Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_491/2022  
 
 
Urteil vom 21. Februar 2023  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Kiss, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Hohl, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Stähle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________ AG, 
2. A.B.________ AG, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Daniele Favalli und Rechtsanwältin Barbara Badertscher, 
Beschwerdeführerinnen, 
 
gegen  
 
C.C.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Mark Reutter und Manuel Bigler, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
vorsorgliche Massnahmen (UWG), 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 26. September 2022 (PO.2022.1). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die A.A.________ AG (Gesuchstellerin 1, Beschwerdeführerin 1) ist eine Tochtergesellschaft der A.B.________ AG (Gesuchstellerin 2, Beschwerdeführerin 2). 
Zwischen den beiden Gesuchstellerinnen und der C.C.________ AG (Gesuchsgegnerin, Beschwerdegegnerin) bestanden und bestehen verschiedene Vertragsverhältnisse im Zusammenhang mit einer Software zur Datenhistorisierung namens "X.________". 
Die Gesuchstellerin 1 erwarb im Jahr 2015 von der Gesuchsgegnerin Lizenzen der Software "X.________" für den Aufbau und Weitervertrieb einer Cloud-Plattform. Der Weitervertrieb an die Kundschaft erfolgte im Rahmen der Dienstleistung "Y.________". Zu einem späteren Zeitpunkt ersetzte die Gesuchstellerin 1 die Software "X.________" der Gesuchsgegnerin durch die Software "Z.________" eines anderen Herstellers. 
 
B.  
 
B.a. Am 27. Januar 2022 reichten die Gesuchstellerinnen beim Obergericht des Kantons Thurgau ein Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen gegen die Gesuchsgegnerin ein.  
Sie führten darin unter anderem aus, dass die Gesuchsgegnerin eine ihrer Kundinnen (die E.________ AG) kontaktiert und in einem Gespräch vom 2. Dezember 2021 versucht habe, diese mit unlauteren Mitteln abzuwerben. So habe die Gesuchsgegnerin gegenüber der E.________ AG behauptet, die neue Software "Z.________" der Gesuchstellerinnen beruhe auf einer Aneignung geistigen Eigentums und verletze in strafrechtlich relevanter Weise Urheberrechte. Konkret sei - ausweislich eines Gedächtnisprotokolls eines Vertreters der E.________ AG - unter anderem was folgt gesagt worden: 
 
"[Die Gesuchsgegnerin] erklärt [gegenüber der E.________ AG], dass A.________ mit Y.________ massiv reverse Engineering betrieben hätte und damit geistiges Eigentum von ["C.D.________ AG"] sich angeeignet hätte. Um die Kunden davor zu schützen[,] hätten sie nun mit E.________ AG Kontakt aufgenommen. 
Sie hätten von einem Whistleblower, der von A.________ zu C.D.________ AG gewechselt sei, sehr viele Details und Unterlagen als Beweise dazu bekommen. Nachdem A.________ nicht reagiert hätte, seien sie mit dem Fall zum zuständigen Staatsanwalt in der Schweiz gegangen und hätten dort ihren Fall vorgetragen. Dieser würde jetzt ermitteln. 
Ich fragte, ob es denn schon eine richterliche Entscheidung oder eine einstweilige Verfügung gäbe. Nein, das wäre noch nicht so weit. Mehrfach boten sie mir an, den Namen und die Telefonnummer des Staatsanwalts mir mitzuteilen, damit ich nach de[m] Stand fragen könnte. 
[...] 
Im letzten Teil des Gesprächs hat C.D.________ AG dann intensiv versucht, uns von den Vorteilen Ihrer Software-Lösung zu überzeugen." 
Der in diesen Passagen zum Ausdruck kommende Vorwurf, sie (die Gesuchstellerinnen) hätten Urheberrechte verletzt, sei sowohl unrichtig als auch herabsetzend und erfülle den Tatbestand von Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG (SR 241). 
 
B.b. "Um zu verhindern", dass die Gesuchsgegnerin "in Kürze weitere Kunden der Gesuchstellerinnen kontaktier[e] und mit unlauteren Behauptungen abzuwerben versuch[e]", stellten sie - so erklärten die Gesuchstellerinnen - folgende vorsorgliche, vorab superprovisorisch gutzuheissende Unterlassungsbegehren:  
 
"1. Es sei der Gesuchsgegnerin vorläufig zu verbieten, gegenüber Kunden der Gesuchstellerinnen Folgendes zu kommunizieren: 
Die Gesuchstellerinnen würden bei ihren Y.________-Dienstleistungen eine Software beziehungsweise ein Tool verwenden, welche beziehungsweise welches in Verletzung der Urheberrechte der Gesuchsgegnerin entwickelt worden sei [Äusserung 1]; 
und/oder 
Bei den Y.________-Dienstleistungen würden die Gesuchstellerinnen widerrechtlich das Datentransfer-Plug-in "W.________" einsetzen [Äusserung 2]; 
und/oder 
Die Gesuchstellerinnen beziehungsweise Mitarbeiter der Gesuchstellerinnen hätten kriminelle beziehungsweise strafbare Handlungen zu Lasten der Gesuchsgegnerin begangen beziehungsweise Urheberrechte der Gesuchsgegnerin verletzt, anvertraute Arbeitsergebnisse unlauter verwertet und Geschäftsgeheimnisse der Gesuchsgegnerin verraten und für sich ausgenützt [Äusserung 3]. 
2. Der Befehl gemäss Ziffer 1 sei unter Androhung der Überweisung der verantwortlichen Organe der Gesuchsgegnerin an den Strafrichter gemäss Art. 292 StGB im Widerhandlungsfall zu erlassen." 
Die Gesuchstellerinnen fügten an, angesichts des unlauteren Abwerbeversuchs der Gesuchsgegnerin gegenüber der E.________ AG vom 2. Dezember 2021 sowie mit Blick auf eine von der Gesuchsgegnerin eingereichte Strafanzeige (unter anderem) betreffend Urheberrechtsverletzung bestehe die Gefahr, dass die Gesuchsgegnerin weitere Kunden von ihnen (der Gesuchstellerinnen) kontaktiere und diesen gegenüber zwecks Abwerbung die drei Äusserungen 1-3 tätige. Diese Äusserungen seien unrichtig, unlauter und daher vorsorglich zu verbieten. 
 
B.c. Die Präsidentin des Obergerichts wies sowohl das Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen (mit Verfügung vom 11. Februar 2022) als auch das Gesuch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen (mit Verfügung vom 26. September 2022) ab (soweit sie darauf eintrat).  
 
C.  
Die Gesuchstellerinnen verlangen mit Beschwerde in Zivilsachen, die Verfügung vom 26. September 2022 sei aufzuheben und das Gesuch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen sei gutzuheissen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. 
Die Beschwerdegegnerin begehrt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde, unter Hinweis auf die angefochtene Verfügung und Verzicht auf Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Obergericht entschied als einzige kantonale Instanz im Sinne von Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG über eine Streitigkeit nach UWG mit einem Streitwert von mehr als Fr. 30'000.-- gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 ZPO.  
 
1.2. Die angefochtene Verfügung betrifft ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen, die vor einem Hauptverfahren beantragt wurden. Sie hätten - wenn gutgeheissen - nur unter der Bedingung Bestand, dass innert Frist ein Hauptverfahren eingeleitet wird (vgl. Art. 263 ZPO). Es handelt sich um einen Vor- und Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG (BGE 144 III 475 E. 1.1.1; Urteil 4A_386/2021 vom 31. August 2021 E. 1.1 f. mit weiteren Hinweisen).  
Dagegen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn die angefochtene Verfügung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Dabei muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch einen für die beschwerdeführende Partei günstigen Entscheid in der Zukunft nicht mehr behoben werden kann, wogegen rein tatsächliche Nachteile wie die Verfahrensverlängerung oder -verteuerung nicht ausreichen (BGE 144 III 475 E. 1.2; 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2; je mit Hinweisen). 
Die Beschwerdeführerinnen stellen sich auf den Standpunkt, die Äusserungen 1-3 - deren Verbot sie mit ihrem Gesuch beabsichtigen - bärgen die Gefahr einer erheblichen Rufschädigung. Insbesondere würden ihre Kunden aufgrund dieser Aussagen befürchten, sich bei einer weiteren Zusammenarbeit mit ihnen (den Beschwerdeführerinnen) selbst strafbar zu machen. Entsprechend sei davon auszugehen, dass die Kunden bestehende Verträge kündigten respektive keine neuen Verträge mit ihnen abschlössen. Davon wären ebenso andere von ihnen angebotene Dienstleistungen betroffen, weil potentielle Kunden auch bei weiteren Produkten mit Urheberrechtsverletzungen rechnen müssten. 
Die von den Beschwerdeführerinnen vorgebrachten Nachteile erschöpfen sich nicht in einer blossen Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens. Vielmehr entspricht es allgemeiner Erfahrung, dass die Wirkungen unlauterer Äusserungen namentlich dann nicht mehr durch das spätere (End-) Urteil in der Sache angemessen beseitigt werden können, wenn dieses Urteil erst nach einer geraumen Zeit ergeht und die Adressaten der rechtswidrigen Äusserung ihr Verhalten gegenüber der verletzten Person inzwischen angepasst haben. Es scheint fraglich, ob die drohenden Nachteile im vorliegenden Fall durch Schadenersatz, Genugtuung oder Gewinnherausgabe kompensiert werden können, dürften doch erhebliche Schwierigkeiten bestehen, das Motiv der Kundschaft für die Wahl von Konkurrenzprodukten nachzuweisen und angesichts der infrage stehenden Gegenstände - Neuentwicklung von Software-Lösungen - allfällige Umsatz- und Gewinnzahlen zu belegen (siehe Urteile 4A_115/2020 vom 22. September 2020 E. 1.3; 4A_381/2019 vom 2. Dezember 2019 E. 1.1.4). Der streitgegenständliche Vor- und Zwischenentscheid erweist sich somit als zulässiges Anfechtungsobjekt. 
 
1.3. Auf die Beschwerde ist demnach unter Vorbehalt hinreichender Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde gegen einen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). Davon gehen denn auch die Beschwerdeführerinnen aus. Sie monieren Willkür in der Beweiswürdigung und Willkür in der Rechtsanwendung.  
 
2.2. Macht die beschwerdeführende Partei eine Verletzung des Willkürverbots geltend, genügt es nicht, wenn sie einfach behauptet, der angefochtene Entscheid sei willkürlich (BGE 134 II 349 E. 3; 133 I 1 E. 5.5). Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern bloss, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 141 III 564 E. 4.1; 140 III 16 E. 2.1; je mit Hinweisen). Erforderlich ist zudem, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist, was von der beschwerdeführenden Partei aufzuzeigen ist (BGE 140 III 16 E. 2.1 mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem Kredit oder beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb oder sonst in seinen wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt wird, kann dem Gericht unter anderem beantragen, eine drohende Verletzung zu verbieten (Art. 9 Abs. 1 lit. a UWG).  
Unlauter handelt insbesondere, wer andere, ihre Waren, Werke, Leistungen, deren Preise oder ihre Geschäftsverhältnisse durch unrichtige, irreführende oder unnötig verletzende Äusserungen herabsetzt (Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG). "Unrichtig" in diesem Sinne kann nur sein, was auf seinen Wahrheitsgehalt hin überprüfbar ist, mithin eine Tatsachenbehauptung, nicht aber reine Werturteile (Urteil 4A_443/2015 vom 12. April 2016 E. 2.2 mit Hinweisen). 
 
3.2. Nach Art. 261 Abs. 1 ZPO trifft das Gericht die notwendigen vorsorglichen Massnahmen, wenn die gesuchstellende Partei glaubhaft macht, dass ein ihr zustehender Anspruch verletzt ist oder eine Verletzung zu befürchten ist (lit. a) und ihr aus der Verletzung ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht (lit. b).  
Die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 261 Abs. 1 ZPO sind lediglich mit dem (reduzierten) Beweismass des Glaubhaftmachens nachzuweisen. Es genügt mithin im Allgemeinen, wenn für das Vorhandensein der behaupteten Tatsachen gewisse Elemente sprechen, selbst wenn das Gericht noch mit der Möglichkeit rechnet, dass sie sich nicht verwirklicht haben könnten (vgl. BGE 140 III 610 E. 4.1). 
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdeführerinnen machten mit ihrem Gesuch vorsorglich (Art. 261 ZPO) Unterlassungsansprüche nach Art. 9 Abs. 1 lit. a UWG geltend. Die zu befürchtenden Äusserungen 1-3 der Beschwerdegegnerin seien unrichtig und damit unlauter im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG. Es bestehe Wiederholungsgefahr.  
 
4.2. Das Obergericht äusserte zunächst (erhebliche) Zweifel an der Aktivlegitimation der Gesuchstellerin 1 und am Rechtsschutzinteresse beider Gesuchstellerinnen. Es liess insbesondere offen, ob die streitgegenständlichen Aussagen (Äusserungen 1-3) tatsächlich drohten (Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr).  
Die Vorinstanz wies das Gesuch schliesslich mit der Begründung ab, die Gesuchstellerinnen hätten die Begründetheit ihres materiellen Hauptbegehrens (Art. 9 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG) nicht glaubhaft gemacht (negative Hauptsachenprognose) : Die beanstandeten Äusserungen 1-3 seien nämlich korrekt und aus diesem Grund nicht unlauter. Mangels lauterkeitsrechtlich verpöntem Verhalten bestehe keine Grundlage für die (vorsorgliche) Gutheissung des Unterlassungsbegehrens. 
 
5.  
Konkret unterschied die Vorinstanz die (angeblich drohenden) Äusserungen 1-3 gemäss Gesuchsbegehren der Beschwerdeführerinnen. Sie wies zunächst darauf hin, dass es sich dabei zumindest teilweise um die Kundgabe von Rechtsauffassungen handle (Vorwurf der Urheberrechtsverletzung). Sie untersuchte sodann, inwieweit diese (Rechts-) Äusserungen Tatsachenbehauptungen enthalten und ob letztere - sollte die Beschwerdegegnerin die Behauptungen in Zukunft wie befürchtet Dritten gegenüber kommunizieren - richtig wären: 
 
5.1. In einem ersten Schritt prüfte das Obergericht, ob die (angeblich zu befürchtende) Aussage der Beschwerdegegnerin, " die 'Y.________'-Dienstleistungen der Beschwerdeführerinnen beziehungsweise der Einsatz der Software 'Z.________' beruhten auf Urheberrechtsverletzungen", den Tatbestand von Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG erfüllen würde [Äusserung 1].  
Die Vorinstanz verneinte dies. Denn bei summarischer Gesamtbetrachtung der Akten erweise sich als glaubhaft, dass die Software "X.________" sowie vertrauliche Unterlagen der Beschwerdegegnerin respektive deren Muttergesellschaft unbefugten Dritten offengelegt und Erkenntnisse daraus zur Entwicklung der Software "Z.________" verwendet worden seien. Art. 67 Abs. 1 lit. f und gbis URG (SR 231.1) stehe einer solchen Offenlegung entgegen. Der Tatsachenkern, welcher der (potentiellen) Äusserung der Beschwerdegegnerin zugrunde läge, sei somit "wahr" und nicht "unrichtig" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG
 
5.2. In einem zweiten Schritt ging das Obergericht der Frage nach, ob die (angeblich drohende) Behauptung der Beschwerdegegnerin, "die Beschwerdeführerinnen setzten im Rahmen ihrer 'Y.________'-Dienstleistungen widerrechtlich das Datentransfer-Plug-in 'W.________' ein", unlauter nach Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG wäre [Äusserung 2].  
Die Vorinstanz wies auch dies zurück: Bei summarischer Gesamtbetrachtung der Akten und der Parteivorbringen erscheine glaubhaft, dass das Datentransfer-Plug-in "W.________" zur Füllung funktionaler Lücken und zum Ergebnisvergleich im Zusammenhang mit der Software "Z.________" unbefugt und ausserhalb der eingeräumten Lizenz eingesetzt worden sei. Diesbezüglich komme Art. 67 Abs. 1 lit. e URG in Betracht, wonach die unrechtmässige Herstellung von Werkexemplaren strafbewehrt sei. Auch hier läge - so die Vorinstanz - keine unrichtige Tatsachenbehauptung gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG vor. 
 
5.3. In einem dritten Schritt setzte sich die Vorinstanz mit der (angeblich bevorstehenden) Aussage auseinander, "die Beschwerdeführerinnen beziehungsweise deren Mitarbeiter hätten kriminelle Handlungen zu Lasten der Beschwerdegegnerin begangen respektive Urheberrechte der Beschwerdegegnerin verletzt, anvertraute Arbeitsergebnisse unlauter verwertet und Geschäftsgeheimnisse der Beschwerdegegnerin verraten und für sich ausgenützt" [Äusserung 3].  
Das Obergericht erwog, dass auch diese Behauptung der Beschwerdegegnerin vor dem Lauterkeitsrecht standhalte. Es wiederholte, bei summarischer Gesamtbetrachtung der Akten erscheine glaubhaft, dass die Software "X.________" sowie vertrauliche Unterlagen der Beschwerdegegnerin respektive deren Muttergesellschaft unbefugten Dritten offengelegt und Erkenntnisse daraus zur Entwicklung der Software "Z.________" verwendet worden seien. Die Vorinstanz verwies auf die Tatbestände der Urheberrechtsverletzung nach Art. 67 Abs. 1 lit. e, f und gbis URG, der unlauteren Aneignung von Arbeitsergebnissen nach Art. 5 lit. a in Verbindung mit Art. 23 UWG sowie der Verletzung des Geschäftsgeheimnisses nach Art. 162 StGB. Die Aussagen der Beschwerdegegnerin wären - wenn sie in Zukunft denn tatsächlich erfolgten und soweit sie sich auf Tatsachen bezögen - richtig und fielen nicht unter Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG
 
5.4. Das Obergericht kam somit zusammengefasst zu folgendem Ergebnis: Die Beschwerdeführerinnen hätten nicht glaubhaft machen können, dass die strittigen Behauptungen 1-3 - sollte die Beschwerdegegnerin diese dereinst effektiv äussern - unwahr und damit unlauter wären. Folglich sei die Begründetheit ihres auf Art. 9 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG gestützten Begehrens in der Hauptsache nicht hinreichend dargetan. Die Anordnung vorsorglicher Massnahmen falle ausser Betracht (Art. 261 Abs. 1 lit. a ZPO).  
 
6.  
Die Beschwerdeführerinnen sind der Auffassung, dass alle drei von der Vorinstanz untersuchten Äusserungen unrichtig und folglich unlauter seien. 
 
6.1. Sie greifen an verschiedenen Stellen ihrer Beschwerde die vorinstanzliche Beweiswürdigung an, welche sie als "einseitig" und "unkritisch" bezeichnen. Sie verweisen auf zahlreiche E-Mails, technische Berichte, "Requirement"-Kataloge, Projektpläne sowie einen Bildschirmausdruck und werfen dem Obergericht vor, sich "technisches Sachwissen angemasst [zu haben]", über welches es gar nicht verfüg[e]", so namentlich hinsichtlich des Einsatzes des Datentransfer-Plug-ins "W.________".  
Nun ist aber die Beweiswürdigung nicht schon dann willkürlich, wenn sie nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmt, sondern bloss, wenn sie offensichtlich unhaltbar ist (BGE 141 III 564 E. 4.1; 135 II 356 E. 4.2.1). Dies ist dann gegeben, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3; 137 III 226 E. 4.2; 136 III 552 E. 4.2). 
Dass Derartiges der Fall wäre, wird in der Beschwerde nicht mit rechtsgenügender Begründung aufgezeigt. 
 
6.2. In rechtlicher Hinsicht monieren die Beschwerdeführerinnen im Kern was folgt:  
 
6.2.1. Die Beschwerdegegnerin kreide ihnen strafbares Verhalten beziehungsweise (Urheber-) Rechtsverletzungen an (und werde dies auch in Zukunft tun). Solche Vorwürfe rechtlicher Natur könnten nur dann richtig im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG sein, "wenn sich diese Behauptung[en] auf entsprechende Feststellungen von Gerichten bzw. Rechtsanwendungsbehörden" stützten. Die Beschwerdegegnerin könne sich für ihre Aussagen aber gerade nicht "auf Feststellungen der Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts" berufen. "Folglich" seien die Äusserungen 1-3 zwingend unwahr und die Vorinstanz sei in Willkür verfallen, indem sie anders entschied. Überhaupt habe das Obergericht die "Rechtslage verkannt", etwa mit der "unrichtigen Annahme", "dass Computerprogramme per se geschützt seien", samt der "einem Computerprogramm zugrunde liegenden Grundsätze und Ideen, Algorithmen und Programmlogik". Dies vertrage sich nicht mit Art. 2 URG.  
 
6.2.2. Es ist fraglich, ob diese Kritik den Anforderungen an eine Willkürrüge genügt (Erwägung 2.2). Zu beachten ist namentlich auch, dass die Rechtslage im Massnahmeverfahren nach Art. 261 ZPO nur summarisch zu prüfen und vorläufig zu beurteilen ist, ohne die sich stellenden rechtlichen Fragen endgültig zu klären (siehe BGE 139 III 86 E. 4.2 S. 91).  
Zu bemerken ist immerhin was folgt: 
Die Beschwerdeführerinnen befürchten, dass sie von der Beschwerdegegnerin (erneut) der Urheberrechtsverletzungen bezichtigt werden (Äusserungen 1-3). Es steht mit anderen Worten die potentielle Kundgabe von Rechtsauffassungen im Streit. Um die "Richtigkeit" dieser Rechtsauffassungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG zu überprüfen, schälte das Obergericht die den Rechtsauffassungen zugrunde liegenden Tatsachenbehauptungen heraus und eruierte, ob diese wahr sind (was sie bejahte). Alsdann untersuchte sie, ob die generell-abstrakten Rechtsnormen ("Rechtstatsachen") bestehen, aus welchen sich die behaupteten Urheberrechtsverletzungen ergeben sollen (was sie ebenfalls bejahte). Hingegen sah die Vorinstanz ausdrücklich davon ab, die herausgeschälten Tatsachenbehauptungen unter die betreffenden Rechtsnormen zu subsumieren; sie hat mithin nicht beurteilt, ob effektiv Urheberrechtsverletzungen vorliegen. Denn dieser Subsumtionsvorgang - so begründete das Obergericht sinngemäss - stelle ein Werturteil dar, welches nicht am Massstab der Richtigkeit gemessen werden könne; die rechtliche Würdigung eines Sachverhalts sei keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Einschätzung, über deren Wert oder Unwert sich jedermann seine eigene Meinung bilden könne. 
Dieses Vorgehen ist nicht willkürlich. Es findet seine Stütze in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 93 II 135 E. 2; Urteil 4C.55/2005 vom 13. Oktober 2005 E. 2.2) und dem Schrifttum (BAUDENBACHER/GLÖCKNER, in: Carl Baudenbacher, Lauterkeitsrecht, 2001, N. 21 zu [damals] Art. 3 lit. a UWG; ANDREAS BLATTMANN, in: Kommentar UWG, Heizmann/Loacker [Hrsg.], 2018, N. 53 zu Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG; MATHIS BERGER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb [UWG], 2013, N. 37 zu Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG; NICOLAS KUONEN, in: Commentaire romand, Loi contre la concurrence déloyale, 2017, N. 35 zu Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG; PHILIPPE SPITZ, in: Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb [UWG], Jung/Spitz [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, N. 57 zu Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG). 
Entsprechend gehen die Beschwerdeführerinnen zumindest unter Willkürgesichtspunkten fehl, wenn sie (i) den Rechtsauffassungen der Beschwerdegegnerin ihre eigene rechtliche Würdigung der Vorgänge rund um die Entwicklung der Software "Z.________" gegenüberstellen, (ii) daraus in Auslegung entsprechender straf- und urheberrechtlicher Bestimmungen schliessen, es seien ihnen weder Urheberrechtsverletzungen noch (sonstige) strafbare Handlungen anzulasten, und (iii) folgern, die zu befürchtenden rechtlichen Äusserungen der Beschwerdegegnerin seien unrichtig und somit unlauter. Mit einer solchen Argumentation tun sie nicht dar, dass die potentiellen beschwerdegegnerischen Äusserungen - soweit Tatsachen betreffend - im lauterkeitsrechtlichen Sinne unwahr wären, geschweige denn zeigen sie damit auf, inwiefern die vorinstanzliche Anwendung von Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG willkürlich sein soll. 
 
6.2.3. Die Kundgabe einer Rechtsauffassung kann darüber hinaus - ungeachtet ihrer "Richtigkeit" - unlauter sein, wenn sie irreführend oder unnötig verletzend erfolgt (Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG). Das Obergericht hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sich die Beschwerdeführerinnen allein auf die Unrichtigkeit der Äusserungen 1-3 berufen hätten, ohne geltend zu machen, dass diese irreführend oder unnötig verletzend wären. Dabei hat es sein Bewenden.  
 
6.2.4. Willkür ist nicht auszumachen.  
 
7.  
Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob das Obergericht die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin 1 und das Rechtsschutzinteresse beider Beschwerdeführerinnen zu Recht in Zweifel zog. Ebenso wenig ist zu klären, wie es sich mit den weiteren Voraussetzungen für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen nach Art. 261 ZPO verhält, mit welchen sich die Beschwerdeführerinnen in den Rz. 151-171 der Beschwerde auseinandersetzen. 
 
8.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftbarkeit kosten- und entschädigungspflichtig (siehe Art. 66 Abs. 1 und 5 sowie Art. 68 Abs. 1, 2 und 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerinnen haben die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. Februar 2023 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Kiss 
 
Der Gerichtsschreiber: Stähle