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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 1/2} 
 
1C_167/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 8. Dezember 2016  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Eusebio, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. Alois Gmür, 
2. Reto Wehrli, 
3. Bruno Frick, 
4. Adrian Dummermuth, 
5. Andreas Meyerhans, 
6. Michael Stähli, 
7. Augustin Mettler, 
8. Christian Kündig, 
Beschwerdeführer, 
alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Beeler, 
 
gegen  
 
Kantonsrat des Kantons Schwyz, 
Bahnhofstrasse 9, Postfach 1291, 6431 Schwyz, 
 
Regierungsrat des Kantons Schwyz, 
Bahnhofstrasse 9, Postfach 1260, 6431 Schwyz. 
 
Gegenstand 
Sistierung der Volksinitiative "PlusEnergiehaus - das Kraftwerk für den Kanton Schwyz", 
 
Beschwerde gegen den Beschluss vom 16. März 2016 des Kantonsrats des Kantons Schwyz. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die CVP des Kantons Schwyz reichte am 8. Januar 2014 die kantonale Volksinitiative "PlusEnergiehaus - das Kraftwerk für den Kanton Schwyz" ein. Die Initiative verlangt eine Änderung des kantonalen Energiegesetzes vom 16. September 2009 (EnG/SZ; SRSZ 420.100). Die Initiative fordert, dass ab 1. Januar 2018 für Neubauten der PlusEnergiehaus-Standard (Minergie-P-Standard und Photovoltaikanlage) eingehalten wird und dass für die energetische Instandstellung von bestehenden Bauten ein Anreiz-System zu schaffen ist. 
Mit Beschluss vom 25. August 2015 stellte der Regierungsrat des Kantons Schwyz dem Kantonsrat des Kantons Schwyz die Anträge, die Initiative als gültig zu erklären und sie den Stimmbürgern zur Ablehnung zu empfehlen. Die vorberatende Kommission für Raumplanung, Umwelt und Verkehr des Kantonsrats beantragte dem Kantonsrat, die Initiative bis zur Behandlung der Teilrevision des Energiegesetzes zu sistieren, da sich hierdurch gegebenenfalls eine Volksabstimmung erübrigen würde. Mit Beschluss vom 26. Januar 2016 beantragte der Regierungsrat dem Kantonsrat, den Sistierungsantrag nicht entgegen zu nehmen. Zur Begründung führte er aus, § 33 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Schwyz vom 24. November 2010 (KV/SZ; SR 131.215) verlange ausdrücklich, dass der Kantonsrat innert 18 Monaten über Annahme oder Ablehnung einer Initiative zu entscheiden habe. Zwar räume § 33 Abs. 2 KV/SZ dem Gesetzgeber die Möglichkeit ein, weitere Fristen vorzusehen. Dieser sei bislang jedoch nicht tätig geworden. Eine Sistierung sei nicht zulässig, da hierfür keine gesetzliche Grundlage bestehe. 
Der Kantonsrat behandelte die Initiative an seiner Sitzung vom 16. März 2016 und beschloss, was folgt (vgl. Publikation im Amtsblatt des Kantons Schwyz vom 1. April 2016 S. 754) : 
 
1. Die Volksinitiative "PlusEnergiehaus - das Kraftwerk für den Kanton Schwyz" wird als gültig erklärt. 
2. Der Antrag auf Sistierung der Volksinitiative "PlusEnergiehaus - das Kraftwerk für den Kanton Schwyz" wird nicht entgegengenommen. 
3. Die Volksinitiative "PlusEnergiehaus - das Kraftwerk für den Kanton Schwyz" wird abgelehnt. 
4. Die Volksinitiative "PlusEnergiehaus - das Kraftwerk für den Kanton Schwyz" wird der Volksabstimmung unterstellt. 
 
B.   
Gegen diesen Beschluss führen die im Rubrum genannten, im Kanton Schwyz stimmberechtigten Personen mit Eingabe vom 15. April 2016 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in Form der Stimmrechtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragen, die Ziffern 2, 3 und 4 des Beschlusses des Kantonsrats vom 16. März 2016 seien aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Sistierung einer kantonalen Volksinitiative gemäss § 28 ff. KV/SZ zulässig sei; die Sache sei zur Neubeurteilung an den Kant onsrat des Kantons Schwyz zurückzuweisen. Zur Begründung führen die Beschwerdeführer aus, der Kantonsrat habe § 33 KV/SZ falsch bzw. unhaltbar angewendet, indem er eine Sistierung als unzulässig eingestuft habe (Beschwerde S. 12 - 17). Zugleich habe der Kantonsrat Art. 34 Abs. 1 BV missachtet und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV verletzt (Beschwerde S. 17 f.). 
Der Regierungsrat beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Der Kantonsrat verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
Mit Verfügung vom 6. Juni 2016 hat der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung das Gesuch der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung abgelehnt. 
Die Beschwerdeführer halten in weiteren Eingaben an ihren Anträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde nach Art. 82 lit. c BGG kann die Verletzung von politischen Rechten beim Bundesgericht geltend gemacht werden. Von der Beschwerde werden sowohl eidgenössische als auch kantonale Stimmrechtssachen erfasst (Art. 88 Abs. 1 BGG).  
Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung von § 33 KV/SZ rügen, ist nachfolgend zu prüfen, ob der sachliche Anwendungsbereich der Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von Art. 82 lit. c BGG gegeben ist und auf die Beschwerde eingetreten werden kann. 
Von vorneherein nicht eingetreten werden kann auf die Beschwerde, soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 34 Abs. 1 BV behaupten. Sie begründen diese Vorbringen nicht näher und genügen damit der Begründungspflicht nicht (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176). 
 
1.2. Art. 82 lit. c BGG schliesst die Gesamtheit der politischen Rechte ein. Der sachliche Anwendungsbereich ist bezogen auf die politischen Rechte umfassend. Der Wortlaut von Art. 82 lit. c BGG bringt jedoch zum Ausdruck, dass entsprechend der bisherigen Rechtsprechung (vor Inkrafttreten des BGG) die unmittelbare Ausübung politischer Rechte von Stimmberechtigten in Frage stehen muss (Gerold Steinmann, Basler Kommentar BGG, 2. Auflage 2011, N. 82 zu Art. 82). Es genügt nicht, allgemein eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts zu rügen. Vielmehr muss eine Verletzung des Stimm- und Wahlrechts geltend gemacht werden. Eine solche setzt eine Einschränkung der Rechte der Stimmbürger voraus (Urteil 1P.36/1997 vom 18. November 1997 E. 1b, in: ZBl 100/1999 S. 483).  
Nach der Praxis kann beispielsweise etwa die Festlegung des Abstimmungstermins Gegenstand der Stimmrechtsbeschwerde bilden, soweit hierdurch die freie Willensbildung und -äusserung der Stimmbürger beeinträchtigt werden kann (vgl. Urteil 1C_185/2007 vom 6. November 2007 E. 1.1, in: ZBl 110/2009 S. 169). 
 
1.3. Die Beschwerdeführer machen geltend, eine Teilrevision des kantonalen Energiegesetzes stehe unmittelbar bevor. Diese Gesetzesvorlage werde voraussichtlich im 3. Quartal 2016 dem Kantonsrat überwiesen. Es mache keinen Sinn, über die Initiative abzustimmen, wenn mit der Behandlung der Gesetzesvorlage zur Teilrevision des Energiegesetzes die Chance bestehe, wesentliche Elemente der Initiative in die neue Gesetzgebung aufzunehmen, sodass die Initiative in der Folge zurückgezogen werden könnte. Mit einer Sistierung könne daher unter Umständen auf eine Volksabstimmung verzichtet werden, womit ein Betrag von Fr. 30'000.-- bis Fr. 50'000.-- eingespart werden könnte.  
 
1.4. Die Beschwerdeführer begründen den Sistierungsantrag somit primär mit finanziellen Überlegungen. In rechtlicher Hinsicht rügen sie allgemein eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts, nämlich eine unhaltbare Anwendung von § 33 KV/SZ. Sie behaupten indes keine Einschränkung der Rechte der Stimmbürger. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Mit der unterbliebenen Sistierung wird die unmittelbare Ausübung der politischen Rechte der Stimmbürger nicht in Frage gestellt. Vielmehr wird die Initiative der Abstimmung zugeführt, sodass die Stimmbürger ihr politisches Recht, an Abstimmungen teilzunehmen, wahrnehmen können. Inwiefern hierdurch die freie Willensbildung und -äusserung der Stimmbürger im konkreten Fall beeinträchtigt werden könnte, ist nicht zu erkennen.  
Die für die Zulässigkeit der Stimmrechtsbeschwerde erforderliche Betroffenheit in den politischen Rechten der Stimmbürger selber (vgl. Urteil 1P.571/2000 vom 16. November 2000 E. 1, in: ZBl 102/2001 S. 223) ist vorliegend folglich nicht gegeben. 
 
2.   
Auf die Stimmrechtsbeschwerde ist nach dem Gesagten nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Regierungsrat des Kantons Schwyz und dem Kantonsrat des Kantons Schwyz schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Dezember 2016 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner