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[AZA 7] 
C 258/00 Gr 
 
II. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Condrau 
 
Urteil vom 6. August 2001 
 
in Sachen 
Staatssekretariat für Wirtschaft, Abteilung Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung, Bundesgasse 8, 3003 Bern, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
Q.________, 1969, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
A.- Die 1969 geborene, aus Serbien stammende Q.________ reiste im Jahre 1998 in die Schweiz ein. Vom Kanton Luzern erhielt sie eine bis 26. Mai 2000 gültige Aufenthaltsbewilligung (Ausländerausweis B) mit dem Aufenthaltszweck "Zulassung im Familiennachzug". Seither widmete sie sich der Erziehung ihrer zwei 1990 und 1994 geborenen Kinder, ohne daneben einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. 
Am 25. Oktober 1999 beantragte sie Arbeitslosenentschädigung ab 19. Oktober 1999. Die Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern unterbreitete die Sache dem Kantonalen Arbeitsamt Luzern zum Entscheid über die Anspruchsberechtigung. 
Mit Verfügung vom 6. Januar 2000 verneinte das Amt die Vermittlungsfähigkeit der Gesuchstellerin. 
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 13. Juli 2000 gut. Das kantonale Gericht stellte fest, dass Q.________ seit ihrer Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung vermittlungsfähig sei und wies die Sache an das Arbeitsamt zurück, damit dieses die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung prüfe. 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), der Entscheid vom 13. Juli 2000 sei aufzuheben. 
Das Arbeitsamt beantragt Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
 
Die zum Verfahren beigeladene Q.________ hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ist gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG u.a. Voraussetzung, dass der Versicherte in der Schweiz wohnt. Gemäss Art. 12 AVIG gelten Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung als in der Schweiz wohnend, solange sie sich aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung zur Erwerbstätigkeit oder einer Saisonbewilligung tatsächlich in der Schweiz aufhalten (BGE 126 V 376 f. Erw. 1a mit Hinweisen). 
 
b) Eine weitere gesetzliche Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ist die Vermittlungsfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG). Ein Arbeitsloser ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen (Art. 15 Abs. 1 AVIG). Somit gehört zur Vermittlungsfähigkeit nicht nur die Arbeitsfähigkeit und die Vermittlungsbereitschaft, sondern auch die Arbeitsberechtigung. Wenn und solange keine Arbeitsberechtigung besteht, fehlt es auch an der Vermittlungsfähigkeit des Versicherten und damit an seiner Anspruchsberechtigung (BGE 126 V 378 Erw. 1b mit Hinweisen). 
 
Während Ausländer, die über eine Niederlassungsbewilligung verfügen (Ausländerausweis C), für dauernd in der Schweiz zugelassen sind und jede selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit ausüben können, die nicht ausdrücklich Schweizer Bürgern vorbehalten ist (Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. I, N. 7 zu Art. 12 AVIG), müssen Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung grundsätzlich über eine Arbeitsbewilligung verfügen oder mit einer solchen rechnen können, falls sie eine zumutbare Arbeitsstelle finden (Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Nr. 217). Art. 12 AVIG, welcher Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG für Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung konkretisiert, betrachtet diese denn auch - abweichend von Art. 23 ff. ZGB - als in der Schweiz wohnend, wenn sie sich auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung zur Erwerbstätigkeit oder einer Saisonbewilligung hier aufhalten. Für Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung enthält der Begriff des Wohnens somit ein zusätzliches, durch Art. 3 Abs. 3 ANAG bedingtes fremdenpolizeiliches Element (Nussbaumer, a.a.O., Rz 141). 
 
c) Gemäss der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer vom 6. Oktober 1986 (BVO, SR 823. 21) dürfen Ausländern Bewilligungen zur erstmaligen Erwerbstätigkeit, zum Stellen- oder Berufswechsel und zur Verlängerung des Aufenthaltes nur erteilt werden, wenn der Arbeitgeber trotz - konkret nachgewiesener - Bemühungen keine einheimische Arbeitskraft findet, die gewillt und fähig ist, die Arbeit zu den orts- und berufsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen zu leisten (Art. 7 Abs. 1 und 4 BVO). 
Im Familiennachzug eingereiste Ausländer unterliegen nicht einem generellen Arbeitsverbot. Wie Asylbewerber (Art. 13 lit. g BVO) sind sie von der für erwerbstätige Jahresaufenthalter geltenden zahlenmässigen Zulassungsbegrenzung ausgenommen (Art. 12 Abs. 2 BVO). Gegenüber jenen sind sie insofern privilegiert, als der Vorrang der stellensuchenden Ausländer nach Art. 7 Abs. 3 BVO, die sich bereits in der Schweiz aufhalten und zur Erwerbstätigkeit berechtigt sind, nicht zur Anwendung kommt. Namentlich Jahresaufenthalter können somit gegenüber den Personen, die im Familiennachzug eingereist sind, keinen Vorrang geltend machen. Die Arbeitsmarktbehörde hat daher im Rahmen des Vorentscheides oder der Stellungnahme gemäss Art. 42 und 43 BVO den Vorrang der einheimischen Arbeitskräfte zu beachten (Art. 7 Abs. 1 und 4 BVO) und zu prüfen, ob die orts- und berufsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen eingehalten sind (Art. 9 BVO). Damit steht den zuständigen kantonalen Behörden bei der Bewilligung von Arbeitsberechtigungen von Ausländern, welche im Familiennachzug in die Schweiz eingereist sind, nach wie vor ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 126 V 382 Erw. 5c mit Hinweis). 
 
2.- a) Im Rahmen der Beurteilung der Vermittlungsfähigkeit stellt die Frage nach der Arbeitsberechtigung ausländischer Staatsangehöriger eine Vorfrage dar (BGE 120 V 382 Erw. 3a). Die Vermittlungsfähigkeit beurteilt sich prospektiv, d.h. von jenem Zeitpunkt aus und auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse, wie sie bei Erlass der angefochtenen Verfügung bestanden hatten (BGE 120 V 387 Erw. 2 mit Hinweisen). 
 
b) In seiner Verfügung vom 6. Januar 2000 hat das Arbeitsamt die Vermittlungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin klar verneint. Etwas anderes lässt sich auch seinem Schreiben vom 12. Mai 2000 nicht entnehmen, in welchem ganz allgemein das Vorgehen bei Ausländern erklärt wird. In der vorinstanzlichen Vernehmlassung vom 18. Februar 2000 weist das Arbeitsamt ergänzend auf seine (von allen Zentralschweizer Kantonen so gehandhabte) Praxis hin, wonach Ausländer, welche im Familiennachzug in die Schweiz einreisen und Erziehungsgutschriften geltend machen, keine Arbeitsbewilligung erhalten. Dasselbe ergibt sich aus der Stellungnahme vom 15. September 2000. Damit unterscheidet sich die vorliegende Sache von den Fällen, in denen die kantonalen Verhältnisse es erlauben, Inhaberinnen von B-Ausweisen im Falle eines Stellennachweises eine erstmalige Arbeitsbewilligung zu erteilen (BGE 126 V 376 f.). 
Im massgebenden Zeitpunkt der Verfügung vom 6. Januar 2000 konnte die Beschwerdegegnerin nicht mit der Erteilung einer Arbeitsbewilligung rechnen. Angesichts der negativen Stellungnahme der Arbeitsmarktbehörde wurde die Vermittlungsfähigkeit somit zu Recht verneint. 
 
c) Das Arbeitsamt führt in seinem Bericht vom 12. Mai 2000 an das seco sodann aus, falls eine Firma ein Gesuch um Erteilung eines Jahresaufenthalterkontingentes nach Art. 14 BVO und gleichzeitig ein Gesuch um Erteilung einer Stellenantrittsbewilligung einer bereits anwesenden Ausländerin mit Ausländerausweis B (Familiennachzug) einreiche, werde aus arbeitsmarktbehördlicher Sicht das Gesuch um Neueinreise abgelehnt (Vorrang der inländischen Arbeitnehmer und der bereits anwesenden Ausländer). Hingegen werde das Gesuch für jene Ausländerin, welche im Familiennachzug in die Schweiz einreiste, aus arbeitsmarktbehördlicher Sicht geprüft und eine Gutheissung wäre nicht grundsätzlich ausgeschlossen bzw. dieses würde tendenziell eher gutgeheissen. 
Im vorliegenden Fall liegt indessen ein anderer Sachverhalt vor. Für die Beschwerdegegnerin wurde von keiner Firma ein konkretes Gesuch für die Erteilung der Arbeitsbewilligung eingereicht. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann daher nicht darauf geschlossen werden, die Versicherte habe mit einer Arbeitsbewilligung rechnen können. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird 
der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons 
Luzern vom 13. Juli 2000 aufgehoben. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Kantonalen Arbeitsamt Luzern und 
 
 
der Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern zugestellt. 
Luzern, 6. August 2001 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: