Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 153/02 
 
Urteil vom 22. Dezember 2003 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Arnold 
 
Parteien 
O.________, 1948, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 78, 5001 Aarau, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
(Entscheid vom 30. April 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
O.________, geb. 1948, war seit August 1996 verschiedentlich bei der Werkstatt X.________ als Betriebsmitarbeiter im Stundenlohn und auf Abruf angestellt gewesen. Während des letzten, vom 1. Juni 2000 bis 30. April 2001 befristeten Arbeitsvertrages gelangte er gesundheitsbedingt einzig vom 25. September bis 1. Oktober 2000 zum Einsatz. Dies vor dem Hintergrund, dass die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ihre seit 13. April 2000 auf der Basis einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit geleisteten Taggeldzahlungen während dieser Zeit vorübergehend um die Hälfte herabgesetzt hatte. Am 14. März 2001 eröffnete die SUVA O.________, gestützt auf die kreisärztliche Untersuchung vom 1. März 2001 würden die Heilkostenleistungen eingestellt und mit Wirkung ab 1. Mai 2001 nurmehr Taggeldzahlungen auf der Basis einer 50%igen Arbeitsunfähigkeit ausgerichtet. 
 
Am 18. Mai 2001 meldete sich O.________ beim Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Aargau zur Arbeitsvermittlung an, und am 1. Juni 2001 stellte er Antrag auf Arbeitslosenentschädigung, wobei er erklärte, bereit und in der Lage zu sein, im Ausmass von 50 % einer Vollzeitbeschäftigung zu arbeiten. Mit Abrechnungen vom 13. August 2001 ermittelte die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau auf der Grundlage eines versicherten Verdienstes von Fr. 2'051.- einen Arbeitslosenentschädigungsanspruch in der Höhe von brutto Fr. 1'587.60 (21 Taggelder zu Fr. 75.60) für den Monat Juni 2001 und von Fr. 1'285.20 (17 Taggelder zu Fr. 75.60) für den Monat Juli 2001. 
B. 
Nach Androhung einer Verschlechterung der Rechtsstellung wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die hiegegen eingereichte Beschwerde ab, hob die Taggeldabrechnungen vom 13. August 2001 auf und wies die Sache an die Verwaltung zurück, damit diese die Arbeitslosenentschädigung auf der Basis eines versicherten Verdienstes von Fr. 1'956.75 neu festsetze (Entscheid vom 30. April 2002). 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt O.________, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides und der Taggeldabrechnungen vom 13. August 2001 sei die Arbeitslosenentschädigung auf der Grundlage eines versicherten Verdienstes von Fr. 2'166.80 festzulegen. 
 
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Den Taggeldabrechnungen vom 13. August 2001 kommt materiell Verfügungscharakter zu, weil sie behördliche Anordnungen darstellen, mit welchen der Entschädigungsanspruch für die in Frage stehenden Kontrollperioden verbindlich festgelegt wird (BGE 125 V 476 Erw. 1 mit Hinweis). Die Vorinstanz ist daher zu Recht auf die hiegegen eingereichte Beschwerde eingetreten. 
2. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Berechnung des versicherten Verdienstes (Art. 23 AVIG; Art. 37 und 39 AVIV; BGE 125 V 48 f.) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im hier zu beurteilenden Fall nicht anwendbar ist, weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestands Geltung haben (BGE 129 V 4 Erw. 1.2), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b). 
3. 
Die Vorinstanz hat für die Festsetzung des versicherten Verdienstes auf die erwerblichen Verhältnisse in der Zeit vor dem Unfall im April 2000 abgestellt. Weil der Beschwerdeführer im Monat März 2000 als letztem Beitragsmonat vor dem Unfallereignis (Art. 37 Abs. 1 AVIV) ein um mehr als 10 % höheres Bruttoeinkommen erzielte als im Durchschnitt der Monate Oktober 1999 bis März 2000 (Art. 37 Abs. 2 AVIV), ging das kantonale Gericht dabei von einem sechsmonatigen Bemessungszeitraum aus. Unter Berücksichtigung der lohnprozentualen Ferienentschädigung sowie des Umstandes, dass der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Arbeitslosenentschädigung (vom 1. Juni 2001) angegeben hatte, bereit und in der Lage zu sein, 50 % einer Vollbeschäftigung zu arbeiten (vgl. Art. 10 Abs. 2 lit. a AVIG), resultierte ein versicherter Verdienst von Fr. 1'956.75. 
 
Der Beschwerdeführer macht geltend, statt des sechs- sei ein zwölfmonatiger Bemessungszeitraum anwendbar, weil die Ferienentschädigung "in Prozenten auf ein Jahr ausgerechnet sei". Der versicherte Verdienst betrage folglich Fr. 2'166.80 (Fr. 52'003.15 dividiert durch 12, davon 50 %). 
4. 
4.1 Nach Lage der Akten meldete sich der Beschwerdeführer, welcher seit 1. Mai 2001 nurmehr Taggelder auf der Grundlage einer Arbeitsunfähigkeit von 50 % bezog, am 18. Mai 2001 beim Arbeitsamt zur Erfüllung der Kontrollvorschriften. Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug dauert demnach vom 18. Mai 2001 bis 17. Mai 2003, jene für die Beitragszeit vom 18. Mai 1999 bis 17. Mai 2001 (Art. 9 Abs. 2 und 3 AVIG; vgl. Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Band Soziale Sicherheit, Rz. 92 ff.). Gestützt auf den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung (vom 1. Juni 2001), wonach er erklärte, bereit und in der Lage zu sein, 50 % einer Vollbeschäftigung zu arbeiten, ist er teilweise arbeitslos nach Art. 10 Abs. 2 lit. a AVIG
4.2 Gesundheitsbedingt stand der Beschwerdeführer im Herbst 2000 im Sinne eines Arbeitsversuchs nur wenige Tage für die Werkstatt X.________im Einsatz. Laut Angaben der Arbeitgeberin (vom 30. Mai und 20. August 2001) war er vorgängig von Februar 1998 bis April 2000 bei ihr angestellt gewesen. Er erzielte dabei einen AHV-pflichtigen Gesamtverdienst von Fr. 50'664.15 (im Jahr 1998), Fr. 56'960.40 (im Jahr 1999) und Fr. 12'476.20 (1. Januar bis 13. April 2000). Der Beschwerdeführer übte demnach in der für die Beitragszeit massgebenden Rahmenfrist vom 18. Mai 1999 bis 17. Mai 2001 während mehr als sechs Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung aus (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 AVIG). Die Anspruchsvoraussetzung der erfüllten Beitragszeit (Art. 8 lit. e AVIG) ist damit zu bejahen, ohne dass zu prüfen wäre, ob und inwieweit der Beitragszeit gleichgestellte Tatbestände gemäss Art. 13 Abs. 2 AVIG in Verbindung mit Art. 11 AVIV vorliegen. Das ist hinsichtlich der strittigen Frage der Festsetzung des versicherten Verdienstes relevant. Art. 39 AVIV sieht vor, dass für Zeiten, die nach Art. 13 Abs. 2 lit. b-d AVIG als Berechnungszeitraum angerechnet werden, derjenige Lohn massgebend ist, den der Versicherte normalerweise erzielt hätte. Fallen der Beitragszeit gleichgestellte Tatbestände aber ausser Betracht, ist Art. 39 AVIV mangels Anrechnung von Beitragszeiten für die Festsetzung des versicherten Verdienstes nicht einschlägig. Es ist hiefür ausschliesslich nach Art. 37 AVIG zu verfahren. Sofern die Vorinstanz in diesem Punkt eine andere Rechtsauffassung hat, kann ihr nicht beigepflichtet werden. 
4.3 Hinsichtlich der Auswirkungen von Ferien- und Feiertagsentschädigungen für die Bestimmung des versicherten Verdienstes ist mit der Vorinstanz nach Massgabe von BGE 125 V 42 ff. vorzugehen. Entgegen der offenbaren Rechtsauffassung des Beschwerdeführers ist die Höhe der arbeitsvertraglich vereinbarten lohnprozentualen Ferienentschädigung nicht bedeutsam für die Frage, welcher Bemessungszeitraum massgeblich ist. Indem der Beschwerdeführer einen zwölfmonatigen Bemessungszeitraum zur Anwendung bringen will und er für den Zeitraum von April 1999 bis März 2000 einen durchschnittlich um rund 10 % höheren versicherten Verdienst als den vorinstanzlich ermittelten behauptet, wirft er indes die Frage der Anwendbarkeit des Art. 37 Abs. 3 AVIV auf. Danach kann die Kasse auf einen längeren Bemessungszeitraum als gemäss Art. 37 Abs. 1 und 2 AVIV abstellen, höchstens aber auf die letzten zwölf Beitragsmonate. Dies setzt voraus, dass die Bemessung gemäss Art. 37 Abs. 1 und 2 AVIV für den Versicherten unbillig ist. Die Gründe für entsprechende erhebliche quantitative Schwankungen können etwa darin liegen, dass die versicherte Person wiederholt die Stelle gewechselt und allenfalls nur eine Teilzeitarbeit verrichtet hat, dass der Lohn leistungsabhängig bemessen ist oder dass der Versicherte, wie im hier zu beurteilenden Fall, in einem Dauerarbeitsverhältnis steht, nur auf Abruf zum Einsatz kommt und in unterschiedlichem Masse abgerufen wird (BGE 121 V 173 oben mit Hinweisen; Nussbaumer, a.a.O., Rz. 317). 
4.4 Die Akten legen nahe, einen längeren Bemessungszeitraum als sechs Beitragsmonate anzuwenden. Eine abschliessende Beurteilung ist aber nicht möglich, da über die erwerblichen Verhältnisse in der Zeit vor Oktober 1999 keine hinreichend detaillierte Angaben vorliegen. Die Verwaltung wird hierüber im Rahmen der vorinstanzlich angeordneten, dem Grundsatz nach zu bestätigenden Rückweisung zu befinden haben. Sie wird dabei insbesondere zu beachten haben, dass gemäss Art. 37 Abs. 3 AVIV höchstens die letzten zwölf Beitragsmonate massgeblich sind. Im Hinblick darauf, dass die Rahmenfrist für die Beitragszeit vom 18. Mai 1999 bis 17. Mai 2001 dauerte (Erw. 4.1), ist im hier zu beurteilenden Fall maximal auf die erwerblichen Verhältnisse vom 1. Juni 1999 bis 30. März 2000, d.h. einen Bemessungszeitraum von höchstens 10 Beitragsmonaten, abzustellen. Eine längere Bemessungsdauer, wie sie der Beschwerdeführer angewandt haben will, fällt ausser Betracht. Die Arbeitslosenkasse wird dies bei der Neuberechnung der Arbeitslosenentschädigung zu berücksichtigen haben; zudem wird sie nebst dem Vorliegen der restlichen Anspruchsvoraussetzungen (Art. 8 ff. AVIG) insbesondere auch den Anspruchsbeginn (Art. 18 Abs. 1 AVIG) prüfen. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 30. April 2002 insoweit aufgehoben wird, als er den versicherten Verdienst für die Ermittlung der Höhe des Taggeldanspruchs in den Monaten Juni und Juli 2000 festlegt, und die Sache wird an die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und über den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung neu verfüge. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Aargau und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 22. Dezember 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: