Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_203/2019  
 
 
Urteil vom 28. Mai 2019  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Fürsprecher Daniel Buchser, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Easy Sana Krankenversicherung AG, Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung (Prämie; Rückerstattung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 6. Februar 2019 (VBE.2018.196). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ wurde im Zeitraum Mai 2015 bis November 2016 mehrmals von der Easy Sana Krankenversicherung AG für ausstehende Krankenversicherungsprämien betrieben. Im Rahmen der Pfändung einer ihm gehörenden Liegenschaft bezahlte er dem Betreibungsamt B.________ den Betrag von Fr. 17'698.45. Mit Schreiben vom 13. März 2017 forderte A.________ von der Easy Sana Krankenversicherung AG Fr. 17'928.45 zuzüglich Zins von 5 % seit 1. Januar 2010 zurück. Diese trat mit Verfügung vom 6. April 2017 auf das Begehren nicht ein, woran sie mit Einspracheentscheid vom 19. Februar 2018 festhielt. 
 
B.   
A.________ erhob Beschwerde mit folgenden Rechtsbegehren: 1. Der Einspracheentscheid vom 19. Februar 2018 sei aufzuheben. 2. Es sei festzustellen, dass er der Easy Sana Krankenversicherung AG nichts mehr schuldet. 3. Der Krankenversicherer sei zu verpflichten, ihm Fr. 17'928.45 nebst Zins zu 5 % seit 1. Januar 2010 zu bezahlen. Nach Vernehmlassung der Easy Sana Krankenversicherung AG wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 6. Februar 2019 das Rechtsmittel ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid seien aufzuheben; es sei festzustellen, dass er der Easy Sana Krankenversicherung AG nichts mehr schulde; der Krankenversicherer sei zu verpflichten, ihm Fr. 17'928.45 nebst Zins zu 5 % seit 1. Januar 2010 zu bezahlen; eventualiter sei die Sache zur erneuten Beurteilung an das kantonale Versicherungsgericht zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig [wie die Beweiswürdigung willkürlich; BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444] ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; zur Rügeund Begründungspflicht der Parteien Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG sowie BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176 und BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und E. 1.4.2 S. 254). 
 
2.   
 
2.1. Anfechtungsgegenstand im vorinstanzlichen Verfahren bildete der Einspracheentscheid vom 19. Februar 2018, womit die Beschwerdegegnerin ihre Verfügung vom 6. April 2017 bestätigte, mit welcher sie auf das Gesuch um Rückerstattung von Prämien (vgl. Art. 25 Abs. 3 ATSG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 KVG und Art. 2 ATSG) nicht eingetreten war. Damit war grundsätzlich auch der zulässige Streitgegenstand festgelegt. Darunter ist das Rechtsverhältnis zu verstehen, das Gegenstand des angefochtenen Entscheids ist, in dem Umfang, in dem es aufgrund der Beschwerdebegehren im Streit liegt (BGE 125 V 413 E. 2a S. 415; Urteil 9C_208/2018 vom 13. Juni 2018 E. 2.1 mit Hinweisen).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer hatte vor Vorinstanz beantragt, es sei festzustellen, dass er der Beschwerdegegnerin nichts mehr schulde; diese sei zu verpflichten, ihm Fr. 17'928.45 nebst Zins zu 5 % seit 1. Januar 2010 zu bezahlen. In Bezug auf beide Begehren fehlte es indessen an einem Anfechtungsgegenstand (BGE 125 V 413 E. 1a S. 414). Sie lagen (auch) ausserhalb des Prozessthemas, ob der Krankenversicherer zu Recht nicht auf das Gesuch um Prämienrückerstattung eingetreten ist (vgl. BGE 117 V 121 E. 1 S. 122; 116 V 265 E. 2a S. 266). Die Vorinstanz hat sich zu beiden Punkten nicht geäussert, was kein (Bundes-) Recht verletzt. Zu einer diesbezüglichen Ausdehnung des Verfahrens, soweit zulässig (zu den Voraussetzungen BGE 122 V 34 E. 2a S. 36; Urteil 2C_623/2016 vom 28. Juli 2017 E. 2.3.1) war sie nicht verpflichtet (Urteil 9C_549/2015 vom 29. Januar 2016 E. 2 mit Hinweis).  
 
2.3. Die Vorinstanz hat die Beschwerde integral abgewiesen. Aufgrund des Vorstehenden hätte sie indessen auf das Feststellungs- und das Leistungsbegehren nicht eintreten dürfen. Von einer förmlichen Aufhebung des angefochtenen Entscheids ist indessen abzusehen, auch aus prozessualen Gründen. Jedenfalls ist die Rüge des Beschwerdeführers unbegründet, die Vorinstanz habe sich zum Rückerstattungsanspruch wie auch zum Feststellungsanspruch überhaupt nicht geäussert.  
 
3.   
Zur Frage, ob die Beschwerdegegnerin zu Recht nicht auf das Gesuch um Prämienrückerstattung eingetreten ist, hat die Vorinstanz im Wesentlichen erwogen, zwei der Betreibungen und die ihnen zugrunde liegenden Forderungen seien rechtskräftig durch das zuständige kantonale Versicherungsgericht beurteilt worden. In Bezug auf die anderen Prämien, die betrieben worden seien und nun zurückgefordert würden, lägen rechtskräftige Einspracheentscheide vor. Eine Rückerstattung setze einen entsprechenden Titel (prozessuale Revision oder Wiedererwägung; Art. 53 Abs. 1 und 2 ATSG; vgl. BGE 138 V 324 E. 3.2-3 S. 327 f.; BGE 127 V 466 E. 2c S. 469 oben) voraus. Ein Revisionsgrund sei indessen nicht gegeben. Sodann sei die Wiedererwägung eines formell rechtskräftigen Einspracheentscheids in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt; er könne hierzu vom Gericht nicht angehalten werden (vgl. BGE 133 V 50 E. 4.1 S. 52). 
 
4.   
Der Beschwerdeführer bestreitet in erster Linie, dass kein Grund gegeben sein soll, um auf die rechtskräftigen Prämienentscheide zurückzukommen, wobei er nicht klar zwischen prozessualer Revision und Wiedererwägung unterscheidet. Seine Vorbringen sind indessen nicht stichhaltig: Vorab ist nicht ersichtlich und er legt auch nicht dar, inwiefern die Kontoübersichten der Beschwerdegegnerin vom 23. und 25. Juli 2013 betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 30. September 2013, auf welche er sich hauptsächlich beruft, eine im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG erhebliche neue Tatsache (vgl. dazu etwa Urteil 9C_834/2015 vom 22. März 2016 E. 2 mit Hinweisen) sein sollen. Abgesehen davon legt er nicht dar, inwiefern sich daraus ergeben soll, dass die Beschwerdegegnerin "insbesondere die Prämien der Jahre 2009 bis 2013 doppelt einkassiert hat". Im Übrigen wird die Rückerstattung zuviel bezahlter Krankenversicherungsprämien abschliessend in Art. 25 Abs. 3 ATSG (i.V.m. Art. 1 Abs. 1 KVG) geregelt. Es besteht kein Raum für die Anwendung der Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 ff. OR), welche er als einen allgemeinen Rechtsgrundsatz verstanden haben will (vgl. auch BGE 119 V 298 E. 4c S. 301 betreffend die vom Gesetzgeber mit dem Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts angestrebte Harmonisierung der Rückerstattungsordnungen im Beitrags- und im Leistungsbereich). 
Mit seinen weiteren Vorbringen vermag der Beschwerdeführer nicht substanziiert darzutun, dass und inwiefern die Vorinstanz den rechtserheblichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt und daraus rechtsfehlerhafte Schlüsse gezogen hat (E. 1). Darauf braucht nicht näher eingegangen zu werden. Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
5.   
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'400.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 28. Mai 2019 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler