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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.90/2003 /min 
 
Urteil vom 24. Juli 2003 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl, 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
Parteien 
1. X.________ AG in Liquidation, 
2. X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Kantonsgericht des Kantons Schwyz (2. Rekurs-kammer) als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurs, Kollegiumstrasse 28, Postfach 2265, 6431 Schwyz. 
 
Gegenstand 
Pfändungsverfahren, Haftung des Kantons, 
 
SchKG-Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz (2. Rekurskammer) als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurs vom 26. März 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Gegen X.________ sind die Betreibungen Nrn. aaa, bbb, ccc, ddd und eee hängig. Die Betreibungsgläubigerin (Steueramt der Stadt Zürich, in Vertretung von Staat und Stadt Zürich) verfügt für ihre Forderungen nebst Zins und Kosten über rechtskräftige (definitive) Rechtsöffnungstitel und hat die Fortsetzungsbegehren gestellt. Sie bildet die Pfändungsgruppe Nr. fff. 
 
Gegen die Pfändungsankündigung in der Gruppe Nr. fff erhoben die X.________ AG in Liquidation und X.________ Beschwerde. Der Gerichtspräsident des Bezirkes Höfe als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen wies die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden konnte. Seiner Ansicht nach haben die Beschwerdeführer nicht genügend dargetan, dass die Pfändungsankündigung nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht (Verfügung vom 17. Januar 2003). 
 
Die Pfändung in der Gruppe Nr. fff wurde vollzogen und erfasste ein Mehrfamilienhaus an der Strasse S.________ in Zürich, das gemäss Grundbuch im Eigentum der Y.________ AG steht. Gegen die Pfändungsurkunde erhob X.________ Beschwerde. Der Gerichtspräsident des Bezirkes Höfe als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen schrieb die Beschwerde als gegenstandslos geworden ab mit der Begründung, dass die Pfändung gemäss Schreiben des Betreibungsamtes dahingefallen sei, weil die Betreibungsgläubigerin auf die Anhebung eines Widerspruchsverfahrens verzichtet habe (Verfügung vom 21. Januar 2003). 
B. 
Gegen die Verfügungen vom 17. und 21. Januar 2003 erhoben die X.________ AG in Liquidation und X.________ Beschwerde. Das Kantonsgericht Schwyz (2. Rekurskammer) als obere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurs trat auf die Begehren Ziffern 1-31 nicht ein, weil sie Schadenersatzforderungen, bereits abgeschlossene Verfahren und rechtskräftig erledigte Entscheide sowie eine nicht näher bezeichnete Verfügung betrafen. Die Begehren, die angefochtenen Verfügungen aufzuheben (Ziffern 32 und 34) und eine Prozessentschädigung auszurichten (Ziffer 33), wies das Kantonsgericht ab (Beschluss vom 26. März 2003). 
C. 
Die X.________ AG in Liquidation und X.________ erneuern vor der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts ihre bereits im kantonalen Verfahren gestellten vierunddreissig Rechtsbegehren und beantragen zusätzlich, den kantonsgerichtlichen Beschluss vom 26. März 2003 aufzuheben. In formeller Hinsicht ersuchen sie, ihnen die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen (Ziffern 4 und 5) und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen (Ziffer 13). Das Kantonsgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet mit Nichteintretens-, evtl. Abweisungsantrag. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
1. 
Zu den Rechtsbegehren ergibt sich in formeller Hinsicht, was folgt: 
1.1 Gemäss Art. 19 SchKG kann mit der Beschwerde an das Bundesgericht der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde vorgeworfen werden, sie habe Bundesrecht oder völkerrechtliche Verträge des Bundes verletzt und das Ermessen überschritten oder missbraucht (Abs. 1) sowie Recht verweigert oder verzögert (Abs. 2). Die Beschwerdegründe sind damit von Gesetzes wegen gegen die obere Aufsichtsbehörde zu richten, so dass das Rechtsbegehren, den kantonsgerichtlichen Beschluss vom 26. März 2003 aufzuheben, zulässig ist (Ziffer 35), während auf die Rechtsbegehren gegen die beiden Entscheide der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde, die die Beschwerdeführer vor Kantonsgericht angefochten haben, nicht eingetreten werden kann (Ziffern 32 und 34). 
1.2 Die Beschwerdeführer stellen mehrere Begehren auf Zahlung von Schadenersatz und auf Einleitung von Strafverfahren, die sie allesamt mit Anträgen zu Beweisabnahmen versehen (Ziffern 1-3, 6-10, 15-17, 23 und 26). Die geltend gemachten Ansprüche stehen zur Hauptsache im Zusammenhang mit der - nachmals aufgehobenen - Pfändung des Mehrfamilienhauses an der Strasse S.________ in Zürich. Mit der behaupteten strafrechtlichen und zivilrechtlichen Verantwortlichkeit haben sich die Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen indessen nicht zu befassen. Die Strafverfolgung obliegt hier den Kantonen (Art. 345 StGB), und die Zivilansprüche sind auf dem Klage- und nicht auf dem Beschwerdeweg zu erheben (BGE 118 III 1 E. 2b S. 3/4). Auf die entsprechenden Begehren kann nicht eingetreten werden. 
1.3 Die Beschwerdeführer beziehen ihre Begehren auf die Zahlungsbefehle (Ziffern 11, 14, 24 und 27) und Rechtsöffnungsentscheide (Ziffern 18-22 und 25), die den vorliegenden Betreibungen zugrunde liegen, sowie auf frühere Pfändungen (Ziffern 12), Beschwerdeentscheide (Ziffern 28-30) und andere Gerichtsentscheide (Ziffer 31). Die Begehren sind allesamt unzulässig. Von vornherein nicht der Beschwerde unterliegen gerichtliche Entscheide, namentlich Rechtsöffnungsentscheide (BGE 82 III 116 E. 1 S. 118; allgemein: BGE 127 III 55 E. 1b S. 57). Die übrigen Anfechtungsobjekte haben die Beschwerdeführer nicht innert der gesetzlichen Frist weitergezogen. Es gilt nun aber der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Verfügung in formelle Rechtskraft erwächst, wenn sie nicht innert Frist angefochten wird. Denn die Folgen wären unerträglich, wenn in einem Verfahren, das sich stufenweise abwickelt, jederzeit auf Mängel zurückgekommen und das Erreichte wieder in Frage gestellt werden könnte (vgl. etwa Fritzsche/Walder, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, I, 3.A. Zürich 1984, § 8 N. 26 S. 61 f.). Vorbehalten bleibt freilich die Nichtigkeit im Sinne von Art. 22 SchKG, die die Beschwerdeführer zwar anrufen, aber in keiner den formellen Anforderungen genügende Weise begründen (vgl. E. 2 hiernach). Namentlich was eine Nichtigkeit der Zahlungsbefehle mangels örtlicher Zuständigkeit für die Zustellung angeht, könnte den Beschwerdeführern nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer 2 hat die Zahlungsbefehle erhalten und Rechtsvorschlag erhoben (Urkundenverzeichnis vor der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde Nrn. 11-15). Zahlungsbefehle, die durch ein unzuständiges Amt zugestellt werden, sind nicht nichtig. Sie bleiben vielmehr gültig, solange sie nicht in Gutheissung einer rechtzeitig eingelegten Beschwerde aufgehoben werden (BGE 96 III 89 E. 2 und 3 S. 92; zuletzt: Urteil 7B.271/2001 vom 10. Januar 2002, E. 2c). Dazu und zur Aufhebung all der früheren Entscheide - soweit hier anfechtbar - ist es heute längst zu spät. 
2. 
Die Eingabe der Beschwerdeführer umfasst neununddreissig Seiten. Die materielle Beschwerdebegründung ab Seite 12 ff. stimmt wörtlich mit der Beschwerdeschrift an das Kantonsgericht überein, von einer Ausnahme abgesehen. Die Beschwerdeführer haben eine neue Seite 13 eingefügt, auf der sie sich gegen den kantonsgerichtlichen Beschluss wenden. 
 
Gemäss Art. 79 Abs. 1 OG ist in der Beschwerdeschrift unter anderem kurz darzulegen, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Die Vorschrift stimmt mit dem für die Berufung geltenden Art. 55 Abs. 1 lit. c OG überein. Auch wenn an die Begründung der Beschwerdeschrift nur geringe Anforderungen gestellt werden, hat sie doch zumindest ansatzweise eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid zu enthalten, wie das der klare Gesetzwortlaut unmissverständlich fordert ("inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind", Hervorhebung beigefügt). Ein blosser Verweis auf die Eingaben im kantonalen Verfahren genügt nicht, da sich die Anbringen vor der kantonalen Aufsichtsbehörde ja mit dem erst am Schluss des kantonalen Verfahrens gefällten Entscheid nicht auseinandersetzen können (vgl. etwa Dieth, Beschwerde gemäss Art. 17 ff. SchKG, AJP 2002 S. 363 ff., S. 379 f.). Aus dem gleichen Grund vermag eine Beschwerdeschrift den formellen Anforderungen nicht zu genügen, in der wortwörtlich die bereits im Verfahren vor der unteren sowie der oberen Aufsichtsbehörde eingereichten Rechtsschriften wiedergegeben wird (Pfleghard, Schuldbetreibungs- und Konkursbeschwerde, in: Prozessieren vor Bundesgericht, 2.A Basel, 1998, N. 5.82 S. 188, und die seitherige Rechtsprechung: Urteile 7B.17/2003 vom 31. Januar 2003, E. 2.2, und 7B.251/2002 vom 6. Februar 2003, E. 3; 7B.225/2002 vom 12. Dezember 2002, E. 2.2; abweichend: Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, II, Bern 1990, N. 1.2.1 zu Art. 79 OG, S. 752). 
 
Auf die Eingabe der Beschwerdeführer kann unter Vorbehalt von Seite 13 nicht eingetreten werden. 
3. 
Auf S. 13 ihrer Eingabe nehmen die Beschwerdeführer einzig Bezug auf den Teil des angefochtenen Beschlusses, in dem das Kantonsgericht ihre Beschwerde gegen die Verfügung vom 21. Januar 2003 abgewiesen hat, soweit darauf einzutreten war. Verfahrensmässig steht fest, dass der Beschwerdeführer 2 gegen die am 10. Dezember 2002 ausgestellte Pfändungsurkunde am 30. Dezember 2002 Beschwerde erhoben hatte. Während des Beschwerdeverfahrens teilte das Betreibungsamt mit Schreiben vom 8. Januar 2003 mit, dass die Pfändung dahingefallen sei. Darauf schrieb der Gerichtspräsident das Verfahren als gegenstandslos geworden ab. 
Gemäss dem hier angewendeten Art. 17 Abs. 4 SchKG kann das Amt bis zu seiner Vernehmlassung im Beschwerdeverfahren die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen (Satz 1). Die rechtshängige Beschwerde wird gegenstandslos, soweit die Beschwerdeanträge durch die betreibungsamtliche Selbstberichtigung erledigt werden (BGE 126 III 85 E. 3 S. 88; Amonn/Gasser, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6.A. Bern 1997, § 6 N. 64 S. 47). Auch eine Gutheissung der Beschwerde vermöchte eine Berichtigung der angefochtenen Betreibungshandlung nicht mehr zu bewirken, da diese bereits - aus welchen Gründen auch immer - zurückgenommen worden ist. An der Beurteilung der Beschwerde besteht insoweit kein rechtlich geschütztes Interesse mehr, als sie keinem praktischen Zweck der Zwangsvollstreckung mehr dienen kann. Entgegen der Annahme der Beschwerdeführer fehlt es auch am Rechtsschutzinteresse, wenn mit der Beschwerde lediglich bezweckt wird, eine Pflicht- bzw. Gesetzwidrigkeit des Betreibungsamtes feststellen zu lassen, um eine Grundlage für Schadenersatz- oder Verantwortlichkeitsansprüche zu schaffen (BGE 120 III 107 E. 2 S. 109; Poudret/ Sandoz-Monod, N. 3.2.1 zu Art. 78 OG, S. 729; Pfleghard, a.a.O., N. 5.29 S. 172, je mit weiteren Nachweisen). 
 
Das Kantonsgericht hat sich an die gezeigten Grundsätze gehalten. Eine Bundesrechtsverletzung ist nicht ersichtlich, geschweige denn, mit Blick auf die pauschalen Bestreitungen der Beschwerdeführer dargetan. Ihre Einwände gegen die Rechtsöffnungsentscheide sind unzulässig (E. 1.3 hiervor), und auch auf ihre weiteren Vorbringen kann nicht eingetreten werden (E. 2 hiervor). 
4. 
Das Gesuch der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung (Rechtsbegehren-Ziffer 13) wird mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos. 
5. 
Das Beschwerdeverfahren - vor der erkennenden Kammer, aber auch vor der kantonalen Aufsichtsbehörde - ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG, SR 281.35). Mit Blick darauf muss das Rechtsbegehren auf Zusprechung einer Parteientschädigung für das Beschwerdeverfahren (Ziffer 33) abgewiesen werden. Aus demselben Grund ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos, doch kann der bedürftigen Partei, deren Rechtsbegehren nicht als aussichtslos erscheint, nötigenfalls ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt werden (Art. 152 OG; BGE 122 III 392 E. 3c S. 394). Von einer Beschwerdeführung mit Aussicht auf Erfolg kann vorliegend keine Rede sein. Die Rechtsbegehren sind mehrheitlich unzulässig, und die Beschwerdebegründung genügt überwiegend den formellen Anforderungen nicht. Unter diesen Umständen muss das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung abgewiesen werden, ohne dass das Bundesgericht auf die weiteren Anspruchsvoraussetzungen einzugehen braucht (Rechtsbegehren-Ziffern 4 und 5). 
 
Demnach erkennt die Kammer: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Betreibungsamt Höfe und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz (2. Rekurskammer) als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 24. Juli 2003 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: