Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_198/2008 
 
Urteil vom 2. September 2008 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Parteien 
1. A.________, 
2. B.________, 
3. C.________, 
4. D.________, 
5. E.________, 
Beschwerdeführer, 
alle vertreten durch Rechtsanwalt Gian Andrea Danuser, 
 
gegen 
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Regierungsrat des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Familiennachzug, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Kammer, vom 19. Dezember 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der aus dem Kosovo stammende A.________ (geb. 1971) heiratete am 2. Juni 1992 seine Landsfrau F.________ (geb. 1972). Aus dieser Ehe gingen die drei Kinder B.________ (geb. 1993), C.________ (geb. 1994) und D.________ (geb. 1995) hervor. 
Im Jahre 1995 sowie von Ende April 1996 bis im Mai 1997 hielt sich A.________ als Asylsuchender in der Schweiz auf und durchlief erfolglos zwei Asylverfahren. Am 10. November 1997 wurde seine Ehe vom Bezirksgericht Peja (Kosovo) geschieden, worauf er - am 16. Dezember 1997 - die Schweizer Bürgerin K.________ (geb. 1979) heiratete, im November 1998 zu seiner neuen Ehefrau in die Schweiz zog und hier eine Aufenthaltsbewilligung erhielt. 
Am 28. Oktober 1998 brachte F.________ die von A.________ nachehelich gezeugte Tochter E.________ zur Welt. Gemäss zwei einheimischen Urteilen wurde dem Vater das Sorgerecht über alle vier Kinder übertragen. 
Zusammen mit ihrer Mutter hielten sich B.________, C.________, D.________ und E.________ bis September 2000 ebenfalls als Asylsuchende in der Schweiz auf. Nach der Ablehnung ihrer Asylgesuche reiste die Teilfamilie nach Pristina aus. Die Kinder leben seit ihrer Rückkehr bei einem Bruder ihres Vaters. 
Am 16. August 2004 erhielt A.________ die Niederlassungsbewilligung. 
 
B. 
Mit Verfügung vom 1. September 2004 wies die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich das von A.________ gestellte Familiennachzugsgesuch für seine vier Kinder ab. Ein gegen diese Verfügung erhobener Rekurs beim Regierungsrat blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hingegen hiess eine gegen den regierungsrätlichen Entscheid gerichtete Beschwerde teilweise gut und wies die Sache zur ordnungsgemässen Gewährung des rechtlichen Gehörs und zum Neuentscheid im Sinne der Erwägungen an den Regierungsrat zurück. 
Im dort geführten "zweiten Rechtsgang" reichte A.________ weitere neue Beweismittel ein, darunter einen Bericht des Zentrums für soziale Arbeit in Decan (Kosovo) vom 5. Mai 2006, wonach den "Kindern eine Familienvereinigung mit ihrem Vater" ermöglicht werden solle, weil ihnen "die elterliche Fürsorge" fehle. 
Mit Beschluss vom 15. August 2007 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich den Rekurs gegen die Abweisung des Familiennachzugsgesuches wiederum ab. Eine erneute Beschwerde beim Verwaltungsgericht blieb erfolglos (Urteil vom 19. Dezember 2007). 
 
C. 
Mit gemeinsamer Eingabe vom 29. Februar 2008 führen A.________ und seine vier Kinder beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. Dezember 2007 aufzuheben und den Kindern "eine Einreise-, Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung zu gewähren". 
Die Staatskanzlei des Kantons Zürich beantragt - für den Regierungsrat - Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Migration beantragt ebenfalls, die Beschwerde abzuweisen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet des Ausländerrechts unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. 
 
1.2 Am 1. Januar 2008 ist das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) in Kraft getreten. Vorliegend ist jedoch noch das Bundesgesetz vom 26. Mai 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) massgebend (Art. 126 Abs. 1 AuG). 
 
1.3 Ledige Kinder von Ausländern, die in der Schweiz niedergelassen sind, haben Anspruch auf Einbezug in die Niederlassungsbewilligung ihrer Eltern, wenn sie mit diesen zusammenwohnen und noch nicht 18 Jahre alt sind (Art. 17 Abs. 2 Satz 3 ANAG). 
Der Beschwerdeführer, welcher über die Niederlassungsbewilligung verfügt, besitzt nach dem Gesagten einen grundsätzlichen Anspruch auf Nachzug seiner vier Kinder, da diese im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung, auf welchen es im Rahmen von Art. 17 Abs. 2 ANAG für die Eintretensfrage ankommt (BGE 129 II 249 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen), noch nicht 18 Jahre alt waren. Der Beschwerdeführer kann sich zudem, da seine Kinder auch heute noch nicht volljährig sind (vgl. BGE 129 II 11 E. 2 S. 13 f., 249 E. 1.2 S. 252), auf das in Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV garantierte Recht auf Achtung des Familienlebens berufen. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist insoweit zulässig und die Beschwerdeführer sind hierzu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). 
 
1.4 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. 97 Abs. 1 BGG). 
 
2. 
2.1 Die in der Rechtsprechung zu Art. 7 und 17 ANAG entwickelten Voraussetzungen für den nachträglichen Nachzug von Kindern, welche sinngemäss auch für Ansprüche aus Art. 8 EMRK gelten, sind unterschiedlich, je nachdem ob es sich um die Vereinigung mit den gemeinsamen Eltern oder aber mit einem getrennt lebenden Elternteil handelt. Im ersten Fall bedarf es, unter Vorbehalt des Rechtsmissbrauches, keiner besonderen Rechtfertigung dafür, dass das Nachzugsrecht erst nachträglich geltend gemacht wird; im zweiten Fall dagegen wird ein nachträglicher Familiennachzug nur bewilligt, wenn besondere familiäre Gründe bzw. eine Änderung der Betreuungssituation dies gebieten (BGE 130 II 1 E. 2.2 S. 4; 129 II 11 E. 3.1 S. 14 f.; 126 II 329 E. 2a und 3b S. 330/332). Das ist regelmässig nicht der Fall, wenn im Heimatland alternative Betreuungsmöglichkeiten bestehen, die dem Kindeswohl besser entsprechen, beispielsweise weil dadurch vermieden werden kann, dass das Kind aus seiner bisherigen Umgebung und dem ihm vertrauten Beziehungsnetz gerissen wird (BGE 133 II 6 E. 3.1.2 S. 11 f.; 125 II 585 E. 2c S. 588 mit Hinweisen). 
Auf die Frage der vorrangigen Beziehung kommt es nach der jüngeren Praxis nicht mehr an (vgl. etwa Urteile 2C_99/2008 vom 23. Juli 2008, E. 2.1, 2C_8/2008 vom 14. Mai 2008, E. 2.1, und 2C_290/2007 vom 9. November 2007, E. 2.1). 
 
2.2 Vorliegend kommen die Regeln über den Familiennachzug von Kindern getrennt lebender Eltern zur Anwendung. Der Beschwerdeführer kann den nachträglichen Nachzug seiner Kinder aus der ehelichen bzw. nachehelichen Beziehung mit F.________ somit nur verlangen, wenn stichhaltige Gründe deren Übersiedlung zum Vater in die Schweiz gebieten. Diese Gründe müssen angesichts der drohenden Integrationsschwierigkeiten umso gewichtiger sein, je älter die nachzuziehenden Kinder sind (vgl. BGE 129 II 11 E. 3.3.2 S. 16, vgl. dazu auch BGE 133 II 6, E. 5.3, u.a. mit Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i. S. Tuquabo-Tekle [Nr. 60665 vom 1. Dezember 2005]). 
 
3. 
3.1 Nach den für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (vorne E. 1.4) lebte der Beschwerdeführer nur von frühestens Juni 1997 bis allenfalls Anfang November 1998 mit seinen Kindern zusammen. Nach der Ablehnung ihrer Asylgesuche kamen die Kinder noch einmal zwei Monate zum Vater in die Schweiz (für einen Besuchsaufenthalt im Jahre 2003), im Übrigen leben sie seit ihrer Rückkehr bei einem Bruder des Beschwerdeführers im Kosovo, wo sie auch die Schule besuchen. Die Mutter der Kinder wohnt "höchstens wenige Kilometer von diesen entfernt" und hält "den Kontakt zu ihnen anscheinend aufrecht" (S. 10 des angefochtenen Entscheides). 
Dem Verwaltungsgericht lag sodann ein Bericht des Zentrums für soziale Arbeit in Decan vor, wonach die Mutter "nur geringe persönliche Kontakte zu den Kindern" unterhalte. Der Bruder des Beschwerdeführers ("von unserem Zentrum als Vormund ernannt") gehe einer Arbeitstätigkeit nach und habe eigene Kinder, weshalb er "seine Aufsichtsaufgabe, so wie es sein muss, nicht erfüllen" könne. Sodann werde sich der Vormund "nur bis Ende des Schuljahres, also bis Juli 2006" um die Kinder kümmern. 
Daraus schloss das Verwaltungsgericht, vorliegend seien keine stichhaltigen Gründe für eine Änderung der Betreuungsverhältnisse dargetan. Weder im Bericht des Zentrums für soziale Arbeit noch in den übrigen Ausführungen der Beschwerdeführer werde dargelegt, inwieweit sich die Verhältnisse in den letzten Jahren derart verschlechtert hätten, dass sich eine Änderung der Betreuungsverhältnisse aufdränge. 
 
3.2 Die Beschwerdeführer machen geltend, die Feststellungen der kantonalen Instanzen seien in keiner Weise nachvollziehbar. Sie stellten ohne Angabe von Gründen das Gegenteil der Sachdarstellung der Behörden vor Ort fest und liessen den wichtigsten Umstand, nämlich dass seit Sommer 2006 keine Betreuung für die Kinder (mehr) bestehe, ausser Acht. 
 
3.3 Diese Einwände vermögen nicht durchzudringen: Wie das Verwaltungsgericht ohne Verletzung von Bundesrecht annehmen durfte, ist vorliegend nicht dargetan, wieso die zusammen mit der Mutter ins Heimatland zurückgekehrten Kinder nicht weiterhin bei den väterlichen Verwandten bleiben können, wo sie sich, unter Aufsicht eines Onkels (als Vormund) und unter Aufrechterhaltung der Kontaktmöglichkeiten zu ihrer Mutter bis heute aufhalten. Mit dem Hinweis, dass der Onkel wegen seiner Arbeitstätigkeit und seiner eigenen Familie seine Aufsichtstätigkeit nicht mehr gehörig erfüllen könne, ist nicht dargelegt, inwieweit sich die Verhältnisse gegenüber den letzten Jahren derart verändert haben sollen, dass eine Übersiedlung der Kinder in die Schweiz notwendig erscheint. Ebenso wenig ergibt sich eine solche Notwendigkeit aus der Aussage des Onkels, er werde sich nur noch bis zum Ende des Schuljahres (Juli 2006) um die Kinder kümmern; diesfalls lag es an den Verantwortlichen des örtlichen Zentrums für soziale Arbeit, den von ihnen selber eingesetzten Vormund an seine Pflichten zu erinnern. 
Eine Übersiedlung in die Schweiz drängt sich vorliegend umso weniger auf, als der Beschwerdeführer nach den für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (S. 9/10 des angefochtenen Entscheides) bisher keine enge Beziehung zu seinen Kindern unterhalten hat. Dass dem Vater formell die Obhut bzw. das elterliche Sorgerecht zugesprochen worden ist, kann für die ausländerrechtliche Beurteilung nicht entscheidend sein. 
 
3.4 Nach dem Gesagten durfte das Verwaltungsgericht den Familiennachzug bereits wegen des fehlenden Nachweises einer manifesten Änderung der Betreuungsituation verweigern. Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob der Beschwerdeführer - wie vom Bundesamt für Migration geltend gemacht - wegen Führens einer Parallelbeziehung mit seiner geschiedenen kosovarischen Ehefrau (Geburt der Tochter E.________ im Oktober 1998) seine Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung rechtsmissbräuchlich erlangt hat und das Nachzugsgesuch auch aus diesem Grunde hätte abgewiesen werden dürfen. 
 
4. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten unter solidarischer Haftung den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt, unter solidarischer Haftung. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 2. September 2008 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Merkli Klopfenstein