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[AZA 0] 
1P.599/1999/bol 
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG 
********************************** 
 
19. Januar 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Nay, Bundesrichter Féraud und Gerichtsschreiber Störi. 
 
--------- 
 
In Sachen 
 
S.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Bezirksgericht Zürich, Büro für amtliche Mandate in Strafsachen, 
Obergericht des Kantons Zürich, Verwaltungskommission, 
 
betreffend 
Parteientschädigung im Verfahren um Festsetzung 
des Honorars des amtlichen Verteidigers, hat sich ergeben: 
 
A.- Mit Präsidialverfügung vom 16. Oktober 1997 bestellte der Stellvertretende Präsident des Bezirksgerichtes Zürich Rechtsanwalt S.________ zum amtlichen Verteidiger von V.________, gegen den die Bezirksanwaltschaft Zürich eine Strafuntersuchung wegen Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 StGB führte. Nachdem die ungarischen Strafverfolgungsbehörden das Strafverfahren gegen V.________ übernommen hatten, sistierte die Bezirksanwaltschaft Zürich das bei ihr hängige Verfahren am 4. August 1998. 
 
Am 19. August 1998 stellte Rechtsanwalt S.________ für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger Fr. 4'132. 30 in Rechnung (21. 30 Stunden à Fr. 150. --, Fr. 685. 10 Barauslagen, Fr. 252. 20 MWSt). 
 
Mit Präsidialverfügung vom 16. September 1998 entliess der Stellvertretende Präsident des Bezirksgerichtes Zürich S.________ als amtlichen Verteidiger (Dispositiv- Ziffer 1) und sprach ihm eine Entschädigung von Fr. 3'356. 15 (Zeitkosten Fr. 2'517. --, Auslagen Fr. 634. 30, Mehrwertsteuer Fr. 204. 85) zu (Dispositiv-Ziffer 2). 
 
B.- Mit Beschwerde vom 24. September 1998 an die Verwaltungskommission des Obergerichtes des Kantons Zürich stellte S.________ den Antrag, es sei ihm in Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 2 der bezirksgerichtlichen Präsidialverfügung eine Entschädigung von insgesamt Fr. 4'085. 15 (Zeitkosten Fr. 3'167. 50, Barauslagen Fr. 668. 30, Mehrwertsteuer Fr. 249. 35) auszurichten. Ausserdem sei ihm für das obergerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen. 
Am 28. April 1999 beschloss die Verwaltungskommission des Obergerichts: 
 
"1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird 
Rechtsanwalt lic. iur. S.________ für seine Bemühungen 
und Barauslagen als amtlicher Verteidiger 
von V.________ im Strafverfahren 
B-9/1997/16873 mit zusätzlich Fr. 340. 80 
(Fr. 300. -- Zeitkosten, Fr. 20.-- Barauslagen, 
Fr. 20.80 6,5 % Mehrwertsteuer) entschädigt. 
 
2. Die Staatsgebühr wird festgesetzt auf 
Fr. 500. --, die übrigen Kosten auf 
Fr.178. -- Schreibgebühren, 
Fr. 76.-- Zustellgebühren und Porti. 
 
3. Die Kosten werden je zur Hälfte dem Beschwerdeführer auferlegt und auf die Gerichtskasse genommen. 
 
4. .. (Mitteilungen)" 
 
Mit Urteil vom 17. August 1999 kam das Bundesgericht zum Schluss, die obergerichtliche Verwaltungskommission habe den Zeitaufwand von S.________ für seine Bemühungen als amtlicher Anwalt in zwei Punkten willkürlich gekürzt. Es hiess dementsprechend dessen staatsrechtliche Beschwerde teilweise gut und hob den Entscheid der Verwaltungskommission vom 28. April 1999 auf. 
 
C.- Am 15. September 1999 beschloss die Verwaltungskommission des Obergerichts: 
 
"1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird 
lic. iur. S.________ für seine Bemühungen und 
Barauslagen als amtlicher Verteidiger des Angeschuldigten 
V.________ im Strafverfahren 
B-9/1997/16873 mit zusätzlich Fr. 621. 55 
(Fr. 550. -- Zeitkosten, Fr. 33.60 Barauslagen, 
Fr.37.956, 5%Mehrwertsteuer)entschädigt. 
 
2. Die Schreibgebühr wird festgesetzt auf 
Fr. 500. --, die übrigen Kosten betragen 
Fr.140. -- Schreibgebühren, 
Fr. 38.-- Zustellgebühren und Porti. 
 
3. Die Kosten werden zu 1/6 dem Beschwerdeführer 
auferlegt und zu 5/6 auf die Gerichtskasse genommen. 
 
4. Es wird keine Prozessentschädigung zugesprochen. 
 
5. .. (Mitteilungen)" 
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 8. Oktober 1999 wegen Verletzung von Art. 4 BV beantragt S.________: 
 
"Der Beschluss der Beschwerdegegnerin vom 15.9.1999 
sei aufzuheben, und es sei der Kanton Zürich zu 
verpflichten, dem Beschwerdeführer für seine Bemühungen 
und Barauslagen für das Beschwerdeverfahren 
vor der Verwaltungskommission eine angemessene Entschädigung, 
nämlich Fr. 1'080. --, zuzusprechen; 
 
unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin. " 
 
D.- Das Bezirksgericht und das Obergericht verzichten auf Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Beim angefochtenen Entscheid der Verwaltungskommission des Obergerichts handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer ist befugt, sich gegen die Auferlegung von Gerichtskosten und die Verweigerung einer Parteientschädigung zur Wehr zu setzen (Art. 88 OG), und er macht die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten geltend (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG). Auf die form- und fristgerecht eingereichte staatsrechtliche Beschwerde ist daher, unter dem Vorbehalt gehörig begründeter Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 125 I 71 E. 1c; 122 I 70 E. 1c; 121 I 334 E. 1b), einzutreten. 
 
b) Die staatsrechtliche Beschwerde ist allerdings, worauf der Beschwerdeführer schon im ersten in dieser Angelegenheit ergangenen Urteil hingewiesen werden musste, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, kassatorischer Natur (BGE 123 I 112 E. 2b; 118 Ia 64 E. 1e). Die Anträge sind daher unzulässig, soweit der Beschwerdeführer mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Urteils. 
 
c) Wie sich aus der Beschwerdebegründung ergibt, ficht der Beschwerdeführer nur die Dispositiv-Ziffern 3 und 4 des angefochtenen Entscheids an. Auf den Antrag ist somit, soweit er über die Aufhebung dieser beiden Ziffern hinausgeht, ebenfalls nicht einzutreten. 
 
2.-Der Beschwerdeführer macht geltend, die Verwaltungskommission habe Art. 4 aBV verletzt, indem sie ihm im Beschwerdeverfahren 1/6 der Gerichtskosten auferlegte und keine Parteientschädigung zusprach. Das führt nach seiner Auffassung im Ergebnis dazu, dass das ihm zugestandene Honorar für die amtliche Verteidigung geschmälert wird, weil ihm der notwendige erhebliche Aufwand für dessen Erstreitung nicht vergütet werde. 
 
Die Höhe der Entschädigung, die dem Beschwerdeführer für seine Bemühungen als unentgeltlicher Rechtsvertreter im kantonalen Verfahren, in welchem er als solchen ernannt wurde, zusteht, ist nicht mehr umstritten. Sie wurde von der Verwaltungskommission des Obergerichts im angefochtenen, insoweit in Rechtskraft erwachsenen Entscheid festgelegt. 
 
3.-a) Die Verwaltungskommission begründet im angefochtenen Entscheid die Kostenauflage zu 1/6 nicht weiter und die Verweigerung einer Parteientschädigung damit, dass die dafür notwendige gesetzliche Grundlage fehle. Gemäss § 109 Abs. 3 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 13. Juni 1976 (GVG) richte sich das Beschwerdeverfahren vor ihr sinngemäss nach den Bestimmungen des Zivilprozessrechtes. Danach schulde der Staat in den Fällen, in denen die Gerichtskosten auf die Gerichtskasse genommen würden, den Parteien keine Entschädigung. Mangels gesetzlicher Grundlage sei dem Beschwerdeführer somit keine Entschädigung zuzusprechen. 
 
b) Nach dem Kommentar Frank/Sträuli/Messmer zur Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976 (ZPO) (3. Auflage Zürich 1997, N. 5 zu § 66), auf den sich die Verwaltungskommission im angefochtenen Entscheid beruft, schuldet der Staat in Fällen, in denen gemäss § 66 Abs. 2 ZPO die Kosten auf die Gerichtskasse genommen werden, keine Parteientschädigung. § 66 Abs. 2 bestimmt, dass "Kosten, welche keine Partei veranlasst hat", "in der Regel auf die Gerichtskasse genommen" werden. Als Anwendnungsbeispiel werden im Kommentar die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bei einem aufzuhebenden, fehlerhaften Entscheid einer Vorinstanz genannt, den keine Partei beantragt hat. Die im zu beurteilenden Fall im Beschwerdeverfahren vor der Verwaltungskommission des Obergerichts angefallenen Rechtsmittelkosten, die zu 5/6 auf die Gerichtskasse genommen wurden, sind jedoch offensichtlich keine solchen unnötigen, von keiner Partei veranlassten Kosten. Sind bei der Kostenverlegung im Beschwerdeverfahren betreffend die Höhe der Entschädigung eines amtlichen Verteidigers nach kantonalem Recht die Bestimmungen der ZPO sinngemäss anzuwenden, so kann dies sinnvollerweise nur bedeuten, dass der amtliche Verteidiger und der Staat analog zwei einander im Zivilprozess gegenüberstehenden Parteien zu behandeln und die Verfahrenskosten dementsprechend gemäss der allgemeinen Regel von § 64 ZPO nach Massgabe des Obsiegens bzw. Unterliegens des Beschwerdeführers auf die Staatskasse zu nehmen bzw. diesem aufzuerlegen sind. Das Bezirksgericht Zürich, das den angefochtenen Entscheid über die Entschädigungshöhe gefällt hatte, wurde denn auch als Beschwerdegegner behandelt und beantragte die Abweisung der Beschwerde und damit die Bestätigung seines Entscheides. Für die Anwendung von § 66 Abs. 2 ZPO lassen sich daher keine sachlich vertretbaren Gründe anführen. Die Verwaltungskommission ist in Willkür verfallen, indem sie dem zu 5/6 obsiegenden Beschwerdeführer unter Berufung auf die angeführte Kommentarmeinung zu § 66 Abs. 2 ZPO eine Parteientschädigung verweigerte. Nicht zu beanstanden ist hingegen, dass die Verwaltungskommission dem Beschwerdeführer nach Massgabe seines Unterliegens 1/6 der Verfahrenskosten auferlegte; dies entspricht der Regel von § 64 Abs. 2 ZPO
 
c) Dem Beschwerdeführer steht im kantonalen Beschwerdeverfahren nach dem sinngemäss anzuwendenden § 68 Abs. 1 ZPO grundsätzlich eine Parteientschädigung im Verhältnis seines Obsiegens zu. Würde diese ihm verweigert, würde sein Honorar als amtlicher Verteidiger, wie er zu Recht einwendet, indirekt geschmälert. Der um sein Honorar streitende amtliche Rechtsvertreter nimmt nicht bloss persönliche Interessen wahr, sondern vertritt seinen Anspruch auf eine in aller Regel minimale Entschädigung (vgl. dazu BGE 122 I 1 E. 3a) für die Erfüllung einer beruflichen Aufgabe, die er zudem im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnisses wahrnimmt. Ihm ist daher für diese Interessenwahrung, wie das Bundesgericht für das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren entschied, im Rahmen des erforderlichen Aufwandes und nach Massgabe seines Obsiegens eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (BGE 125 I 518 E. 5b, der in der ersten Beschwerde in dieser Sache erging). Das Gleiche muss als Ausfluss des Anspruchs auf angemessene Entschädigung des amtlichen Rechtsbeistandes, der in Art. 4 aBV (vgl. Art. 29 Abs. 3 BV) garantiert ist (BGE 122 I 1 E. 3a), für ein kantonales Beschwerdeverfahren gelten. Die Verwaltungskommission des Obergerichts wird dies bei ihrem zu fällenden neuen Entscheid zu beachten haben. 
 
4.- Zusammenfassend ergibt sich, dass die Verlegung der Gerichtskosten nicht zu beanstanden ist. Hingegen hat sich die Verweigerung einer Parteientschädigung an den Beschwerdeführer als verfassungswidrig erwiesen, was in teilweiser Gutheissung der Beschwerde zur Aufhebung der Dispositiv- Ziffer 4 des angefochtenen Entscheides führt. 
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs. 1 und 2 OG). Hingegen hat der Kanton Zürich dem Beschwerdeführer eine reduzierte Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 Abs. 1 und 2; BGE 125 II 518 E. 5b). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, teilweise gutgeheissen und die Dispositiv-Ziffer 4 des angefochtenen Entscheides der Verwaltungskommission des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 15. September 1999 aufgehoben. 
 
2.- Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.- Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 800. -- zu bezahlen. 
 
4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksgericht Zürich, Büro für amtliche Mandate in Strafsachen, und dem Obergericht des Kantons Zürich, Verwaltungskommission, schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
 
Lausanne, 19. Januar 2000 
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: