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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_288/2023  
 
 
Urteil vom 21. Juni 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Schöbi, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Eidgenossenschaft, handelnd durch die Eidgenössische Finanzverwaltung EFV, 
Zentrale Inkassostelle, Monbijoustrasse 118, 3003 Bern, 
 
Betreibungsamt Küsnacht-Zollikon-Zumikon, 
Wilhofstrasse 1, 8125 Zollikerberg. 
 
Gegenstand 
Pfändung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 6. April 2023 (PS230041-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 14. September 2022 vollzog das Betreibungsamt Küsnacht-Zollikon-Zumikon in den gegen A.________ laufenden Betreibungen Nr. www, Nr. xxx und Nr. yyy in Abwesenheit des Schuldners die Pfändung Nr. zzz. Dagegen gelangte A.________ am 24. September 2022 an das Bezirksgericht Meilen als untere kantonale Aufsichtsbehörde über die Betreibungsämter, welches auf seine Beschwerde nicht eintrat; es vertrat die Ansicht, dass eine in Abwesenheit des Schuldners vollzogene Pfändung erst mit der Zustellung der Pfändungsurkunde ihre Wirkung entfalte und angefochten werden könne, was noch nicht der Fall war. Dieser Beschluss vom 4. November 2022 (Nr. CB220021) blieb unangefochten.  
 
A.b. Die Pfändungsurkunde wurde am 22. November 2022 versandt, worauf A.________ am 22. Dezember 2022 einen Nachtrag zu seiner Beschwerde vom 24. September 2022 einreichte und die Aufhebung des Pfändungsvollzugs verlangte. Mit Beschluss vom 23. Februar 2023 (Nr. CB220028) trat das Bezirksgericht Meilen auf die Beschwerde wegen Verspätung nicht ein.  
 
B.  
A.________ erhob am 7. März 2023 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Im Wesentlichen verlangte er die Aufhebung des erstinstanzlichen Entscheides und die Rückweisung der Angelegenheit zur Neubeurteilung mit dem Hinweis, dass die Pfändung vorgängig anzukündigen und in seiner Anwesenheit durchzuführen sei. Das Obergericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 6. April 2023 ab, soweit darauf einzutreten war. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 17. April 2023 ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt mit seiner "Laien-Beschwerde nach Art. 72 ff. oder Art. 113 ff." die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, in der Sache indes keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
Erwägungen:  
 
 
1.  
 
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen ist die Beschwerde in Zivilsachen gegegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG). Damit entfällt eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG).  
 
1.2. Der Beschwerdeführer hat als Schuldner ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides und ist insoweit zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 II 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur zulässig, soweit der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde zu begründen ist (BGE 148 V 174 E. 2.2).  
 
2.  
Anlass zur Beschwerde gibt eine Pfändung in Abwesenheit des Schuldners. Strittig ist insbesondere der Zeitpunkt der Zustellung der Pfändungsurkunde und damit der Fristbeginn für die Beschwerde. 
 
2.1. Unterliegt der Schuldner der Betreibung auf Pfändung, so hat das Betreibungsamt nach Erhalt des Fortsetzungsbegehrens unverzüglich die Pfändung zu vollziehen (Art. 89 SchKG). Die Pfändung wird dem Schuldner spätestens am vorhergehenden Tag unter Hinweis auf seine Pflichten nach Art. 91 SchKG angekündigt (Art. 90 SchKG). Die Zustellung der Ankündigung erfolgt per eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung (Art. 34 SchKG). Erfolgt die Pfändung in Abwesenheit des Schuldners, beginnt die Frist zur Anfechtung von Mängeln bei der Pfändungsankündigung mit Erhalt der Pfändungsurkunde (SIEVI, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 15 f. zu Art. 90). Die Pfändungsurkunde wird (ebenfalls) gemäss Art. 34 SchKG zugestellt (Urteil 5A_707/2021 vom 19. Mai 2022 E. 2.2).  
 
2.2. Im vorliegenden Fall kündigte das Betreibungsamt dem Schuldner in den Betreibungen Nr. xxx und yyy sowie Nr. www die Pfändung auf den 4. August 2022 an. Die Zustellung der Pfändungsankündigungen konnte in zwei Verfahren erst am 15. August 2022 am Postschalter erfolgen, da der Schuldner die Aufbewahrungsfrist bei der Post bis am 18. August 2022 verlängert hatte. In einem dritten Verfahren war die Zustellung der Pfändungsankündigung nicht möglich. Am 8. August 2022 erging in allen drei Betreibungen eine Vorladung an den Schuldner, unverzüglich, jedoch bis spätestens am 15. August 2022, persönlich auf dem Betreibungsamt zu erscheinen. Der Versand erfolgte per A-Post. Am 16. August 2022 wurde dem Schuldner in allen drei Betreibungen eine zweite Vorladung, mit der Aufforderung unverzüglich, spätestens bis am 23. August 2022 persönlich auf dem Betreibungsamt zu erscheinen, per A-Post zugestellt. Die Pfändung (Nr. zzz) wurde am 14. September 2022 in Abwesenheit des Schuldners vollzogen.  
 
2.3. Nach Darstellung des Beschwerdeführers hat er gegen die Pfändung fristgerecht bei der unteren Aufsichtsbehörde Beschwerde nach Art. 17 SchKG erhoben. Das Betreibungsamt habe am 22. November 2022 die Pfändungsurkunde mit eingeschriebener Post versandt, worauf ihm am folgenden Tag eine Abholungseinladung für die Sendung zugestellt wurde. Mit Einverständnis des Betreibungsamtes habe er die Verlängerung der postalischen Abholungsfrist um sieben Tage erhalten. Damit erweise sich seine am 22. Dezember 2022 eingereichte Beschwerde als rechtzeitig. Zudem fehle es an den Voraussetzungen einer Zustellungsfiktion nach Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO, da im vorliegenden Fall kein Prozessrechtsverhältnis bestanden habe. Indem die Vorinstanz den Nichteintretensentscheid der unteren Aufsichtsbehörde geschützt habe, verletzte sie den Grundsatz von Treu und Glauben.  
 
2.4. Mit diesen Ausführungen bestreitet der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Zustellungsfiktion nach Art. 31 SchKG i.V.m. Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO und behauptet zudem, dass ihm das Betreibungsamt eine Fristverlängerung für die Abholungseinladung gewährt habe. Damit übergeht er, dass die untere Aufsichtsbehörde ihn im vorausgegangenen Beschluss (Verfahren Nr. CB220021) am 4. November 2022 darauf hingewiesen hatte, dass er mit der Zustellung der Pfändungsurkunde rechnen und für deren korrekte Entgegennahme sorgen müsse. Eine Verlängerung der Aufbewahrungsfrist durch die Post ändere daran nichts und schaffe insbesondere keinen faktischen Rechtsstillstand. Die Vorinstanz bestätigte diesen Standpunkt und schützte den bei ihr angefochtenen Nichteintretensentscheid.  
 
2.4.1. Der Beschwerdeführer betont, dass im konkreten Fall kein Prozessrechtsverhältnis bestehe und er daher nicht mit der Zustellung der Pfändungsurkunde habe rechnen müssen. Zudem habe ihm das Betreibungsamt nach Erhalt der Abholungseinladung eine Verlängerung der Abholungsfrist für die mit eingeschriebener Post zugestellte Pfändungsurkunde zugestanden. Innert dieser ihm gesetzten Frist habe er die Sendung bei der Post abgeholt und in Wahrung der gesetzlichen Frist bei der unteren Aufsichtsbehörde gegen die Pfändung Beschwerde erhoben.  
 
2.4.2. Weder gibt es Hinweise in tatsächlicher Hinsicht auf ein derartiges Verhalten des Betreibungsamtes, noch läge es in dessen Kompetenz, über eine postalische Frist zu befinden und damit die gesetzliche Beschwerdefrist von zehn Tagen durch das Hinausschieben der Abholungsfrist faktisch zu verlängern, zumal der Beschwerdeführer nicht im Ausland wohnt (Art. 33 Abs. 2 SchKG). Ob die Zustellungsfiktion bei der Pfändungsankündigung zum Tragen kommt, was der Beschwerdeführer bestreitet, ist vorliegend nicht massgebend (vgl. dazu Urteil 5A_590/2020 vom 12. April 2021 E. 3, BlSchK 2021 S. 109; SIEVI, a.a.O., N. 10 zu Art. 90). Er ist von der unteren Aufsichtsbehörde in einem vorangegangenen Verfahren ausdrücklich auf die baldige Zustellung der Pfändungsurkunde hingewiesen worden, so dass er damit rechnen musste. Zudem wurde er an seine Pflicht erinnert, dass er dafür zu sorgen habe, dass die Zustellung ordnungsgemäss erfolgen könne. Damit musste dem Beschwerdeführer klar sein, dass er die ordnungsgemässe Zustellung der Pfändungsurkunde zu erwarten hatte. Die Zustellung der Pfändungsurkunde mit Zustellungsfiktion ist möglich (Urteil 5A_707/2021 vom 19. Mai 2022 E. 2.2), und ein Zurückbehaltungsauftrag kann die Zustellungsfiktion am siebten Tag der Abholungsfrist nicht verhindern (NORDMANN/ONEYSER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 8d zu Art. 34). Von einer Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben durch das Verhalten der Behörden (vgl. dazu allgemein BGE 146 I 105 E. 5.1.1) kann damit keine Rede sein. Wenn die Vorinstanz zum Schluss gelangt ist, dass die Eingabe des Beschwerdeführers vom 22. Dezember 2022 (Postübergabe) verspätet sei, kann ihr keine Verletzung von Bundesrecht vorgeworfen werden.  
 
3.  
Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss werden die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu leisten. 
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Schweizerischen Eidgenossenschaft, dem Betreibungsamt Küsnacht-Zollikon-Zumikon sowie dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. Juni 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante