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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_829/2007 
 
Urteil vom 5. August 2008 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichter Lustenberger, Frésard, 
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold. 
 
Parteien 
Kanton Zürich, 8090 Zürich, Beschwerdeführer, 
vertreten durch die Sicherheitsdirektion, Kantonales Sozialamt, Schaffhauserstrasse 78, 
8057 Zürich, 
 
gegen 
 
1. Kanton Thurgau, vertreten durch das Departement für Finanzen und Soziales des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld, 
2. Fürsorgeamt des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 1, 8510 Frauenfeld, 
Beschwerdegegner, 
 
betreffend M.________. 
 
Gegenstand 
Fürsorge, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 14. November 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der in X.________/ZH heimatberechtigte M.________, geboren 1991, lebte seit 1. Januar 2002 mit seinen Eltern in Y.________/TG, als er am 28. Januar 2007 auf Grund der schwierigen Situation zu Hause in einer sozialpädagogischen Wohngruppe in Z.________/SG platziert wurde. Mit Unterstützungsanzeige vom 14./15. Februar 2007 teilte der Kanton Thurgau dem Kanton Zürich mit, dieser sei während zwei Jahren als Heimatkanton von M.________ kostenersatzpflichtig. Die dagegen erhobene Einsprache wies der Kanton Thurgau am 4. Juni 2007 ab. 
 
B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 14. November 2007 ab. 
 
C. 
Der Kanton Zürich führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und festzustellen, dass der Kanton Zürich dem Kanton Thurgau keinen Kostenersatz zu leisten habe. Zudem ersucht der Kanton Zürich um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Das Verwaltungsgericht und der Kanton Thurgau schliessen auf Abweisung der Beschwerde. 
 
D. 
Mit Verfügung vom 19. Februar 2008 wies das Bundesgericht das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
Vorweg ist die gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) zu prüfen. Der Kanton Zürich macht geltend, die Vorinstanz habe sich mit keinem Wort mit seinen Ausführungen, wonach unter dem Begriff der bisherigen Wohnsitzdauer in Art. 8 lit. c des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger vom 24. Juni 1977 (ZUG; SR 851.1) die von den Eltern bzw. dem sorgeberechtigten Elternteil abgeleitete Wohnsitzdauer zu verstehen sei, auseinandergesetzt. Dem kann nicht gefolgt werden. Das kantonale Gericht hat in E. 2 dargelegt, dass infolge Verlassens des Kantons die bisherige Wohnsitzdauer im Kanton Thurgau nicht angerechnet werden kann. Es hat dabei sowohl die gesetzliche Grundlage wie auch ein bundesgerichtliches Präjudiz für seinen Entscheid angegeben. Dies genügt im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 126 I 97 E. 2b S. 102 mit Hinweisen) für eine nachvollziehbare Begründung. 
 
3. 
Der Kanton Zürich macht in seiner Beschwerde eine Präzisierung zum Sachverhalt und verweist in diesem Zusammenhang auf seine Ausführungen in der Beschwerde an die Vorinstanz. Dieses Vorgehen ist angesichts der beschränkten Kognition des Bundesgerichts nicht geeignet, die Unrichtigkeit des Sachverhalts im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG darzutun (vgl. dazu Meyer, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N 65 f. zu Art. 105, sowie Merz, a.a.O., N 56 zu Art. 42). Somit gilt als erstellt, dass M.________ mit der Fremdplatzierung in der sozialpädagogischen Wohngruppe in Z.________ einen eigenen Unterstützungswohnsitz nach Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG begründet und den Kanton Thurgau dauernd verlassen hat. Streitig ist hingegen, ob der Kanton Zürich als Heimatkanton von M.________ dem Kanton Thurgau Kostenersatz zu leisten hat. 
 
4. 
4.1 Nach Art. 8 lit. c ZUG wird bei einem unmündigen Kind, das einen eigenen Unterstützungswohnsitz begründet, die bisherige Wohndauer angerechnet, wenn es den Wohnkanton nicht verlässt. 
 
4.2 Im hier zu beurteilenden Fall ist die Wohnsitzdauer von M.________ resp. seiner Eltern im Kanton Thurgau nicht anrechenbar, da M.________ mit der Fremdplatzierung im Kanton St. Gallen den Kanton des bisherigen Unterstützungswohnsitzes nach Art. 7 Abs. 1 und 2 ZUG verlassen hat (Art. 8 lit. c ZUG e contrario; vgl. auch Urteil 2A.134/2006 vom 29. Juni 2006, E. 4.3 und 4.4). Entgegen der Ansicht des Kantons Zürich ist Art. 8 lit. c ZUG losgelöst von Art. 8 lit a ZUG zu sehen, wenn das unmündige Kind - wie hier - einen eigenen Unterstützungswohnsitz begründet; denn wenn bei eigenem Unterstützungswohnsitz des unmündigen Kindes auch bei Verlassen des bisherigen Unterstützungskantons weiterhin der elterliche Unterstützungswohnsitz massgebend wäre, wäre Art. 8 lit. c ZUG obsolet. Daran ändert auch die Berufung auf Rz. 141 des Kommentars von Thomet (Kommentar zum Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger [ZUG], 2. Aufl., Zürich 1994) nichts, da sich die dortigen Ausführungen auf Fälle beziehen, bei welchen das Kind den Kanton des bisherigen Unterstützungswohnsitzes der Eltern gerade nicht verlassen hat. Dieses Verständnis von Art. 8 lit. c ZUG steht auch in Einklang mit dem allgemeinen Beendigungsgrund von Art. 9 Abs. 1 ZUG, wonach eine Person, die aus dem Wohnsitzkanton wegzieht, ihren Unterstützungswohnsitz verliert. Somit hat der Kanton Zürich als Heimatkanton gemäss Art. 16 ZUG für die Kosten der Unterbringung von M.________ aufzukommen. Dem Einwand des Kantons Zürich, damit werde einer verpönten Abschiebung im Sinne von Art. 10 ZUG Vorschub geleistet, ist zu entgegnen, dass gerade mit Art. 10 ZUG eine Handhabe besteht, bei festgestellter missbräuchlicher ausserkantonaler Unterbringung den bisherigen Unterstützungswohnsitzkanton weiterhin kostenpflichtig zu erklären. Vorliegend wird jedoch weder geltend gemacht noch ergeben sich aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass die ausserkantonale Unterbringung von M.________ in rechtsmissbräuchlicher Absicht erfolgte. 
 
5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Kanton Zürich hat demnach die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG), da es um sein Vermögensinteresse geht und er sich folglich nicht auf Art. 66 Abs. 4 BGG berufen kann (vgl. etwa Urteil 2A.253/2003 vom 23. September 2003, E. 4, und Urteil 2A.134/2006 vom 29. Juni 2006, E. 5.2, sowie Geiser, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N 26 ff. zu Art. 66). Hingegen hat der Kanton Thurgau keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da er in seinem amtlichen Wirkungskreis tätig war (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 5. August 2008 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Riedi Hunold