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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1C_356/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 3. September 2014  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Merkli, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Horst Weber, und Rechtsanwalt Prof. Michael Nagel, dieser substituiert durch Rechtsanwalt Stefan Wehrenberg, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern.  
 
Gegenstand 
Auslieferung an die Türkei, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 3. Juli 2014 des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 23. September 2013 ersuchten die türkischen Behörden um Auslieferung des kasachischen Staatsangehörigen A.________ zur Strafverfolgung wegen des Verdachts des Mordes. Sie werfen ihm vor, er habe in Mittäterschaft mit einem anderen im Rahmen einer finanziellen Auseinandersetzung einen Geschäftspartner getötet. 
Am 18. November 2013 bewilligte das Bundesamt für Justiz die Auslieferung. 
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht (Beschwerdekammer) am 3. Juli 2014 ab. 
 
B.   
Am 14. Juli 2014 reichte A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Horst Weber, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein mit dem Antrag, die Entscheide des Bundesstrafgerichts und des Bundesamtes seien aufzuheben, und weiteren Anträgen. Er beantragt insbesondere subsubeventualiter, vom ersuchenden Staat sei vor der Auslieferung die Garantie einzuholen, dass der Verfolgte nicht zum Tod verurteilt oder einer Behandlung unterworfen werde, die seine körperliche Integrität beeinträchtigt (Art. 3 EMRK); ebenso, dass der Verfolgte ein faires Verfahren nach den Grundsätzen von Art. 6 EMRK erhalte und auch die anderen Grundrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention eingehalten würden. 
 
C.   
Das Bundesstrafgericht verzichtete am 25. Juli 2014 unter Hinweis auf seinen Entscheid auf Gegenbemerkungen. 
Das Bundesamt liess sich am 30. Juli 2014 vernehmen mit dem Antrag, auf die Beschwerde vom 14. Juli 2014 sei nicht einzutreten, da es an der Voraussetzung des besonders bedeutenden Falles nach Art. 84 BGG fehle. 
 
D.   
Am 4. August 2014 gab das Bundesgericht A.________ Gelegenheit, zu den Eingaben des Bundesstrafgerichts und des Bundesamts bis zum 18. August 2014 Stellung zu nehmen. 
Am 14. August 2014 reichte A.________, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Michael Nagel, dieser substituiert durch Rechtsanwalt Stefan Wehrenberg, dem Bundesgericht eine "Ergänzung der Beschwerde" vom 14. Juli 2014 ein. 
Innert der bis zum 29. August 2014 erstreckten Frist nahm A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Weber, zu den Eingaben des Bundesstrafgerichts und des Bundesamtes Stellung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerdefrist von 10 Tagen (Art. 100 Abs. 2 lit. b BGG) ist am 14. Juli 2014 abgelaufen. Die Beschwerdeergänzung vom 14. August 2014 dürfte unbeachtlich sein, da der Beschwerdeführer die darin erhobenen Einwände innerhalb der Beschwerdefrist hätte vorbringen können (vgl. BGE 132 I 42 E. 3.3.4 S. 47 mit Hinweisen). Wie es sich damit verhält, kann jedoch dahingestellt bleiben. Selbst wenn man die Beschwerdeergänzung berücksichtigte, änderte sich aus den folgenden Erwägungen am Ergebnis nichts. 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er unter anderem eine Auslieferung betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2).  
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist mit Zurückhaltung anzunehmen (BGE 139 II 340 E. 4 S. 342; 136 IV 139 E. 2.4 S. 144; 134 IV 156 E. 1.3.1 S. 160). 
Ein besonders bedeutender Fall kann auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst wie keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4 S. 161). 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist. 
Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3 BGG - abgesehen von einem hier nicht gegebenen Ausnahmefall - den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen Schriftenwechsels. 
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
2.2. Zwar geht es hier um eine Auslieferung und damit ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Die Ausführungen des Beschwerdeführers sind jedoch nicht geeignet, einen besonders bedeutenden Fall darzutun.  
 
2.2.1. Soweit die Vorinstanz den Alibibeweis als nicht erbracht beurteilt hat, stützt sie sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, auf die zurückzukommen kein Anlass besteht. Die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (E. 3.6 S. 6 ff.) sind nicht zu beanstanden. Darauf kann verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).  
 
2.2.2. Der Beschwerdeführer befürchtet in verschiedener Hinsicht eine menschenrechtswidrige Behandlung in der Türkei, weshalb von dieser zumindest diplomatische Garantien einzuholen seien.  
Die bundesgerichtliche Rechtsprechung verlangt von der Türkei diplomatische Zusicherungen der menschenrechtskonformen Behandlung des Verfolgten in heiklen Fällen mit politischem Hintergrund (BGE 133 IV 76 E. 4.4, 4.5 und 4.6 S. 88 ff.; Urteil 1A.215/2000 vom 16. Oktober 2000 E. 6b f.; je mit Hinweisen). 
Wie der Beschwerdeführer ausdrücklich einräumt, handelt es sich bei der ihm vorgeworfenen Straftat um eine gemeinrechtliche ohne politischen Hintergrund (Beschwerde S. 14 N. 47, S. 15 N. 51, S. 18 N. 65, S. 19 N. 67, S. 21 N. 74; vgl. bereits Beschwerde an die Vorinstanz [act. 1] S. 22 Ziff. 93). 
Im Auslieferungsersuchen (S. 3) haben zudem die türkischen Behörden unter der Überschrift "Garantien" unter anderem Folgendes erklärt: 
 
"Der Verdächtigte hat alle gesetzlichen Rechte, die in den von der Türkei ratifizierten internationalen Übereinkommen und im türkischen Recht vorgesehen sind." 
Zu den von der Türkei ratifizierten internationalen Übereinkommen gehört die Europäische Menschenrechtskonvention, welche Folter und unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung verbietet (Art. 3) und das Recht auf ein faires Verfahren gewährleistet (Art. 6 EMRK); ebenso das Protokoll Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, welche nach dem dem Auslieferungsersuchen beigefügten Auszug aus dem türkischen Strafgesetzbuch hier ohnehin nicht zur Diskussion steht. Die Türkei hat damit eine menschenrechtskonforme Behandlung des Beschwerdeführers bereits zugesichert. 
Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die Einholung einer weiteren diplomatischen Zusicherung als entbehrlich erachtet hat. Die Türkei könnte sich dadurch zu nichts verpflichten, was sie nicht bereits getan hat. Aufgrund des völkerrechtlichen Vertrauensprinzips ist davon auszugehen, dass sich die Türkei an die im Auslieferungsersuchen abgegebene Garantierklärung halten wird. Der Beschwerdeführer kann in der Türkei zudem den Schutz der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates in Anspruch nehmen (Art. 36 Ziff. 1 lit. c des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen [SR 0.191.02], dem sowohl Kasachstan als auch die Türkei beigetreten sind). 
Der vorliegende Fall ist weitgehend vergleichbar mit jenem, über den das Bundesgericht im Urteil 1A.215/2000 vom 16. Oktober 2000 zu befinden hatte. Dort hat es die Einholung weiterer diplomatischer Garantien durch die Türkei ebenfalls als nicht erforderlich erachtet (E. 6b f.). Zu einer abweichenden Beurteilung besteht hier kein Anlass. 
Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerdeergänzung und Replik ausführt, das zuständige türkische Gericht habe die Anklageschrift "mangels hinreichender Ausführungen" durch bedingten Nichteröffnungsbeschluss zurückgewiesen, spricht das im Übrigen dafür, dass er in der Türkei Rechtsschutz geniesst und ihm somit kein unfaires Verfahren droht. 
 
2.2.3. Dass dem Fall sonst wie eine besondere Bedeutung zukommen könnte, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist nicht ersichtlich.  
 
3.   
Die Beschwerde ist daher unzulässig. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerde kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. September 2014 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Härri