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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_366/2018  
 
 
Urteil vom 21. Dezember 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Suva, Abteilung Militärversicherung, Laupenstrasse 11, 3008 Bern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Helsana Unfall AG, 
Recht & Compliance, Postfach, 8081 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Militärversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden 
vom 6. März 2018 (S 17 67). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1992, damals Schreinerlehrling, stürzte am 14. Februar 2010 beim Snowboarden und kugelte sich dabei die linke Schulter aus. Am 13. Juli 2010 erfolgte im Spital B.________ ein operativer Eingriff zur Stabilisierung. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) erbrachte die gesetzlichen Leistungen. 
Am 11. September 2012 zog sich A.________ in der Rekrutenschule bei einer Truppenübung erneut eine Schulterluxation links zu. Dafür anerkannte die Suva, Abteilung Militärversicherung (nachfolgend: Suva-MV), ihre Leistungspflicht. 
Am 26. September 2013, nunmehr im Verkauf angestellt bei der C.________ AG und bei der Helsana Unfall AG (nachfolgend: Helsana) unfallversichert, stürzte A.________ beim Skateboarden und zog sich wiederum eine Schulterluxation zu. Die Schulter wurde am 30. Januar 2014 im Spital D.________ erneut operativ stabilisiert. Nachdem die Helsana in Aussicht gestellt hatte, ihre Leistungspflicht im Grundsatz anzuerkennen, den Fall jedoch am 20. November 2013 abzuschliessen, holte die Suva zur Frage der Unfallkausalität der Beschwerden, die die Operation vom 30. Januar 2014 erforderten, ein Aktengutachten des Dr. med. E.________, Facharzt Orthopädische Chirurgie, vom 17. Januar 2015 ein. Mit Verfügung vom 26. März 2015 und Einspracheentscheid vom 31. März 2017 lehnte die Suva-MV ihre Leistungspflicht (Heilbehandlung und Taggeld) für das Ereignis vom 26. September 2013 ab. 
 
B.   
Die dagegen von der Helsana erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Entscheid vom 6. März 2018 gut und verpflichtete die Suva-MV, ab dem 27. Dezember 2013 erneut die gesetzlichen Leistungen für das Ereignis vom 11. September 2012 zu erbringen. Es erwog, dass der Sturz beim Skateboarden am 26. September 2013 gemäss Gutachten des Dr. med. E.________ lediglich zu einer vorübergehenden Verschlimmerung geführt habe. Spätestens nach drei Monaten sei der seit der Schulterluxation während des Militärdienstes im September 2012 bestehende Vorzustand erreicht gewesen. Die danach anhaltenden Beschwerden seien darauf zurückzuführen. 
 
C.   
Die Suva-MV führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Helsana zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen für das Ereignis vom 26. September 2013 bis zum Abschluss der Behandlung, einschliesslich der operativen Schulterstabilisierung am 30. Januar 2014, zu erbringen. 
Die Helsana und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die vorinstanzlich erkannte Leistungspflicht der Suva-MV (Heilbehandlung und Taggeld) ab dem 27. Dezember 2013 bundesrechtskonform ist. 
Die Leistungspflicht der Helsana ist mangels Vorliegens einer entsprechenden Verfügung nicht Gegenstand des Verfahrens. Soweit die Suva-MV die Verpflichtung der Helsana zur Ausrichtung gesetzlicher Leistungen aus Unfallversicherung beantragt, ist auf ihre Beschwerde nicht einzutreten. 
 
3.  
 
3.1. Das MVG regelt in Art. 71 ff. das Verhältnis zu anderen Versicherungen. Was diesbezüglich die Unfallversicherung betrifft, unterscheidet Art. 76 MVG die Zuständigkeiten für streitige Renten, Integritäts- und Hilflosenentschädigungen sowie Bestattungskosten einerseits und für alle übrigen Leistungen anderseits. Für diese letzteren Kurzzeitleistungen kommt ausschliesslich jener Versicherer auf, der nach der anwendbaren Gesetzgebung unmittelbar leistungspflichtig ist (Art. 76 Satz 2 MVG). Unmittelbar leistungspflichtig im Sinne dieser Bestimmung ist nach Art. 31 Abs. 1 MVV der Versicherer, der für die aktuelle Verschlimmerung der Gesundheitsschädigung Leistungen zu erbringen hat. Solange der Versicherer für die aktuelle Verschlimmerung der Gesundheitsschädigung leistungspflichtig ist, erbringt er nach Art. 31 Abs. 2 MVV auch die Leistungen für Spätfolgen und Rückfälle aus einem früheren Unfall (Satz 1). Nachher werden die Leistungen von jenem Versicherer erbracht, der für den früheren Unfall leistungspflichtig war (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 MVV). Eine gleichlautende Regelung findet sich in Art. 126 Abs. 1 und Abs. 2 UVV.  
Eine Haftung für die Verschlimmerung besteht rechtsprechungsgemäss solange, bis eine Teilursächlichkeit für die noch bestehenden Beschwerden entfällt, das heisst bis wieder der Vorzustand (Status quo sine vel ante) erreicht ist (SVR 2016 UV Nr. 18 S. 55, 8C_331/2015 E. 2.1.1; SVR 2010 UV Nr. 31 S. 125, 8C_816/2009 E. 4.3; Urteile 8C_781/2017 vom 21. September 2018 E. 5.1; 8C_326/2008 vom 24. Juni 2008 E. 3.2 und 4). 
 
3.2. Für die vorliegend allein streitigen Kurzzeitleistungen (Heilbehandlung, Taggeld) ab dem 27. Dezember 2013 ist nach dem praxisgemäss massgeblichen klaren Wortlaut (BGE 144 V 224 E. 4.1 S. 229) der Bestimmungen von Art. 76 Satz 2 MVG und Art. 31 Abs. 1 und 2 MVV die beschwerdeführende Suva-MV leistungspflichtig, sofern (1.) durch das letzte Unfallereignis vom 26. September 2013 lediglich eine Verschlimmerung eingetreten ist; (2.) inzwischen aber wieder der Vorzustand erreicht wurde, wie er nach dem Vorfall vom 11. September 2012 während der Rekrutenschule bestanden hat und daher die unmittelbare Leistungspflicht der Helsana endete; und (3.) sofern die aktuelle Gesundheitsschädigung als Rückfall oder Spätfolge durch den Unfall in der Rekrutenschule verursacht wurde.  
 
4.  
 
4.1. Zu prüfen bleibt, ob die vorinstanzliche Annahme, dass die nach dem 27. Dezember 2013 anhaltenden Beschwerden auf den Unfall während der Rekrutenschule zurückzuführen seien, vor Bundesrecht standhält.  
Das kantonale Gericht hat die Rechtsprechung zum Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten zutreffend dargelegt (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3 S. 352; vgl. auch SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63, 8C_239/2008 E. 7.2, sowie Urteil 8C_780/2016 vom 24. März 2017 E. 6.1 zum Aktengutachten). Es wird darauf verwiesen. 
 
4.2. Dem Gutachten des von der Suva beauftragten Dr. med. E.________ vom 17. Januar 2015, auf das sich die Vorinstanz stützte, ist Folgendes zu entnehmen: Die nach dem Snowboardunfall vom 14. Februar 2010 erfolgte Operation vom 13. Juli 2010 habe zu einer stabilen linken Schulter geführt. Der Unfall während des Militärdienstes am 11. September 2012 habe eine erneute strukturelle Schädigung verursacht und hinsichtlich der Stabilität des Schultergelenks eine richtungweisende Verschlimmerung bewirkt. Der Sturz beim Skateboarden am 26. September 2013 habe seinerseits zu einer zeitweisen Verschlimmerung dieses Vorzustandes geführt, die nach drei Monaten als ausgeheilt gelten könne. Die danach anhaltenden Beschwerden, die eine erneute Operation erforderten, seien Folge des Unfalls während der Rekrutenschule. Seine Auffassung begründete der Gutachter mit den Befunden, die die nach dem Sturz beim Skateboarden am 26. September 2013 angefertigten MRI-Bilder zeigten. Gestützt darauf habe dieses letzte Ereignis keinen eindeutigen strukturellen Schaden gesetzt, von dem eine richtungsgebende Veränderung zu erwarten gewesen wäre. Hingegen seien Veränderungen am Glenoid erkennbar, die bereits vor diesem letzten Sturz zufolge einer chronischen Instabilität eingetreten sein müssten, sowie eine knöcherne Bankart-Läsion, die anlässlich der ersten Operation vom 13. Juli 2010 - nach dem Snowboard-Unfall vom 14. Februar 2010 - noch nicht bestanden habe.  
 
4.3. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag keine hinreichenden Indizien gegen die Zuverlässigkeit des Gutachtens zu begründen. Sowohl der Kreisarzt der Suva-MV, Dr. med. F.________, als auch der Vertrauensarzt der Helsana, Prof. Dr. med. G.________, äusserten sich in ihren vor der Erstattung des Gutachtens ergangenen Stellungnahmen vom 6. Juni 2014 beziehungsweise vom 7. August 2014 zur Kausalität der Beschwerden im Einzelnen - und insbesondere zu den Folgen des Skateboardunfalls vom 26. September 2013 - nicht abschliessend. Dass das Ereignis während der Rekrutenschule in der Aktenzusammenfassung des Gutachters nicht aufgeführt ist, kann nur auf einem Versehen an dieser Stelle beruhen, setzte sich der Gutachter doch damit später einlässlich auseinander. Eine Widersprüchlichkeit in seiner oben auszugsweise ausgeführten Einschätzung lässt sich nicht erkennen. Die vorinstanzlichen Ausführungen im Sachverhalt des angefochtenen Entscheides, wonach die nach dem letzten Ereignis vom 26. September 2013 stattgehabten medizinischen Behandlungen erst mit der Schulteroperation vom 30. Januar 2014 hätten abgeschlossen werden können, ändert daran nichts, ist damit doch zur Kausalität der Unfallfolgen noch nichts gesagt. Ebenso wenig vermag die Beschwerdeführerin daraus etwas abzuleiten, dass sie bei der Bestellung des Gutachtens nicht unmittelbar involviert war. Insofern hat sie denn auch nichts vorgebracht, was gegen die Unbefangenheit oder die fachliche Eignung des Gutachters sprechen würde. Mit dem Gutachten liessen sich die hier zur Frage stehenden Folgen der Unfälle vom 11. September 2012 während der Rekrutenschule (Spätfolge) beziehungsweise vom 26. September 2013 beim Skateboarden (vorübergehende Verschlimmerung) zuverlässig beurteilen. Das kantonale Gericht durfte daher bundesrechtskonform darauf abstellen.  
 
5.   
Zusammengefasst hat die Vorinstanz die Leistungspflicht der Suva-MV in Form von Heilbehandlung und Taggeld für die nach dem 27. Dezember 2013 anhaltenden Beschwerden als Spätfolgen des Ereignisses vom 11. September 2012 (Schulterluxation anlässlich einer Truppenübung in der Rekrutenschule) bundesrechtskonform bejaht. 
 
6.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, dem Bundesamt für Gesundheit und A.________ schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. Dezember 2018 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo