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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_391/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 7. November 2013  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Hohl, 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, 
Gerichtsschreiber V. Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________ GmbH, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Blum, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Frauenfeld.  
 
Gegenstand 
Beschwerdelegitimation (Zuführung eines Kindes), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 10. April 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ ist Mutter von drei Kindern: B.________ (geb. 2007), C.________ (geb. 2010) und D.________ (geb. 2011). B.________ lebt bei ihrem Vater. Mit Beschlüssen vom 29. September 2010 und vom 19. November 2011 entzog die Vormundschaftsbehörde Matzingen A.________ die Obhut über C.________ und D.________. Beide Kinder wurden anschliessend unter Vermittlung der X.________ GmbH bei Pflegeeltern untergebracht. Dem Handelsregister des Kantons Aargau zufolge bezweckt die X.________ GmbH, für Amtsstellen und privatrechtliche Einrichtungen Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien unterzubringen und die Beteiligten während des Pflegeverhältnisses zu begleiten und zu beraten.  
 
A.b. Am 23. April 2012 wies das Migrationsamt Thurgau A.________ und ihre zwei Kinder C.________ und D.________ aus der Schweiz aus. Am 11. September 2012 reiste A.________ ohne ihre Kinder nach Marokko aus.  
 
B.  
 
B.a. Am 19./20. Oktober 2012 stellte die Vormundschaftsbehörde Matzingen fest, dass der Vollzug des Entscheids des Migrationsamts Thurgau vom 23. April 2012 betreffend Ausreise der beiden Kinder zu ihrer Mutter nach Marokko in Begleitung eines Vertreters der Vormundschaftsbehörde mit dem Kindeswohl vereinbar sei.  
 
B.b. Gegen diesen Entscheid erhob die X.________ GmbH am 23. Oktober 2012 beim Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau Beschwerde und beantragte, dieser die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Mit Zwischenentscheid vom 24. Oktober 2012 bestätigte der Chef des Departements für Justiz und Sicherheit den Entzug der aufschiebenden Wirkung und entzog einem allfälligen Rechtsmittel gegen diesen Entscheid wiederum die aufschiebende Wirkung.  
 
B.c. Am 25. Oktober 2012 wurden C.________ und D.________ zu ihrer Mutter nach Marokko gebracht.  
 
C.  
 
C.a. Nachdem die Zuständigkeit des Departements für Justiz und Sicherheit mit Inkrafttreten des revidierten Kindes- und Erwachsenenschutzrechts am 1. Januar 2013 dahingefallen war, überwies das Departement die Beschwerde der X.________ GmbH am 4. Januar 2013 an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Frauenfeld.  
 
C.b. Mit Entscheid vom 13. Februar 2013 wies die KESB Frauenfeld die Beschwerde mit der Begründung ab, die X.________ GmbH sei nicht zur Beschwerde legitimiert gewesen. Dagegen erhob die X.________ GmbH erfolglos Beschwerde beim Obergericht des Kantons Thurgau (Entscheid vom 10. April 2013).  
 
D.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen verlangt die X.________ GmbH (Beschwerdeführerin), den Entscheid des Obergerichts vom 10. April 2013 aufzuheben (Ziff. 1) und die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Frauenfeld anzuweisen, auf ihre Beschwerde vom 23. Oktober 2012 einzutreten (Ziff. 2). Eventualiter sei die Vorinstanz zu verpflichten, auf ihre Beschwerde vom 23. Oktober 2012 einzutreten (Ziff. 3). Zudem sei die Vorinstanz zu verpflichten, der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren von Fr. 1'890.-- (inkl. MWST von 8 %) zu bezahlen (Ziff. 4). Schliesslich sei der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren eine angemessene Entschädigung zuzusprechen. 
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten beigezogen und die Vorinstanz und die KESB Frauenfeld zur Vernehmlassung eingeladen. Letztere hat unter Hinweis auf ihren Entscheid (s. Bst. C.b ) auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Obergericht beantragt mit Schreiben vom 18. September 2013 die Abweisung der Beschwerde. Diese Eingaben wurden der Beschwerdeführerin zur Wahrung des Replikrechts zur Kenntnis gebracht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht überprüft von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition, ob eine Beschwerde zulässig ist (BGE 138 I 475 E. 1 S. 476).  
 
1.2. Der angefochtene Entscheid betrifft den Kindesschutz und damit eine der Beschwerde in Zivilsachen unterliegende Angelegenheit (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG) ohne vermögensrechtlichen Charakter. Er ist kantonal letztinstanzlich (Art. 75 Abs. 1 BGG) und schliesst das Verfahren ab (Art. 90 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen nur berechtigt, wer ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat. Die Beschwerdebefugnis setzt ein aktuelles und praktisches Interesse an der Gutheissung der Beschwerde voraus, das auch im Zeitpunkt der Fällung des bundesgerichtlichen Urteils noch vorhanden sein muss (vgl. BGE 131 I 153 E. 1.2 S. 157). Am Erfordernis des praktischen Interesses fehlt es insbesondere dann, wenn der Rechtsstreit gegenstandslos geworden ist. Ausnahmsweise verzichtet das Bundesgericht auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn die gerügte Rechtsverletzung sich jederzeit wiederholen könnte, eine rechtzeitige gerichtliche Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre, die aufgeworfenen Fragen sich jederzeit unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen können und an ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht (BGE 2C_899/2008 vom 18. Juni 2009 E. 1.2.2, nicht publ. in: BGE 135 II 296; Urteil 8C_760/2008 vom 30. April 2009 E. 4.1).  
 
2.2. Die Kinder C.________ und D.________, für deren Wohl sich die Beschwerdeführerin vor der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Frauenfeld verwenden zu können glaubt, leben heute unbestrittenermassen bei ihrer Mutter in Marokko (s. Sachverhalt Bst. B). Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass sie sich für die Rückkehr der beiden Kinder aus Marokko in die Schweiz einsetzen wolle und deshalb darauf angewiesen wäre, bereits heute und im vorliegenden Verfahren feststellen zu lassen, dass sie in einem weiteren Verfahren als nahestehende Person im Sinne von Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB gelten und auftreten könnte. Damit ist die aufgeworfene Rechtsfrage rein hypothetischer Natur und ohne praktische Relevanz, und es fehlt an der Eintretensvoraussetzung des aktuellen und praktischen Interesses. Ein Grund, von diesem Erfordernis eine Ausnahme zu machen, ist weder dargetan noch ersichtlich. Folglich kann das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht eintreten (s. Urteil 5A_229/2007 vom 31. August 2007 E. 2).  
 
2.3. Steht fest, dass die Beschwerdeführerin kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des vorinstanzlichen Entscheids hat, kann offenbleiben, ob im vorliegenden Fall überhaupt noch eine Zuständigkeit für die Durchführung eines Kindesschutzverfahrens in der Schweiz bestand, nachdem die Kinder C.________ und D.________ am 25. Oktober 2012 nach Marokko ausgereist sind (s. Sachverhalt Bst. B.c). Marokko ist mit Wirkung vom 1. Januar 2002 dem Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kindesschutzübereinkommen, HKsÜ; SR 0.211.231.011) beigetreten. Nach Art. 5 Abs. 1 HKsÜ sind die Behörden und Gerichte jenes Vertragsstaates für Kindesschutzmassnahmen zuständig, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.  
 
3.  
Schliesslich verlangt die Beschwerdeführerin eine Entschädigung für ihren Aufwand im vorinstanzlichen Verfahren (s. Sachverhalt Bst. D). Hinsichtlich der Kosten- und Entschädigungsregelung folgt der Rechtsweg demjenigen der Hauptsache (Urteil 5A_218/2007 vom 7. August 2007 E. 2.1; so bereits unter der Herrschaft des OG: Urteil 5P.65/2003 vom 30. Juni 2003 E. 2.2). Tritt das Bundesgericht - wie hier - in der Hauptsache nicht auf die Beschwerde in Zivilsachen ein, so kann es dies auch nicht im Kosten- und Entschädigungspunkt. 
 
4.  
Aufgrund des Gesagten wird auf die Beschwerde nicht eingetreten. Die Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der KESB Frauenfeld und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. November 2013 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: V. Monn