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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_758/2018  
 
 
Urteil vom 18. April 2019  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Bovey, 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt 
Matthias Stauffacher, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt 
Hans-Peter Kümin, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Erbteilung (Wiederherstellungsgesuch), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 11. Juli 2018 (LB180021-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 10. August 1962) und B.________ (geb. 12. September 1964) sind die Söhne und alleinigen Erben der am 30. Juli 2013 verstorbenen C.________ sel., deren letzter Wohnsitz sich in Zürich befand. B.________ wohnt ebenfalls in Zürich. A.________ hatte seinen Wohnsitz bis gegen Ende November 2014 in Zürich; von dort meldete er sich nach Thailand ab.  
 
A.b.  
 
A.b.a. Nach Erlangung einer Klagebewilligung am 16. November 2015 klagte B.________ anfangs März 2016 beim Bezirksgericht Zürich auf Teilung des (Rest-) Nachlasses. Mit Verfügung vom 20. Juni 2016 setzte das Bezirksgericht A.________ eine Frist, um ein Zustellungsdomizil in der Schweiz zu bezeichnen. Die Verfügung wurde auf dem Weg der Rechtshilfe über die Schweizer Botschaft am 24. November 2016 an der Wohnadresse von A.________ in Thailand zugestellt; sie wurde von einer Person mit dem Namen D.________ entgegengenommen. A.________ unterliess es, ein Zustellungsdomizil in der Schweiz zu bezeichnen. Seither erfolgten die Zustellungen an ihn durch Publikation im kantonalen Amtsblatt. Am 29. Juni 2017 fällte das Bezirksgericht sein Urteil. Es bestimmte den noch unverteilten Nachlass und regelte dessen Teilung, u.a. mit der Anordnung der Versteigerung der Liegenschaften. Dieses Urteil wurde im Amtsblatt vom 14. Juli 2017 publiziert. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass eine allfällige Berufung gegen den Entscheid innert 30 Tagen ab Zustellung bzw. Publikation im Amtsblatt zu erfolgen hätte.  
 
A.b.b. Mit einer auf den 27. November 2017 datierten Eingabe gelangte A.________ an das Obergericht des Kantons Zürich und erhob "Beschwerde gegen das Bezirksgericht Zürich" bzw. dessen Urteil vom 29. Juni 2017. Das Obergericht nahm die Eingabe als Berufung entgegen und trat wegen Verspätung darauf nicht ein (Entscheid vom 13. Dezember 2017). Dieser Entscheid blieb unangefochten.  
 
A.c. Am 12. Februar 2018 wandte sich A.________, nunmehr anwaltlich vertreten, an das Bezirksgericht Zürich. Er stellte ein "Gesuch um Wiederherstellung" verbunden mit dem Antrag, es sei ihm eine Frist zum Einreichen einer Klageantwort anzusetzen. Mit Beschluss vom 13. April 2018 wies das Bezirksgericht das Wiederherstellungsgesuch ab, soweit darauf einzutreten war.  
 
B.  
Gegen diesen Entscheid ergriff A.________ am 17. Mai 2018 Berufung und stellte folgende Anträge: Der Beschluss vom 13. April 2018 des Bezirksgerichts Zürich sei aufzuheben und es sei das Bezirksgericht Zürich anzuweisen, die Frist zur Einreichung der Klageantwort im Verfahren CP160002-L/U wieder herzustellen und dem Berufungskläger eine Frist zur Einreichung der Klageantwort anzusetzen. Eventualiter sei das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Juni 2017 (CP160002-L/U) aufzuheben. Subeventualiter sei das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Juni 2017 für nichtig zu erklären. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Berufung mit Entscheid vom 11. Juli 2018 in allen Teilen ab. 
 
C.  
A.________ (Beschwerdeführer) wendet sich mit Beschwerde vom 13. September 2018 an das Bundesgericht. Er beantragt, " [e]s sei die Beschwerde gutzuheissen und Nichtigkeit des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Juni 2017 (Geschäfts-Nr. CP160002-L/U) sowie der darauf basierenden Urteile, namentlich des Beschlusses der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Dezember 2017 (Geschäfts-Nr. LB170054-O/U), des Beschlusses der 2. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich vom 13. April 2018 (Geschäfts-Nr. CP1600002-L/U2) und des Beschlusses der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 11. Juli 2018 (Geschäfts-Nr. LB180021-O/U) festzustellen "; eventualiter sei der Beschluss des Obergerichts vom 11. Juli 2018 vollständig aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht, eventualiter an das Bezirksgericht zurückzuweisen. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassung eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Endentscheid eines oberen kantonalen Gerichts, das als Rechtsmittelinstanz über ein Gesuch um Wiederherstellung im Sinne von Art. 148 ZPO geurteilt hat (Art. 75 und Art. 90 BGG). In der Hauptsache geht es um eine Erbteilungsklage, mithin um eine Zivilsache (Art. 72 BGG), deren Streitwert Fr. 30'000.-- übersteigt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Damit ist der angefochtene Entscheid der Beschwerde in Zivilsachen zugänglich. Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG) und die Beschwerdefrist unter Berücksichtigung des Fristenstillstandes eingehalten (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.2. Anfechtungsobjekt im bundesgerichtlichen Verfahren ist allein der vorinstanzliche Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.2), mithin das Urteil des Obergerichts vom 11. Juli 2018, mit welchem die Berufung gegen den abweisenden Wiederherstellungsentscheid des Bezirksgerichts abgewiesen wurde. Demgegenüber will der Beschwerdeführer die Nichtigkeit des Urteils des Bezirksgerichts vom 29. Juni 2017 festgestellt haben, um alsdann auf die Nichtigkeit namentlich auch des angefochtenen Entscheids zu schliessen.  
 
1.3. Nach der Rechtsprechung muss die Nichtigkeit eines Entscheids "jederzeit und von Amtes wegen" beachtet werden (BGE 129 I 361 E. 2; 137 III 217 E. 2.4.3). Das bedeutet aber nicht, dass eine beliebige Behörde in beliebiger Weise auf Feststellung des entsprechenden Mangels angegangen werden kann. Diese Aufgabe fällt vielmehr jener Behörde zu, die "mit der Sache befasst" ist (BGE 137 I 273 E. 3.1; zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil 4A_415/2018 vom 7. Dezember 2018 E. 3.2 mit Hinweisen); einzig im Bereich des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts kann die Aufsichtsbehörde unabhängig von einem Beschwerdeverfahren nach Art. 17 f. SchKG die Nichtigkeit einer Verfügung feststellen (Art. 22 SchKG; Cometta/Möckli, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 15 zu Art. 22 SchKG). Eine Behörde ist "mit der Sache befasst", wenn sich die behauptete Nichtigkeit auf den Ausgang des Verfahrens auswirken kann. Rechtsmittelbehörden können sich demzufolge nur dann zu einer behaupteten Nichtigkeit äussern, wenn das Rechtsmittel zulässig ist und sie darauf eintreten müssen (Urteile 5D_159/2018 vom 13. November 2018 E. 5.1; 4A_142/2016 vom 25. November 2016 E. 2, in: SJ 2017 I 275, je für den Anwendungsbereich der ZPO). Wird das Bundesgericht mit einer Beschwerde angegangen, auf welche es nicht eintreten kann, ist es auch ihm nicht gestattet, die allfällige Nichtigkeit eines unterinstanzlichen Entscheids festzustellen (BGE 135 III 46 E. 4.2; Urteil 5A_393/2018 vom 21. August 2018 E. 2.1).  
 
1.4. Die Nichtigkeit ist in erster Linie mit den ordentlichen oder ausserordentlichen Rechtsmitteln geltend zu machen, ansonsten der Umgehung der Rechtsmittelfristen, die letztlich im Interesse der Rechtssicherheit stehen, Tür und Tor geöffnet würde. Sodann kann die Nichtigkeit in Form einer Einwendung, d.h. vorfrageweise im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens geltend gemacht werden, namentlich im Verfahren um definitive Rechtsöffnung. Je nach Konstellation, namentlich bei Feststellungs- oder Gestaltungsurteilen, kommt eine selbständige Klage auf Feststellung der Nichtigkeit infrage (Urteil 5A_186/2013 vom 29. Mai 2013 E. 3; vgl. auch FABIENNE HOHL, Procédure civile, Band II, 2. Aufl. 2010, Rz. 549; FRIDOLIN WALTHER, Die Nichtigkeit im schweizerischen Zivilprozessrecht, SZZP 2005 S. 220 f.; ferner MAX IMBODEN, Der nichtige Staatsakt, 1944, S. 50 ff.; Blaise Knapp, Nullité, annulabilité et inopposabilité ou comment empêcher un acte étatique de déployer des effets, in: De la Constitution, Etudes en l'honneur de Jean-François Aubert, 1996, S. 600 ff.).  
 
1.5.  
 
1.5.1. Im vorliegenden Sachzusammenhang stand dem Beschwerdeführer als ordentliches Rechtsmittel die Berufung (Art. 308 ff. ZPO) zur Verfügung. Er hat diese am 27. November 2017 auch ergriffen. Darin machte der Beschwerdeführer geltend, er habe vom Erbteilungsverfahren, das in das Urteil vom 29. Juni 2017 gemündet habe, nie etwas gewusst und auch nie etwas zugestellt erhalten. Das Obergericht hat diesen Einwand in seinem Entscheid vom 13. Dezember 2017 behandelt und als haltlos bezeichnet. Gestützt darauf erachtete es die Berufungsfrist als verpasst und trat auf das Rechtsmittel nicht ein (vgl. zum Fristenlauf bei nicht rechtsgültiger Zustellung: BGE 128 III 101 E. 2; Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 255).  
 
1.5.2. Ist eine Sache bereits rechtskräftig entschieden, darf ein Gericht auf eine Klage oder auf ein Gesuch, welche bzw. welches die bereits entschiedene Sache aufwirft, nicht eintreten (Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO). Diese Prozessvoraussetzung prüft das Gericht von Amtes wegen (Art. 60 ZPO). Eine abgeurteilte Sache liegt vor, wenn der streitige Anspruch mit einem schon rechtskräftig beurteilten inhaltlich identisch ist. Die Identität von prozessualen Ansprüchen wird nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen, beurteilt. Die Rechtskraftwirkung tritt nur soweit ein, als über den geltend gemachten Anspruch entschieden worden ist. Inwieweit dies der Fall ist, ergibt die Auslegung des Urteils, zu welcher dessen ganzer Inhalt heranzuziehen ist. Zwar erwächst der Entscheid nur in jener Form in Rechtskraft, wie er im Urteilsdispositiv zum Ausdruck kommt, doch ergibt sich dessen Tragweite vielfach erst aus einem Beizug der Urteilserwägungen. Insoweit können dieselben präjudizielle Bedeutung erlangen. Lediglich im Übrigen haben die tatsächlichen Feststellungen und die rechtlichen Erwägungen eines Entscheids in einer anderen Streitsache keine bindende Wirkung (zum Ganzen: BGE 141 III 257 E. 3.2 mit Hinweisen).  
Auch jene Entscheide, welche den Einwand der Nichtigkeit behandeln und verneinen, entfalten Rechtskraft und führen zu einer abgeurteilten Sache (vgl. Urteil 4A_224/2017 vom 27. Juni 2017 E. 2). 
 
1.5.3. Das Obergericht hat sich bereits in seinem Entscheid vom 13. Dezember 2017 mit der Frage, ob dem Beschwerdeführer im Erbteilungsprozess das verfahrenseinleitende Schriftstück rechtsgültig zugestellt worden war, befasst und sie bejaht. Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, den fraglichen Entscheid beim Bundesgericht anzufechten. Selbst wenn das Obergericht auf die Berufung nicht eingetreten ist, erwachsen jene Aspekte des Entscheids in Rechtskraft, auf welchen der Nichteintretensentscheid basiert. Die Tatsachen, auf die der Einwand der Nichtigkeit abstellt, werden mithin von der Rechtskraft des Entscheids vom 13. Dezember 2017 erfasst und können kein zweites Mal zum Prozessgegenstand gemacht werden.  
Selbstredend entfalten nichtige Entscheide keinerlei Rechtskraftwirkung (BGE 129 I 361 E. 2.3; SIMON ZINGG, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 98 zu Art. 59 ZPO; FRANÇOIS BOHNET, in: Commentaire romand, Code de procédure civile, 2. Aufl. 2019, N. 106 zu Art. 59 ZPO). Der Beschwerdeführer leitet zwar aus der (behaupteten) Nichtigkeit des Entscheids des Bezirksgerichts vom 29. Juni 2017 die Nichtigkeit des (diesen verneinenden) Entscheids des Obergerichts vom 13. Dezember 2017 ab. Indes wird ein Entscheid, der das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen prüft und verneint, nicht wegen der Verneinung des Vorhalts seinerseits nichtig. Eine allfällige Nichtigkeit muss sich vielmehr aus dem zweiten Verfahren selbst ergeben. Nun behauptet der Beschwerdeführer nicht, dass der Entscheid des Obergerichts vom 13. Dezember 2017 an einem eigenen Nichtigkeitsgrund leide; ein solcher wäre auch nicht ersichtlich. 
 
1.6. Nach dem Gesagten hätten sich im Rahmen eines Gesuchs des Beschwerdeführers um Wiederherstellung weder das Bezirksgericht noch das Obergericht zufolge abgeurteilter Sache erneut mit der Frage der Rechtmässigkeit der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks und damit mit der Nichtigkeit des Entscheids des Bezirksgerichts vom 29. Juni 2017 befassen dürfen. Darf die Vorinstanz des Bundesgerichts die Nichtigkeit nicht prüfen, bildet jener Teil des angefochtenen Urteils keinen zulässigen Beschwerdegegenstand. Diesfalls tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht ein, ungeachtet dessen, dass die Vorinstanz die Nichtigkeit geprüft und verneint hat (vgl. BGE 142 III 643 E. 3.3).  
 
2.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens unterliegt der Beschwerdeführer. Er wird kosten- (Art. 66 Abs. 1 BGG), nicht aber entschädigungspflichtig, zumal dem Beschwerdegegner kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. April 2019 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: von Roten