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[AZA 7] 
U 287/99 Gb 
 
 
 
III. Kammer 
 
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter 
Ursprung; Gerichtsschreiberin Bucher 
 
 
Urteil vom 16. Juli 2001 
 
in Sachen 
 
Helsana Unfall AG, Rechtsdienst, Stadelhoferstrasse 25, 
8024 Zürich, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
SWICA Gesundheitsorganisation, Römerstrasse 38, 8401 
Winterthur, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen, 
 
 
 
betreffend E.________ 
 
 
 
Mit Einspracheentscheid vom 16. März 1998 trat die 
Helsana Unfall AG (im Folgenden: Helsana) als obligatorische 
Unfallversicherung auf die von der SWICA Gesundheitsorganisation 
(im Folgenden: SWICA) als Krankenversicherung 
gegen eine die 1977 geborene E.________ betreffende leistungsablehnende 
Verfügung vom 26. August 1997 gerichtete 
Einsprache mangels fristgerechter Begründung nicht ein. 
Auf Beschwerde der SWICA hin hob das Versicherungsgericht 
des Kantons St. Gallen den Einspracheentscheid mit 
Entscheid vom 28. Mai 1999 auf und wies die Sache zur materiellen 
Behandlung der Einsprache an die Helsana zurück, 
wobei es dieser eine Gerichtsgebühr von Fr. 1200.- auferlegte. 
 
Die Helsana führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit 
dem Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei in 
Bezug auf die Gerichtsgebühr aufzuheben. 
Die SWICA schliesst auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
Das Bundesamt für Sozialversicherung 
hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Streitig und zu prüfen ist einzig, ob das kantonale 
Gericht die Helsana, die sich - was ihr die Vorinstanz 
auch nicht vorwirft - weder leichtsinnig noch mutwillig 
verhalten hatte, zur Bezahlung einer Gerichtsgebühr verpflichten 
durfte, weil es sich um einen Streit zwischen 
Versicherern handle. 
 
2.- a) Nach Art. 108 Abs. 1 lit. a UVG muss das Verfahren 
vor dem kantonalen Versicherungsgericht "für die 
Parteien kostenlos sein; einer Partei, die sich leichtsinnig 
oder mutwillig verhält, können jedoch eine Spruchgebühr 
und die Verfahrenskosten auferlegt werden". 
 
b) Der Wortlaut des Art. 108 Abs. 1 lit. a UVG spricht 
dafür, dass in einem kantonalen Gerichtsverfahren zwischen 
zwei Versicherern dem unterliegenden Versicherer ausser im 
Falle leichtsinnigen oder mutwilligen Verhaltens keine Verfahrenskosten 
auferlegt werden dürfen; denn abgesehen von 
der Ausnahme des leichtsinnigen oder mutwilligen Verhaltens 
schreibt diese Bestimmung vorbehaltlos ein für "die Parteien" 
kostenloses Verfahren vor. 
 
c) Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht in 
einem noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten 
Urteil W. vom 4. Mai 2001, U 60/00, Erw. 2, ausführlich 
begründete, wird diese grammatikalische Auslegung durch die 
historische Auslegung bestätigt: Sowohl in der Botschaft 
des Bundesrates zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung 
vom 18. August 1976 (BBl 1976 III 179) als auch in der 
parlamentarischen Debatte zu Art. 85 Abs. 2 AHVG (Amtl. 
Bull. 1946 N 687 und 1946 S 439), an welchen das Unfallversicherungsrecht 
angeglichen werden sollte (BBl 1976 III 
179), wurde als Ausnahme von der Kostenlosigkeit des kantonalen 
Gerichtsverfahrens ausschliesslich das leichtsinnige 
oder mutwillige Verhalten einer Partei erwähnt. Auch wenn 
die Kostenfreiheit mit dem sozialen Motiv des Rechtsschutzbedürfnisses 
der Versicherten begründet wurde (vgl. [zum 
AHVG] BBl 1946 II 517 und Amtl. Bull. 1946 N 687), ergibt 
sich aus den Materialien insbesondere nicht, dass der Gesetzgeber 
die Versicherer nicht von Kosten befreien wollte. 
Es bestehen demnach keine triftigen Gründe dafür, dass der 
Wortlaut des Art. 108 Abs. 1 lit. a UVG nicht den wahren 
Sinn der Bestimmung wiedergeben könnte, sodass kein Anlass 
besteht, vom Gesetzeswortlaut abzuweichen (vgl. BGE 126 II 
80 Erw. 6d, 126 III 104 Erw. 2c, 126 V 58 Erw. 3, 105 
Erw. 3, je mit Hinweisen). Eine Auslegung von Art. 108 
Abs. 1 lit. a UVG im Sinne der Vorinstanz verbietet sich 
schliesslich umso mehr, als aus den Materialien zum hinsichtlich 
der Kostenlosigkeit inhaltlich mit Art. 108 
Abs. 1 lit. a UVG übereinstimmenden Art. 61 lit. a des noch 
nicht in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen 
Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 
2000 (BBl 2000 5041 ff.) hervorgeht, dass der Gesetzgeber 
im kantonalen Beschwerdeverfahren weiterhin auch die 
Versicherer bzw. Durchführungsstellen ausser bei Leichtsinnigkeit 
oder Mutwilligkeit in den Genuss der Kostenfreiheit 
kommen lassen wollte. Denn auch in der parlamentarischen 
Debatte zum ATSG wurden lediglich diese Ausnahmen 
angeführt (Amtl. Bull. 1999 N 1248 f., 2000 S 184 f.; abgesehen 
von einem wieder zurückgezogenen Antrag im Nationalrat, 
mit dem die Abschaffung der Kostenlosigkeit des kantonalen 
Beschwerdeverfahrens vorgeschlagen wurde [Amtl. Bull. 
1999 N 1247 f. und 1249]), und in der ständerätlichen Kommission 
wurde unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des 
Bundesamts für Sozialversicherung sogar ausdrücklich auf 
die Bedeutung des kostenlosen Verfahrens auch für die Versicherer 
hingewiesen (S. 21 des Protokolls über die Sitzung 
vom 6. September 1999). 
 
d) Demnach ist es, wie das Eidgenössische Versicherungsgericht 
im erwähnten Urteil U 60/00, Erw. 2d/dd, festgestellt 
hat, nach Art. 108 Abs. 1 lit. a UVG unzulässig, 
in einem kantonalen Beschwerdeverfahren, in dem sich wie 
vorliegend zwei Versicherer gegenüberstehen, dem unterliegenden 
Versicherer Verfahrenskosten bzw. eine Spruchgebühr 
aufzuerlegen, wenn sich dieser nicht leichtsinnig oder mutwillig 
verhalten hat. Folglich ist, da der im kantonalen 
Prozess unterlegenen Helsana kein solches Verhalten vorzuwerfen 
ist, der vorinstanzliche Kostenentscheid aufzuheben. 
 
3.- a) Das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht 
ist schon deshalb kostenpflichtig, weil es 
nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, 
sondern um die rein prozessuale Frage der 
Auferlegung von Verfahrenskosten geht (Art. 134 OG
contrario). 
 
b) Nach Art. 156 Abs. 1 OG (in Verbindung mit Art. 135 
OG) werden die letztinstanzlichen Gerichtskosten in der 
Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Dabei sind die 
Gerichtskosten grundsätzlich aufgrund der Anträge der 
Beschwerde führenden Partei, gemessen am Ergebnis der 
Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheides - und somit 
ohne Rücksicht auf die Anträge der Gegenpartei - zu verlegen, 
auch wenn Letztere den vorinstanzlichen Entscheid 
nicht zu vertreten hat. So verliert die Gegenpartei dadurch, 
dass sie auf eine Vernehmlassung verzichtet, ihre 
Parteistellung nicht und trägt grundsätzlich bis zum 
Abschluss des Verfahrens das Prozess- und Kostenrisiko. 
Auch ein Antrag auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
befreit die beschwerdegegnerische Partei grundsätzlich 
nicht vom Kostenrisiko (BGE 123 V 156, 159 
Erw. 4b; vgl. AHI 1998 S. 191 Erw. 4). 
 
c) Vorliegend hat die letztinstanzlich formell unterliegende 
SWICA selbst die Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
beantragt. Auch wenn sie den vorinstanzlichen 
Kostenentscheid nicht zu vertreten hat, sind ihr die 
Gerichtskosten aufzuerlegen. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird 
Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids des Versicherungsgerichts 
des Kantons St. Gallen vom 28. Mai 1999 aufgehoben. 
 
 
II. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin 
auferlegt. 
 
III. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird der 
Beschwerdeführerin zurückerstattet. 
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht 
des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für 
Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 16. Juli 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
 
 
 
 
Die Gerichtsschreiberin: