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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_375/2022  
 
 
Urteil vom 4. August 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Müller, Merz, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Dr. Nicolas Roulet, 
 
gegen  
 
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt, Straf- und Massnahmenvollzug, Spiegelgasse 12, 4001 Basel, 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel. 
 
Gegenstand 
Haft, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Präsident, vom 13. Juni 2022 (SB.2022.61). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Strafgericht Basel-Stadt erkannte mit Urteil vom 24. Juli 2009, dass A.________ den Straftatbestand der versuchten vorsätzlichen Tötung erfüllt hatte, er wegen Schuldunfähigkeit jedoch nicht verurteilt werden könne. Aufgrund einer gutachterlich diagnostizierten kontinuierlichen paranoiden Schizophrenie (ICD-10 F20.00) sowie akzentuierten Persönlichkeitszügen (ICD-10 Z73.1) mit primär narzisstischen und dissozialen Zügen ordnete das Strafgericht mit gleichem Urteil für die Dauer von fünf Jahren eine stationäre psychiatrische Behandlung nach Art. 59 Abs. 1 StGB an. Das Strafgericht verlängerte die stationäre Massnahme mit Beschluss vom 27. März 2012 um weitere fünf Jahre. Unter Anordnung von verschiedenen Auflagen sowie der Festsetzung einer Probezeit von fünf Jahren bewilligte das Amt für Justizvollzug des Kantons Basel-Stadt A.________ mit Entscheid vom 11. April 2017 die bedingte Entlassung aus dem stationären Massnahmenvollzug. 
 
B.  
Nach mehreren negativen Vorkommnissen und einer Verschlechterung des psychischen Zustandsbilds (diverse Berichte verschiedener Polizeistationen, Gefährdungsmeldung der Bewährungshilfe Basel-Stadt, Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung) ordnete das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Basel-Stadt mit Verfügung vom 19. November 2021 auf Antrag des Amts für Justizvollzug zwecks Vorbereitung einer Rückversetzung von A.________ in den stationären Massnahmenvollzug Sicherheitshaft für die Dauer von zwölf Wochen an. Mit Haftprüfungsentscheid vom 15. Dezember 2021 verkürzte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die angeordnete Sicherheitshaft auf acht Wochen, d.h. bis zum 13. Januar 2022. In der Folge verlängerte das Zwangsmassnahmengericht die Sicherheitshaft mit Verfügung vom 13. Januar 2022 nochmals bis zum 7. April 2022. Eine von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Appellationsgericht mit Entscheid vom 2. Februar 2022 ab. 
Am 6. Januar 2022 beantragte das Amt für Justizvollzug des Kantons Basel-Stadt beim Strafgericht Basel-Stadt die Rückversetzung von A.________ in den stationären Massnahmenvollzug. Mit Beschluss vom 30. März 2022 ordnete das Strafgericht für die Dauer von drei Jahren die Rückversetzung von A.________ in die mit Urteil des Strafgerichts vom 24. Juli 2009 ausgesprochene und mit Beschluss vom 27. März 2012 um fünf Jahre verlängerte stationäre Massnahme an. Mit separatem Beschluss vom gleichen Tag verlängerte das Strafgericht die gegen A.________ angeordnete Sicherheitshaft bis zum 21. April 2022. Gegen den Beschluss des Strafgerichts vom 30. März 2022 betreffend die Rückversetzung in den stationären Massnahmenvollzug erhob A.________ am 2. Mai 2022 Beschwerde an das Appellationsgericht. Über diese Beschwerde wurde, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 16. Mai 2022 stellte A.________ bei dem mit der nachträglichen Massnahmesache befassten Appellationsgericht ein Gesuch um sofortige Haftentlassung, da zufolge seiner Beschwerde gegen den nachträglichen Massnahmebeschluss vom 30. März 2022 sowie des zwischenzeitlichen Ablaufs der letztmals bis zum 21. April 2022 verlängerten Sicherheitshaft kein Hafttitel mehr bestehe. Mit Verfügung vom 18. Mai 2022 stellte der mit dem nachträglichen Massnahmeverfahren betraute Instruktionsrichter des Appellationsgerichts fest, dass die mit Beschluss des Strafgerichts vom 30. März 2022 bis zum 21. April 2022 angeordnete Sicherheitshaft nicht verlängert wurde und sich A.________ seither rechtswidrig bzw. ohne entsprechenden Titel in Haft befinde. Gleichzeitig stellte er beim Appellationsgericht in der Funktion als Berufungsgericht den Antrag, gegen A.________ sei bis zum Abschluss des hängigen Beschwerdeverfahrens betreffend die Rückversetzung in den stationären Massnahmenvollzug die Sicherheitshaft anzuordnen. Mit Verfügung vom 13. Juni 2022 trat der Präsident des Appellationsgerichts auf den Antrag des Instruktionsrichters auf Anordnung von Sicherheitshaft nicht ein. 
 
D.  
Gegen die Verfügung des Präsidenten des Appellationsgerichts vom 13. Juni 2022 gelangt A.________ mit Beschwerde in Strafsachen vom 13. Juli 2022 an das Bundesgericht. Er beantragt, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und er sei unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Eventualiter sei die Sache zum Entscheid über den Antrag auf Anordnung von Sicherheitshaft an das Appellationsgericht zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung zu gewähren. 
Der Präsident des Appellationsgerichts beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt und das Amt für Justizvollzug haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegenstand der angefochtenen Verfügung ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über ein Gesuch um Entlassung aus der Sicherheitsheitshaft im selbstständigen gerichtlichen Nachverfahren betreffend die Rückversetzung in eine stationäre Massnahme (Art. 364b Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 224 ff. StPO und Art. 62a StGB). Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 ff. BGG offen (vgl. Urteile 1B_96/2021 vom 25. März 2021 E. 1.1; 1B_160/2020 vom 28. April 2020 E. 1.2). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Soweit es sich aus den kantonalen Akten erschliessen lässt, wurde jedoch weder in der Verfügung des mit dem nachträglichen Massnahmeverfahren betrauten Instruktionsrichters vom 18. Mai 2022, noch in der hier angefochtenen Verfügung des Präsidenten des Appellationsgerichts vom 13. Juni 2022 über sein Haftentlassungsgesuch befunden. Infolgedessen ist davon auszugehen, dass er sich weiterhin in Haft befindet. Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 1 BGG ist er damit zur Beschwerde berechtigt. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass das mit der Beschwerde gegen den massnahmerechtlichen erstinstanzlichen Rückversetzungs-beschluss befasste Appellationsgericht keinen Entscheid über die Verlängerung oder Aufhebung der gegen den Beschwerdeführer angeordneten Sicherheitshaft gefällt hat. Die über den Beschwerdeführer letztmals mit Beschluss des Strafgerichts vom 30. März 2022 verhängte Sicherheitshaft lief damit am 21. April 2022 ab. Darauf hat der Beschwerdeführer in seinem Haftentlassungsgesuch vom 16. Mai 2022 ausdrücklich hingewiesen. Zur gleichen Schlussfolgerung gelangte auch der mit dem nachträglichen Massnahmeverfahren betraute Instruktionsrichter, indem er mit Verfügung vom 18. Mai 2022 feststellte, dass gegen den Beschwerdeführer seit dem 22. April 2022 kein Hafttitel mehr bestehe und sich dieser daher rechtswidrig in Haft befinde. Infolgedessen stellte er beim Berufungsgericht gestützt auf Art. 364b Abs. 2 StPO einen Antrag auf Anordnung von Sicherheitshaft bis zum rechtskräftigen Abschluss des hängigen Beschwerdeverfahrens.  
 
2.2. In der angefochtenen Verfügung vom 13. Juni 2022 hat der Präsident des Appellationsgerichts ausgeführt, der Beschwerde gegen den massnahmerechtlichen Rückversetzungsbeschluss des Strafgerichts vom 30. März 2022 komme gemäss Art. 387 StPO keine aufschiebende Wirkung zu, weshalb sich der Beschwerdeführer seither wieder im Massnahmenvollzug befinde. Infolgedessen erübrige sich die Anordnung von Sicherheitshaft.  
 
2.3. Zusammengefasst wendet der Beschwerdeführer dagegen ein, gemäss Art. 5 Ziff. 1 lit. a EMRK könne eine Person nur dann in Haft gehalten werden, wenn dies rechtmässig und in der gesetzlich vorgesehenen Art und Weise geschehe. Zwar treffe es zu, dass der Beschwerde gemäss Art. 387 StPO keine aufschiebende Wirkung zukomme. Für das selbständige gerichtliche Nachverfahren betreffend die Rückversetzung einer Person in eine stationäre Massnahme sehe Art. 364b Abs. 1 StPO jedoch ausdrücklich vor, dass die Verfahrensleitung die verurteilte Person während des Gerichtsverfahrens nur unter den Voraussetzungen von Art. 364a StPO festnehmen und in Sicherheitshaft versetzen lassen könne. Gemäss Art. 364b Abs. 2 StPO habe sie hierfür in sinngemässer Anwendung von Art. 224 StPO ein Haftverfahren durchzuführen und beim Zwangsmassnahmengericht bzw. der Verfahrensleitung die Anordnung von Sicherheitshaft zu beantragen. Aufgrund dieser klaren gesetzlichen Regelung der Sicherheitshaft während eines selbstständigen gerichtlichen Nachverfahrens gehe Art. 364b StPO der allgemeinen Bestimmung von Art. 387 StPO vor. Andernfalls würde die Bestimmung gänzlich ihres Gehalts entleert, sobald in einem gerichtlichen Nachverfahren nach Art. 363 ff. StPO ein erstinstanzlicher Entscheid vorliege. Nachdem der mit dem nachträglichen Massnahmeverfahren betraute Instruktionsrichter beim Berufungsgericht korrekterweise gestützt auf Art. 364b Abs. 2 StPO die Anordnung von Sicherheitshaft beantragt habe, dieses auf den Antrag mit der vorliegend angefochtenen Verfügung vom 13. Juni 2022 jedoch nicht eingetreten sei, liege gegen den Beschwerdeführer nach wie vor kein rechtsgültiger Hafttitel vor, was mit einer Verletzung von Art. 5 Ziff. 1 lit. a EMRK verbunden sei. Infolgedessen sei er unverzüglich aus der Haft zu entlassen.  
 
3.  
Nach dem Dargelegten ist einzig zu prüfen, ob die mit Entscheid des Strafgerichts vom 30. März 2022 angeordnete Rückversetzung des Beschwerdeführers in den stationären Massnahmevollzug trotz der dagegen erhobenen Beschwerde einen gültigen Hafttitel darstellt oder ob sich ein weiterer Freiheitsentzug für die Dauer des gerichtlichen Nachverfahrens nur mittels Anordnung von Sicherheitshaft rechtfertigen liesse. Trifft letzteres zu, hätte die Vorinstanz, wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht, auf den Antrag des Instruktionsrichters der Beschwerdekammer auf Anordnung von Sicherheitshaft eintreten müssen. 
 
3.1. Gemäss Art. 5 Ziff. 1 EMRK bzw. dem insoweit übereinstimmenden Art. 31 Abs. 1 BV darf die Freiheit einer Person nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden (BGE 143 IV 160 E. 2.2; Urteile 1B_434/2021 vom 14. September 2021 E. 2.3 [zur Publikation vorgesehen]; 6B_1432/2017 vom 15. Januar 2018 E. 1.3).  
 
3.2. Der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel höchstens fünf Jahre. Sind die Voraussetzungen der bedingten Entlassung nach fünf Jahren noch nicht gegeben und ist zu erwarten, durch die Fortführung der Massnahme lasse sich der Gefahr weiterer mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verlängerung der Massnahme um jeweils höchstens fünf Jahre anordnen (Art. 59 Abs. 4 StGB). Die zeitliche Begrenzung von Art. 59 Abs. 4 StGB stellt sicher, dass ein Gericht regelmässig überprüft, ob die Massnahme und damit letztlich der mit ihr verbundene Freiheitsentzug noch verhältnismässig ist (BGE 145 IV 65 E. 2.2; 142 IV 105 E. 5.6). Ab dem vollstreckbaren gerichtlichen Massnahmeentscheid liegt ein gültiger Vollzugstitel vor (BGE 142 IV 105 E. 5.7; Urteil 6B_1213/2016 vom 8. März 2017 E. 2.1).  
Nach Art. 62 Abs. 1 StGB wird ein Täter aus dem stationären Vollzug bedingt entlassen, sobald sein Zustand es rechtfertigt, dass ihm Gelegenheit gegeben wird, sich in der Freiheit zu bewähren. Bei der bedingten Entlassung aus einer Massnahme nach Art. 59 StGB beträgt die Probezeit ein bis fünf Jahre (Art. 62 Abs. 2 StGB). Ist auf Grund des Verhaltens eines bedingt Entlassenen während der Probezeit ernsthaft zu erwarten, dass er eine Tat im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB begehen könnte, so kann das Gericht, das die Massnahme angeordnet hat, auf Antrag der Vollzugsbehörde die Rückversetzung anordnen (Art. 62a Abs. 3 StGB). 
 
3.3. Entscheide über die Verlängerung einer stationären Massnahme (Art. 59 Abs. 4 StGB) oder um Rückversetzung nach bedingter Entlassung gemäss Art. 62a Abs. 3 StGB ergehen im Rahmen eines selbstständigen nachträglichen Verfahrens nach Art. 363 ff. StPO (MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 363 StPO; MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar StGB, N. 39 zu Art. 62a StGB; vgl. auch ROTEN/PERRIN, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2e édition 2019, N. 18 ad art. 363 CPP). Nach Ablauf der Höchstdauer der bestehenden Massnahme und bis zur Rechtskraft des im Nachverfahren zu treffenden neuen Massnahmeurteils hat sich ein Freiheitsentzug nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auf strafprozessuale Sicherheitshaft zu stützen (BGE 145 IV 65 E. 2.8.1; 139 IV 175 E. 1.2; Urteile 1B_486/2018 vom 22. November 2018 E. 7; 6B_1432/2017 vom 15. Januar 2018 E. 1.4; 1B_371/2016 vom 11. November 2016 E. 4.6; vgl. MARIANNE HEER, Nachverfahren bei strafrechtlichen Massnahmen, in: Forum Justiz&Psychiatrie, Wege und Irrwege stationärer Massnahmen nach Rechtskraft des Strafurteils, Bd. 3 2019; S. 63; MARC FORSTER, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 232 StPO).  
 
3.4. Die Anordnung von Sicherheitshaft während des selbstständigen gerichtlichen Nachverfahrens nach Art. 363 ff. StPO ist in Art. 364a und 364b StPO geregelt. Nach Art. 364a Abs. 1 StPO kann die Behörde, die für die Einleitung des Verfahrens auf Erlass eines selbstständigen nachträglichen Entscheids des Gerichts zuständig ist, die verurteilte Person festnehmen lassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass gegen die Person der Vollzug einer freiheitsentziehenden Sanktion angeordnet wird (lit. a) und die Person sich deren Vollzug entzieht (lit. b Ziff. 1) oder erneut ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen begeht (lit. b Ziff. 2). Nach Art. 364a Abs. 2 StPO richtet sich das Verfahren sinngemäss nach den Artikeln 222-228 StPO. Gemäss Art. 364b Abs. 1 StPO kann die Verfahrensleitung des Nachverfahrens die verurteilte Person unter den Voraussetzungen von Art. 364a StPO festnehmen lassen. Sie führt in sinngemässer Anwendung von Art. 224 StPO ein Haftverfahren durch und beantragt dem Zwangsmassnahmengericht beziehungsweise der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Anordnung der Sicherheitshaft. Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Artikeln 225 und 226 StPO (Abs. 2). Bei vorbestehender Sicherheitshaft richtet sich das Verfahren sinngemäss nach Art. 227 StPO (Abs. 3). Im Übrigen gelten die Artikel 222 und 230-233 StPO sinngemäss (Abs. 4).  
Diese Bestimmungen traten am 1. März 2021 in Kraft (vgl. AS 2021 75) und entsprechen der früheren bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die Anordnung von Sicherheitshaft während der Dauer des gerichtlichen Nachverfahrens nach Art. 363 ff. StPO auch ohne gesetzliche Grundlage in analoger Anwendung von Art. 221 und Art. 229 ff. StPO zulässig ist (statt vieler: BGE 146 I 115 E. 2.3 ff. mit Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung; Botschaft vom 28. August 2019 zur Änderung der Strafprozessordnung, BBl 2019 6766 Ziff. 3.3.1; vgl. auch MARC FORSTER, Gemeingefährliches Haftrecht? Zur Teilrevision des strafprozessualen Haftrechts gemäss dem Vorentwurf von 2017, Jusletter 26. März 2018 Rz. 38). 
 
3.5. Mit Beschluss des Strafgerichts Basel-Stadt vom 27. März 2012 wurde die mit Urteil vom 24. Juli 2009 gegen den Beschwerdeführer angeordnete stationäre Massnahme um weitere fünf Jahre verlängert. Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer mit Entscheid des Amts für Justizvollzug vom 11. April 2017 unter Ansetzung einer Probezeit von fünf Jahren die bedingte Entlassung aus dem stationären Massnahmenvollzug bewilligt. Der letzte rechtskräftige Massnahmeentscheid datiert damit vom 11. April 2017 und die darin angeordnete Massnahmedauer von fünf Jahren endete grundsätzlich am 10. April 2022. Nachdem der Beschwerdeführer den neuen Rückversetzungsbeschluss des Strafgerichts vom 30. März 2022 unbestrittenermassen innert der Rechtsmittelfrist beim Appellationsgerichts angefochten hat, stellt dieser im Lichte der dargelegten Rechtsprechung mangels materieller Rechtskraftwirkung keinen vollstreckungsrechtlichen Hafttitel dar, der zum aktuellen Zeitpunkt einen weiteren Freiheitsentzug des Beschwerdeführers zu rechtfertigen vermöchte. Vielmehr hat sich ein solcher bis zur Rechtskraft des Rückversetzungsbeschlusses nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und der nunmehr klaren gesetzlichen Regelung von Art. 364b StPO während der Dauer des gerichtlichen Nachverfahrens, das heisst von dessen Einleitung bis zur Rechtskraft des neuen Urteils, auf strafprozessuale Sicherheitshaft zu stützen (vgl. vorne E. 3.3; BBl 2019 6766 Ziff. 3.3.1). Es mag zwar zutreffen, dass der Beschwerde nach Art. 387 StPO keine aufschiebende Wirkung zukommt. Angesichts der Konzeption von Art. 364a und 364b StPO gehen diese deutlich jüngeren, besonderen Bestimmungen aber dem allgemeinen Grundsatz von Art. 387 StPO, wonach Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung zukommt, vor. Andernfalls würde der Regelungsgehalt von Art. 364b StPO, wie der Beschwerdeführer zu Recht vorbringt, komplett seines Gehalts entleert, sobald im gerichtlichen Nachverfahren ein erstinstanzlicher Entscheid ergangen ist.  
Dieses Ergebnis steht im Übrigen auch im Einklang mit der im Rahmen der jüngsten Revision der Strafprozessordnung vom 17. Juni 2022 eingefügten Regelung, wonach im selbstständigen gerichtlichen Nachverfahren getroffene Gerichtsentscheide mittels Berufung anfechtbar sind (vgl. Art. 365 Abs. 3 VE-StPO [BBl 2022 1560 S. 13]). Diesem Rechtsmittel kommt von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung zu (vgl. Art. 402 StPO); die Anwendung von Art. 387 StPO fällt damit künftig ohnehin ausser Betracht. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber die bisher nicht ausdrücklich geregelte Frage beantwortet, welcher der zulässige Rechtsbehelf gegen im selbstständigen Nachverfahren ergangene gerichtliche Entscheide ist (vgl. BGE 141 IV 396 E. 3.9 ff.; BBl 2019 6766 f. Ziff. 3.3.1; je mit Hinweisen). Auch wenn Art. 365 Abs. 3 VE-StPO noch nicht in Kraft ist, geht daraus immerhin der gesetzgeberische Wille hervor, dass sich der Freiheitsentzug nach Ablauf der angeordneten Massnahmedauer bis zum rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Nachverfahrens nach den Vorgaben von Art. 364b StPO zu richten und sich damit auf die strafprozessuale Sicherheitshaft zu stützen hat. 
 
3.6. Zusammenfassend ergibt sich, dass gegen den Beschwerdeführer seit Ablauf der mit Beschluss des Strafgerichts vom 30. März 2022 letztmals bis zum 21. April 2022 angeordneten Sicherheitshaft kein formell gültiger Hafttitel mehr vorliegt. Die Inhaftierung der Beschwerdeführers ist damit sei dem 22. April 2022 als formell rechtswidrig zu qualifizieren. Die Beschwerde erweist sich insoweit als begründet. Die Unrechtmässigkeit der erstandenen Haft ist grundsätzlich im Dispositiv des Haftprüfungsentscheides festzustellen (vgl. BGE 139 IV 94 E. 2.3.2; Urteile 1B_189/2021 vom 12. Mai 2021 E. 2.3; 1B_270/2017 vom 28. Juli 2017 E. 2). Darauf kann vorliegend jedoch verzichtet werden, weil die angefochtene Verfügung des Präsidenten des Appellationsgerichts vom 13. Juni 2022 aufzuheben ist und der mit dem nachträglichen Massnahmeverfahren betraute Instruktionsrichter das Fehlen eines gültigen Hafttitels seit dem 22. April 2022 in seiner Verfügung vom 18. Mai 2022 bereits gerichtlich festgestellt hat.  
 
4.  
Entgegen dem insoweit nicht näher begründeten Antrag des Beschwerdeführers führt das vorübergehende Fehlen eines Hafttitels im gerichtlichen Nachverfahren nicht zwingend zur automatischen Haftentlassung. Zwar kann der Ablauf richterlicher Haftfristen bei Untersuchungs- und Sicherheitshaft im Vor- und Hauptverfahren einen Haftentlassungsgrund darstellen (Art. 212 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 226 Abs. 4 lit. a und 227 Abs. 7 StPO; Urteile 1B_189/2021 vom 12. Mai 2021 E. 2.2; 1B_270/2017 vom 28. Juli 2017 E. 2). Dabei ist auch die Unschuldsvermutung zugunsten der strafprozessual inhaftierten Person (vor einer allfälligen rechtskräftigen Verurteilung) zu berücksichtigen (Art. 10 Abs. 1 StPO). Zudem betrifft der Grundsatz, wonach die Person, gegen die ein Strafverfahren durchgeführt wird, in Freiheit bleibt, nach dem Wortlaut von Art. 212 Abs. 1 StPO die oder den Beschuldigten, also jene Person, die (noch) nicht verurteilt worden ist, sondern (lediglich) einer Straftat verdächtigt, beschuldigt oder angeklagt wird (Art. 111 Abs. 1 StPO). Im vorliegenden Fall geht es jedoch um Sicherheitshaft im gerichtlichen Nachverfahren gegenüber einem rechtskräftig Verurteilten. Zwar hat es das mit der Beschwerde gegen den massnahmerechtlichen Rückversetzungsbeschluss befasste Appellationsgericht versäumt, vor Ablauf der durch das Strafgericht letztmals bis am 21. April 2022 festgelegten Haftfrist die Sicherheitshaft förmlich zu verlängern. Vor dieser (formell unrechtmässigen) Inhaftierungsphase haben die zuständigen Haftgerichte die materiellen Haftgründe der Sicherheitshaft im gerichtlichen Nachverfahren jedoch mehrmals geprüft und als erfüllt erachtet. Bei dieser Sachlage drängt sich hier von Bundesrechts wegen keine Haftentlassung allein aufgrund des festgestellten Verfahrensfehlers auf. Vielmehr wird im Rahmen eines den Vorgaben von Art. 364b StPO genügenden Haftverfahrens insbesondere auch dem Anliegen einer effektiven Gefahrenabwehr (Wiederholungsgefahr bei bereits verübten schweren Gewalttaten) hinreichend Rechnung zu tragen sein (vgl. BGE 143 IV 9 E. 2; für das gerichtliche Nachverfahren nach Art. 363 ff. StPO Urteile 1B_270/2017 vom 28. Juli 2017 E. 2; 1B_490/2016 vom 24. Januar 2017 E. 4.3).  
 
5.  
 
5.1. Nach dem Dargelegten erweist sich die Beschwerde insoweit alsbegründet, als dass die angefochtene Verfügung des Präsidenten des Appellationsgerichts vom 13. Juni 2022 aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen ist. Diese hat auf den Antrag des mit dem gerichtlichen Nachverfahren betrauten Instruktionsrichters einzutreten und im Rahmen eines den Vorgaben von Art. 364b StPO genügenden Haftverfahrens die Anordnung von Sicherheitshaft zu prüfen. Entspricht sie dem Antrag, wäre das aktuelle Massnahmeregime, in welchem sich der Beschwerdeführer gemäss der angefochtenen Verfügung offenbar zur Zeit befindet, unter dem formellen Hafttitel der Sicherheitshaft weiterzuführen (vgl. BGE 145 IV 65 E. 2.8.1; Urteile 1B_96/2021 vom 25. März 2021 E. 4.5; 6B_643/2018 vom 5. September 2018 E. 1.7.3). Dem Antrag des Beschwerdeführers auf sofortige Haftentlassung ist indes keine Folge zu leisten; insofern ist die Beschwerde abzuweisen.  
 
5.2. Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (vgl. Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG). Der Kanton Basel-Stadt hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird damit gegenstandslos.  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Die angefochtene Verfügung des Appellationsgerichts vom 13. Juni 2022 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Basel-Stadt hat Advokat Nicolas Roulet für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt, Straf- und Massnahmenvollzug, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Präsident, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. August 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn