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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
B 45/00 
 
Urteil vom 2. Februar 2004 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Nussbaumer 
 
Parteien 
C.________, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
1. Winterthur-Columna, Stiftung für berufliche Vor- sorge, Paulstrasse 9, 8400 Winterthur, 
2. S.________, 
Beschwerdegegnerinnen 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 29. Mai 2000) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1940 geborene, deutsche Staatsangehörige K.________, wohnhaft in E.________, war für die S.________ erwerbstätig und dadurch bei der "Winterthur"-Stiftung für die obligatorische berufliche Vorsorge (nachfolgend Vorsorgestiftung) versichert. Am 16. Juni 1995 meldete die S.________ der Vorsorgestiftung das Ende des Arbeitsverhältnisses per 31. Juli 1995. In dieser Austrittsmeldung beantragte K.________ auf Grund seines Wohnsitzes im Ausland die Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung, wobei das Formular auch eine Unterschrift enthielt, welche auf seine in X.________ wohnhafte Ehefrau C.________ lautete. Daraufhin entrichtete die Vorsorgestiftung K.________ am 4. August 1995 per Bankcheck den Betrag von Fr. 124'672.70 (nach Abzug der Quellensteuer). 
 
Im Rahmen des von K.________ eingeleiteten Ehescheidungsverfahrens vor dem Amtsgericht Y.________/Deutschland erfuhr C.________ von der Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung. Auf Grund einer von ihr eingereichten Strafanzeige verurteilte das Amtsgericht F.________ K.________ mit in Rechtskraft erwachsenem Entscheid vom 6. Mai 1999 wegen Urkundenfälschung im Zusammenhang mit der Unterschrift der Ehefrau auf dem Barauszahlungsgesuch. 
B. 
Am 21. April 1999 leitete C.________ beim Versicherungsgericht des Kantons Wallis Klage gegen die S.________ und gegen die Vorsorgestiftung ein mit dem Antrag, die beiden Beklagten seien zu verpflichten, ihr Schadenersatz sowie die Hälfte der ihrem Ehemann bar ausbezahlten Freizügigkeitsleistung nebst Zins seit 31. Juli 1995 zu bezahlen. Mit Entscheid vom 15. Juni 1999 überwies das Versicherungsgericht des Kantons Wallis die Klage zuständigkeitshalber an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Dieses stellte mit Entscheid vom 29. Mai 2000 in teilweiser Gutheissung der Klage fest, dass die durch die Vorsorgestiftung am 31. Juli 1995 erfolgte Barauszahlung der Austrittsleistung an K.________ in Höhe von Fr. 124'672.70 gegenüber C.________ keine befreiende Wirkung habe und eine allenfalls nach deutschem Ehe- und Scheidungsrecht bestehende Anwartschaft der C.________ nicht schmälere. Im Übrigen wies es die Klage ab, soweit darauf eingetreten wurde. 
C. 
C.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf vollumfängliche Gutheissung der vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren. 
 
Die Vorsorgestiftung schliesst auf Nichteintreten mangels sachlicher Zuständigkeit. Das Bundesamt für Sozialversicherung beantragt, in Bestätigung des vorinstanzlichen Feststellungsentscheids sei auf das Leistungsbegehren mangels sachlicher Zuständigkeit nicht einzutreten. Die S.________ verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht ist auf die Leistungsklage nicht eingetreten, hat jedoch einen Feststellungsentscheid getroffen. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin das Nichteintreten auf ihr Leistungsbegehren. Bei der Prüfung dieser Rüge hat das Eidgenössische Versicherungsgericht die Richtigkeit des Nichteintretensentscheids zu beurteilen, was entgegen der Auffassung der Vorsorgestiftung ein Eintreten auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde voraussetzt. Insoweit als die Beschwerdeführerin auch im letztinstanzlichen Verfahren ihr Leistungsbegehren wiederholt, kann hingegen infolge Fehlens eines entsprechenden Anfechtungsgegenstandes (vgl. BGE 117 V 122 Erw. 1 mit Hinweisen) darauf nicht eingetreten werden. 
2. 
Zu prüfen ist zunächst, ob die Vorinstanz zu Recht auf die Leistungsklage nicht eingetreten ist. 
2.1 Die Beschwerdeführerin ist nicht bei der Vorsorgestiftung versichert (gewesen) und macht zu Recht nicht in der Eigenschaft als (ehemalige) Versicherte einen Anspruch auf Ausrichtung der streitigen Austrittsleistung geltend. Bei der Vorsorgestiftung war einzig ihr Ehemann versichert, dem die Freizügigkeitsleistung auch zustand. Ihre Zustimmung war lediglich für eine Barauszahlung nötig (Art. 5 Abs. 2 FZG), andernfalls hätte die Austrittsleistung gestützt auf Art. 4 FZG in anderer Form für den Vorsorgeschutz erhalten bleiben müssen. 
2.2 Vielmehr beansprucht die Beschwerdeführerin einen Anteil an der bar ausbezahlten Freizügigkeitsleistung im Sinne des Versorgungsausgleichs unter Ehegatten. Einen solchen Leistungsanspruch kann sie jedenfalls zur Zeit nicht bei der Vorinstanz geltend machen, verfügt sie doch über keinen Entscheid eines Scheidungsgerichts, ob und wie die Austrittsleistung zu teilen ist (vgl. BGE 128 V 49 Erw. 3b am Ende). 
 
Die Scheidungsklage wurde bei einem deutschen Gericht eingereicht und jedenfalls erstinstanzlich abgeschlossen. Im Scheidungsurteil des Amtsgerichts Y.________ vom 26. April 2000 wurde der Versorgungsausgleich nach deutschem Recht durchgeführt. Den Antrag der Beschwerdeführerin auf Einbezug der Guthaben bei der schweizerischen Vorsorgeeinrichtung in den Versorgungsausgleich lehnte das Gericht im Wesentlichen mit folgender Begründung ab: "Es ist ausgeschlossen, dass die Winterthur-Leben Versicherung verpflichtet sein könnte, zu seinen (des Ehemannes) Gunsten (nach erfolgter Barauszahlung) ein Anrecht neu zu begründen. Nur ein Anrecht des Antragstellers aber würde zugunsten der Antragsgegnerin einem Ausgleich unterliegen" (S. 5). 
 
Ist eine Scheidung im Ausland ausgesprochen worden, ohne dass über den Versorgungsausgleich entschieden worden ist, und wird das Urteil in der Schweiz anerkannt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die internationale Zuständigkeit des schweizerischen Scheidungsgerichts zur Ergänzung von ausländischen Scheidungsurteilen in Bezug auf Fragen des Versorgungsausgleichs nach Art. 64 Abs. 1 Satz 1 IPRG gegeben (Urteil der II. Zivilabteilung des Bundesgerichts vom 19. Oktober 2001 in Sachen T. [5C.173/2001; Zusammenfassung in FamPra 2002 S. 166] mit Hinweis auf Thomas Geiser, Berufliche Vorsorge im neuen Scheidungsrecht, in: Vom alten zum neuen Scheidungsrecht, Bern 1999, Note 2.27). Dabei hat das Bundesgericht die Frage offen gelassen, ob in einem solchen Fall bei der Beurteilung von Ansprüchen der Ehegatten auf Teilung der Austrittsleistungen an das Scheidungs- oder Vorsorgestatut anzuknüpfen ist (Hinweis auf Thomas Sutter-Somm, Ausgewählte Verfahrensfragen im neuen Scheidungsrecht bei internationalen Verhältnissen, insbesondere bei der beruflichen Vorsorge, in: Aktuelle Probleme des nationalen und internationalen Zivilprozessrechts, Zürich 2000, S. 94 f.; Andreas Bucher, Aspects internationaux du nouveau droit du divorce, SJ 2001 II S. 33; Stellungnahme des Bundesamtes für Justiz vom 28. März 2001, Die Teilung von Vorsorgeguthaben in der Schweiz im Zusammenhang mit ausländischen Scheidungsurteilen, ZBJV 2001 S. 494 f. mit weiteren Hinweisen). Nach dieser Rechtsprechung ist es demnach Sache der Scheidungs- und nicht der Sozialversicherungsgerichtsbarkeit, über den Versorgungsausgleich im Rahmen einer Ergänzung des Scheidungsurteils zu befinden. Ob die internationale Zuständigkeit schweizerischer Gerichte auch gegeben ist, wenn das ausländische Scheidungsgericht - wie vorliegend - den Versorgungsausgleich zwar durchführt, aber ausdrücklich ohne Einbezug schweizerischer Vorsorgeguthaben (vgl. dazu Lukas Bopp/Pascal Grolimund, Schweizerischer Vorsorgeausgleich bei ausländischen Scheidungsurteilen, in: FamPra 2003, S. 497 ff., insbesondere S. 511 ff.; Bucher, a.a.O., S. 25 ff.; Thomas Geiser, Der Versorgungsausgleich im neuen Scheidungsrecht, ZSR 1996 S. 395 ff. insbes. 415; Monique Jametti Greiner, Praxiskommentar Scheidungsrecht, Anhang IPR Rz 52; Schwander, Die Anwendung des neuen Scheidungsrechts in internationaler und in intertemporaler Hinsicht, AJP 1999 S. 1647 ff., insbes. 1651 f.; Sutter-Somm, a.a.O., S. 96 ff.; Stellungnahme des Bundesamtes für Justiz, a.a.O., S. 494 f.), kann offen bleiben, da hierüber jedenfalls das Scheidungsgericht zu entscheiden hätte. 
 
Da beim gegenwärtigen Verfahrensstand das ausländische oder inländische Scheidungsgericht sich mit der Frage des Versorgungsausgleichs hinsichtlich der an den Ehemann der Beschwerdeführerin ausgerichteten Austrittsleistung materiell noch nicht definitiv befasst haben, ist ein Leistungsbegehren vor dem Sozialversicherungsgericht noch nicht möglich. 
3. 
3.1 Obwohl die Vorsorgestiftung im letztinstanzlichen Verfahren das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen (Feststellungsinteresse und Zuständigkeit der angerufenen Rechtspflegebehörde) nicht mehr in Frage stellt, ist dies von Amtes wegen zu prüfen. Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 128 V 41 entschieden hat, ist das Berufsvorsorgegericht sachlich zuständig, über die Gültigkeit einer Barauszahlung der Austrittsleistung im Lichte von Art. 5 Abs. 2 FZG zu entscheiden. Ferner hat es festgehalten, damit ein den Teilungsschlüssel nach Art. 122 ZGB festsetzendes Urteil des Scheidungsgerichts gegenüber der Vorsorgeeinrichtung auch vollstreckt werden könne, habe der begünstigte Ehegatte ein rechtlich erhebliches Interesse daran, dass das Sozialversicherungsgericht vor Erlass des Scheidungsurteils eine allfällige Ungültigkeit der Barauszahlung infolge fehlender Zustimmung nach Art. 5 Abs. 2 FZG auch gegenüber der Vorsorgeeinrichtung verbindlich feststelle. Dies hat auch zu gelten, wenn das Scheidungsverfahren vor einem ausländischen Scheidungsgericht durchgeführt wird. Denn auch für den Fall, dass das deutsche Scheidungsgericht über den Versorgungsausgleich bezüglich Vorsorgeguthaben gegenüber einer schweizerischen Vorsorgeeinrichtung allenfalls noch entscheidet, beurteilt sich die Frage, ob ein der Teilung unterliegender Anspruch der versicherten Person bei einer Vorsorgeeinrichtung besteht, nach dem auf die Vorsorgeeinrichtung anwendbaren Recht (Jametti Greiner, a.a.O., Rz 51). Die Beschwerdeführerin hat damit ein schützenswertes Interesse an der Feststellung, ob die Austrittsleistung trotz ihrem fehlenden Einverständnis nach schweizerischem Recht gültig ausgerichtet worden ist. 
3.2 Aus den Akten geht nicht klar hervor, ob das Scheidungsurteil rechtskräftig geworden ist. Nicht auszuschliessen ist, dass der Versorgungsausgleich bezüglich allfälliger Guthaben bei der Vorsorgestiftung im genannten Scheidungsverfahren oder in einem Nachverfahren in Deutschland erneut mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden kann. Ein Feststellunginteresse ist selbstverständlich auch für den Fall gegeben, dass die internationale Zuständigkeit des schweizerischen Scheidungsgerichts zur Ergänzung des deutschen Scheidungsurteils gegeben wäre. 
3.3 Auch materiell gibt der Feststellungsentscheid zu keiner andern Betrachtungsweise Anlass. Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht im zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteil H. vom 10. Oktober 2003 (B 19/01) erwogen hat, stellt eine ohne Zustimmung des Ehegatten nach Art. 5 Abs. 2 FZG vorgenommene Barauszahlung im Rahmen der weitergehenden Vorsorge eine nicht gehörige Erfüllung des Vorsorgevertrages dar, weshalb die in Art. 97 ff. OR festgelegten Regeln anzuwenden sind. Eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge hat daher nach Art. 97 Abs. 1 OR für den durch die fehlerhafte Barauszahlung entstandenen Schaden Ersatz zu leisten, sofern sie nicht beweist, dass ihr keinerlei Verschulden, wobei bereits leichte Fahrlässigkeit genügt, zur Last fällt. Ob ihr eine Verletzung der ihr zukommenden Sorgfaltspflicht vorgeworfen werden kann, weil sie die (gefälschte) Unterschrift auf dem Auszahlungsformular nicht überprüft hat, ist aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Im erwähnten Urteil H. vom 10. Oktober 2003 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht eine Verletzung der Sorgfaltspflicht im Falle einer firmeneigenen Pensionskasse verneint, weil der Versicherte eine Vertrauensstellung in der Firma innehatte und der Pensionskasse bekannt war, so dass diese von der Richtigkeit der (gefälschten) Unterschrift ausgehen durfte. Demgegenüber hat es im Urteil P. vom 7. Januar 2004 (B 58/01) eine Verletzung der Sorgfaltspflicht bejaht, weil eine Gemeinschaftseinrichtung, welcher mehr als 5500 Unternehmen und Selbstständigerwerbende mit gegen 27'500 Versicherten angeschlossen sind, unbesehen auf die vermeintliche Zustimmung der Ehegattin vertraute, obwohl ihr weder der Versicherte, dessen Ehegattin noch deren Unterschrift bekannt war und das Barauszahlungsgesuch mehr als 1 1/2 Jahre nach dem Ausscheiden aus dem angeschlossenen Betrieb erfolgte. Mit letzterem Entscheid lässt sich auch die vorliegende Sachlage vergleichen. Bei der Einrichtung der beruflichen Vorsorge handelt es sich um eine Sammelstiftung, welche den im Ausland wohnhaften Versicherten, dessen Ehegattin und deren Unterschrift nicht kannte. Unter diesen Umständen wäre sie gehalten gewesen, zusätzliche Abklärungen hinsichtlich der Zustimmung der Ehegattin vorzunehmen. Zu Recht hat daher die Vorinstanz entschieden, die am 31. Juli 1995 erfolgte Auszahlung der Austrittsleistung von Fr. 124'672.70 habe gegenüber der Beschwerdeführerin keine befreiende Wirkung gehabt. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 2. Februar 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: