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[AZA 0/2] 
1P.247/2001/bmt 
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG 
********************************** 
 
7. September 2001 
 
Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, 
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter 
Aeschlimann, Bundesrichter Féraud, Bundesrichter Catenazzi, Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichtsschreiberin Tophinke. 
 
--------- 
 
In Sachen 
B.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
Staatsanwaltschaft des Kantons B a s e l -L a n d s c h a f t,Obergericht des Kantons Basel-Landschaft, 
 
betreffend 
Art. 6 EMRK, Art. 29 Abs. 2 und 3, Art. 32 Abs. 2 BV 
(Restitutionsgesuch), hat sich ergeben: 
 
A.- Mit Entscheid vom 15. Februar 1996 verurteilte das Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft den schweizerisch-französischen Doppelbürger B.________ in Abwesenheit wegen mehrfacher qualifizierter Veruntreuung zu einer unbedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 16 Monaten. Der Angeklagte, der sich dem noch offenen Vollzug von früher im Kanton Basel-Stadt gegen ihn ausgesprochenen Freiheitsstrafen durch Auswanderung nach Frankreich entzogen hatte und sich zum Zeitpunkt des Baselbieter Strafverfahrens dort aufhielt, appellierte gegen dieses Urteil beim Obergericht des Kantons Basel-Landschaft. Gestützt auf § 168 Abs. 1 des damals geltenden basel-landschaftlichen Gesetzes betreffend die Strafprozessordnung vom 30. Oktober 1941 (aStPO) nahm das Obergericht mit Urteil vom 17. September 1996 an, B.________ habe wegen seines Nichterscheinens zur Verhandlung auf die Appellation verzichtet und erklärte dieses Rechtsmittel als dahingefallen. Der Angeklagte war sowohl zur Verhandlung vor das Strafgericht wie auch vor das Obergericht ordnungsgemäss vorgeladen worden. Er begründete sein Fernbleiben im Vorfeld der angesetzten Verhandlungen jeweils schriftlich damit, dass seine Sicherheit bei einer Einreise in die Schweiz nicht gewährleistet sei. Der Angeklagte war wegen den im Kanton Basel-Stadt ausgefällten Freiheitsstrafen zur Fahndung ausgeschrieben gewesen und sein Gesuch um freies Geleit vom Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt am 12. Februar 1996 abgewiesen worden. Bei einer Festnahme wäre er dem basel-städtischen Strafvollzug zugeführt worden. Aufgrund der französischen Staatsbürgerschaft des Angeklagten hatten die schweizerischen Behörden dessen Auslieferung nicht erwirken können. Der Angeklagte ersuchte sowohl für die Gerichtsverhandlung vor Strafgericht als auch für jene vor Obergericht um amtliche Verteidigung. Vor erster Instanz wurde deren Gewährung gemäss der damaligen basel-landschaftlichen Gerichtspraxis vom persönlichen Erscheinen des Angeklagten an der Hauptverhandlung abhängig gemacht. Vor der Rechtsmittelinstanz wurde die Offizialverteidigung zwar bewilligt, die Appellation indessen trotz gegenteiligen Antrags der an der Verhandlung anwesenden Verteidigerin wegen Nichterscheinens des Angeklagten als dahingefallen erklärt. 
 
B.- Am 7. Juni 2000 ersuchte B.________ - zwischenzeitlich in Basel-Stadt in Haft - in Bezug auf das basel-landschaftliche Obergerichtsurteil vom 17. September 1996 um Neubeurteilung (Restitution). Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft wies das Restitutionsgesuch am 20. Februar 2001 ab. 
 
C.- Gegen den obergerichtlichen Beschluss vom 20. Februar 2001 reichte B.________ am 31. März 2001 eine als Nichtigkeitsbeschwerde bezeichnete Eingabe an das Bundesgericht ein. Er hielt fest, diese Eingabe gelte als Beschwerde an die zuständige bundesgerichtliche Instanz, sollte die Nichtigkeitsbeschwerde die falsche Art der Eingabe sein. B.________ rügt eine Verletzung der in Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. c EMRK sowie in der Bundesverfassung verankerten Rechte auf persönliche Teilnahme an der Verhandlung sowie auf Offizial- und effektive Verteidigung. Er stellt folgende Anträge: 
 
 
"1. Der Beschwerdeführer ist zur Zeit mittellos 
(im Strafvollzug), es sei daher auf einen 
Kostenvorschuss zu verzichten. 
 
2. Der Beschluss des Obergerichts Baselland vom 20.2.2001 sei aufzuheben und dieses anzuweisen, 
die Restitution zu bewilligen. 
 
3. Eventuell sei festzustellen, dass die Vorschriften 
der Strafprozessordnung des Kts. Baselland 
betreffend die Restitution teilweise oder ganz 
verfassungswidrig sind. " 
 
D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht verzichtet auf eine Vernehmlassung, orientiert indessen über die Minderheitsauffassung des Gerichts. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Der Beschwerdeführer bezeichnet seine gegen den Beschluss des Obergerichts vom 20. Februar 2001 gerichtete Eingabe als Nichtigkeitsbeschwerde. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der bei ihm eingereichten Beschwerden von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 126 I 207 E. 1 S. 209, 81 E. 1 S. 83, je mit Hinweisen). 
 
a) Gemäss Art. 268 f. des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege vom 15. Juni 1934 (BStP; SR 312. 0) können mit Nichtigkeitsbeschwerde letztinstanzliche kantonale Entscheide in Strafsachen wegen Verletzung von Bundesrecht angefochten werden. Vorbehalten bleibt die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 269 Abs. 2 BStP). Der Beschwerdeführer macht eine direkte Missachtung verfassungsmässiger sowie durch die EMRK garantierter Verfahrensrechte geltend. Zur Erhebung dieser Rügen steht einzig die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung (BGE 121 IV 104 E. 2b S. 106 f.). Die unrichtigerweise als Nichtigkeitsbeschwerde bezeichnete Eingabe kann indessen als staatsrechtliche Beschwerde behandelt werden, wenn die dafür geltenden formellen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. BGE 123 III 346 E. 1c S. 350; 122 II 315 E. 1 S. 317 f.). 
 
b) Der angefochtene Beschluss des Obergerichts stellt einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid dar, gegen den auf Bundesebene einzig die staatsrechtliche Beschwerde als ausserordentliches Rechtsmittel zur Verfügung steht (Art. 84 Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer ist im kantonalen Verfahren mit seinem Restitutionsgesuch nicht durchgedrungen und rügt eine Verletzung verfassungsmässiger bzw. durch die EMRK gewährleisteter Verfahrensrechte. 
Er ist daher nach Art. 88 OG zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert. Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Soweit der Beschwerdeführer allerdings neben der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses besondere Anweisungen an das Obergericht verlangt, kann auf sein Rechtsbegehren nicht eingetreten werden. Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich rein kassatorischer Natur (BGE 124 I 327 E. 4a S. 332 mit Hinweisen). 
 
2.- a) Das Obergericht wies am 20. Februar 2001 das Gesuch um Restitution gestützt auf § 168 Abs. 1 in Verbindung mit § 166 Abs. 1 aStPO ab. Es wird nicht bestritten, dass sich der vorliegende Fall noch nach altem Recht, d.h. 
nach der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft vom 30. Oktober 1941 (aStPO) beurteilt. Die genannten Bestimmungen lauten wie folgt: 
 
§166 Neubeurteilung 
 
1 Kann der in seiner Abwesenheit Verurteilte dartun, 
dass er die Vorladung nicht erhalten hat, oder 
dass er infolge eines plötzlich eingetretenen unabwendbaren 
Hindernisses nicht in der Lage war, ihr 
Folge zu leisten, so kann er innert einer Frist von 
zehn Tagen nach der Zustellung des Urteilserkenntnisses 
eine Neubeurteilung der Sache verlangen. 
 
(...) 
 
§168 Abwesenheit im Appellationsfalle 
 
1 Hat sich der Angeklagte erst nach Fällung des 
Urteils des Strafgerichts durch Flucht der Vollstreckung 
entzogen, und hat er gegen das Urteil 
appelliert, so wird wie folgt vorgegangen: Konnte 
die Vorladung zur Verhandlung des Obergerichts ihm 
noch ordnungsgemäss zugestellt werden und erscheint 
er innert einer Viertelstunde nach dem angesetzten 
Zeitpunkte nicht zur Verhandlung, so wird Verzicht 
auf die Appellation angenommen. Kann der Appellant 
die Voraussetzungen des § 166 Abs. 1 dartun, so ist 
die Appellation vom Obergericht zu behandeln. 
 
(...) 
 
Nach Auffassung des Obergerichts war der Beschwerdeführer nicht aufgrund eines plötzlich eingetretenen unabwendbaren Hindernisses gleichsam physisch daran verhindert, an der obergerichtlichen Verhandlung teilzunehmen. Er habe vielmehr aufgrund einer eigenen Güterabwägung vorgezogen, der obergerichtlichen Verhandlung fernzubleiben, um dem Risiko einer Verhaftung zu entgehen. Dieser Beweggrund sei nicht im Sinne eines unabwendbaren Hindernisses schützenswert. 
Die selbst bestimmte Abwesenheit von der obergerichtlichen Verhandlung aus Angst vor einem drohenden Strafvollzug stelle auch keine von den Gerichtsbehörden zu verantwortende Verletzung von Verfahrensrechten des Angeschuldigten gemäss Art. 6 Ziff. 1 und 3 EMRK dar. Vielmehr handle es sich um einen ausdrücklich erklärten Verzicht des Angeschuldigten auf die Teilnahme an den Verhandlungen des Strafgerichts und des Obergerichts und den damit verbundenen Verfahrensrechten. 
b) Der Beschwerdeführer bringt vor, der Begriff des "unabwendbaren Hindernisses" sei vor dem Hintergrund des Anspruchs auf ein faires Verfahren bzw. des Rechts auf persönliche Teilnahme am Verfahren extensiv auszulegen. Es seien nicht nur objektive Kriterien, sondern auch die persönlichen Umstände und somit auch subjektive, psychische Hinderungsgründe zu berücksichtigen. Er sei nicht aus mangelndem Interesse nicht erschienen - er habe sowohl um die Gewährung des freien Geleits als auch um eine Dispensation ersucht - sondern aufgrund der Gefahr einer Verhaftung. Er habe sich in einer Notstandssituation befunden. Sein Verhalten möge zwar moralisch nicht ganz in der Norm gewesen sein. Weder eine Flucht vor dem Strafvollzug noch die Selbstbegünstigung seien indessen strafbar. Ferner sei zu beachten, dass eine 16-monatige, unbedingte Freiheitsstrafe nicht als Bagatellfall qualifiziert werden könne. Er sei zudem durch den Zwang der äusseren Umstände überhaupt nie in der Lage gewesen, sich effektiv zu verteidigen. In erster Instanz sei die Gewährung der Offizialverteidigung davon abhängig gemacht worden, dass sich der Angeklagte verpflichtete, zur Hauptverhandlung zu erscheinen. Dieses Vorgehen des Strafgerichts lasse sich mit den Bestimmungen des Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. c EMRK nicht vereinbaren. Dass ihm in zweiter Instanz eine Offizialverteidigerin beigegeben worden war, habe diesen Mangel nicht zu heilen vermocht, da eine materielle Beurteilung der Angelegenheit nicht stattfand. Ausserdem sei die auf § 168 Abs. 1 aStPO gestützte Annahme, er verzichte auf die Appellation, nicht haltbar, da er sich nicht erst nach, sondern bereits vor der Fällung des erstinstanzlichen Urteils durch Flucht der Vollstreckung entzogen habe. Wer sich bereits vor der Fällung des erstinstanzlichen Urteils auf der Flucht befinde, habe sich nie vor einer richterlichen Behörde angemessen verteidigen können. Da er sich zwischenzeitlich freiwillig der Verbüssung seiner Reststrafe unterzogen habe, lasse es sich rechtfertigen, sich nicht hinter formal-juristischen Erwägungen zu verstecken, sondern die offensichtlichen Mängel des Verfahrens mit der Durchführung eines ordentlichen Verfahrens zu heilen. 
 
c) Nach der Minderheitsauffassung des Obergerichts hätte die Wiedereinsetzung (gleichgültig ob in das Appellationsverfahren oder in das Verfahren vor erster Instanz) ungeachtet der fragwürdigen Lauterkeit der Motive des Beschwerdeführers für sein ursprüngliches Fernbleiben (Furcht vor Verhaftung in der Schweiz) voraussetzungslos bewilligt werden müssen, um die faktisch ungenügenden Verteidigungsrechte (Anspruch auf persönliche Anwesenheit und Befragung des Angeschuldigten durch den Richter) aufgrund des Abwesenheitsverfahrens vor erster Instanz unter dem Aspekt der Art. 6 Ziff. 1 und 3 EMRK "heilen" zu können. 
 
3.- a) Als wesentliches Element des Rechts auf ein faires Verfahren garantiert Art. 6 Ziff. 1 EMRK den Anspruch des Beschuldigten, persönlich an der Verhandlung teilzunehmen (EGMR-Urteil Colozza c. Italien vom 12. Februar 1985, Serie A Nr. 89, Ziff. 27; BGE 126 I 36 E. 1a S. 38 f.; Jochen Abr. Frowein/Wolfgang Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, Kommentar, 2. Aufl. , 1996, Art. 6 N. 94). 
Ein entsprechendes Recht ergibt sich auch aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV (vgl. BGE 117 Ib 337 E. 5a S. 343; nicht veröffentlichte Urteile des Bundesgerichts vom 2. November 1994 i.S. L., E. 2a und vom 16. Mai 1994 i.S. B, E. 2a). Das Recht auf persönliche Teilnahme an der Verhandlung ist indessen nicht absolut. Nach der Praxis des Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sind Abwesenheitsverfahren zulässig, sofern der in Abwesenheit Verurteilte nachträglich (grundsätzlich auch nach Eintritt der Vollstreckungsverjährung) verlangen kann, dass ein Gericht, nachdem es ihn zur Sache angehört hat, nochmals überprüft, ob die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen begründet sind (BGE 126 I 36 E. 1a S. 39; 122 I 36 E. 2 S. 37; 122 IV 344 E. 4c S. 349, E. 5c und d S. 352 f. [zur Verjährungsfrage]; 117 Ib 337 E. 5a und b S. 343 f.; 113 Ia 225 E. 2a S. 230; EGMR-Urteile Medenica c. Schweiz vom 14. Juni 2001, Ziff. 54; Krombach c. Frankreich vom 13. Februar 2001, Ziff. 85; Poitrimol c. Frankreich vom 23. November 1993, Serie A Nr. 277-A, Ziff. 31; Colozza, a.a.O., Ziff. 29). 
Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 29 Abs. 2 BV gewähren dem in Abwesenheit Verurteilten allerdings kein bedingungsloses Recht, eine Neubeurteilung zu verlangen. Eine solche kann von der Einhaltung bestimmter Formen und Fristen seitens des Gesuchstellers abhängig gemacht werden. Ferner ist es mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 29 Abs. 2 BV vereinbar, wenn eine Neubeurteilung deswegen abgelehnt wird, weil der in Abwesenheit Verurteilte sich geweigert hat, an der Verhandlung teilzunehmen oder er die Unmöglichkeit, dies zu tun, selber verschuldet hat (BGE 126 I 36 E. 1b S. 39; 113 Ia 225 E. 2a S. 231; Urteil Medenica, a.a.O., Ziff. 58). 
Nach der bundesgerichtlichen Praxis ist die Abwesenheit nicht nur im Falle höherer Gewalt (objektive Unmöglichkeit zu erscheinen) gültig entschuldigt, sondern auch im Falle subjektiver Unmöglichkeit aufgrund der persönlichen Umstände oder eines Irrtums (BGE 126 I 36 E. 1b S. 40). Ein allfälliger Verzicht auf das Recht, persönlich an der Verhandlung teilzunehmen, muss nach der Strassburger Praxis in unmissverständlicher Weise erklärt werden und von einem Minimum an Garantien begleitet sein, welche die Auswirkungen des Verzichts ausgleichen (Urteil Poitrimol, a.a.O., Ziff. 31). 
 
Das Erscheinen des Beschuldigten vor Gericht ist von zentraler Bedeutung sowohl für dessen Recht, gehört zu werden, als auch für die Notwendigkeit, die Richtigkeit seiner Behauptungen zu überprüfen und diese den Aussagen des Opfers und der Zeugen gegenüberzustellen. Dem Gesetzgeber ist es nach der Strassburger Praxis deshalb unbenommen, Massnahmen vorzusehen, um den Beschuldigten von einem ungerechtfertigten Fernbleiben von der Verhandlung abzuhalten (Urteile Poitrimol, a.a.O., Ziff. 35; Medenica, a.a.O., Ziff. 54). Indessen erachtet es der Strassburger Gerichtshof im Hinblick auf ein faires Verfahren als unverhältnismässige Massnahme, wenn einem Beschuldigten das in Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK verankerte Recht, von einem Anwalt wirksam verteidigt zu werden, mit der Begründung entzogen wird, er sei trotz ordnungsgemässer Vorladung und ohne Entschuldigung zur Verhandlung nicht erschienen. Dies gilt auch für das Recht auf amtliche Verteidigung (Urteile Poitrimol, a.a.O., Ziff. 34; Krombach, a.a.O., Ziff. 84; Van Geyseghem c. 
Belgien vom 21. Januar 1999, Ziff. 33 f.; Lala und Pelladoa c. Niederlande vom 22. September 1994, Serie A Nr. 297-A bzw. 297-B, Ziff. 33 bzw. 40). Auch die in der Bundesverfassung verankerten Rechte auf Beizug eines Verteidigers nach eigener Wahl (Art. 32 Abs. 2 BV), auf amtliche Verteidigung (Art. 32 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 3 BV) sowie auf wirksame Verteidigung (Art. 32 Abs. 2 BV) dürfen einem Beschuldigten nicht wegen einer unentschuldigten Abwesenheit an der Verhandlung verweigert werden. 
 
b) Die Frage, ob die Abwesenheit des Verurteilten diesem vorgeworfen werden kann, ist eine Rechtsfrage, die im Zusammenhang mit der Anwendung der Konvention bzw. der Verfassung steht und deshalb vom Bundesgericht frei geprüft wird (BGE 126 I 36 E. 1b S. 40). 
 
4.- Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer Kenntnis von der ordnungsgemäss zugestellten Vorladung zur Appellationsverhandlung des Obergerichts hatte und später die zehntägige Restitutionsfrist einhielt. 
Umstritten ist, ob die drohende Verhaftung des Beschwerdeführers eine subjektive Unmöglichkeit darstellt, die sein Nichterscheinen vor Obergericht im Sinne eines unabwendbaren Hindernisses (§ 166 Abs. 1 aStPO) zu entschuldigen vermag. 
Umstritten ist ferner, ob sein Entscheid, der Appellationsverhandlung fernzubleiben, als Verzicht darauf zu werten ist, persönlich an der Verhandlung teilzunehmen (Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 29 Abs. 2 BV) sowie von einem Offizialverteidiger wirksam verteidigt zu werden (Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK, Art. 32 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 3 BV). 
 
Der Beschwerdeführer bekundete zwar sein Interesse an der Verhandlung vor Obergericht, indem er um freies Geleit und um Dispensation ersuchte. Die selbst bestimmte Abwesenheit aus Furcht vor dem Vollzug einer bereits rechtskräftig ausgesprochenen Strafe kann jedoch nicht als subjektive Unmöglichkeit gewertet werden, die ein Nichterscheinen vor Gericht zu entschuldigen vermöchte. Der Beschwerdeführer mag sich zwar aus persönlicher Sicht in einer psychischen Notlage befunden haben. Zugute zu halten ist ihm zudem, dass er sich im Jahre 2000 den Basler Behörden freiwillig stellte. Dennoch wiegt hier das öffentliche Interesse an der Durchführung des Strafverfahrens (auch gegen einen Abwesenden) schwerer als das gegenläufige persönliche Interesse daran, sich einer in einem anderen Verfahren bereits rechtskräftig ausgesprochenen Strafe durch Flucht zu entziehen. 
Unbehelflich ist auch das Argument, dass Flucht vor Strafvollzug und Selbstbegünstigung nicht strafbar seien. 
 
Der Beschwerdeführer verzichtete sowohl vor erster als auch vor der Appellationsinstanz ausdrücklich und in unmissverständlicher Weise auf sein Recht, persönlich an den Verhandlungen teilzunehmen (vgl. Schreiben vom 13. Februar 1996 an das Strafgericht Baselland; Schreiben vom 5. August 1996 an das Obergericht Baselland). Indes ersuchte er sowohl vor Straf- als auch vor Obergericht um amtliche Verteidigung. 
Zudem erklärte er dem Obergericht schriftlich, dass sein Nichterscheinen nicht als Verzicht gelte, womit - im Zusammenhang gelesen - wohl gemeint war, dass er auf die Appellation nicht verzichte. Der Beschwerdeführer verzichtete zwar auf sein Recht auf persönliche Anwesenheit, nicht jedoch auf sein Recht, durch einen Offizialverteidiger vertreten zu werden. Dass die Voraussetzungen für die Gewährung der amtlichen Verteidigung nach kantonalem Recht vorlagen, wird nicht bestritten. Wie bereits oben (E. 3a) dargelegt, kann der Gesetzgeber Massnahmen vorsehen, um Beschuldigte von einem ungerechtfertigten Fernbleiben von der Gerichtsverhandlung abzuhalten. Die Versagung von Verteidigungsrechten im Sinne von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK bzw. Art. 32 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 3 BV wegen unentschuldigter Säumnis stellt jedoch eine unverhältnismässige Massnahme dar. Wegen der zentralen Bedeutung der persönlichen Anwesenheit des Beschuldigten für ein faires Strafverfahren muss zudem der Verzicht auf das Anwesenheitsrecht soweit möglich durch die Sicherstellung einer wirksamen Verteidigung ausgeglichen werden, sofern der Beschuldigte - ausserhalb des Bereiches der notwendigen Verteidigung - nicht auch darauf verzichtet. 
Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer vor Strafgericht die amtliche Verteidigung verwehrt, da er nicht persönlich zur Verhandlung erschien. Vor Obergericht war ihm zwar eine Offizialverteidigerin beigegeben worden. Die Appellation wurde jedoch wegen Nichterscheinens des Beschwerdeführers als dahingefallen betrachtet und somit gar nicht materiell behandelt. 
 
Angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte in Abwesenheit zu einer unbedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt wurde, ohne dass er weder vor erster noch wirksam vor zweiter Instanz verteidigt wurde, hätte eine konventions- und verfassungskonforme Auslegung von § 166 Abs. 1 in Verbindung mit § 168 Abs. 1 aStPO geboten, in der vorliegenden Konstellation die Neubeurteilung zu bewilligen. § 168 Abs. 1 aStPO wäre einer konventions- bzw. verfassungskonformen Auslegung auch zugänglich gewesen, sieht diese Bestimmung doch vor, dass wegen Nichterscheinens des Angeklagten Verzicht auf die Appellation dann angenommen wird, wenn sich der Angeklagte erst nach Fällung des Urteils des Strafgerichts durch Flucht der Vollstreckung entzogen hat. Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer bereits vor der erstinstanzlichen Verhandlung, allerdings wegen einer im Kanton Basel-Stadt gegen ihn ausgesprochenen Freiheitsstrafe geflohen. Die Bewilligung einer Neubeurteilung hätte den Mangel, dass der in Abwesenheit Verurteilte nie verteidigt wurde, zu heilen vermocht. 
 
Da sich § 166 Abs. 1 in Verbindung mit § 168 Abs. 1 aStPO im vorliegenden Fall konventions- bzw. verfassungskonform auslegen lassen, braucht nicht geprüft zu werden, ob sich diese Bestimmungen als solche mit der Konvention bzw. der Verfassung vereinbaren lassen. Immerhin ist anzumerken, dass § 197 Abs. 2 des neuen Gesetzes betreffend die Strafprozessordnung vom 3. Juni 1999 (StPO) im Abwesenheitsverfahren vor dem Strafgericht vorsieht, dass die Verteidigung am Verfahren teilnehmen kann, wenn die angeklagte Person eine solche hat. Diese Bestimmung bietet Raum dafür, eine Konstellation, wie sie hier vorliegt, zu vermeiden. 
 
Zusammenfassend ergibt sich eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 3 lit. c EMRK sowie eine Missachtung von Art. 29 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 3 BV
 
5.- Da eine Missachtung der genannten Konventions- und Verfassungsrechte vorliegt, braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) auch insofern verletzt worden ist, als geltend gemacht wird, das Obergericht Basel-Landschaft habe die im Restitutionsgesuch genannten Argumente der Verteidigung gar nicht gehört. 
 
6.- Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als begründet. Sie ist daher gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden keine Gerichtskosten erhoben. Der Antrag auf Befreiung von den Gerichtskosten wird gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die Nichtigkeitsbeschwerde wird als staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen und gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschluss des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 20. Februar 2001 wird aufgehoben. 
 
2.- Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben. 
 
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Basel-Landschaft schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 7. September 2001 
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: