Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_70/2018  
 
 
Urteil vom 6. Dezember 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Rohrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Advokat Guido Ehrler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Strafbefehl, Zustellfiktion (Art. 88 Abs. 4 StPO), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 1. Dezember 2017 (BES.2017.81). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
X.________ reichte im November 2015 ein Asylgesuch in der Schweiz ein. In der Folge wurde er dem Kanton Jura zugeteilt und ab dem 4. Dezember 2015 in der Auberge de Jeunesse, Route de Bâle 185, in 2800 Delémont untergebracht. Am 11. März 2016 erfolgte die Ausschaffung nach Italien auf Grundlage des Dublin-Verfahrens. 
Am 26. März 2016 wurde X.________ in Basel-Stadt einer polizeilichen Kontrolle unterzogen. Dabei stellte sich heraus, dass er im automatischen Fahndungssystem des Bundes (RIPOL) wegen einer Ausgrenzung für den Kanton Basel-Stadt ausgeschrieben und mit einem Einreiseverbot für die Schweiz belegt ist. Anlässlich dieser Kontrolle gab der Beschwerdeführer der Polizei gegenüber als Wohnort Rom an. Die Strasse heisse Cesiline, die Hausnummer sei ihm nicht bekannt. 
 
B.  
Am 24. August 2016 erliess die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt gegen X.________ einen Strafbefehl, mit welchem dieser des rechtswidrigen Aufenthalts und der Missachtung der Ausgrenzung für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von 75 Tagen verurteilt wurde. Die Staatsanwaltschaft versandte den Strafbefehl an die Adresse Route de Bâle 185, 2800 Delémont. Am 12. September 2016 kam diese Postsendung mit dem Vermerk "nicht abgeholt" an die Staatsanwaltschaft zurü ck. Die von X.________ angegebene Strasse Cesiline in Rom erwies sich als inexistent. Die von der Staatsanwaltschaft getätigten Abfragen in verschiedenen Datensystemen ergaben keine Hinweise auf eine andere Zustelladresse. 
Im März 2017 wurde X.________ auf dem Gebiet des Kantons Waadt kontrolliert und daraufhin der Strafvollzugsbehörde Basel-Stadt zwecks Vollzug der mit dem Strafbefehl verhängten Freiheitsstrafe zugeführt. 
 
C.  
X.________ erhob am 2. Mai 2017 Einsprache gegen den Strafbefehl vom 24. August 2016. Da s Strafgericht Basel-Stadt trat mit Entscheid vom 16. Mai 2017 darauf infolge Verspätung nicht ein. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 1. Dezember 2017 ab. 
 
D.  
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Entscheid des Appellationsgerichts vom 1. Dezember 2017 sei aufzuheben und das Strafgericht Basel-Stadt sei anzuweisen, auf seine Einsprache gegen den Strafbefehl vom 24. August 2016 einzutreten. Zudem ersucht er für das Verfahren vor Bundesgericht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
E.  
Das Appellationsgericht Basel-Stadt hat auf eine Vernehmlassung verzichtet und beantragt unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid die Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt stellt in ihrer Vernehmlassung ebenfalls den Antrag auf Beschwerdeabweisung. X.________ hält in seiner Replik an seinen Anträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, er habe erst am 24. April 2017 Kenntnis vom Strafbefehl erhalten. Für die Berechnung der 10-tägigen Einsprachefrist sei dieser Zeitpunkt massgebend, weshalb seine Eingabe vom 2. Mai 2017 rechtzeitig erfolgt sei.  
Auf eine fiktive Zustellung nach Art. 88 Abs. 4 StPO dürfe nicht abgestellt werden, da die Behörden nicht alle zumutbaren Nachforschungen zu seiner Lokalisierung unternommen hätten. Selbst wenn sämtliche zumutbaren Nachforschungen vorgenommen worden wären, wäre die Zustellfiktion von Art. 88 Abs. 4 StPO nicht anwendbar, da diese Regelung mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht vereinbar sei. Die Staatsanwaltschaft wäre daher verpflichtet gewesen, das Verfahren zu sistieren oder aber den Strafbefehl zu veröffentlichen, damit er zumindest theoretisch davon Kenntnis hätte nehmen können. 
Indem die Vorinstanz seine Einsprache vom 2. Mai 2017als verspätet betrachte und den erstinstanzlichen Nichteintretensentscheid schütze, verletze sie sein Recht auf Zugang zum Gericht (Art. 6 EMRK, Art. 29a BV) bzw. sein Recht, ein Urteil von einem höheren Gericht überprüfen lassen zu können (Art. 32 Abs. 3 BV). Da ihm die Eröffnung des Gerichtsverfahrens versagt werde, liege zudem eine Rechtsverweigerung nach Art. 29 BV vor. 
 
1.2. Gemäss Art. 354 Abs. 1 StPO kann die beschuldigte Person gegen den Strafbefehl bei der Staatsanwaltschaft innert 10 Tagen schriftlich Einsprache erheben. Ohne gültige Einsprache wird der Strafbefehl zum rechtskräftigen Urteil (Art. 354 Abs. 3 StPO). Die zehntägige Einsprachefrist beginnt mit der Zustellung des Strafbefehls zu laufen.  
Die Zustellung von Entscheiden erfolgt nach Massgabe von Art. 84 ff. StPO. Art. 88 Abs. 1 StPO hält fest, dass die Zustellung durch Veröffentlichung in dem durch den Bund oder den Kanton bezeichneten Amtsblatt zu erfolgen habe, wenn der Aufenthaltsort des Adressaten oder der Adressatin unbekannt ist und trotz zumutbarer Nachforschungen nicht ermittelt werden kann (lit. a), wenn eine Zustellung unmöglich ist oder mit ausserordentlichen Umtrieben verbunden wäre (lit. b) oder wenn eine Partei oder ihr Rechtsbeistand mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthaltsort oder Sitz im Ausland kein Zustellungsdomizil in der Schweiz bezeichnet hat (lit. c). Gemäss Art. 88 Abs. 4 StPO gelten Einstellungsverfügungen und Strafbefehle auch ohne Veröffentlichung als zugestellt. 
Die Zustellfiktion von Art. 88 Abs. 4 StPO erscheint im Lichte der Verfahrensgarantien von Art. 6 Ziff. 1 EMRK als problematisch. Sie gelangt nur zur Anwendung, wenn die Voraussetzungen von Art. 88 Abs. 1 StPO erfüllt sind. Bevor sich eine Strafbehörde auf Art. 88 Abs. 4 StPO berufen kann, muss sie die geeigneten Schritte in die Wege geleitet haben, um den Aufenthaltsort des Adressaten bzw. der Adressatin zu ermitteln. Dies gilt unabhängig davon, welcher Anwendungsfall von Art. 88 Abs. 1 StPO vorliegt. Erst wenn die geeigneten und zumutbaren Nachforschungen zu keinem Ergebnis führen, kann die Zustellfiktion nach Art. 88 Abs. 4 StPO zum Tragen kommen (Urteil 6B_164/2018 vom 9. April 2018 E. 2.2; Urteile 6B_162/2017 vom 1. Dezember 2017 E. 2.1 und 2.3 und 6B_421/2016 vom 12. Januar 2017 E. 1.1; je mit Hinweisen). 
 
1.3.  
 
1.3.1. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe den Polizeibeamten anlässlich der Kontrolle vom 26. März 2016 eine falsche Adresse angegeben. Er habe damals gewusst, dass es zu polizeilichen Weiterungen kommen werde und mit behördlicher Post zu rechnen war. Durch die Angabe der falschen Adresse habe er sich selber zuzuschreiben, dass die Zustellung des Strafbefehls an ihn in der Folge scheiterte. Wenn er sich nun darüber beklage, setze er sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten. Dies sei als rechtsmissbräuchlich zu werten und verdiene keinen Rechtsschutz. Die Berufung auf die Nichtzustellung des Strafbefehls sei unstatthaft.  
 
1.3.2. Der Beschwerdeführer hält im Wesentlichen dagegen, ihm könne kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden. Weder habe er vorsätzlich eine falsche Adresse angegeben, noch sei das angeblich rechtsmissbräuchliche Verhalten kausal für die fehlgeschlagene Zustellung des Strafbefehls gewesen.  
 
1.3.3. Ob der Beschwerdeführer bei der Kontrolle vom 26. März 2016 der Polizei bewusst eine falsche Strasse angegeben hat oder nicht, kann mit Blick auf die nachfolgenden Ausführungen offen gelassen werden.  
In der Lehre wird zwar wohl überwiegend die Auffassung vertreten, dass dem aussageverweigerungsberechtigten und weder mitwirkungs- noch wahrheitspflichtigen Beschuldigten (vgl. Art. 113 Abs. 1 StPO; Urteile 6B_336/2013 vom 14. Februar 2014 E. 2.1 und 6B_604/2012 vom 16. Januar 2014 E. 3.4.4) bei der Ermittlung der Personalien (z.B. Name, Adresse) grundsätzlich eine Aussage- bzw. Mitwirkungspflicht zukommt (MARC ENGLER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Auflage 2014, N. 4 zu Art. 113 StPO; SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 5 zu Art. 143 StPO; VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 17 zu Art. 113 StPO; GUNHILD GODENZI in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], a.a.O., N. 22 f. zu Art. 143 StPO; anderer Ansicht: NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, Rz. 732; MARC THOMMEN, Darf der Beschuldigte im Strafverfahren lügen?, in sui generis 2018, S. 313 Rz. 9). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach oder gibt er etwa eine falsche Adresse an, erlaubt dies den Strafverfolgungsbehörden jedoch nicht, von den in den Art. 84 ff. StPO statuierten Zustellungsbestimmungen abzuweichen. Die gesetzlichen Zustellungsvorschriften sind von den Strafbehörden unabhängig vom Verhalten der beschuldigten Person einzuhalten. Die falsche Adressangabe führt jedoch regelmässig dazu, dass der Aufenthaltsort des Beschuldigten als unbekannt im Sinne von Art. 88 Abs. 1 lit. a StPO qualifiziert werden muss, so dass bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die für ihn nachteilige, gesetzliche Zustellfiktion greift, nach welcher fingiert wird, der Adressat habe vom Inhalt der Gerichtsurkunde Kenntnis genommen, wobei unbeachtlich ist, ob er dies tatsächlich auch getan hat. Darüber hinaus kann die beschuldigte Person nach Massgabe von Art. 292 StGB oder allenfalls basierend auf kantonalen Straftatbeständen sanktioniert werden (vgl. etwa § 16 des Übertretungsstrafgesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 15. Juni 1978 [ÜStG; SR 253.100], welcher festhält, dass nach diesem Gesetz bestraft wird, wer behördlichen Anordnungen nicht nachkommt und insbesondere die Nennung seines Namens und seiner Adresse verweigert oder hierüber falsche Angaben macht). Eine weitergehende Beschränkung der Rechte des Beschuldigten erscheint jedoch nicht als angezeigt. Der Beschwerdeführer kann sich damit auf die Verletzung der Zustellungsregeln berufen. 
Im Übrigen musste den kontrollierenden Polizeibeamten von Anfang an bewusst sein, dass an die vom Beschwerdeführer genannte Adresse, "Cesiline, Rom", nicht zugestellt werden kann, zumal der Beschwerdeführer keine Hausnummer angab. Die Strafbehörde hätte in diesem Zeitpunkt die nötigen Vorkehren treffen müssen, um die künftige Zustellung des Strafbefehls sicherzustellen. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es nicht gerechtfertigt, die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Rüge der rechtswidrigen Anwendung der Zustellfiktion nun mit Verweis auf rechtsmissbräuchliches Verhalten abzuweisen. 
 
1.4.  
 
1.4.1. Sowohl die Vorinstanz wie auch der Beschwerdeführer gehen zutreffend davon aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt, als der Strafbefehl eröffnet wurde, unbekannten Aufenthalts war. Es bleibt daher zu prüfen, ob die Staatsanwaltschaft alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers ausfindig zu machen, so dass die Zustellfiktion nach Art. 88 Abs. 4 StPO greift.  
 
1.4.2. Die Vorinstanz erwägt diesbezüglich, die letzte existierende bekannte Adresse des Beschwerdeführers sei die Route de Bâle 185 in Delémont gewesen. Eine Zustellung an diese Anschrift sei erfolglos geblieben. Die Adresse, die der Beschwerdeführer anlässlich seiner Anhaltung am 26. März 2016 angegeben habe, existiere nicht. Weitere, verlässlichere Anhaltspunkte für eine funktionierende Adresse hätten gefehlt und seien auch durch die Abfrage von mehreren Datensystemen nicht ausfindig zu machen gewesen. Neben den Akten eines früheren Strafbefehlsverfahrens im Kanton Basel-Stadt (VT.2016.81905) seien namentlich die Applikationen NISSTA / ABI 3, Datenmarkt BS, ZEMIS, MOFIS, FABER und ISA herangezogen worden, ohne dass sich daraus eine andere Adresse des Beschwerdeführers ergeben hätte. Die Staatsanwaltschaft habe damit etliche Bemühungen betrieben, um eine funktionierende Adresse ausfindig zu machen. Damit habe die Strafverfolgungsbehörde die zumutbaren Nachforschungen zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschwerdeführers getätigt, so dass die Zustellfiktion nach Art. 88 Abs. 4 StPO greife. Der Strafbefehl gelte damit im Zeitpunkt seiner Eröffnung als zugestellt. Die Einsprache des Beschwerdeführers vom 2. Mai 2017 sei damit klar verspätet.  
 
1.4.3. Der Beschwerdeführer hält dagegen, die Staatsanwaltschaft habe nicht alle zumutbaren Nachforschungen angestellt. So habe sie es namentlich unterlassen, die Akten des Migrationsamts des Kantons Jura, welche auch die Akten des Staatssekretariats für Migration (SEM) beinhalten würden, beizuziehen. In diesen Akten habe sich spätestens am 14. April 2016 und damit noch vor Zustellung des Strafbefehls im August 2016, eine Kopie seiner italienischen Identitätskarte befunden, auf welcher seine italienische Adresse, lautend auf "A.________" vermerkt ist. Der Bezug der Migrationsakten hätte keinen unverhältnismässigen Aufwand generiert.  
 
1.4.4. Die Staatsanwaltschaft führt in ihrer Vernehmlassung aus, das Asylverfahren des Beschwerdeführers in der Schweiz sei bereits rechtskräftig abgeschlossen gewesen, als der Strafbefehl am 24. August 2016 erlassen wurde. Der Beschwerdeführer habe nach der Rückschaffung nach Italien am 11. März 2016 kein Aufenthaltsrecht und keinen legalen Wohnsitz in der Schweiz mehr gehabt. Abgesehen vom bekannten illegalen Aufenthalt am 26. März 2016 habe die Staatsanwaltschaft somit im August und September 2016 nicht annehmen müssen, dass sich das Migrationsamt Jura oder das SEM in der Zwischenzeit nochmals mit dem Beschuldigten beschäftigt habe oder über ergänzende Informationen verfüge. Sie habe demnach auch keine Veranlassung gehabt, dort Recherchen anzustellen und Akten anzufordern.  
 
1.4.5. Den Ausführungen der Vorinstanz und der Staatsanwaltschaft kann nicht gefolgt werden. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann der Zustellungsversuch der Staatsanwaltschaft an die Adresse in Delémont nicht als nachvollziehbare Bemühung, den Beschwerdeführer postalisch zu erreichen, gewertet werden. Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, hätte die Staatsanwaltschaft wissen müssen, dass er am 11. März 2016 nach Italien ausgeschafft wurde und an seiner ehemaligen Adresse in Delémont keinen Wohnsitz mehr hatte und sich dort auch nicht mehr aufhalten konnte. Eine nach früheren Verfahrensrechten zulässige Ersatzzustellung an die letzte bekannte Adresse, genügt den Zustellungsanforderungen nicht (Urteil 6B_652/2013 vom 26. November 2013 E. 1.4.3; NIKLAUS SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2017 Rz. 600). Ist der Aufenthaltsort des Beschuldigten unbekannt, muss versucht werden, diesen ausfindig zu machen. Da bei Anwendung der gesetzlichen Zustellfiktion der Strafbefehl unabhängig von der tatsächlichen Kenntnisnahme des Adressaten bzw. der Adressatin als zugestellt gilt und dadurch namentlich dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verkürzt wird, sind die Voraussetzungen der Zustellfiktion nicht leichthin zu bejahen. Die Strafbehörden treffen vielmehr weitreichende Abklärungspflichten. Zu den zumutbaren geeigneten Nachforschung der Strafbehörde gehören nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung etwa Erkundigungen bei der letzten bekannten Adresse, der zuletzt zuständigen Poststelle, bei Einwohnerregistern, Nachbarn oder Verwandten (Urteil 6B_652/2013 vom 26. November 2013 E. 1.4.3). Vorliegend hätte sich der Beizug der aktuellen Migrationsakten zur Ermittlung des Aufenthaltsorts bzw. einer gültigen Zustelladresse des Beschwerdeführers angeboten. Der Einwand der Staatsanwaltschaft, sie habe keine Veranlassung gehabt diese Akten anzufordern, ist angesichts der weitgehenden Abklärungspflichten nicht zu hören. Der Beizug der Migrationsakten erweist sich zur Ermittlung des Aufenthaltsorts eines abgewiesenen Asylsuchenden vielmehr als naheliegend und generiert überdies keinen unverhältnismässigen Aufwand. Dass dabei jeweils die aktualisierten Akten beizuziehen sind, erklärt sich von selbst.  
Anders als die Vorinstanz meint, hätte der Beizug der Migrationsakten auch nicht ins Leere geführt. Der Beschwerdeführer rügt die vorinstanzliche Erwägung, die auf der italienischen Identitätskarte angegebene Zustelladresse sei erst im Rahmen der Polizeikontrolle vom 8. März 2017 festgestellt worden, zu Recht als aktenwidrig. Die italienische Adresse des Beschwerdeführers geht bereits aus dem am 4. April 2016 erstellten Rapport der Polizei Lausanne hervor, welcher Bestandteil der Migrationsakten bildet. Auf der ersten Seite des Rapports wird unter der Rubrik Identitätspapiere ("papiers d'identité") eine italienische Identitätskarte, ausgestellt am 24. März 2016 und gültig bis zum 1. August 2026 vermerkt. Eine Kopie dieses Ausweises ist dem Rapport angehängt und führt als Adresse die A.________ an. Aufgrund des auf dem Dokument enthaltenen Eingangsstempels vom 3. Mai 2016 kann sodann davon ausgegangen werden, dass dieser Rapport inklusive Ausweiskopie, im Zeitpunkt als der Strafbefehl erlassen wurde, bereits Bestandteil der Migrationsakten war. Die Staatsanwaltschaft hätte vor Erlass des Strafbefehls im August 2016 die auf der italienischen Identitätskarte ausgewiesene Zustelladresse "A.________" daher mittels Aktenbeizug ermitteln können. Ob die Akten des Migrationsamts auch beizuziehen gewesen wären, wenn sich darin keine Adresse des Beschwerdeführers befunden hätte, kann damit offen bleiben. 
 
1.4.6. Die Staatsanwaltschaft macht in ihrer Vernehmlassung schliesslich geltend, die Gültigkeit der angegebenen Adresse in Italien sei fraglich, zumal der Beschwerdeführer gemäss einem Rapport der Kantonspolizei Jura vom 14. Februar 2017 in einer Befragung selber ausgeführt habe, dass er sich nach dem 14. April 2016 in Deutschland, Italien und der Schweiz aufgehalten, in Aufnahmeeinrichtungen und auf der Strasse geschlafen und sich zur Befriedigung seiner Bedürfnisse durchgeschlagen hätte. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich dabei nicht um ein Novum im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG, da sich der von der Staatsanwaltschaft eingereichte Rapport bereits in den Akten des Migrationsamts Jura befindet, welche den Parteien von der Vorinstanz vor Entscheidfällung zugeschickt wurden. Dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt, als der Strafbefehl zugestellt werden sollte, an dieser italienischen Adresse nicht erreichbar war, lässt sich aus dem angeführten Rapport jedoch nicht entnehmen. Zudem darf grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die in einer Identitätskarte aufgeführte Adresse korrekt ist. Insofern besteht kein Anlass, an der Gültigkeit der sich aus den Migrationsakten des Kantons Jura ergebenden italienischen Adresse zu zweifeln.  
 
1.4.7. Mangels gehöriger Abklärung des Aufenthaltsorts des Beschwerdeführers waren die Voraussetzungen für die Anwendung der Zustellfiktion nach Art. 88 Abs. 4 StPO nicht erfüllt. Es erübrigt sich daher auf die übrigen vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen einzugehen. Insbesondere kann offen bleiben, ob Art. 88 Abs. 4 StPO mit den Garantien von Art. 6 EMRK vereinbar ist.  
 
2.  
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben, und die Sache ist zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für das bundesgerichtliche Verfahren sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Basel-Stadt hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Diese ist praxisgemäss seinem Rechtsvertreter auszurichten. Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 1. Dezember 2017 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Basel-Stadt hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Guido Ehrler, für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.- zu bezahlen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Dezember 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rohrer