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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_7/2008 /daa 
 
Urteil vom 24. Juli 2008 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Reeb, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Andreas A. Roth, 
 
gegen 
 
Departement des Innern des Kantons Solothurn, 
Amt für öffentliche Sicherheit, Ambassadorenhof, 
4500 Solothurn, vertreten durch die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Solothurn, Administrativmassnahmen, Gurzelenstrasse 3, 
4512 Bellach. 
 
Gegenstand 
SVG Warnungsentzug; Nichteinhalten des Mindestabstandes, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 5. Dezember 2007 des Verwaltungsgerichtes des Kantons Solothurn. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Strafverfügung vom 9. Juli 2007 wurde X.________ (gestützt auf Art. 90 Ziff. 1 SVG) vom Statthalteramt des Bezirkes Pfäffikon ZH mit Fr. 240.-- gebüsst. Es wird ihm vorgeworfen, er habe am 7. Juni 2007 auf der Autobahn A1 (Höhe Lindau, Fahrtrichtung St. Gallen) als Lenker seines Personenwagens (bei einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h und über eine längere Distanz hinweg) lediglich einen Abstand von zehn Metern zum vorausfahrenden Fahrzeug eingehalten. Am 5. Oktober 2007 verfügte das Departement des Inneren des Kantons Solothurn (im separaten Administrativmassnahmenverfahren) deswegen gegen den Lenker einen Warnungsentzug des Führerausweises für die Dauer von drei Monaten. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 5. Dezember 2007 ab. 
 
B. 
Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichtes gelangte X.________ mit Beschwerde vom 9. Januar 2008 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. 
 
Das Verwaltungsgericht und das Bundesamt für Strassen beantragen mit Eingaben vom 17. Januar bzw. 25. Februar 2008 je die Abweisung der Beschwerde, während die kantonale Motorfahrzeugkontrolle am 21. Januar 2008 (im Namen des kantonalen Departementes des Innern) auf eine Stellungnahme ausdrücklich verzichtet hat. Mit Präsidialverfügung vom 1. Februar 2008 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 82 ff. BGG sind erfüllt. Mit der Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). 
 
1.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 1-2 BGG). 
 
1.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
 
1.3 Die Beschwerdesache kann aufgrund der vorliegenden Akten beurteilt werden. 
 
2. 
Der Beschwerdeführer rügt eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts (i.S.v. Art. 97 Abs. 1 BGG) sowie die Verletzung von Bundesrecht (Art. 16 ff. SVG). Die Vorinstanz habe unrichtige bzw. willkürliche tatsächliche Annahmen getroffen. Er, der Beschwerdeführer, habe nur vorübergehend einen "etwas kurzen Abstand" von 20 bis 30 Metern auf das vordere Fahrzeug eingehalten, sei dabei 100-110 km/h gefahren und habe niemanden gefährdet. Der Strafrichter habe sein Verhalten denn auch lediglich als einfache Verkehrsregelverletzung eingestuft und ihn mit Fr. 240.-- gebüsst. Beim heutigen Verkehrsaufkommen könnten "Abstände von rund zwei Sekunden kaum mehr eingehalten werden"; vielmehr seien sie "geeignet, andere Verkehrsteilnehmer zu lebensgefährlichen Überholmanövern zu verführen". Eine ernstliche Gefährdung für Verkehrsteilnehmer im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG sei hier nicht erfolgt. 
 
3. 
In SVG-Administrativentscheiden darf die urteilende Behörde von den Feststellungen im konnexen Strafurteil nur abweichen, wenn sie Tatsachen feststellt und ihrem Entscheid zugrunde legt, die dem Strafrichter unbekannt waren, wenn sich die Erhebung zusätzlicher Beweise aufdrängt, oder wenn der Strafrichter bei der Rechtsanwendung auf den Sachverhalt nicht sämtliche Rechtsfragen abgeklärt hat. Dies gilt besonders, wenn das Strafurteil im ordentlichen Verfahren durch ein Gericht gefällt wurde (BGE 124 II 103 E. 1c/aa S. 106; 123 II 97 E. 3c/aa S. 103 f., je mit Hinweisen). Hängt die rechtliche Würdigung sehr stark von der Würdigung von Tatsachen ab, die der Strafrichter besser kennt als die Administrativbehörde, ist letztere auch hinsichtlich der Rechtsanwendung an die rechtliche Qualifikation des Sachverhaltes im Strafurteil grundsätzlich gebunden (BGE 124 II 103 E. 1c/bb S. 106 f. mit Hinweisen). 
 
4. 
Zu prüfen ist zunächst, ob die Vorinstanz den entscheidrelevanten Sachverhalt rechtsgenüglich festgestellt hat. 
 
4.1 Laut Rapport der Verkehrspatrouille der Kantonspolizei Zürich sei der Beschwerdeführer über eine längere Strecke mit einem Abstand von lediglich ca. 10 Metern und einer Geschwindigkeit von gut 120 km/h auf den vor ihm fahrenden Personenwagen aufgeschlossen. Nach seiner polizeilichen Anhaltung (auf dem Rastplatz Kemptthal) habe der Beschwerdeführer diesen Sachverhalt grundsätzlich nicht bestritten und eingeräumt, dass der Abstand zum Vordermann "zeitweise sicherlich nur 10 Meter" betragen habe. 
 
Die Bestreitungen des Beschwerdeführers lassen das Protokoll der beiden rapportierenden Verkehrspolizisten nicht als unglaubhaft erscheinen. Das gilt namentlich für seine Vorbringen, das nicht als solches erkennbare ("neutrale") Polizeifahrzeug sei direkt hinter ihm gefahren, und es sei nicht bekannt, ob der Vordermann sich durch das Fahrverhalten des Beschwerdeführers "bedrängt gefühlt" habe. Seiner Ansicht, es sei "ein schieres Ding der Unmöglichkeit, den Abstand des voranfahrenden Fahrzeuges auf das nächste auch nur grob" zu schätzen, und bei den protokollierten Wahrnehmungen von zwei erfahrenen Autobahnpolizisten handle es sich um eine beweisuntaugliche "durch nichts belegte Behauptung", kann nicht gefolgt werden. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz ist jedenfalls willkürfrei. 
 
4.2 Bei ihren wesentlichen Tatsachenfeststellungen sind die kantonalen Instanzen nicht von der summarischen Strafverfügung des Statthalters abgewichen. Auch sie gehen davon aus, dass der Beschwerdeführer ca. 120 km/h gefahren sei und dem Vordermann über eine längere Distanz hinweg mit ca. zehn Metern Abstand gefolgt sei. Das kantonale Departement des Inneren erwog ausdrücklich, es sei insoweit an die strafrechtliche Beurteilung grundsätzlich "gebunden". Die Annahme eines zeitlichen Abstandes zwischen den Fahrzeugen von ca. 0,3 Sekunden (bei ca. 120 km/h und einem Abstand zum Vordermann von ca. zehn Metern) ist unbestrittenermassen auch rechnerisch zutreffend. 
 
Die Bestreitungen des Beschwerdeführers lassen die wesentlichen Sachverhaltsannahmen der kantonalen Instanzen nicht als offensichtlich fehlerhaft bzw. willkürlich erscheinen. Der aus Art. 32 Abs. 1 BV fliessende Grundsatz "in dubio pro reo" hat (soweit hier überhaupt anwendbar) im vorliegenden Zusammenhang keine über das Dargelegte hinausgehende selbstständige Bedeutung. 
 
In rechtlicher Hinsicht, d.h. in Bezug auf die administrativmassnahmenrechtlichen SVG-Vorschriften, durften die kantonalen Instanzen das Recht grundsätzlich frei (bzw. nach pflichtgemässem Ermessen) anwenden. Zu prüfen bleibt, ob auch die beanstandeten rechtlichen Erwägungen der Vorinstanz vor dem Bundesrecht standhalten. 
 
5. 
Der Fahrzeugführer hat beim Hintereinanderfahren einen ausreichenden Abstand zu wahren, so dass er auch bei überraschendem Bremsen des voranfahrenden Fahrzeugs rechtzeitig halten kann (Art. 34 Abs. 4 SVG und Art. 12 Abs. 1 VRV). Nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem OBG ausgeschlossen ist, wird der Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen (Art. 16 Abs. 2 SVG). Eine mittelschwere Widerhandlung begeht, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt (Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG). Nach einer mittelschweren Widerhandlung wird der Führerausweis (mangels qualifizierter Umstände im Sinne von Art. 16b Abs. 2 lit. b-f SVG) für mindestens einen Monat entzogen (Art. 16b Abs. 2 lit. a SVG). Eine schwere Widerhandlung begeht, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt (Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG). Nach einer schweren Widerhandlung wird der Führerausweis (mangels qualifizierter Umstände im Sinne von Art. 16c Abs. 2 lit. b-e SVG) für mindestens drei Monate entzogen (Art. 16c Abs. 2 lit. a SVG). 
 
6. 
Die kantonalen Instanzen gehen im vorliegenden Fall von einer schweren Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG aus. 
 
6.1 Ein Abstand von lediglich zehn Metern bzw. 0,3 Sekunden bei ca. 120 km/h und dichtem Verkehrsaufkommen ist grob vorschriftswidrig und offensichtlich ungenügend (BGE 131 IV 133 E. 3.2.3 S. 137 f.; Urteil 6A.43/2004 vom 2. September 2004, E. 2.2). Bei einem verkehrsbedingten brüsken Abbremsen durch den Vordermann wäre ein Auffahrunfall nur schwer bzw. nur durch glückliche Umstände zu vermeiden gewesen. In diesem Zusammenhang ist auch den konkreten Umständen des Einzelfalles Rechnung zu tragen (BGE 131 IV 133 E. 3.2 S. 136). Gemäss Polizeirapport habe der Beschwerdeführer über längere Distanz (nämlich mindestens einen Kilometer) "gedrängelt" und zu nahe aufgeschlossen. Gemäss eigenen Zugaben des Beschwerdeführers (im kantonalen Beschwerdeverfahren) herrschte zudem reges Verkehrsaufkommen; auf allen drei Spuren sei der Verkehr relativ dicht gewesen. Laut Polizeibericht kommt hinzu, dass der (ebenfalls auf dem zweiten Überholstreifen fahrende) Vordermann nicht auf den ersten Überholstreifen nach rechts habe wechseln können, weil er mehrere Fahrzeuge überholt habe und bei einem Fahrspurwechsel seinerseits zu dicht hätte aufschliessen müssen. 
 
6.2 Durch sein grob vorschriftswidriges Verhalten hat der Beschwerdeführer somit eine ernstliche Gefahr für sich und die übrigen Verkehrsteilnehmer geschaffen (vgl. BGE 131 IV 133 E. 3.2 S. 136-138 mit Hinweisen). Die Annahme einer schweren Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG hält vor dem Bundesrecht stand. Aus dem Umstand, dass der Statthalter (wegen einer seiner Auffassung nach einfachen Verkehrsregelverletzung i.S.v. Art. 90 Ziff. 1 SVG) eine angesichts der konkreten Umstände eher mild erscheinende Busse von Fr. 240.-- ausgefällt hat, kann der Beschwerdeführer im hier zu beurteilenden Administrativmassnahmenverfahren nichts zu seinen Gunsten ableiten. Es erfolgte auch keine unzulässige Abweichung vom Straferkenntnis (vgl. oben, E. 3). Dabei ist namentlich zu berücksichtigen, dass die Administrativbehörden die konkreten Umstände der Widerhandlung deutlich ausführlicher prüften als der Statthalter im abgekürzten Strafbefehlsverfahren. Die relative Milde der strafrechtlichen Qualifikation und Sanktion liesse sich insbesondere damit erklären, dass in der (summarisch begründeten) Strafverfügung gewissen weiteren erschwerenden Umständen (dichtes Verkehrsaufkommen auf allen drei Spuren usw.) keine erkennbare Rechnung getragen wurde. 
 
7. 
Der Beschwerdeführer macht Umstände geltend, die jedenfalls bei der Bemessung der Dauer eines Warnungsentzuges zu berücksichtigen seien. Soweit sie ausreichend erstellt sind, hat die Vorinstanz diesen Umständen dadurch Rechnung getragen, dass die (für eine schwere Widerhandlung) kürzestmögliche Dauer des Entzuges von drei Monaten (und keine längere Entzugsdauer) verfügt wurde. Die gesetzliche Mindestentzugsdauer von drei Monaten (Art. 16c Abs. 2 lit. a SVG) darf nicht unterschritten werden (Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SVG), insbesondere nicht gestützt auf Bemessungsgründe im Sinne von Art. 16 Abs. 3 Satz 1 SVG (Urteil des Bundesgerichtes 1C_275/2007 vom 16. Mai 2008, E. 4.5-4.6). Auch die Bemessung der Entzugsdauer erweist sich damit als bundesrechtskonform. 
 
8. 
Damit ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement des Innern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 24. Juli 2008 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: 
 
Aemisegger Forster