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[AZA 0] 
1A.209/2000/sch 
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG 
********************************** 
 
13. Oktober 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der 
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Féraud, 
Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichtsschreiber Bopp. 
 
--------- 
 
In Sachen 
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Georg Friedli, Bahnhofplatz 5, Postfach 6233, Bern, 
 
gegen 
Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich, Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, 
 
betreffend 
Rechtshilfe an Dänemark (B 103204), 
zieht das Bundesgericht in Erwägung: 
 
1.- Der leitende Oberstaatsanwalt für besondere Wirtschaftskriminalität von Kopenhagen ermittelt aufgrund einer Anzeige der dänischen Finanzaufsichtsbehörde gegen eine noch nicht identifizierte Person wegen Verletzung des dänischen Gesetzes über Wertpapierhandel (Insiderhandel). 
Im Zusammenhang mit diesem Verfahren ersuchte die mit der Sache befasste Richterin beim Amtsgericht Kopenhagen die Schweizer Behörden am 18. Oktober 1999 um Gewährung von Rechtshilfe. 
 
Die für die Ausführung des Ersuchens zuständige Behörde, die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich, erliess am 26. November 1999 eine Eintretensverfügung, mit welcher sie die W.________ aufforderte, die im Rechtshilfegesuch spezifizierten Unterlagen über die Transaktionen mit A.________- Aktien sowie weitere Kontounterlagen für den Zeitraum ab 20. März 1999 bis mindestens 31. März 1999 bzw. 
bis zur allfälligen Realisierung aus der fraglichen Aktientransaktion herauszugeben. Am 24. Februar 2000 erging die Schlussverfügung, worin die Bezirksanwaltschaft die Herausgabe der bei der W.________ in Zürich erhobenen Unterlagen und Auskünfte über das Konto Nr. ________, lautend auf X.________, anordnete. 
 
Mit Eingabe vom 24. März 2000 rekurrierte X.________ gegen die Schlussverfügung mit dem Antrag, diese sei aufzuheben, und die Rechtshilfe sei zu verweigern; eventualiter sei der in der Schlussverfügung angebrachte Spezialitätsvorbehalt zu ergänzen. Mit Beschluss vom 22. Mai 2000 wies die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich den Rekurs ab, soweit darauf eingetreten wurde. 
Mit Eingabe vom 5. Juli 2000 führt X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit den Anträgen, der Beschluss vom 22. Mai 2000 und die Schlussverfügung vom 24. Februar 2000 seien aufzuheben, und das Rechtshilfeersuchen vom 18. Oktober 1999 sei abzuweisen; eventuell sei der in der Schlussverfügung vorgesehene Spezialitätsvorbehalt im Sinne der Ausführungen in der Beschwerdebegründung zu ergänzen. 
 
Die Bezirksanwaltschaft, die Staatsanwaltschaft und das Obergericht haben darauf verzichtet, sich zur Beschwerde zu äussern. Das Bundesamt für Justiz beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. 
 
2.- a) Für die hier streitige Rechtshilfe zwischen der Schweiz und Dänemark ist das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EUeR, SR 0.351. 1) massgeblich, dem beide Staaten beigetreten sind. 
Soweit das EUeR bestimmte Fragen nicht abschliessend regelt, gelangt das schweizerische Landesrecht, namentlich das Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (IRSG, SR 351. 1) und die dazugehörende Verordnung (IRSV, SR 351. 11), zur Anwendung (vgl. Art. 1 Abs. 1 IRSG). 
 
 
b) Beim angefochtenen Beschluss des Obergerichtes handelt es sich um die Verfügung einer letztinstanzlichen kantonalen Behörde, welche das Rechtshilfeverfahren abschliesst. 
Gegen diese Verfügung steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offen (Art. 80f Abs. 1 IRSG). 
c) Als Inhaberin des fraglichen Bankkontos hat die Beschwerdeführerin ein schützenswertes Interesse an der Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Sie ist insoweit von den getroffenen Anordnungen direkt und persönlich betroffen und daher beschwerdelegitimiert (Art. 80h IRSG). 
 
d) Zulässige Beschwerdegründe sind die Verletzung von Bundesrecht (inklusive Staatsvertragsrecht), einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens. 
Die Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes durch das Obergericht kann nur auf die Frage der offensichtlichen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit bzw. auf Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen hin geprüft werden (Art. 104 lit. b i.V.m. Art. 105 Abs. 2 OG und Art. 25 Abs. 1 IRSG). 
 
3.- a) Die Beschwerdeführerin bringt gemäss ihren eigenen Angaben dieselben Beschwerdegründe vor, die sie schon im obergerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat, die aber von der Vorinstanz "nicht hinreichend berücksichtigt worden" seien. Im Einzelnen rügt sie wiederum: 
 
- Das dänische Rechtshilfebegehren sei ungenügend 
formuliert; namentlich werde darin nicht hinreichend 
spezifiziert, in welcher Form und in 
welchem Umfang Rechtshilfe verlangt werde. 
 
- Es fehle an der Voraussetzung der doppelten 
Strafbarkeit. Die Handlung der Beschwerdeführerin, 
so wie sie sich zugetragen habe, sei bereits 
mangels Erfüllung des objektiven Tatbestandes 
nicht strafbar. 
 
- Der durch die Vollzugsbehörden vorgesehene Spezialitätsvorbehalt 
sei ungenügend abgefasst. 
 
- Im Übrigen stelle sich die Frage, ob die Rechtshilfe 
im Sinne von Art. 74 Abs. 3 IRSG hätte 
aufgeschoben werden müssen. 
b) Das Obergericht hat diese Vorbringen einlässlich erörtert und im Lichte der massgebenden Rechtsprechung zutreffend gewürdigt. Es hat ausführlich erwogen, aus welchen Gründen die Voraussetzungen zur Leistung der von Dänemark verlangten und von der Bezirksanwaltschaft angeordneten Rechtshilfe - Auskunftserteilung bzw. Herausgabe der erhobenen Unterlagen in Bezug auf das in den untersuchten Sachverhalt verwickelte Konto der Beschwerdeführerin - erfüllt sind. Dabei hat es sich richtigerweise von den Ausführungen im dänischen Ersuchen leiten lassen. Inwiefern dieses offensichtlich mangelhaft im Sinne der Rechtsprechung bzw. weshalb der dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Sachverhalt fehlerhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG festgestellt worden sein soll, wird nicht dargetan und ist auch sonstwie nicht ersichtlich. Davon, die Vorinstanz habe den Zweck des Begehrens falsch wiedergegeben oder sonstwie verkannt, kann nicht die Rede sein. Sodann ist das Obergericht im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung richtigerweise zum Ergebnis gelangt, dass die angeordnete Auskunftserteilung hinsichtlich des fraglichen Kontos den Verhältnismässigkeitsgrundsatz nicht verletzt. Den dem angefochtenen Entscheid (S. 4 - 8) zugrunde liegenden zutreffenden Erwägungen ist insoweit nichts beizufügen; es kann darauf verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG). 
 
Was die Beschwerdeführerin vorbringt, sind im Wesentlichen Tat- und Schuldfragen, mit denen sie die Sachverhaltsdarstellung im Rechtshilfebegehren aus ihrer Sicht ergänzt. Damit vermag sie indes diese nach dem Gesagten für die schweizerischen Vollzugsbehörden verbindliche Darstellung im dänischen Ersuchen nicht zu entkräften; die ersuchten Behörden haben weder Tat- noch Schuldfragen zu prüfen und auch keine Beweiswürdigung vorzunehmen (s. etwa BGE 123 II 279 E. 2b). 
Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, ob die Rechtshilfe nicht im Sinne von Art. 74 Abs. 3 IRSG hätte aufgeschoben werden müssen, um zunächst in der Schweiz ein Strafverfahren gegen sie durchzuführen, stellt sich derzeit nicht. In der Schweiz ist momentan kein Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin, eine in London wohnhafte britische Staatsangehörige, hängig, womit diese gesetzliche Voraussetzung für einen Aufschub der Rechtshilfe gemäss Art. 74 Abs. 3 IRSG entfällt. Die Frage, ob gegen die Beschwerdeführerin allenfalls in der Schweiz eine Strafuntersuchung einzuleiten sei, bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. 
 
c) Die Beschwerdeführerin macht - wie erwähnt - im Eventualstandpunkt geltend, der mit der Schlussverfügung vorgesehene Spezialitätsvorbehalt sei ungenügend abgefasst. 
Dabei beanstandet sie zunächst dessen Einleitungssatz, der wie folgt lautet: 
 
"Es wird ein Spezialitätsvorbehalt angebracht, wo- nach die hierorts gewonnenen Erkenntnisse einzig 
zur Verfolgung der im Rechtshilfeersuchen ange- 
 
gebenen gemeinrechtlichen Straftaten (einschliess- lich Leistungs- und Abgabebetrug) ... verwendet 
werden dürfen.. " 
 
 
Sie macht geltend, diese Formulierung sei widersprüchlich, bildeten doch Leistungs- und Abgabebetrug nicht Gegenstand des Rechtshilfebegehrens, sondern nur Normen des dänischen Gesetzes über den Wertpapierhandel (Insiderhandel). 
Unter diesen Umständen sei unklar, ob die übermittelten Dokumente zur Verfolgung eines allfälligen Leistungs- oder Abgabebetrugs verwendet werden könnten. Nachdem diese Tatbestände aber im Rechtshilfeersuchen nicht genannt seien, dürfe eine solche Verwendung nicht möglich sein. Sodann sei zu beachten, dass gemäss Art. 67 Abs. 1 IRSG die durch Rechtshilfe erhaltenen Auskünfte oder Dokumente im ersuchenden Staat in Verfahren, bei denen die Rechtshilfe nicht zulässig ist, weder für Ermittlungen benützt noch als Beweismittel verwendet werden dürften. Diese Formulierung finde sich im vorgesehenen Spezialitätsvorbehalt nicht; insoweit sei dieser unvollständig und daher zu ergänzen. 
 
Dieses letztgenannte Vorbringen ist zum Vornherein nicht stichhaltig. Mit der im vorgesehenen Spezialitätsvorbehalt enthaltenen Feststellung, dass die gewonnenen Erkenntnisse einzig zur Verfolgung der im Rechtshilfebegehren aufgeführten gemeinrechtlichen Straftaten verwendet werden dürfen, wird gleichzeitig auch zum Ausdruck gebracht, dass die Auskünfte oder Dokumente in Verfahren, die nicht der Ahndung gemeinrechtlicher Delikte dienen, eben nicht verwendet werden dürfen (es sei denn, das Bundesamt stimme einer vom ersuchenden Staat beantragten weiteren Verwendung zu, s. Art. 67 Abs. 2 IRSG und dazu BGE 125 II 258 ff.). 
 
Was den weiteren Einwand betreffend Umfang des Spezialitätsvorbehalts anbelangt, ist zwar einzuräumen, dass die vorgesehene Formulierung insofern missverständlich anmuten mag, als der Eindruck entstehen könnte, das vorliegende dänische Begehren habe auch einen Leistungs- bzw. Abgabebetrug zum Gegenstand, was indes - wie die Beschwerdeführerin zu Recht feststellt - nicht zutrifft. Doch weist das Bundesamt für Justiz zutreffend darauf hin, dass - im Unterschied zur Regelung bei der Auslieferung von Personen (Art. 38 IRSG) - bei der andern Rechtshilfe (im Sinne des dritten Teils des IRSG) keine Bindung der Verwendungsmöglichkeiten an den Inhalt des Ersuchens gegeben ist; ausgeschlossen wird (in Art. 67 IRSG) wie erwähnt nur die Verwendung zur Verfolgung für "Taten, bei denen Rechtshilfe nicht zulässig ist", d.h. politische, militärische und fiskalische Delikte (s. Art. 2 EUeR, Art. 3 Abs. 3 IRSG), nicht aber für Abgabebetrug (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG), sofern hierfür hinreichende Verdachtsgründe bestehen (s. BGE 125 II 250 ff.). 
In diesen Verfahren der Rechtshilfe im Sinne des dritten Teils des IRSG muss in Bezug auf den geschilderten Sachverhalt jedenfalls in einem Punkt beidseitige Strafbarkeit bestehen, damit Zwangsmassnahmen ergriffen werden können (s. auch Art. 64 IRSG). Das ändert aber nichts daran, dass derart gewonnene Erkenntnisse im ersuchenden Staat - wie ausgeführt - auch im Rahmen der Verfolgung allfälliger weiterer rechtshilfefähiger Delikte verwendet oder verwertet werden dürfen. Die Formulierung des von den Vollzugsbehörden auch im vorliegenden Fall (wie üblich) vorgesehenen Spezialitätsvorbehalts trägt dem Rechnung. Inwiefern sich die nach dem Gesagten nicht völlig präzise Formulierung des Vorbehalts für die Beschwerdeführerin nachteilig auswirken soll, legt diese nicht dar; namentlich weist nichts darauf hin, inwiefern diese als britische Staatsangehörige mit Wohnsitz in London unter die dänische Steuerhoheit fallen soll. 
 
 
Unter diesen Umständen erweist sich auch der Eventualstandpunkt der Beschwerdeführerin als nicht stichhaltig. 
 
4.- Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unbegründet und daher abzuweisen. 
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
 
1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Bezirksanwaltschaft IV, der Staatsanwaltschaft sowie dem Obergericht (III. Strafkammer) des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Justiz (Abteilung internationale Rechtshilfe) schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 13. Oktober 2000 
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: