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[AZA 0/2] 
7B.68/2002/min 
 
SCHULDBETREIBUNGS- UND KONKURSKAMMER 
************************************ 
 
25. Juni 2002 
 
Es wirken mit: Bundesrichterin Nordmann, Präsidentin der 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, Bundesrichterin Escher, 
Bundesrichter Meyer und Gerichtsschreiber Levante. 
 
--------- 
 
In Sachen 
X.________, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
den Beschluss vom 25. Februar 2002 des Obergerichts des Kantons Thurgau als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, 
 
betreffend 
Lohnpfändung/Berechnung des Existenzminimums, 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
__________________________________________ 
 
1.- Das Betreibungsamt Arbon setzte am 26. Oktober 2001 das Existenzminimum der Schuldnerin X.________ auf Fr. 2'550.-- fest (Grundnotbedarf Fr. 1'100.--, Miete inkl. 
Nebenkosten Fr. 1'250.--, Fahrten zum Arbeitsplatz Fr. 200.--) und ermittelte eine pfändbare Lohnquote von Fr. 528.--. Dagegen erhob X.________ Beschwerde, welche das Gerichtspräsidium Arbon als untere Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung mit Verfügung vom 3. Januar 2002 dahingehend guthiess, dass es die Miete als Zuschlag zum Grundnotbedarf auf Fr. 1'750.-- und erst mit Wirkung ab 1. Oktober 2002 auf Fr. 1'250.-- festsetzte. Mit Beschluss vom 25. Februar 2002 wies das Obergericht des Kantons Thurgau als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs die Beschwerde von X.________ ab. 
 
X.________ hat den Beschluss der kantonalen Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 12. April 2002 (Poststempel) rechtzeitig an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen. Sie beantragt sinngemäss, der angefochtene Beschluss und die Herabsetzung des Zuschlags zum Grundnotbedarf für Mietkosten von Fr. 1'750.-- auf Fr. 1'250.-- per 1. Oktober 2002 sei aufzuheben (Antrag Ziff. 1); sodann sei ihr 13. Monatslohn nicht zu pfänden (Antrag Ziff. 2). 
 
Die kantonale Aufsichtsbehörde schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Weitere Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden. 
2.- Die kantonale Aufsichtsbehörde hat die Herabsetzung des Zuschlags zum Grundnotbedarf für Mietkosten um Fr. 500.-- (Atelier und Garage) per 1. Oktober 2002 im Wesentlichen mit der Begründung geschützt, dass die der Beschwerdeführerin zugestandenen Mietkosten von Fr. 1'250.-- (4½-Zimmerwohnung) für eine Einzelperson genügend seien. Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus Mietkosten für den zur Haltung von 19 Papageien benötigten Raum geltend mache, könnten diese Auslagen bei der Bemessung des Notbedarfs nicht berücksichtigt werden. 
 
3.- a) Erwerbseinkommen kann soweit gepfändet werden, als es nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig ist (Art. 93 Abs. 1 SchKG). Mit Beschwerde gemäss Art. 19 Abs. 1 SchKG kann gerügt werden, dass bei der Ausübung des im Gesetz eingeräumten Ermessens, das Existenzminimum des Schuldners festzusetzen, sachfremde Kriterien berücksichtigt oder rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen worden sind (BGE 110 III 17 E. 2 S. 18; Gilliéron, Commentaire de la LP, N. 165 f. zu Art. 93). 
 
b) Aus den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid geht hervor (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG), dass die Beschwerdeführerin einen Einpersonenhaushalt führt und mit der Haltung und Pflege der Papageien kein Einkommen erzielt. Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, die Herabsetzung des Zuschlages für Mietkosten um Fr. 500.-- sei nicht gerechtfertigt, weil der gemietete Raum (Atelier und Garage) nicht der Bequemlichkeit, sondern der Unterbringung ihrer Papageien diene und daher die Kosten zum Notbedarf zu zählen seien; ihr werde in unbilliger Weise die Haltung und Pflege ihrer Haustiere verweigert. Soweit die Beschwerdeführerin damit geltend macht, die Vorinstanz habe die zusätzlichen Raumkosten für ihre Haustiere zu Unrecht ausser Acht gelassen, geht sie fehl: Der Grundsatz, dass der von einer Lohnpfändung betroffene Schuldner seine Lebenshaltung einschränken und mit dem zugestandenen Existenzminimum auskommen muss, gilt auch in Bezug auf die Wohnkosten; die hier anfallenden Auslagen können nur vollumfänglich berücksichtigt werden, wenn sie der familiären Situation des Schuldners und den ortsüblichen Ansätzen entsprechen (BGE 119 III 70 E. 3c S. 73). Vor diesem Hintergrund kann von einer gesetzeswidrigen Ermessensausübung keine Rede sein, wenn die Vorinstanz in Bezug auf die familiäre Situation einzig darauf abgestellt hat, dass die Beschwerdeführerin Wohnkosten für eine Einzelperson benötigt, und die Raumkosten für die Haltung von 19 Papageien als unerheblich erachtet hat. Die Beschwerdeführerin behauptet im Übrigen selber nicht, dass die ihr zugestandenen Mietkosten von Fr. 1'250.-- nicht den ortsüblichen Ansätzen entsprechen würden. 
 
c) Nach der Rechtsprechung ist anerkannt, dass zum Notbedarf ein bescheidener Betrag für kulturelle Bedürfnisse und für Freizeitbetätigung gehört (BGE 81 III 96 E. 3 S. 98). 
Vorliegend hat das Betreibungsamt den Grundnotbedarf der Beschwerdeführerin auf Fr. 1'100.-- festgesetzt. Dies entspricht dem monatlichen Grundbetrag für einen alleinstehenden Schuldner, wie ihn die Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz in Ziff. I.1 ihrer Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums nach Art. 93 SchKG vom 24. November 2001 empfiehlt (vgl. 
BlSchK 65/2001 S. 12 ff.) und in dem die durchschnittlichen Auslagen u.a. für Kulturelles bzw. Freizeit inbegriffen sind (vgl. Vonder Mühll, in: Kommentar zum SchKG, N. 24 zu Art. 93). 
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, sie brauche darüber hinaus Fr. 500.-- für die Haltung und Pflege ihrer 19 Papageien, kritisiert sie bloss die Höhe des in der Existenzminimumsberechnung bereits berücksichtigten Betrages. Auf diese Rüge der Unangemessenheit kann im Beschwerdeverfahren gemäss Art. 19 Abs. 1 SchKG nicht eingetreten werden. 
d) Soweit sich die Beschwerdeführerin schliesslich gegen die von der Vorinstanz aufgeworfene Frage wendet, ob die Wohnung vom Atelier bzw. der Garage trennbar seien, gehen ihre Vorbringen ins Leere: Im kantonalen Verfahren wurde sie nicht etwa zur Kündigung der Miete von Atelier und Garage verpflichtet, sondern sind die ihr zugestandenen Wohnkosten (für irgendeine Wohnung) per 1. Oktober 2002 auf Fr. 1'250.-- gesetzt worden. Sodann versucht die Beschwerdeführerin von vornherein vergeblich, aus politischen Vorstössen zur Verbesserung der Rechtsstellung der Tiere etwas für sich abzuleiten, da bis heute weder über die entsprechenden Volksinitiativen abgestimmt wurde, noch die in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Gesetzesänderungen in Kraft getreten sind. 
 
4.- Die Beschwerdeführerin kritisiert weiter die Auffassung der Vorinstanz, ihr 13. Monatslohn sei im Zeitpunkt der Auszahlung gepfändet. Diese Vorbringen sind unbehelflich. 
Zum einen legt die Beschwerdeführerin nicht dar (Art. 79 Abs. 1 OG), inwiefern die Vorinstanz die Regeln über die Pfändbarkeit von nicht periodischen Arbeitsleistungen im Zeitpunkt der Auszahlung verkannt habe (BGE 32 I 723 E. 1 S. 724 f.). Zum anderen verlangt die Beschwerdeführerin erstmals vor Bundesgericht, es seien in der Existenzminimumsberechnung weitere Zuschläge zum Grundnotbedarf (Kosten für Arbeitsschuhe als unumgängliche Berufsauslagen, Zahnarztkosten als weitere notwendige Auslagen) zu berücksichtigen; diese neuen Begehren sind unzulässig (Art. 79 Abs. 1 OG). 
Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich - wie bereits im kantonalen Verfahren - geltend macht, das Betreibungsamt habe in der Existenzminimumsberechnung zu Unrecht ihre Verpflichtungen für Steuerschulden nicht berücksichtigt, geht sie fehl, da Steuerforderungen weder zum unbedingt notwendigen Lebensnotbedarf gehören, noch das Gemeinwesen ein Vorrecht gegenüber anderen Gläubigern geniesst (BGE 95 III 39 E. 3 S. 42). 
Demnach erkennt 
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: 
_________________________________________ 
 
1.- Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Betreibungsamt Arbon und dem Obergericht des Kantons Thurgau als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 25. Juni 2002 
 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Die Präsidentin: 
 
Der Gerichtsschreiber: