Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 347/00 
 
Urteil vom 14. Oktober 2003 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Hadorn 
 
Parteien 
W.________, 1941, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Markus Schmid, Steinenschanze 6, 4051 Basel, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Liestal 
 
(Entscheid vom 7. Juni 2000) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obli-gatorisch unfallversicherte W.________ (geb. 1941) erlitt am 18. Ok-tober 1996 einen Unfall. Die SUVA kam für die gesetzlichen Leis-tungen auf. Mit Verfügung vom 14. Juli 1998 sprach sie W.________ eine Rente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 30 % sowie eine Entschädigung für einen Integritätsverlust von 10 % zu. Auf Einsprache von W.________ hin erhöhte die Anstalt die Rente mit Entscheid vom 27. Januar 1999 auf 35 % und hielt an der bisherigen Integritätsentschädigung fest. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (heute: Kantonsgericht Basel-Landschaft) mit Entscheid vom 7. Juni 2000 ab. 
C. 
W.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es seien ihm eine Invalidenrente von mindestens 60 % und eine Integritätsentschädigung vom 25 % auszurichten. 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwer-de, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Ver-nehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die gesetzlichen Vorschriften für den Anspruch auf Rente (Art. 18 Abs. 1 und 2 UVG) und Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1 und 25 Abs. 1 UVG; Art. 36 Abs. 1 UVV; Anhang 3 zur UVV) sowie die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 116 V 157; 115 V 133 und 147) sind im Einspracheentscheid richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 27. Januar 1999) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
2. 
Streitig und zu prüfen sind der Invaliditätsgrad sowie die Höhe der Integritätsentschädigung. 
2.1 Auf Grund der medizinischen Akten ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer seine früher ausgeübte Tätigkeit als Maler wegen der dauernden Schwäche des linken Arms nicht mehr verrichten kann. Hingegen sind ihm gemäss Bericht des SUVA-Kreisarztes Dr. med. S.________ vom 7. April 1998 leichte Tätigkeiten vorwiegend unterhalb der Horizontalen mit vereinzelten, darüber liegenden Arbeitsgängen zumutbar. Überkopfarbeiten seien nicht mehr, Heben und Tragen mit dem linken Arm nur noch sehr eingeschränkt möglich. In Frage kämen Kontroll- und Überwachungsfunktionen, leichte industrielle Produktions- und Montagearbeiten auf Tischhöhe, Portierdienste, hausinterne Botengänge, Tätigkeiten im Verkauf, Archiv- oder Magazinarbeiten sowie administrative Tätigkeiten. An einem geeigneten Arbeitsplatz sei ein ganztägiger Einsatz zumutbar. 
2.2 Auf diese Einschätzung ist abzustellen. Sie steht im Einklang mit den übrigen medizinischen Akten, spricht doch die Bäderklinik zum Schiff, Baden, im Austrittsbericht vom 10. Dezember 1997 von einem sehr guten Operationsresultat mit übereinstimmenden Bewertungen hinsichtlich des linken Armes. Dr. med. B.________, Facharzt für Orthopädie, gibt im Bericht vom 24. März 1998 an, hinsichtlich der mit dem hier streitigen Unfall zusammenhängenden Rotatorenmanschettenruptur sei eine wesentliche Besserung eingetreten. Die Einschränkung in der Belastbarkeit als Maler sei auf eine Gonarthrose zurückzuführen. Leichte bis mittelschwere Arbeiten seien möglich, wobei ständiges Heben und Tragen vermieden werden sollte. Demnach ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in angepassten, leichten Verweisungstätigkeiten noch voll arbeitsfähig ist. 
2.3 Im Folgenden ist mittels eines Einkommensvergleichs zu prüfen, welchen Erwerbsverlust der Versicherte bei Ausübung einer zumutbaren Arbeit erleiden würde. Dabei ist unbestritten und anhand der Auskünfte des letzten Arbeitgebers, der Firma H.________ AG, vom 6. Oktober 1998 erwiesen, dass der Beschwerdeführer im Jahr des Rentenbeginns (1998) ohne seinen Unfall ein Einkommen von Fr. 87'860.- erzielt hätte. Streitig ist hingegen das hypothetische Invalideneinkommen. Die SUVA stellte auf fünf Arbeitsplätze aus ihrer Dokumentation von Arbeitsplätzen (DAP) ab, auf Grund welcher sie ein durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. 56'100.- ermittelte. Die Vorinstanz bestätigte dieses Vorgehen. Der Beschwerdeführer hingegen bestreitet die Verwendbarkeit der DAP-Blätter im Allgemeinen und diejenige von vier der fünf von der SUVA beigezogenen Beispiele im Besonderen. 
2.3.1 Zur Streitfrage, ob bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades auf die DAP-Werte zurückgegriffen werden kann oder ob stattdessen die Schweizerischen Lohnstrukturerhebungen (LSE) des Bundesamtes für Statistik beizuziehen sind, hat das Eidgenössische Versicherungsge-richt in dem zur Publikation in BGE 129 V bestimmten Urteil C. vom 28. August 2003 (U 35/00 + U 47/00) einen Grundsatzentscheid gefällt. Dabei hat es erwogen, dass die DAP im konkreten Einzelfall repräsentativ sein müssen. Es genügt daher nicht, wenn lediglich ein einziger oder einige wenige zumutbare Arbeitsplätze angegeben werden, weil es sich dabei sowohl hinsichtlich der Tätigkeit als auch des bezahlten Lohnes um Sonder- oder Ausnahmefälle handeln kann. Vielmehr muss die SUVA mindestens fünf DAP-Blätter auflegen, damit die Repräsentativität der DAP-Profile als gegeben betrachtet werden kann. Zusätzlich hat der Unfallversicherer Angaben zu machen über die Gesamtzahl der auf Grund der gegebenen Behinderung der versicherten Person in Frage kommenden dokumentierten Arbeitsplätze, über den Höchst- und den Tiefstlohn sowie über den Durchschnitts-lohn der dem jeweils verwendeten Behinderungsprofil entsprechenden Gruppe. Damit wird die Überprüfung des Auswahlermessens hinreichend ermöglicht, und zwar in dem Sinne, dass die Kenntnis der dem verwendeten Behinderungsprofil entsprechenden Gesamtzahl behin-derungsbedingt in Frage kommender Arbeitsplätze sowie des Höchst-, Tiefst- und Durchschnittslohnes im Bereich des Suchergebnisses eine zuverlässige Beurteilung der von der SUVA verwendeten DAP-Löhne hinsichtlich ihrer Repräsentativität erlaubt. Das rechtliche Gehör ist dadurch zu wahren, dass die SUVA die für die Invaliditätsbemessung im konkreten Fall herangezogenen DAP-Profile mit den erwähnten zusätzlichen Angaben auflegt und die versicherte Person Gelegenheit hat, sich hiezu zu äussern (vgl. Art. 122 lit. a UVV in der bis 31. Dezember 2000 gültig gewesenen Fassung und Art. 26 Abs. 1 lit. b VwVG; BGE 115 V 297 ff.). Allfällige Einwendungen der versicherten Person bezüglich des Auswahlermessens und der Repräsentativität der DAP-Blätter im Einzelfall sind grundsätzlich im Einspracheverfahren zu erheben, damit sich die SUVA im Einspracheentscheid damit auseinandersetzen kann. Ist die SUVA nicht in der Lage, im Einzelfall den erwähnten Anforderungen zu genügen, kann im Bestreitungsfall nicht auf den DAP-Lohnvergleich abgestellt werden; die SUVA hat diesfalls im Einspracheentscheid die Invalidität auf Grund der LSE-Löhne zu ermitteln. Im Beschwerdeverfahren ist es Sache des angerufenen Gerichts, die Rechtskonformität der DAP-Invaliditätsbemessung zu prüfen, gegebenenfalls die Sache an den Versicherer zurückzuweisen oder an Stelle des DAP-Lohnvergleichs einen Tabellenlohnvergleich gestützt auf die LSE vorzunehmen (erwähntes Urteil C., Erw. 4.2.2). 
2.3.2 In den bis zum Einspracheentscheid vom 27. Januar 1999 vorhanden gewesenen Akten befinden sich fünf DAP-Blätter. Hingegen fehlen Angaben über die Gesamtzahl der in Frage kommenden Arbeitsplätze, den Höchst-, den Durchschnitts- und den Tiefstlohn der beim Behinderungsprofil des Beschwerdeführers verwendeten Löhne. Das Auswahlermessen ist somit vorliegend nicht überprüfbar. Dies vermag den vom Eidgenössischen Gericht aufgestellten Anforderungen (Erw. 2.3.1 hievor) nicht zu genügen. Daher kann der Invaliditätsgrad des Versicherten nicht mittels DAP-Blättern errechnet werden. Dieser hat vielmehr auf Grund der LSE zu erfolgen. 
2.3.3 Gemäss Tabelle TA1 der LSE 1998 verdienten Männer in einfachen und repetitiven Tätigkeiten des privaten Sektors im Monat Fr. 4268.-. Diese Zahl versteht sich inklusive Anteil des 13. Monatslohnes bei einer standardisierten 40-Stunden-Woche. Die durchschnittliche Arbeitszeit im Jahr 1998 betrug indessen 41,8 Stunden (Die Volkswirtschaft 2001, Heft 12, S. 80 Tabelle B 9.2; zur Publikation in BGE 129 V vorgesehenes Urteil S. vom 30. Mai 2003, U 401/01, Erw. 3.1.1), weshalb der erwähnte Lohn entsprechend aufzuwerten ist. Dies ergibt einen Jahresverdienst von Fr. 53'521.-. 
2.3.4 Nach der Rechtsprechung (BGE 126 V 78 Erw. 5a/aa) erreichen Versicherte, die in ihrer letzten Tätigkeit körperliche Schwerarbeit verrichtet haben und nach Eintritt des Gesundheitsschadens auch für leichtere Arbeiten nur beschränkt einsatzfähig sind, in der Regel das entsprechende durchschnittliche Lohnniveau gesunder Hilfsarbeiter nicht. Ferner können weiter persönliche Merkmale einer versicherten Person, wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Nationalität oder Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben (BGE 126 V 78 Erw. 5a/cc). Diese Faktoren können, müssen aber nicht zu einer Reduktion der Tabellenlöhne führen. Der Einfluss aller Merkmale auf das hypothetische Invalideneinkommen ist in jedem Einzelfall unter Würdigung aller Umstände nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen und unter Berücksichtigung aller jeweils in Betracht fallender Merkmale auf höchstens 25 % zu begrenzen (BGE 126 V 80 Erw. 5b/bb und cc). 
2.3.5 Vorliegend fällt für den ausländischen Versicherten das fortgeschrittene Alter erschwerend ins Gewicht. Durch die Krafteinbusse am linken Arm besteht sodann auch in leichteren Tätigkeiten eine gewisse Einschränkung, indem Arbeiten über der Horizontalen nur noch ver-einzelt möglich sind. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht mehr die volle Leistung eines gesunden Hilfsarbeiters zu erreichen vermag. Daher rechtfertigt es sich, das oben (Erw. 2.3.3 in fine) ermittelte hypothetische Jahreseinkommen um 25 % zu reduzieren. Damit ist es dem Versicherten zuzumuten, noch einen Verdienst von Fr. 40'141.- zu erzielen. Im Vergleich zum unbestrittenen hypothetischen Valideneinkommen von Fr. 87'860.- ergibt sich somit ein Invaliditätsgrad von 54 %. Demnach hat die SUVA dem Beschwerdeführer eine Rente in dieser Höhe auszurichten. Der Rentenbeginn (1. Juli 1998) ist nicht bestritten. 
2.3.6 Hinsichtlich der Integritätsentschädigung ging Dr. S.________ im Bericht vom 7. April 1998 von einer mässigen Periarthrosis humerosca-pularis links bei Status nach Rekonstruktion der Rotatorenmanschette aus. Dafür erachtete der Arzt eine Entschädigung von 10 % als angemessen. Er orientierte sich an den Werten, welche in der von der SUVA entworfenen Tabelle 1.2 der Integritätsentschädigung gemäss UVG enthalten sind. Nach dieser Tabelle entspricht der vollständige Verlust eines Armes einer Entschädigung von 50 %. Eine leichte Form der Periarthrosis humeroscapularis wird mit 0 %, eine mittelschwere mit 10 % und eine schwere mit 25 % entschädigt. Angesichts der medizinischen Akten ist der linke Arm des Versicherten wohl nicht mehr so kräftig wir früher. Indessen bleibt er noch teilweise einsetzbar. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der SUVA-Kreisarzt auf eine der mittelschweren Form der Periarthrosis humeroscapularis entsprechende Entschädigung geschlossen hat. Daran vermögen die Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts zu ändern. 
3. 
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 134 OG). Der Beschwerdeführer obsiegt in Bezug auf die Rente, weshalb ihm zu Lasten der insoweit unterliegenden SUVA Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung zusteht (Art. 159 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 7. Juni 2000 und der Einspracheentscheid der SUVA vom 27. Januar 1999, soweit den Anspruch auf eine Rente betreffend, aufgehoben, und es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer ab 1. Juli 1998 Anspruch auf eine Invalidenrente der SUVA entsprechend einem Invaliditätsgrad von 54 % hat. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die SUVA hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft wird über den Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozes-ses zu befinden haben. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Land-schaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 14. Oktober 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Vorsitzende der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: