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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_68/2018  
 
 
Urteil vom 27. Juni 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Eusebio, 
Gerichtsschreiberin Sauthier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Petra Heller, 
 
gegen  
 
B.________, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Gemeinderat Hergiswil, 
Postfach 7, 6133 Hergiswil b. Willisau, 
Regierungsrat des Kantons Luzern, 
handelnd durch das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern, Postfach 3768, 6002 Luzern. 
 
Gegenstand 
Rechtsmittelfrist, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 14. Dezember 2017 
(7H 17 282). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Gemeinderat Hergiswil bewilligte mit Entscheid vom 3. Oktober 2011 der B.________ das Strassenprojekt für die Erneuerung und Änderung der Hofzufahrt U.________. Dieser Entscheid wurde den Parteien zusammen mit dem Gesamtentscheid der kantonalen Dienststelle Raum und Wirtschaft vom 28. September 2011 eröffnet und blieb unangefochten. 
A.________, Eigentümerin des Grundstücks GB-Nr. xxx, stellte nach Ausführung der Arbeiten Abweichungen gegenüber dem bewilligten Strassenprojekt fest, insbesondere in Bezug auf die Strassenentwässerung und die Strassenbankette. Diese Abweichungen zeigte sie am 25. März und am 22. Mai 2015 dem Gemeinderat an und beantragte, die B.________ sei zur Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustands zu verpflichten. 
Der Gemeinderat wies die baupolizeiliche Anzeige mit Entscheid vom 7. Juli 2015 ab, soweit er darauf eintrat. Er begründete seinen Entscheid damit, dass es sich um geringfügige und somit zulässige Abweichungen handle. 
Dagegen erhob A.________ am 4. August 2015 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Kantonsgericht Luzern. Das Kantonsgericht überwies die Sache am 13. August 2015 zuständigkeitshalber dem Regierungsrat des Kantons Luzern, da unter anderem die Frage der Notwendigkeit eines Projektänderungs-/Baubewilligungsverfahrens und die Ausweitung des Enteignungsrechts gemäss § 71c des Strassengesetzes des Kantons Luzern vom 21. März 1995 (StrG; SRL 755) zur Diskussion stehe. Dadurch werde auch in einem Verfahren, in welchem es um die Wiederherstellung eines gesetzmässigen Zustands im Kontext des Strassenbaurechts gemäss § 101 StrG gehe, die sachliche Zuständigkeit des Regierungsrats begründet. Der Regierungsrat wies die Beschwerde mit Entscheid vom 25. August 2017 ab. 
Am 18. September 2017 reichte A.________ dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Kantonsgericht Luzern ein. Dieses gab der Beschwerdeführerin am 26. September 2017 Gelegenheit, sich zur Rechtzeitigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu äussern. A.________ nahm mit Schreiben vom 14. November 2017 dazu Stellung. Mit Urteil vom 14. Dezember 2017 trat das Kantonsgericht auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufgrund verpasster Frist nicht ein. Zur Begründung führte es aus, die Frist betrage gemäss § 98 Abs. 2 StrG 20 Tage. A.________ könne nicht gefolgt werden, sofern sie vorbringe, die dreissigtägige Rechtsmittelfrist nach § 86 des Enteignungsgesetzes des Kantons Luzern vom 29. Juni 1970 (EntG; SRL 730) i.V.m. § 130 des Gesetzes des Kantons Luzern über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 (VRG; SRL 40) gelange vorliegend zur Anwendung. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 5. Februar 2018 an das Bundesgericht beantragt A.________, das vorinstanzliche Urteil vom 14. Dezember 2017 sei aufzuheben und die Sache sei zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern sowie der Gemeinderat beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Kantonsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung und beantragt, wie auch die Strassengenossenschaft, die Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin hat auf eine Replik verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid der Vorinstanz, welcher sich auf kantonales öffentliches Recht stützt, steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG). Die Beschwerdeführerin ist als Eigentümerin des vom Strassenprojekt betroffenen Grundstücks und da sie im vorinstanzlichen Verfahren mit ihren Anträgen nicht durchgedrungen ist, zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist daher grundsätzlich einzutreten.  
 
1.2. Hingegen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, soweit die Beschwerdeführerin eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung geltend macht. Sie begründet diesbezüglich nicht in substanziierter Weise, inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt offensichtlich unrichtig bzw. im Sinne von Art. 95 BGG rechtsverletzend festgestellt haben sollte (vgl. Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Aus diesem Grund ist vom von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt auszugehen (vgl. Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).  
 
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann nach Art. 95 BGG die Verletzung von Bundesrecht (lit. a) und von kantonalen verfassungsmässigen Rechten (lit. c) geltend gemacht werden. Dies prüft das Bundesgericht frei. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Für die Verletzung von Grundrechten und kantonaler verfassungsmässiger Rechte gilt das Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG) mit qualifizierten Begründungsanforderungen. Übriges kantonales Recht prüft das Bundesgericht nur unter dem Blickwinkel des Willkürverbots.  
 
2.  
Soweit sich die Beschwerdeführerin auf den Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV) beruft, dringt sie nicht durch. Es ist nicht nachvollziehbar, inwiefern der angefochtene Entscheid treuwidrig sein sollte. Namentlich ist nicht ersichtlich, inwiefern das Verhalten der Vorinstanz im Hinblick auf ihr Überweisungsschreiben vom 13. August 2015 an den Regierungsrat eine Vertrauensgrundlage geschaffen haben soll, wonach Enteignungsrecht, insbesondere § 86 EntG i.V.m. § 130 VRG auf den vorliegenden Fall anwendbar sein soll. 
Zutreffend hat die Vorinstanz ausgeführt, ihrem Schreiben vom 13. August 2015 könne zwar entnommen werden, dass ein Zusammenhang zwischen der beantragten Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands im Kontext des Strassenprojekts zum Enteignungsrecht bestehe, dieser Zusammenhang hingegen nicht bedeute, es gelange automatisch, insbesondere im Hinblick auf die Rechtsmittelfrist, Enteignungsrecht zur Anwendung. Der Zusammenhang führe gemäss § 71c StrG aber zur sachlichen Zuständigkeit des Regierungsrates. Sodann werde im erwähnten Schreiben mit § 71c StrG und § 101 StrG konkret auf die Anwendbarkeit des einschlägigen Strassengesetzes verwiesen. Nach dem Gesagten bestand keine Vertrauensgrundlage, auf welche sich die Beschwerdeführerin hätte berufen können (vgl. BGE 137 I 69 E. 2.5.1 S. 72 f.; 131 II 627 E. 6.1 S. 636 f.; je mit Hinweisen) und aufgrund welcher sie hätte darauf vertrauen dürfen, die Rechtsmittelfrist betrage 30 Tage. 
Im Übrigen ist auch die Beschwerdeführerin selbst in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde von der im Entscheid des Regierungsrats vom 25. August 2017 festgehaltenen 20-tägigen Beschwerdefrist nach § 98 Abs. 2 StrG ausgegangen. Zu diesem Zeitpunkt hat sie (noch) nicht gerügt, die Frist wäre nach dem Enteignungsgesetz zu bestimmen gewesen und würde daher 30 Tage betragen. Diesen Vorwand hat sie erst vorgebracht, nachdem ihr mitgeteilt wurde, sie habe die Verwaltungsgerichtsbeschwerde verspätet eingereicht. 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet grundsätzlich nicht, dass ihre Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 18. September 2017 verspätet eingereicht worden ist. Sie stellt sich aber auf den Standpunkt, die Vorinstanz hätte nicht die 20-tägige Frist nach § 98 Abs. 2 StrG, sondern die sich aus § 86 EntG i.V.m. § 130 VRG ergebende 30-tägige Frist beachten müssen. Nach dieser wäre ihre Beschwerde rechtzeitig gewesen. Zudem hätte aufgrund der Anwendbarkeit des Enteignungsgesetzes gemäss § 85 EntG die Zustellung eingeschrieben erfolgen müssen, womit ihr der Entscheid frühestens am Montag, 28. August 2017 hätte zugestellt werden können. Aus dieser fehlerhaften Zustellung dürfe ihr kein Rechtsnachteil erwachsen, weshalb die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 18. September 2017 als rechtzeitig erhoben gelten müsse. Indem sich die Vorinstanz aber auf das Strassenrecht gestützt habe, ignoriere sie den selbst hergestellten Bezug zum Enteignungsrecht. Dieses widersprüchliche Verhalten widerspreche dem Willkürverbot i.S.v. Art. 9 BV.  
 
3.2. Ob das angefochtene Urteil kantonales Recht verletzt, prüft das Bundesgericht grundsätzlich nur auf Willkür hin und nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (vgl. E. 1.2. hiervor). Willkürlich ist ein Entscheid, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72 mit Hinweisen).  
 
3.3. Aus den Erwägungen der Vorinstanz geht klar und nachvollziehbar hervor, weshalb sie zum Schluss gekommen ist, das Strassenrecht stehe im Vordergrund, weshalb sie dieses als anwendbar erklärt und sich auf dessen Bestimmungen gestützt hat. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz zwar einen Zusammenhang zum Enteignungsrecht erwähnt hat, sich aber zur Bestimmung der Rechtsmittelfrist und bei der Anwendung der Zustellvorschriften auf das Strassenrecht gestützt hat. Die Ausführungen der Vorinstanz, es gehe primär um die Beurteilung des Ausmasses der Abweichungen von Geplantem sowie um die Frage der Notwendigkeit eines nachträglichen strassenrechtlichen Projektbewilligungsverfahrens und nicht um die Erteilung des Enteignungsrechts, sind einleuchtend. Streitgegenstand sei die von der Beschwerdeführerin selbst beantragte Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes nach § 101 StrG.  
Bereits dem Überweisungsbeschluss der Vorinstanz vom 13. August 2017 kann entnommen werden, dass vorliegend ein Strassenprojekt den Streitgegenstand bildet. Wie die Vorinstanz zu Recht bemerkt hat, wären allfällige enteignungsrechtliche Fragen lediglich die Folge der im Mittelpunkt stehenden strassenrechtlichen Problematik gewesen. 
Unter diesen Umständen ist die Folgerung der Vorinstanz, wonach die 20-tägige Rechtsmittelfrist des Strassengesetz nach § 98 Abs. 2 StrG zur Anwendung gelange, nicht willkürlich. 
 
3.4. Ebenfalls nichts zu ihren Gunsten vermag die Beschwerdeführerin aus der angeblich nicht korrekten Zustellungsart des Entscheids des Regierungsrats via A-Post-Plus-Versand ableiten. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann aus dem Schweigen des Gesetzes über die Art der Zustellung abgeleitet werden, dass es den Behörden freigestellt ist, auf welche Art sie ihre Verfügungen versenden. Insbesondere dürfen sie sich deshalb auch der Versandart A-Post Plus bedienen (BGE 142 III 599 E. 2.4.1 S. 603). Vorliegend äussert sich das anwendbare Strassengesetz nicht über die Zustellungsart, weshalb der Regierungsrat den Entscheid per A-Post Plus versenden durfte. Es kann diesbezüglich auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz (E. 4.4 f.) verwiesen werden.  
 
4.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG). Die nicht anwaltschaftlich vertretene Beschwerdegegnerin hat praxisgemäss keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung. Das Gleiche gilt für den Gemeinderat Hergiswil sowie den Regierungsrat des Kantons Luzern (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Hergiswil, dem Regierungsrat des Kantons Luzern und dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. Juni 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier