Anwaltskammer allenfalls eine derartige Erklärung abgegeben hat, kann dahingestellt bleiben. Die Gehörsverweigerungsrüge erweist sich nämlich als offensichtlich unbegründet: Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat sich die Anwaltskammer mit ihrem Schreiben vom 15. Mai 2001 durchaus befasst, indem sie dieses als für die Beurteilung der behaupteten Verletzung von Standesregeln unter Berücksichtigung der übrigen Umstände als unerheblich bezeichnete (E. 8 des angefochtenen Entscheids). Diese Einschätzung, welche die Anwaltskammer folgerichtig dazu führte, von näheren diesbezüglichen Abklärungen abzusehen, kann das Bundesgericht nicht überprüfen, liefe dies doch auf eine unzulässige Beurteilung der Frage hinaus, ob Anlass für eine Disziplinierung bestanden hätte. 
2.3 Unter diesen Umständen kann offen bleiben, in welcher Form die Beschwerde entgegenzunehmen ist (Verwaltungsgerichtsbeschwerde oder staatsrechtliche Beschwerde). Soweit auf sie überhaupt eingetreten werden kann, ist sie offensichtlich unbegründet und abzuweisen. 
2.4 Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht entsprochen werden (Art. 152 OG). Damit sind die bundesgerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Anwaltskammer des Kantons Bern, Fürsprecherin B.________ sowie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. September 2005 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: