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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_867/2022  
 
 
Urteil vom 2. August 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiber Keskin. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Landesverweisung; wirksame Verteidigung, Kosten, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 4. April 2022 
(ST.2021.49-SK3). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen wirft A.________ zusammengefasst vor, als einer von fünf maskierten Mittätern am 10. April 2017 an einem Raubüberfall in der Wohnung von B.________ beteiligt gewesen zu sein. Dabei seien die dort anwesenden Personen eingeschüchtert und Bargeld, ein Gucci-Baseball-Cap, mehrere Messer, ein Lautsprecher sowie ca. 200 Gramm Marihuana behändigt worden. Weiter habe A.________ am 25. Dezember 2016 den Geschäftsführer der C.________ Bar, D.________, für einige Sekunden am Hals gepackt und etwas zugedrückt. Im Zusammenhang mit der nachfolgenden Fahndung wird A.________ sodann zur Last gelegt, er habe den Tatbestand der Gewalt und Drohung gegenüber Beamten der Stadtpolizei Chur erfüllt. Weiter sei A.________ am 26. Juli 2017 ohne den erforderlichen Führerschein mit einem Lieferwagen gefahren. Sodann sei A.________ in der Zeitspanne vom 9. August bis 12. Oktober 2017 trotz Vorladung durch das zuständige Betreibungsamt nicht erschienen. Weiter habe er einen Elektroschocker besessen bzw. getragen sowie vom 20. Februar 2015 bis 19. Februar 2018 mehrfach Marihuana angebaut bzw. konsumiert. Überdies habe er am 16. Januar, 29. März, 3. sowie 19. April 2018 die Dienste der SBB genutzt, ohne im Besitz des notwendigen Billets gewesen zu sein. Schliesslich habe er am 8. August 2018 den Zugbegleiter E.________ verbal mit "kaputtmachen" gedroht, ihn mit "fette Sau" und "schwule Ratte" beschimpft und in Anwesenheit der Polizei im Bahnhof Chur erneut gleichartig angepöbelt. 
 
B.  
 
B.a. Mit Entscheid vom 15. Dezember 2020 stellte das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland das Strafverfahren gegen A.________ wegen mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes in der Zeit bis zum 15. Dezember 2017, mehrfachen Ungehorsams des Schuldners im Betreibungs- und Konkursverfahren und Tätlichkeiten ein. Es erklärte ihn des Raubes, der Beschimpfung, der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, des Vergehens gegen das Waffengesetz, des Führens eines Motorfahrzeuges ohne den erforderlichen Führerausweis, der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes sowie der mehrfachen Übertretung des Personenbeförderungsgesetzes schuldig. Hierfür verurteilte es ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten, zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.-- sowie zu einer Busse von Fr. 400.--. Es ordnete eine Landesverweisung für die Dauer von fünf Jahren sowie die Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) an.  
 
B.b. Das Kantonsgericht St. Gallen wies die Berufung von A.________ gegen die Anordnung der Landesverweisung sowie die Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) ab und bestätigte den kreisgerichtlichen Entscheid vom 15. Dezember 2020.  
 
C.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, es seien ihm die Anwaltskosten zu rapportieren. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung habe dem effektiven Aufwand zu entsprechen. Es sei ihm im Verfahren eine Verteidigung zur Seite zu stellen, die angemessen seine Parteiinteressen wahrnehme. Es sei die Verhältnismässigkeit bei der Landesverweisung und bei der Ausschreibung im Schengener Informationsystem (SIS) zu wahren. Eventualiter sei die Sache an die erste Instanz zwecks Neubeurteilung der Landesverweisung zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer reichte seine Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen beim Bundesstrafgericht ein. Dieses übermittelte die Eingabe zuständigkeitshalber an das für die Beurteilung der Beschwerde zuständige Bundesgericht (Art. 48 Abs. 3; Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1 und Art. 90 BGG).  
 
1.2. Mit Schreiben vom 12. Juli 2022 wies das Bundesgericht den Beschwerdeführer darauf hin, dass eine Beschwerde an das Bundesgericht gestützt auf Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ein Begehren und eine Begründung enthalten müsse, mit der aufzuzeigen sei, inwiefern und aus welchen Gründen der vorinstanzliche Entscheid gegen das Recht verstosse (act. 5). Der Beschwerdeführer reichte am 16. August 2022 eine Beschwerdeergänzung innert der Beschwerdefrist ein (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG). Seine nach Ablauf der Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG) eingereichte zweite Beschwerdeergänzung vom 22. Oktober 2022 samt ihren Anträgen und Anhängen ist verspätet und damit unbeachtlich (vgl. BGE 148 V 174 E. 2.1).  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer legt in seiner Beschwerde diverse neue Beweismittel ins Recht. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde darzulegen ist (BGE 134 V 223 E. 2.2.1 mit Hinweis). Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können. Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder entstanden (echte Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (BGE 148 V 174 E. 2.2; 143 V 19 E. 1.2; 139 III 120 E. 3.1.2; Urteile 6B_4/2021 vom 2. Juni 2021 E. 3.1; 6B_1109/2019 vom 23. September 2020 E. 1.4.1). Dieser Grundsatz ergibt sich aus der Rolle des Bundesgerichts als der obersten rechtsprechenden Behörde des Bundes (vgl. Art. 188 Abs. 1 BV, Art. 1 Abs. 1 BGG), welche ihrem Sachurteil keine Tatsachen oder Beweismittel zugrunde legen darf, die zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils noch nicht existiert haben (Urteile 6B_4/2021 vom 2. Juni 2021 E. 3.1; 6B_1109/2019 vom 23. September 2020 E. 1.4.1; 6B_349/2020 vom 25. Juni 2020 E. 1.2.2; je mit Hinweisen). Nach dem angefochtenen Entscheid eingetretene Tatsachen bzw. die zugehörigen Beweismittel müssen nur zugelassen werden, wenn sie prozessuale Aspekte im Verfahren vor dem Bundesgericht betreffen, wie etwa die Rechtzeitigkeit der Beschwerdeerhebung (wesentlich für die Eintretensfrage), die Mittellosigkeit im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege oder das Ereignis, welches die Gegenstandslosigkeit des Beschwerdeverfahrens bewirkt (Urteil 6B_349/2020 vom 25. Juni 2020 E. 1.2.2 mit Hinweis).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer beruft sich in seiner Beschwerde unter anderem auf die Korrespondenz ab 5. April 2022 zwischen F.________ und seiner amtlichen Verteidigung vor den kantonalen Instanzen, die Korrespondenz ab 18. Mai 2022 wiederum zwischen F.________ und der Vorinstanz, von F.________ an die erste und Vorinstanz gerichteten Akteneinsichtsgesuche vom 2. Juni 2022 bzw. 7. Juni 2022. Dabei handelt es sich um echte Noven, welche erst nach dem angefochtenen Entscheid vom 4. April 2022 entstanden sind. Diese Beweismittel sind für das bundesgerichtliche Verfahren demzufolge unbeachtlich.  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer sieht seinen Anspruch auf wirksame Verteidigung verletzt. Er macht zusammengefasst geltend, die amtliche Verteidigung habe gegenüber der ersten Instanz wahrheitswidrige Angaben zu seinem Verbleib getätigt. Auch habe sie den erst- und vorinstanzlichen Entscheid nicht rechtzeitig an ihn weitergeleitet. Proaktives Handeln seitens seiner amtlichen Verteidigung im Hinblick auf seine Einreise von Bosnien-Herzegowina, nach der er am Zürcher Flughafen verhaftet worden sei, sei unterblieben. Im Plädoyer vor der ersten Instanz habe seine amtliche Verteidigung interessenwidrig die Landesverweisung mitgetragen, was der Beschwerdeführer auf mangelnden Kontakt und fehlenden Informationsaustausch zwischen ihm und seiner amtlichen Verteidigung zurückführt. Basierend auf diese Vorbringen ficht er das Honorar der amtlichen Verteidigung als zu hoch an.  
 
3.2. Die Bestimmungen von Art. 29 Abs. 3 BV, Art. 32 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK garantieren den Anspruch des Beschuldigten auf sachkundige, engagierte und effektive Wahrnehmung seiner Parteiinteressen (Urteile 6B_1047/2021 vom 25. Juli 2022 E. 1.1.1; 6B_909/2018 vom 23. Januar 2019 E. 1.2). Wird von den Behörden untätig geduldet, dass der amtliche Verteidiger seine anwaltlichen Berufs- und Standespflichten zum Nachteil des Beschuldigten in schwerwiegender Weise vernachlässigt, kann darin eine Verletzung der von Verfassung und EMRK gewährleisteten Verteidigungsrechte liegen (BGE 143 I 284 E. 2.2.2; 138 IV 161 E. 2.4; je mit Hinweisen). Mit den Bestimmungen von Art. 132 und Art. 133 StPO wurde die bisherige Rechtsprechung zur Garantie auf eine wirksame Verteidigung kodifiziert (BGE 139 IV 113 E. 4.3). Als schwere Pflichtverletzung fällt nur sachlich nicht vertretbares respektive offensichtlich fehlerhaftes Prozessverhalten der Verteidigung in Betracht, sofern die beschuldigte Person dadurch in ihren Verteidigungsrechten substanziell eingeschränkt wird. Ein solcher eklatanter Verstoss gegen allgemein anerkannte Verteidigerpflichten liegt etwa vor bei krassen Frist- und Terminversäumnissen, Fernbleiben von wichtigen Zeugeneinvernahmen, mangelnder Sorgfalt bei der Vorbereitung von Einvernahmen und anderen Prozesshandlungen oder fehlender Vorsorge für Stellvertretungen (BGE 143 I 284 E. 2.2.2; Urteil 6B_909/2018 vom 23. Januar 2019 E. 1.2; je mit Hinweisen). Allein das Empfinden der beschuldigten Person und ihr blosser Wunsch, nicht mehr durch den ihm beigegebenen Verteidiger vertreten zu werden, reichen für einen Wechsel der Verteidigung nicht aus (BGE 138 IV 161 E. 2.4 mit Hinweisen).  
 
3.3. Auf die Rüge der ungenügenden Verteidigung ist aus mehreren Gründen nicht einzutreten. Der Grundsatz von Treu und Glauben, aus welchem sich das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ergibt, verbietet es, der Vorinstanz bekannte rechtserhebliche Einwände vorzuenthalten und diese erst nach einem ungünstigen Entscheid im anschliessenden Rechtsmittelverfahren zu erheben (BGE 143 IV 397 E. 3.4.2 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer erhebt die Rüge der ungenügenden Verteidigung erstmals vor Bundesgericht, obwohl dies bereits zu einem früheren Zeitpunkt möglich und zumutbar gewesen wäre, insbesondere als er (auch) das Verhalten seiner amtlichen Verteidigung vor der ersten Instanz kritisiert. Vor den kantonalen Instanzen thematisierte er weder allfällige Pflichtverletzungen seines Verteidigers, noch machte er geltend, aus objektiven Gründen sei eine sachgemässe Vertretung seiner Interessen durch seine amtliche Verteidigung nicht mehr gewährleistet. Zudem bleiben die Beanstandungen, soweit sie sich überhaupt gegen die Mandatsführung richten, gänzlich unsubstanziiert. Der Beschwerdeführer zeigt ein sachlich nicht vertretbares respektive offensichtlich fehlerhaftes Prozessverhalten der amtlichen Verteidigung nicht auf. Er belässt es damit, an ihre Adresse pauschale Kritik zu erheben. Dies ist etwa der Fall, wenn er ausführt, die amtliche Verteidigung habe wahrheitswidrige Angaben zu seinem Verbleib gemacht oder ihm die kantonalen Entscheide nicht rechtzeitig zugestellt. Dasselbe gilt, wenn er der amtlichen Verteidigung vorwirft, sie habe wegen mangelnden Kontakts und fehlenden Informationsaustauschs die Landesverweisung vor der ersten Instanz mitgetragen, zumal aus den von ihm vorgelegten und gleichzeitig in den Vorakten befindlichen Unterlagen hervorgeht, dass er regelmässig nicht persönlich mit seiner amtlichen Verteidigung in Kontakt getreteten ist, sondern die Kommunikation mit ihr fast gänzlich F.________ überliess. Ebenfalls pauschal verbleibt seine in Bezug auf die Landesverweisung geäusserte Kritik, die amtliche Verteidigung sei nicht auf die Inhalte seiner Zusammenstellung betreffend seine Arbeitsbemühungen oder auf seine Lebensumstände in Bosnien-Herzegowina eingegangen. Der Beschwerdeführer übersieht, dass die amtliche Verteidigung nicht bloss das unkritische Sprachrohr seines Mandanten ist. Für einen Verteidigerwechsel genügt deshalb nicht, wenn die Verteidigung eine problematische, aber von der beschuldigten Person gewünschte und verlangte Verteidigungsstrategie nicht übernimmt (BGE 138 IV 161 E. 2.4 mit Hinweisen). Damit genügt die Rüge, selbst wenn sie zulässig wäre, den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Somit erübrigt sich auch, auf die Kritik hinsichtlich der Höhe des Honorars der amtlichen Verteidigung einzugehen.  
 
4.  
 
4.1. Auch Rügen betreffend die Landesverweisung überprüft das Bundesgericht nur, insoweit die Begründungsanforderungen diesbezüglich erfüllt sind (Art. 42 Abs. 2 BGG; Urteil 6B_532/2021 vom 5. Oktober 2022 E. 4).  
 
4.2. Gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB verweist das Gericht den Ausländer, der wegen Raub (Art. 140 StGB) verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe für 5-15 Jahre aus der Schweiz. Die obligatorische Landesverweisung wegen einer Katalogtat im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB greift grundsätzlich unabhängig von der konkreten Tatschwere. Sie muss zudem unabhängig davon ausgesprochen werden, ob es beim Versuch geblieben ist und ob die Strafe bedingt, unbedingt oder teilbedingt ausfällt (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1 mit Hinweis).  
Von der Anordnung der Landesverweisung kann nur "ausnahmsweise" unter den kumulativen Voraussetzungen abgesehen werden, dass sie (1.) einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (2.) die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen (Art. 66a Abs. 2 Satz 1 StGB; sog. Härtefallklausel). Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB). Die Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB dient der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 BV; BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.1.2 und E. 3.3.1). Sie ist restriktiv anzuwenden (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.1 mit Hinweis). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich zur kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB der Kriterienkatalog der Bestimmung über den "schwerwiegenden persönlichen Härtefall" in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) heranziehen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteil 6B_760/2022 vom 5. Juni 2023 E. 5.2.2). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, einschliesslich familiärer Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, die Aufenthaltsdauer, der Gesundheitszustand und die Resozialisierungschancen (BGE 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteile 6B_760/2022 vom 5. Juni 2023 E. 5.2.1; 6B_244/2021 vom 17. April 2023 E. 6.3.2; 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.3; je mit Hinweisen). Bei der Härtefallprüfung ist nicht schematisch ab einer gewissen Aufenthaltsdauer eine Verwurzelung in der Schweiz anzunehmen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.4). Erforderlich sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteil 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.3; je mit Hinweisen). 
Von einem schweren persönlichen Härtefall ist in der Regel bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV und Art. 8 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens auszugehen (Urteile 6B_760/2022 vom 5. Juni 2023 E. 5.2.3; 6B_244/2021 vom 17. April 2023 E. 6.3.3; je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung kann sich der Ausländer auf das Recht auf Privatleben nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK berufen, sofern er besonders intensive soziale und berufliche Verbindungen zur Schweiz aufweist, die über jene einer gewöhnlichen Integration hinausgehen (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteil 6B_1412/2021 vom 9. Februar 2023 E. 2.2.3; je mit Hinweisen). Das durch Art. 13 BV bzw. Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 144 I 266 E. 3.3; 144 II 1 E. 6.1; je mit Hinweisen). Zum geschützten Familienkreis gehört in erster Linie die Kernfamilie, das heisst die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern (BGE 145 I 227 E. 5.3; 144 II 1 E. 6.1; Urteil 6B_1275/2020 vom 4. März 2021 E. 1.3.3). 
Wird ein schwerer persönlicher Härtefall bejaht, entscheidet sich die Sachfrage in einer Interessenabwägung nach Massgabe der "öffentlichen Interessen an der Landesverweisung". Nach der gesetzlichen Systematik ist die obligatorische Landesverweisung anzuordnen, wenn die Katalogtaten einen Schweregrad erreichen, bei welchem die Landesverweisung zur Wahrung der inneren Sicherheit als notwendig erscheint. Diese Beurteilung lässt sich strafrechtlich nur in der Weise vornehmen, dass massgebend auf die verschuldensmässige Natur und Schwere der Tatbegehung, die sich darin manifestierende Gefährlichkeit des Täters für die öffentliche Sicherheit und auf die Legalprognose abgestellt wird (Urteile 6B_760/2022 vom 5. Juni 2023 E. 5.2.5; 6B_244/2021 vom 17. April 2023 E. 6.3.5; 6B_992/2022 vom 17. Februar 2023 E. 3.3.5; je mit Hinweisen). 
Art. 66a StGB ist EMRK-konform auszulegen. Die Interessenabwägung im Rahmen der Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB hat sich daher an der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu orientieren (BGE 145 IV 161 E. 3.4; Urteile 6B_760/2022 vom 5. Juni 2023 E. 5.2.6; 6B_244/2021 vom 17. April 2023 E. 6.3.5; je mit Hinweisen). 
 
4.3. Der Beschwerdeführer ist bosnischer Staatsbürger. Seine Verurteilung wegen Raub (Art. 140 StGB) ist gemäss vorinstanzlicher Feststellung in Rechtskraft erwachsen (vgl. angefochtener Entscheid S. 4 f. E. II.1). Der Beschwerdeführer beging somit eine Katalogtat, die grundsätzlich eine Landesverweisung nach sich zieht.  
 
4.4.  
 
4.4.1. Gemäss vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung sei der am xx. xx. 1986 in Travnik, Bosnien-Herzegowina geborene Beschwerdeführer am yy. yy. 1987 mit seiner Mutter und seinen drei Geschwistern im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz eingereist, wo sich die Familie in der Gemeinde U.________, Graubünden niedergelassen habe. Er spreche deshalb fliessend Deutsch. In U.________ habe er die obligatorische Schulzeit absolviert. Es sei auffällig, dass der Beschwerdeführer im Erwachsenenalter es immer wieder versäumt habe, sich um die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung zu kümmern. Dementsprechend sei er auch mehrfach durch die Staatsanwaltschaft Graubünden wegen Übertretung des Ausländergesetzes verurteilt worden, trotz Mahnung der Fremdenpolizei des Kantons Graubünden, "schwerwiegendere fremdenpolizeiliche Massnahmen" zu ergreifen. Die Vorinstanz stellt gestützt auf die Verfügung des Amtes für Migration und Zivilrecht Graubünden fest, seine Aufenthaltsbewilligung sei seit dem 13. Dezember 2018 erloschen, wobei auf der Grundlage der entsprechenden rechtskräftigen Feststellungsverfügung davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in der Schweiz bzw. an einer Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nicht interessiert sei.  
Die Vorinstanz hält weiter fest, dass der Beschwerdeführer insbesondere in Bosnien-Herzegowina über ein umfassendes und tragfähiges soziales Umfeld verfüge. Namentlich seine Mutter, seine Schwester sowie viele weitere Verwandte, durch die er in beruflicher Hinsicht bereits Unterstützung erfahren habe, lebten allesamt in Bosnien-Herzegowina. Zu seinem in der Schweiz lebenden Vater habe er demgegenüber keinen gefestigten Kontakt. Die Aufrechterhaltung der Beziehung zu seiner Partnerin und der Kontakte zu seinen Geschwistern in der Schweiz wäre sodann, wie bisher, mit modernen Kommunikationsmitteln oder auch durch Besuche in Bosnien-Herzegowina möglich. Eine Landesverweisung würde gemäss vorinstanzlicher Schlussfolgerung die familiären und sozialen Kontakte des Beschwerdeführers in der Schweiz nicht in unzumutbarer Weise einschränken, zumal seine familiären Bindungen in der Schweiz ihn auch keineswegs dazu bewogen hätten, sich um die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung zu bemühen. 
Die Vorinstanz fährt fort, der Beschwerdeführer habe nach der obligatorischen Schulzeit in U.________ eine Anlehre als Sanitär/Baupraktiker absolviert. Seine weitere berufliche Entwicklung zeige sich insgesamt als ausgesprochen durchzogen, ohne eine lang dauernde Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber oder eine Festanstellung zu verzeichnen. Zwischenzeitlich habe er auch Arbeitslosengeld bezogen und sei auch mehrfach auf sozialhilferechtliche Unterstützung verschiedener Gemeinden im Kanton Graubünden angewiesen gewesen, weswegen (weiterhin) sozialhilferechtliche Rückzahlungspflichten bestünden. Es könne nicht von einer beruflich stabilen Situation gesprochen werden. Seine allgemeine finanzielle Lage sei ebenfalls angespannt und er habe gemäss eigenen Angaben Schulden von mehr als Fr. 19'000.-- (angefochtener Entscheid S. 8 E. III. 3. cc). 
Schliesslich führt die Vorinstanz zu den Resozialisierungschancen des Beschwerdeführers aus, diese erschienen in Bosnien-Herzegowina nicht deutlich schlechter als in der Schweiz. Er habe keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Er kenne die Gepflogenheiten in seinem Heimatland, habe er doch mittlerweile bereits über ein Jahr dort gelebt. Sdann spreche er bosnisch. Weiter habe er in Bosnien-Herzegowina tragfähige familiäre Kontakte bzw. mehrere Verwandte, die ihn bei der zukünftigen Stellensuche unterstützen könnten. So habe er dort bereits bei seinem Onkel als Plattenleger arbeiten können. Seine abgeschlossene Ausbildung als Sanitär/Baupraktiker sowie seine Erfahrung im Baugewerbe würden ihm die Stellensuche ebenfalls erleichtern. 
Gestützt auf diese Überlegungen gelangt die Vorinstanz zum nachvollziehbaren Ergebnis, dass mit der Landesverweisung kein persönlicher Härtefall für den Beschwerdeführer einhergeht. 
 
4.4.2. Im Sinne einer Eventualbegründung hält die Vorinstanz sodann (schlüssig) fest, dass auch die öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers überwiegen würden, wobei sie seiner langen Aufenthaltsdauer in der Schweiz, der allerdings kein ausgeprägtes Gewicht zukomme, und der während der Strafuntersuchung eingegangenen Beziehung mit seiner Partnerin die persistierende und aggravierende Delinquenz und der darin zu erblickenden krassen Gleichgültigkeit gegenüber der Schweizer Rechtsordnung gegenüberstellt.  
 
4.5. Der Beschwerdeführer beanstandet die Verhältnismässigkeit der Landesverweisung, weil lediglich seine delinquente Seite ermittelt worden sei. Dabei erhebt er hinsichtlich des von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts keine Willkürrüge (Art. 9 BV; Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Auch übersieht er, dass die von der Vorinstanz durchgeführte Härtefallprüfung gerade der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips dient (vgl. BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.1.2 und E. 3.3.1). Wie dargelegt, verneint die Vorinstanz im Sinne einer Eventualbegründung auch ein überwiegendes privates Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz. Hierzu äussert sich der Beschwerdeführer bloss in appellatorischer Art und Weise. Nachdem für ein Absehen von der Landesverweisung beide Voraussetzungen kumulativ gegeben sein müssen (E. 4.2 hiervor), erübrigt es sich grundsätzlich, auf die beschwerdeweisen Vorbringen bezüglich des Härtefalls einzugehen (zur Pflicht zur Anfechtung von mehreren selbstständigen Urteilsbegründungen vgl. BGE 142 III 364 E. 2.4 mit Hinweisen). Die Kritik des Beschwerdeführers, die im Wesentlichen appellatorisch gehalten ist, vermöchte jedoch ohnehin nicht zu verfangen. So etwa wenn er zusammengefasst vorbringt, er habe aufgrund der hohen Arbeitslosenquote und der ethnischen Spannungen in Bosnien-Herzegowina Schwierigkeiten, eine existenzsichernde Tätigkeit zu finden, führt er nicht aus, weshalb dies über das Mass hinausgeht, das der Verfassungs- und Gesetzgeber mit der Einführung der obligatorischen Landesverweisung in Kauf nahm, und für ihn daher ein Resozialisierungshindernis darstellt. Die vorinstanzliche Würdigung, wonach unter Berücksichtigung seiner familiären Verbindungen vor Ort, seiner abgeschlossenen Ausbildung als Sanitär/Baupraktiker sowie seiner Erfahrung im Baugewerbe die Stellensuche für ihn erleichtert ausfallen würde, ist in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden. Ausserdem zieht die Vorinstanz seine persönliche Situation, insbesondere auch im Hinblick auf seine fehlenden Bemühungen um die Regelung seines Aufenthalts in der Schweiz, in Betracht. Was er in diesem Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu den Hintergründen, weshalb er sich angeblich nicht um die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung gekümmert oder die gegen ihn eingeleiteten Betreibungen verdrängt habe, im Hinblick auf die Landesverweisung darlegen will, erschliesst sich nicht. Wenn er moniert, er habe wegen seiner fehlenden Aufenthaltsbewilligung keine Arbeit in der Schweiz finden können, geht dies aufgrund derselben vorinstanzlichen Überlegungen zu seinen (fehlenden) Bemühungen um die Regelung seines Aufenthalts an der Sache vorbei. Die Vorinstanz würdigt auch seine Beziehung zu seiner Partnerin und weist zutreffend darauf hin, dass die Beziehung zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, als das Strafverfahren wegen der Katalogtat des Raubes bereits im Gange war, und deshalb weder der Beschwerdeführer noch seine Partnerin mit einem Familienleben in der Schweiz rechnen durften, wie auch, dass diese Beziehung mit modernen Kommunikationsmitteln oder auch durch Besuche in Bosnien-Herzegowina gepflegt werden kann. Inwiefern der mit seiner Partnerin gemeinsam abgeschlossene Mietvertrag für eine Wohnung in V._________ an dieser Betrachtung allenfalls etwas ändern könnte, legt er nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Nicht stichhaltig erscheint sodann sein Einwand, es sei ein Widerspruch, dass das Regionalgericht Landquart mit seinem Urteil vom 12. August 2021 für die genau gleichen Delikte sich gegen eine Landesverweisung entschieden hätte, zumal die Vorinstanz in die Frage der Interessenabwägung treffenderweise nicht nur das hierfür Anlass bildende Delikt (der Raub), sondern auch die weiteren Straftaten des Beschwerdeführers einzubeziehen hat (vgl. BGE 146 IV 105 E. 3.4.1; 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteil 6B_932/2021 vom 7. September 2022 E. 1.3.2; je mit Hinweisen, wonach auch vor dem Inkrafttreten der Bestimmungen über die Landesverweisung begangenen Delikte bei der Beurteilung der Prognose zu berücksichtigen sind).  
Soweit die Vorinstanz unter Berücksichtigung der sozialen als auch der wirtschaftlichen Integration, der familiären Verhältnisse sowie der Resozialisierungschancen im Heimatland insgesamt das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls verneint, ist dies somit nicht bundesrechtswidrig (vgl. E. 4.4.1). 
 
4.6. Soweit der Beschwerdeführer überhaupt Bezug auf die hinsichtlich der Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) einschlägige Begründung des angefochtenen Entscheids nimmt, legt er nicht dar, inwiefern die Vorinstanz Recht verletzt (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG), indem sie seine Ausschreibung im SIS anordnete. Inwiefern seine Bemühungen im Jahre 2021, in Feldkirch, Österreich beruflich Fuss zu fassen, mit der von der Vorinstanz angeordneten Ausschreibung im SIS in Verbindung steht, ist nicht ersichtlich. Auf seine Rüge ist nicht einzutreten.  
 
5.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinen angespannten finanziellen Verhältnissen ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. August 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Keskin