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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.152/2005 /blb 
 
Urteil vom 16. August 2005 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterinnen Nordmann, Escher, 
Gerichtsschreiberin Scholl. 
 
Parteien 
A.X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Denise Dornier-Zingg, 
 
gegen 
 
B.Y.________, 
Beschwerdegegnerin, 
Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Kommission 
für Beschwerden auf dem Gebiete des ZGB, 
9050 Appenzell. 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV etc. (Bewilligung der Namensänderung), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Appenzell I.Rh., Kommission für Beschwerden auf dem Gebiete des ZGB, vom 
1. März 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Ehe von A.X.________ und B.Y.________ wurde im Jahr 2000 geschieden. Die zwei Kinder E.________, geb. 1993, und F.________, geb. 1994, wurden dabei unter die elterliche Sorge der Mutter gestellt und dem Vater wurde ein Besuchsrecht eingeräumt. Seit der Scheidung trägt B.Y.________ wieder ihren ledigen Nachnamen. 
Mit Präsidialentscheid vom 21. März 2002 verfügte die Vormundschaftsbehörde Appenzell I.L. superprovisorisch die Sistierung des Besuchsrechts auf Grund gesundheitlicher Probleme von A.X.________. 
B. 
Am 22. April 2004 stellte B.Y.________ bei der Standeskommission Appenzell für ihre beiden Kinder ein Gesuch um Namensänderung und beantragte, den Nachnamen ihrer Töchter auf "Y.________" zu ändern. Die Standeskommission bewilligte mit Beschluss vom 5. Juli 2004 die Namensänderung. 
Gegen diesen Entscheid führte A.X.________ Beschwerde beim Kantonsgericht des Kantons Appenzell I.Rh. Mit Urteil vom 1. März 2005 wies dieses die Beschwerde ab und bestätigte den Entscheid der Standeskommission. 
C. 
A.X.________ gelangt mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Er verlangt im Wesentlichen die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils vom 1. März 2005. 
B.Y.________ und das Kantonsgericht Appenzell I.Rh. schliessen in ihren Vernehmlassungen auf Abweisung der Beschwerde. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und in welchem Umfang auf eine staatsrechtliche Beschwerde einzutreten ist (BGE 129 I 302 E. 1 S. 305). 
1.1 Nach Art. 44 lit. a OG ist die Berufung nur zulässig bei Verweigerung der Namensänderung (Art. 30 Abs. 1 und 2 ZGB), nicht aber, wenn diese bewilligt worden ist. Hingegen ist der Vater eines minderjährigen Kindes, welches nach der Scheidung dem andern Elternteil zugesprochen worden ist, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts legitimiert, einen kantonalen Entscheid, durch den dem Kind gestützt auf Art. 30 ZGB die Änderung des Familiennamens gestattet wird, wegen Verletzung von Art. 9 und Art. 29 BV mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten (BGE 97 I 619 E. 3 S. 621 f.; 99 Ia 561 E. 1 S. 563). In dieser Hinsicht erweist sich die vorliegende Beschwerde als zulässig. 
1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich rein kassatorischer Natur (BGE 124 I 327 E. 4a S. 332; 129 I 173 E. 1.5 S. 176). Es kann regelmässig nur die Aufhebung des angefochtenen Entscheids beantragt werden. Nicht einzutreten ist daher auf den Antrag, das Namensänderungsgesuch sei abzuweisen. 
1.3 Mit staatsrechtlicher Beschwerde können grundsätzlich keine Tatsachen und Beweismittel sowie keine rechtlichen Argumente vorgebracht werden, welche nicht bereits im kantonalen Verfahren geltend gemacht worden sind (BGE 118 Ia 20 E. 5a S. 26; 129 I 49 E. 3 S. 57). Als unzulässig erweisen sich namentlich die beantragten Zeugenbeweise sowie die Verweise auf Unterlagen, soweit diese nicht bereits in den kantonalen Akten enthalten sind. 
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur die Zulassung der Namensänderung. Nicht zu entscheiden ist dagegen über eine Wiederaufnahme des sistierten Besuchsrechts. Auf Vorbringen und Erwägungen, welche sich darauf beziehen, ist nicht einzugehen. 
1.4 Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG hat sich ein Beschwerdeführer mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinander zu setzen und im Einzelnen darzustellen, worin die Verletzung der angerufenen Verfassungsrechte bestehen soll. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen. Auf ungenügend begründete Vorbringen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3 f.; 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.). Zudem muss die Begründung in der Beschwerdeschrift selber enthalten sein (BGE 115 Ia 27 E. 4a S. 30; 130 I 290 E. 4.10 S. 302). Von vornherein unbeachtlich sind daher vorliegend Verweise auf in kantonalen Rechtsschriften enthaltene Ausführungen. 
2. 
Der Beschwerdeführer wirft dem Kantonsgericht in erster Linie eine willkürliche Beweiswürdigung vor (Art. 9 BV). 
2.1 Das Kantonsgericht hat erwogen, die beiden Kinder hätten offensichtlich das Verlangen, den Nachnamen der Mutter zu tragen, da sie bereits vor einem Jahr begonnen hätten, in der Schule diesen zu verwenden. Der Beschwerdeführer habe sich weder an Geburtstagen, Weihnachten, Ostern noch anlässlich der Erstkommunion bei seinen Kindern gemeldet. Es sei deshalb nachvollziehbar, dass es die Töchter in ihrem Innersten schwer getroffen und gekränkt habe, von ihrem Vater über lange Zeit nicht mehr kontaktiert bzw. wahrgenommen zu werden. Entsprechend einleuchtend sei es, dass es ihnen grosse Probleme mache, den Namen ihres leiblichen Vaters zu tragen, von welchem sie sich völlig missachtet und im Stich gelassen fühlten. Glaubwürdig sei deshalb unter Würdigung der gesamten Umstände auch, dass die Kinder aus eigenem Antrieb, ohne Beeinflussung durch die Mutter, den Namenswechsel in der Schule vorgenommen hätten. 
Weiter hat das Kantonsgericht ausgeführt, beide Mädchen würden bei ihrer Mutter wohnen, mit der sie eine wirklich gelebte familiäre Bindung aufgebaut hätten. Zur Identifikation mit der Familie gehöre auch das Tragen des Namens der Familie. Aus den Akten seien keine negativen Beeinflussungen der Mutter gegen den Beschwerdeführer ersichtlich. Die Kinder hätten aus eigenem Willen die Namensänderung unter den vorgängig erwähnten Vorfällen angestrebt. Zum Wohl der Kinder soll ihnen ermöglicht werden, mit der Mutter eine tatsächliche familiäre Identität aufbauen zu können. 
2.2 Der Beschwerdeführer bringt dagegen eingehende Erklärungen zu den Spannungen zwischen den Parteien im Scheidungszeitpunkt und bei der Ausübung des Besuchsrechts vor und führt aus, diese Probleme seien nicht alleine ihm zuzuschreiben, sondern auch von der Mutter zu verantworten. Diese Erläuterungen beziehen sich indes auf Sachverhaltselemente, welchen im angefochtenen Urteil keine entscheidende Bedeutung zugemessen worden ist und auf welche deshalb nicht einzutreten ist (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
2.3 Das Kantonsgericht hat dem Beschwerdeführer vor allem vorgehalten, nach seinem Verlassen der Klinik im Juni 2002 im September 2002 den letzten Versuch unternommen zu haben, seine Töchter zu sehen und danach erst im Juli 2004 - nach dem erstinstanzlichen Beschluss betreffend Namensänderung - an die Vormundschaftsbehörde zur Wiederaufnahme des Besuchsrechts gelangt zu sein. Diesen Sachverhalt bestreitet der Beschwerdeführer vorliegend nicht substantiiert, gibt er doch selber an, sich seit Herbst 2002 zurückgezogen zu haben. Unerheblich, soweit nicht ohnehin rein appellatorisch (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), sind damit die Ausführungen zu den Kontakten zu den Kindern vor diesem Zeitpunkt. Es ist daher auch nicht ersichtlich, aus welchem Grund das Kantonsgericht zu diesem Punkt hätte Zeugen befragen sollen; die Rüge der willkürlichen antizipierten Beweiswürdigung stösst ins Leere. 
2.4 Weiter hat das Kantonsgericht als Wesentlich angesehen, dass die Kinder sich vom Beschwerdeführer im Stich gelassen fühlten, und hat ihm vorgeworfen, sich an für die Kinder wichtigen Tagen wie Geburtstage, Weihnachten, Ostern oder Erstkommunion nicht gemeldet zu haben. Gegen diesen Vorhalt bringt der Beschwerdeführer - wie bereits im kantonsgerichtlichen Verfahren - einzig vor, er sei von der Mutter über die Erstkommunion nicht informiert worden. Indes geht er mit keinem Wort auf die Erwägung des Kantonsgerichts ein, es wäre für einen interessierten Vater ein Leichtes gewesen, den Tag der Erstkommunion herauszufinden, da dieses Ereignis einzig vom Schulalter des Kindes abhängig sei und grundsätzlich am Weissen Sonntag stattfinde. Damit kann auf diese Rüge mangels Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil nicht eingetreten werden (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Gleiches gilt für die Kritik an der kantonsgerichtlichen Feststellung, er habe sich nicht um eine Wiederaufnahme des sistierten Besuchsrechts bemüht. Hier bringt er wie bereits im kantonalen Verfahren vor, auf Grund der Formulierung der superprovisorischen Verfügung habe er sich darauf verlassen können, dass die Vormundschaftsbehörde von sich aus aktiv werden würde. Indes geht er nicht auf die Begründung des Kantonsgerichts ein, er hätte ungeachtet des Wortlautes der Verfügung die Vormundschaftsbehörde von sich aus vom Ende des Therapieaufenthaltes benachrichtigen und ihr die entsprechenden ärztlichen Zeugnisse einreichen können. Damit erweisen sich die Vorbringen des Beschwerdeführers auch in diesem Punkt als appellatorisch (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
Keine substantiierten Rügen bringt der Beschwerdeführer zudem gegen die kantonsgerichtliche Feststellung vor, die Kinder würden sich vom ihm im Stich gelassen fühlen. 
2.5 Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Annahme, die Kinder hätten von sich aus angefangen, in der Schule den Nachnamen der Mutter anzugeben, sei eine blosse Behauptung. Er weist indes nicht nach, inwiefern diese Feststellung geradezu willkürlich sein soll. Soweit er geltend macht, die Kinder seien nie persönlich befragt worden, ist ihm entgegen zu halten, dass er im kantonalen Verfahren nie eine solche Anhörung verlangt hat. Auch in diesem Punkt genügt damit die Beschwerde den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
3. 
Der Beschwerdeführer bringt zudem vor, selbst wenn der vom Kantonsgericht festgestellte Sachverhalt zutreffen würde, sei eine Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB unbegründet. 
3.1 Nach Art. 30 Abs. 1 ZGB kann die Regierung des Wohnsitzkantons einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn wichtige Gründe vorliegen. Ob im einzelnen Fall ein Grund für eine Namensänderung vorliegt, ist eine Ermessensfrage, die von der zuständigen Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist (Art. 4 ZGB). Die Namensänderung hat den Zweck, ernstliche Nachteile, die mit dem bisherigen Namen verbunden sind, zu beseitigen, wobei vor allem moralische, geistige und seelische Interessen im Spiel stehen können (BGE 108 II 1 E. 5a S. 4; 124 III 401 E. 2b S. 402). Nach einer älteren Rechtsprechung hat das Bundesgericht die Änderung des Familiennamens regelmässig bewilligt, wo ein Kind nach der Scheidung der Eltern bei der Mutter lebt und diese den früheren Namen wieder angenommen hat (BGE 124 III 401 E. 2b/aa S. 402 mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht in der Zwischenzeit aufgegeben, denn infolge der Zunahme von Scheidungen und der gewandelten Beurteilung von Scheidungen durch die Gesellschaft erwachsen Kindern heute kaum mehr soziale Nachteile, wenn solche Familienverhältnisse auf Grund des Namens erkennbar sind. Das Bundesgericht hat entschieden, dass ein Kind geschiedener Eltern, das unter der elterlichen Gewalt der Mutter steht und in deren durch Wiederheirat gegründeter neuer Familie lebt, nur bei Vorliegen besonderer Umstände Anspruch auf Annahme des Familiennamens des Stiefvaters hat (BGE 121 III 145 E. 2c S. 148; 124 III 401 E. 2b/bb S. 403). Gleiches gilt für die Annahme des Ledigennamens der sorgeberechtigten Mutter, den diese nach der Scheidung wieder führt. 
3.2 Im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht die Anwendung und Auslegung von eidgenössischem Recht, also vorliegend von Art. 30 Abs. 1 ZGB, nur auf Willkür hin (BGE 108 Ia 178 E. 2 S. 180; Urteil des Bundesgerichts 5P.135/2001 vom 25. Mai 2001, E. 2c/aa). 
Das Kantonsgericht hat ausdrücklich auf die neue Rechtsprechung des Bundesgerichts Bezug genommen und namentlich die Namensänderung nicht allein deshalb erlaubt, um eine Namensidentität zwischen den Kindern und der sorgeberechtigten Mutter herzustellen. Vielmehr hat es angenommen, es würden besondere Umstände vorliegen, da sich die Kinder vom Beschwerdeführer im Stich gelassen fühlten und selber angefangen hätten, den Nachnamen der Mutter zu tragen. Inwiefern diese Erwägungen eine geradezu willkürliche Anwendung von Art. 30 Abs. 1 ZGB darstellen sollen, legt der Beschwerdeführer, welcher auch in diesem Punkt rein appellatorische Kritik vorbringt, nicht rechtsgenüglich dar (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
4. 
Damit kann auf die staatsrechtliche Beschwerde insgesamt nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Er schuldet der Beschwerdegegnerin allerdings keine Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren, da diese nicht anwaltlich vertreten gewesen ist und ohnehin keine einlässliche Vernehmlassung eingereicht hat. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Kommission für Beschwerden auf dem Gebiete des ZGB, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 16. August 2005 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: