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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5C.97/2004 /bnm 
 
Urteil vom 23. Juni 2004 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiber Gysel. 
 
Parteien 
R.A.________, 
Berufungsklägerin, 
vertreten durch ihre Mutter, T.B.________, diese vertreten durch Fürsprecher Marcus Andreas Sartorius, 
 
gegen 
 
S.A.________, 
Berufungsbeklagten, 
vertreten durch Fürsprecher Krishna Müller, 
 
Gegenstand 
Namensänderung, 
 
Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 23 März 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
R.A.________, geboren am 14. Januar 1998, ist die Tochter von S.A.________ und T.B.________, deren Ehe am 29. Mai 2001 geschieden wurde. Das Mädchen lebt bei der Mutter (T.B.________). 
B. 
T.B.________ stellte anfangs Juni 2003 im Namen der Tochter das Begehren, es sei dieser im Sinne einer Namensänderung zu bewilligen, fortan den Familiennamen "B.________" zu führen. Durch Verfügung vom 23. Dezember 2003 gab das Bau- und Justizdepartement (Abteilung Zivilstandsaufsicht und Bürgerrecht) des Kantons Solothurn dem Begehren statt. 
 
Mit Urteil vom 23. März 2004 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn die von S.A.________ hiergegen eingereichte Beschwerde gut und hob die verfügte Namensänderung auf. 
C. 
Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts hat T.B.________ im Namen von R.A.________ eidgenössische Berufung erhoben. Sie erneuert das für die Tochter gestellte Namensänderungsgesuch. 
 
Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Gegen die Verweigerung der Namensänderung ist die Berufung zulässig (Art. 44 lit. a OG). Auf die Eingabe der Berufungsklägerin ist unter diesem Gesichtspunkt ohne weiteres einzutreten. 
2. 
Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn wichtige Gründe vorliegen (Art. 30 Abs. 1 ZGB). 
2.1 Ob im einzelnen Fall ein Grund für eine Namensänderung vorliegt, ist eine Ermessensfrage, die von der zuständigen Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist (vgl. Art. 4 ZGB). Ermessensentscheide der vorliegenden Art überprüft das Bundesgericht an sich frei; es übt dabei allerdings Zurückhaltung und greift nur ein, wenn die kantonale Instanz von dem ihr zustehenden Ermessen einen falschen Gebrauch gemacht hat, d.h. wenn sie grundlos von in Rechtsprechung und Lehre anerkannten Grundsätzen abgegangen ist, wenn sie Umstände berücksichtigt hat, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen hat (BGE 124 III 401 E. 2a S. 402 mit Hinweisen). 
2.2 Ein wichtiger Grund im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB ist gegeben, wenn das Interesse des Namensträgers an einem neuen Namen dasjenige der Verwaltung und der Allgemeinheit an der Unveränderlichkeit des einmal erworbenen und in die Register eingetragenen Namens sowie an eindeutiger Kennzeichnung und Unterscheidung des Einzelnen überwiegt. Der Name soll dem Namensträger das Fortkommen ermöglichen und erleichtern; es sollen diesem aus seinem Namen nicht wirkliche Nachteile oder erhebliche Unannehmlichkeiten erwachsen. Die Namensänderung hat mithin den Zweck, ernstliche Nachteile, die mit dem bisherigen Namen verbunden waren, zu beseitigen. Zur Bewilligung einer Namensänderung können hauptsächlich moralische, geistige oder seelische, aber auch wirtschaftliche oder administrative Gründe führen. Ein die Änderung des Namens rechtfertigendes Interesse des Gesuchstellers kann mit andern Worten darin bestehen, nicht des Namens wegen dem Spott ausgesetzt zu sein. Eine Namensänderung fällt also insbesondere etwa in Betracht, wenn der Name als lächerlich, hässlich oder anstössig erscheint oder immer wieder verstümmelt wird (zum Ganzen BGE 124 III 401 E. 2b S. 402; 120 II 276 E. 1 S. 277, mit Hinweisen; Thomas Geiser, Die neuere Namensänderungspraxis des schweizerischen Bundesgerichts, in: ZZW 61/1993, S. 375 Ziff. 2.11). 
3. 
3.1 Die Berufungsklägerin beanstandet nicht, dass das Verwaltungsgericht unter Berufung auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichts davon ausgegangen ist, die blosse Wiederherstellung der Namensidentität zwischen Kind und sorgeberechtigter Mutter (die beispielsweise nach einer Scheidung ihren früheren Familiennamen wieder angenommen hat) vermöge eine Namensänderung nicht zu rechtfertigen (dazu BGE 124 III 401 E. 2b/bb S. 403). Ebenso wenig wendet sie sich gegen die vorinstanzliche Feststellung, der Name "A.________" sei im Vergleich zu "B.________" zwar eher ungewöhnlich, doch sei nicht nachzuvollziehen, dass er schwieriger zu schreiben wäre, und ein Grund für eine Namensänderung läge selbst dann nicht vor, wenn dies tatsächlich der Fall sein sollte. Dem Verwaltungsgericht ist in dieser Hinsicht denn auch nicht vorzuwerfen, dass es von dem ihm zustehenden Ermessen einen falschen Gebrauch gemacht hätte. In ihren Ausführungen weist die Berufungsklägerin vor allem darauf hin, dass sie zu ihrem Vater, dem Berufungsbeklagten, seit Jahren keinen Kontakt mehr habe und dass der Familienname "A.________" in ihrer familiären Umwelt stark ablehnende Reaktionen auslöse und für sie persönlichkeitsverletzend sei. 
3.2 Wie aus der oben (E. 2.2) dargelegten Rechtsprechung hervorgeht, beurteilt sich die Frage, ob ein wichtiger Grund im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB gegeben sei, nach objektiven Kriterien. Für die Entscheidung massgebend sind einzig sachliche Gesichtspunkte, nicht vom Gefühl bestimmte Kriterien (Hans Michael Riemer, Personenrecht des ZGB, 2. Auflage, Bern 2002, S. 114 Rz. 230). Eine Namensänderung aus rein subjektiven Gründen fällt ausser Betracht (Henri Deschenaux/Paul-Henri Steinauer, Personnes physiques et tutelle, 4. Auflage, Bern 2001, S. 132 Rz 427). Das Vorbringen der Berufungsklägerin, sie kenne den Träger des Namens "A.________", von dem sie abstamme, gar nicht mehr und dieser Name bringe sie in unlösbare Konflikte, stösst demnach ins Leere. Inwiefern die Berufungsklägerin diskriminiert sein soll, ist im Übrigen ohnehin nicht erkennbar. Der Rüge, die Vorinstanz habe Beweisanträge zum Umgang des Berufungsbeklagten mit der Berufungsklägerin bzw. zur fehlenden Beziehung zwischen den beiden übergangen, insbesondere unterlassen, die Akten des elterlichen Scheidungsverfahrens beizuziehen, ist nach dem Gesagten der Boden entzogen. 
3.3 Die Berufungsklägerin macht des Weitern geltend, die Vormundschaftsbehörde habe selbst festgestellt, dass der Familienname "A.________" in ihrer familiären Umwelt stark ablehnende Reaktionen auslöse, und die Beiständin habe in ihrem Bericht an die Vormundschaftsbehörde auf körperliche und seelische Symptome hingewiesen. In dieser Form finden die Vorbringen in den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die einzig erklärt, der Kontakt zwischen Vater und Tochter sei nicht unproblematisch, keine Stütze. Sie erscheinen mithin als neu und sind deshalb unbeachtlich (vgl. Art.55 Abs.1 lit.c OG). Zudem wären sie auch unbehelflich. Es kann nämlich nicht darum gehen, der Mutter oder den Grosseltern - die mit dem Kind ohnehin unter Verwendung des Vornamens verkehren - durch eine Änderung dessen Familiennamens zu ersparen, an den geschiedenen Ehemann bzw. an den ehemaligen Schwiegersohn erinnert zu werden. 
 
Das Institut der Namensänderung ist ferner nicht geeignet und mithin auch nicht dazu bestimmt, das Kind selbst vor einer negativen Einstellung des nächsten Umfelds gegenüber seinem Vater zu verschonen. Entgegen der Auffasung der Berufungsklägerin kann eine Namensänderung deshalb auch nicht als Kindesschutzmassnahme betrachtet werden, so dass die Rüge der Verletzung von Art.3 des UNO-Übereinkommens über die Rechte des Kindes (SR 0.107) ins Leere stösst. 
3.4 Aus Art. 29 ZGB lässt sich nichts zu Gunsten der Berufungsklägerin ableiten. Gegenstand dieser Bestimmung ist es, den Namen einer Person vor unbefugtem Gebrauch durch eine andere Person zu schützen. So soll beispielsweise eine Verwechslung und damit eine Beeinträchtigung der Identifizierung der geschützten Person vermieden werden. Ein Tatbestand solcher Art ist hier, wo es der Berufungsklägerin darum geht, sich mit einem andern Namen zu identifizieren als mit dem angestammten, nicht gegeben. 
3.5 Unbegründet ist schliesslich der gegenüber dem Berufungsbeklagten erhobene Vorwurf des Rechtsmissbrauchs. Dass der leibliche Vater sich dem Begehren seiner Tochter, den von ihm stammenden Namen zu Gunsten eines andern aufzugeben, widersetzt, stellt kein nach Art. 2 Abs. 2 ZGB verpöntes Verhalten dar. 
4. 
Die Berufung ist nach dem Gesagten abzuweisen. Mithin ist die Gerichtsgebühr der Berufungsklägerin aufzuerlegen (Art.156 Abs.1 OG). Da keine Berufungsantwort eingeholt worden ist und dem Berufungsbeklagten daher keine Kosten erwachsen sind, entfällt die Zusprechung einer Parteientschädigung an ihn. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Berufungsklägerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. Juni 2004 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: