Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_354/2009 
 
Urteil vom 8. Mai 2009 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Gerichtsschreiber Batz. 
 
Parteien 
W.________, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Laube, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 9. März 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Verfügung vom 30. Oktober 2007 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich den Anspruch der 1950 geborenen W.________ auf Leistungen der Invalidenversicherung. 
 
B. 
Eine dagegen eingereichte Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich in dem Sinne teilweise gut, dass es die angefochtene Verfügung vom 30. Oktober 2007 aufhob und die Sache an die Verwaltung zurückwies, damit diese nach Ergänzung des Sachverhalts im Sinne der Erwägungen neu über den Rentenanspruch verfüge; im Übrigen wies das Sozialversicherungsgericht die Beschwerde ab (Entscheid vom 9. März 2009). 
 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt W.________ beantragen, der angefochtene Entscheid betreffend IV-Leistungen sei, soweit er die Beschwerde abweise, aufzuheben, und es sei ihr ab Juni 2004 eine ganze Rente der IV zuzusprechen; eventuell sei eine umfassende medizinische Begutachtung zu veranlassen; eventuell sei die Gutachterstelle durch das Gericht zu bestimmen. Schliesslich lässt sie die Sistierung des vorliegenden IV-Beschwerdeverfahrens beantragen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Endentscheide, das heisst gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG), und gegen Teilentscheide, die nur einen Teil der gestellten Begehren behandeln, wenn diese unabhängig von den anderen beurteilt werden können, oder die das Verfahren nur für einen Teil der Streitgenossen und Streitgenossinnen abschliessen (Art. 91 BGG). Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist hingegen die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f.). Anders verhält es sich nur, wenn der unteren Instanz, an welche zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die Rückweisung bloss noch der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131, 9C_684/2007 E. 1.1; dazu nicht veröff. E. 1 des zur Publikation in BGE 135 X bestimmten Urteils 9C_876/2008 vom 14. April 2009). 
 
2. 
In Bezug auf die Verneinung eines Leistungsanspruches für die Zeit von Mai/Juni 2004 bis in das Jahr 2005 hat das kantonale Gericht die Sache zu weiteren Abklärungen an die Verwaltung zurückgewiesen; insoweit liegt ein Zwischenentscheid vor, der nur unter den hier nicht erfüllten Voraussetzungen von Art. 92 oder 93 BGG angefochten werden könnte und von der Beschwerdeführerin denn auch nicht angefochten wird. 
 
3. 
Für die Zeit ab 2005 hat die Vorinstanz demgegenüber abschliessend entschieden, dass im Hinblick auf die ab 14. Januar 2005 wiederum bestehende volle Arbeits- (und damit Erwerbs-)fähigkeit nur eine befristete Invalidenrente in Betracht falle, das heisst für die Folgezeit kein Rentenanspruch mehr bestehe. Es fragt sich, ob diesbezüglich ein selbständig anfechtbarer Teilentscheid vorliegt. 
 
4. 
4.1 Die Abgrenzung zwischen Teil- und Zwischenentscheid erfolgt auf der Ebene des Streitgegenstandes: Massgebend ist, ob der Entscheid ein Begehren behandelt, das unabhängig von anderen beurteilt werden kann (Art. 91 lit. a BGG), das heisst auch Gegenstand eines selbständigen Verfahrens hätte bilden können (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4332 Ziff. 4.1.4.1); solche Entscheide sind (anders als die Zwischenentscheide) selbständig der materiellen Rechtskraft zugänglich (BGE 128 III 191 E. 4a S. 194; Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 6 zu Art. 91 und N. 2 zu Art. 93 BGG). 
 
4.2 Wird von mehreren an sich denkbaren, derart unabhängigen Begehren nur eines überhaupt prozessual thematisiert, so bildet einzig dieser Punkt Prozessgegenstand; der darüber ergehende Entscheid ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Das zuständige Gericht kann aber auch zur Vereinfachung des Verfahrens von mehreren gleichzeitig gestellten Rechtsbegehren nur einen Teil beurteilen (vgl. Art. 123 lit. a des bundesrätlichen Entwurfs vom 28. Juni 2006 zu einer Schweizerischen Zivilprozessordnung [E-ZPO]; BBl 2006 7413); in diesem Fall handelt es sich um Teilentscheide im Sinne von Art. 91 BGG, welche selbständig anfechtbar sind und später nicht mehr angefochten werden können (Hans Peter Walter, Neue Zivilrechtspflege, in: Pierre Tschannen [Hrsg.], Neue Bundesrechtspflege, Berner Tage für die juristische Praxis [BTJP], 2007, S. 113 ff., 132 f.; vgl. Urteil 5A_512/2007 vom 17. April 2008 E. 1.4, nicht publ. in: BGE 134 III 433; 4A_85/2007 vom 11. Juni 2007 E. 3.3). Unzulässig ist dies gemäss Art. 91 lit. a BGG dann, wenn solche Teil-Rechtsansprüche nicht unabhängig von den anderen Begehren beurteilt werden können. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach materiellrechtlichen Gesichtspunkten. Ist nach dem materiellen Recht eine unabhängige Beurteilung einzelner Punkte nicht möglich, so ist ein Entscheid, mit dem über diese Punkte befunden wird, ein Zwischenentscheid (BGE 134 III 426 E. 1.2 S. 428 f.). 
 
4.3 Das Rentenverhältnis ist ein Dauerrechtsverhältnis, welches naturgemäss eine längere Zeitspanne beschlägt. Im Rahmen von Dauerrechtsverhältnissen ist es unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs grundsätzlich möglich, Rechtsansprüche, welche bestimmte Teile der gesamten Dauer betreffen, je zum Gegenstand selbständiger Verfahren zu machen, die zu einem rechtskräftigen Entscheid nur in Bezug auf die betreffende Teilperiode führen. Im Zivilprozess spricht man dabei von einer (individualisierten oder unechten) Teilklage (vgl. Art. 84 E-ZPO; Sutter-Somm, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2007, S. 108 Rz. 526; Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 2008, S. 199 f. Rz. 40; Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 1 e zu Art. 138, N. 12 c bb zu Art. 192 ZPO; vgl. Urteil 4C.204/1995 vom 22. Februar 1996 E. 2). Das ist auch im öffentlichen Recht, namentlich in der Sozialversicherung, der Fall: Im Klageverfahren wird der Streitgegenstand durch das klägerische Begehren bestimmt; beschränkt sich dieses beispielsweise im Rahmen einer Klage (Art. 73 BVG) auf Rentenleistungen der beruflichen Vorsorge nur auf einen bestimmten Teilzeitraum, so kann nur dieser beurteilt werden. Im Bereich der nachträglichen Verwaltungsgerichtsbarkeit bestimmt die angefochtene Verfügung den zulässigen Streitgegenstand: Unter dem Vorbehalt einer ausnahmsweisen Ausdehnung des Streitgegenstands (BGE 130 V 138 E. 2.1 S. 140 f.) kann die Beschwerdeinstanz nur beurteilen, was verfügt worden ist; ist nur über einen Teilzeitraum verfügt worden, kann auch nur dieser beurteilt werden (vgl. z.B. Urteil 9C_603/2007 vom 8. Januar 2008 E. 2). 
 
5. 
5.1 Steht eine Dauerleistung während einer längeren Zeitperiode zur Diskussion und hat die Vorinstanz nur für einen Teil dieses Zeitraums in der Sache entschieden, so liegt nach dem Gesagten grundsätzlich ein Teilentscheid vor, der selbständig anfechtbar ist. Das Bundesgericht hat denn auch mit Urteil 9C_728/2008 vom 6. April 2009 E. 1.4.6 erkannt, dass ein Entscheid, mit welchem eine Vorinstanz des Bundesgerichts eine bestimmte, vorangehende Teilperiode des Rentenanspruchs materiell abschliessend beurteilt und für eine darauf folgende Teilperiode die Sache zu neuer Beurteilung an die Verwaltung zurückweist, in Bezug auf die materiell abschliessend beurteilte Phase ein Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG ist, der selbständig anfechtbar ist und innert der Frist des Art. 100 BGG angefochten werden muss, wenn der Eintritt der Rechtskraft verhindert werden soll (Urteil 1B_206/2007 vom 7. Januar 2008 E. 3.3; 1C_82/2007 vom 19. November 2007 E. 1.2). 
 
5.2 Hier liegt jedoch die gegenteilige Situation vor: Die Vorinstanz hat in Bezug auf die vorangehende Periode zurückgewiesen, in Bezug auf die darauf folgende Zeitspanne aber einen materiellen Entscheid gefällt. In dieser Konstellation erweist sich aus spezifischen sozialversicherungsrechtlichen Gründen ein abschliessender materieller Entscheid für die folgende Phase nicht als zulässig, wie das Bundesgericht in dem zur Publikation in BGE 135 X bestimmten Urteil 9C_876/2008 vom 14. April 2009 entschieden hat: Streitgegenstand ist der Rentenanspruch als Ganzes (BGE 131 V 164 E. 2.2 S. 165; 125 V 413 E. 2 S. 415 ff.). In zeitlicher Hinsicht ergibt sich freilich zwangsläufig eine Staffelung der Beurteilung, indem die Rentenzusprache jeweils (nur) bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (in der Regel bis zum Zeitpunkt des Verfügungserlasses) verbindlich festgelegt werden kann, weshalb ein solcher Entscheid selbständig rechtskräftig werden kann und als End- oder Teilentscheid selbständig anfechtbar ist. Diese einmal rechtskräftig festgelegte Rente bleibt (unter Vorbehalt der prozessualen Revision oder der Wiedererwägung; Art. 53 Abs. 1 oder 2 ATSG) auch für die Zukunft verbindlich, bis sie gegebenenfalls in einem neuen Verfahren wegen erheblicher Änderung des Invaliditätsgrades erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben wird (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Daraus folgt, dass die Rente für eine folgende Teilperiode nicht endgültig festgelegt werden kann, solange sie für die vorangehende Teilperiode nicht rechtskräftig beurteilt ist, da die Rentenrevision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG eine Änderung (in medizinischer oder erwerblicher Hinsicht) voraussetzt: Führten denn auch die im vorliegenden Fall noch vorzunehmenden Abklärungen zum Ergebnis, dass für die Zeit von Mai/Juni 2004 bis in das Jahr 2005 ein Rentenanspruch besteht, könnte ein solcher ab 2005 nur verneint werden, wenn in diesem Moment eine rechtserhebliche Änderung in den massgebenden Verhältnissen vorliegt. Hinzu kommt, dass die für eine vorangehende Phase zu treffenden weiteren Abklärungen auch zu Erkenntnissen führen können, welche die bisherige Beurteilung der folgenden Phase als fraglich erscheinen lassen, welch letzte somit nicht losgelöst von der vorangehenden materiell beurteilt werden kann. Im Lichte der Einheit des Rentenverhältnisses (BGE 125 V 413) ist deshalb grundsätzlich davon abzusehen, eine spätere Periode materiell zu beurteilen, solange in Bezug auf einen vorangehenden Anspruchszeitraum die Sache noch zu näheren Abklärungen zurückgewiesen wird. Geschieht dies trotzdem, so liegt in Bezug auf die materiell beurteilte spätere Phase ebenfalls ein Zwischenentscheid vor. Es sind zwar durchaus Konstellationen denkbar, in denen das Vorliegen der Revisionsvoraussetzungen auf der Hand liegt oder es sonst wie möglich wäre, die folgende Phase zu beurteilen, auch wenn die vorangehende noch nicht endgültig beurteilt ist. Es würde jedoch zu unpraktikablen Differenzierungen und entsprechender Rechtsunsicherheit führen, die Anfechtbarkeit von der Konstellation im Einzelfall abhängig zu machen. Im Hinblick auf die erhebliche Auswirkung der Unterscheidung (selbständiges Rechtskräftigwerden bei Unterlassung der Anfechtung bei Teilentscheiden; spätere Anfechtbarkeit bei Zwischenentscheiden) ist eine möglichst klare Regelung erforderlich, weshalb von derartigen Differenzierungen abzusehen ist. 
 
5.3 Zusammenfassend ist festzuhalten: Ein Entscheid, mit welchem eine Vorinstanz des Bundesgerichts eine bestimmte, vorangehende Teilperiode des Rentenanspruchs materiell abschliessend beurteilt und für eine darauf folgende Teilperiode die Sache zu neuer Beurteilung an die Verwaltung zurückweist, ist in Bezug auf die materiell abschliessend beurteilte Phase ein Teilentscheid, der selbständig anfechtbar ist, bei Nichtanfechtung selbständig rechtskräftig wird und später nicht mehr angefochten werden kann (Urteil 9C_728/2008 vom 6. April 2009 E. 1.4.6). Demgegenüber ist ein Entscheid, mit welchem eine Vorinstanz des Bundesgerichts für eine vorangehende Teilperiode des Rentenanspruchs die Sache zu neuer Beurteilung an die Verwaltung zurückweist und für eine darauf folgende Teilperiode den Rentenanspruch abschliessend beurteilt, gesamthaft ein Zwischenentscheid, der nur unter den Voraussetzungen der Art. 92 oder 93 BGG angefochten werden kann, wobei in den Fällen des Art. 93 BGG das im Zwischenentscheid Beurteilte - anders als in den Fällen des Art. 92 BGG (vgl. Art. 92 Abs. 2 BGG) - zusammen mit dem Endentscheid noch angefochten werden kann (Art. 93 Abs. 3 BGG; erwähntes, zur Publikation in BGE 135 X bestimmtes Urteil 9C_876/2008 vom 14. April 2009). 
 
5.4 Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Die Verwaltung wird die von der Vorinstanz angeordneten Abklärungen treffen und neu verfügen. Im Anschluss daran bleibt der Versicherten die Möglichkeit gewahrt, die Verfügung in ihrer Gesamtheit - auch für den Zeitraum ab 2005 - mittels Beschwerde gerichtlich überprüfen zu lassen (Art. 57, Art. 62 ATSG). 
 
6. 
Da die Beschwerde im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG und ohne Durchführung eines Schriftenwechsels (Art. 102 Abs. 1 BGG) durch Nichteintreten erledigt wird, kann den von der Beschwerdeführerin gestellten Anträgen, einschliesslich dem Sistierungsbegehren, zum Vornherein nicht entsprochen werden. Auf die Erhebung von Verfahrenskosten wird verzichtet, da die Rechtslage bis zum erwähnten Urteil 9C_876/2008 vom 14. April 2009 unklar war (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). 
 
Demnach erkennt der Präsident: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 8. Mai 2009 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Ursprung Batz