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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4A_102/2010 
 
Urteil vom 17. November 2010 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin, 
Bundesrichter Kolly, 
Bundesrichterin Kiss, 
Gerichtsschreiber Widmer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Willi, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
1. Y.________ AG, 
2. Z.________ AG, 
beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Werner Stieger und Dr. Andri Hess, 
und Rechtsanwalt Dr. Christian Oetiker, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Patentrecht; vorsorgliche Verfügung, 
 
Beschwerde gegen die Entscheide des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 2. November 2009 und vom 26. Januar 2010. 
In Erwägung, 
dass der Präsident des Zivilgerichts Basel-Stadt mit superprovisorischer vorsorglicher Verfügung vom 2. November 2009 einem Gesuch der Beschwerdegegnerinnen, das diese (offenbar) auf das Europäische Patent EP 111.________ (im Folgenden: Streitpatent) stützten, stattgab und der Beschwerdeführerin unter Androhung von Ungehorsamsstrafe nach Art. 292 StGB und der Zwangsvollstreckung verbot, das unter der Nummer 222.________ zugelassene Arzneimittel mit der Produktebezeichnung "A.________" in der Schweiz herzustellen, zu lagern, anzubieten, zu verkaufen oder auf andere Weise in Verkehr zu bringen, in der Schweiz einzuführen oder aus der Schweiz auszuführen oder bei einer dieser Handlungen mitzuwirken; 
dass das Zivilgericht Basel-Stadt (Einzelgericht in Zivilsachen) diese Verfügung am 26. Januar 2010 bestätigte und den Beschwerdegegnerinnen eine Frist bis zum 17. Februar 2010 ansetzte, um eine Sicherheitsleistung von Fr. 1'000'000.-- bei der Zivilgerichtskasse zu hinterlegen, und ihnen Frist zur Anhebung der Prosekutionsklage ansetzte; 
dass die Beschwerdeführerin am 10. Februar 2010 mit Beschwerde in Zivilsachen beantragte, die Verfügungen vom 2. November 2009 und vom 26. Januar 2010 aufzuheben und zur Vervollständigung der Akten, insbesondere zur schriftlichen Urteilsbegründung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, mit der Anordnung, dass die Hauptverhandlung neu durchzuführen sei, eventuell verbunden mit verbindlichen Anordnungen über die zu berücksichtigenden Kriterien für die Glaubhaftmachung; 
dass das Verfahren sistiert wurde, bis das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 7. September 2010 über eine von der Beschwerdeführerin gegen dieselben Verfügungen erhobene Verfahrensmangelbeschwerde entschied, indem es diese abwies, soweit es darauf eintrat; 
dass die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 1. November 2010, in der sie sich die Ergänzung der Beschwerdeschrift vor Ablauf der Frist gemäss Art. 100 Abs. 6 BGG seit Eröffnung des Appellationsgerichtsentscheids vorbehielt, das Gesuch stellte, es sei der Beschwerde in Zivilsachen aufschiebende Wirkung zu erteilen, eventuell in dem Sinn als festgestellt werde, dass die Verfügungen vom 2. November 2009 und vom 26. Januar 2010 nicht vollstreckbar seien, solange die Voraussetzungen von Art. 112 Abs. 2 Satz 3 BGG nicht erfüllt seien; 
dass dem Antrag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung mit Präsidialverfügung vom 3. November 2010 superprovisorisch entsprochen wurde; 
dass mit der genannten Verfügung nur Frist zur Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung angesetzt wurde, auf die Einholung von Vernehmlassungen zur Beschwerde vom 10. Februar 2010 hingegen verzichtet wurde; 
dass das Zivilgericht sich in der Folge nicht vernehmen liess; 
dass die Beschwerdegegnerinnen mit Eingaben vom 2. November 2010 und vom 9. November 2010 die Abweisung der prozessualen Anträge der Beschwerdeführerin bzw. die Abweisung von deren Gesuch um aufschiebende Wirkung und den Widerruf der superprovisorisch erteilten aufschiebenden Wirkung beantragen; 
dass die Beschwerdeführerin zu diesen Eingaben am 10. November 2010 Stellung nahm; 
dass der Entscheid über vorsorgliche Massnahmen vom 26. Januar 2010 die superprovisorische Verfügung vom 2. November 2009 unter Bestätigung der in derselben getroffenen Anordnungen ersetzte, weshalb die Beschwerde gegenstandslos ist, soweit sie sich gegen die Verfügung vom 2. November 2009 richtet; 
dass die angefochtenen Entscheide vom Zivilgericht als einzige kantonale Instanz nach Art. 76 PatG (SR 232.14) ergingen und damit direkt der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen (Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG); 
dass der Umstand, dass das Zivilgericht die Anforderungen des BGG an die kantonalen Vorinstanzen (Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BGG) insofern nicht erfüllt, als es kein oberes kantonales Gericht ist, das Eintreten auf die Beschwerde nicht hindert, da die Frist für die kantonalen Ausführungsvorschriften (Art. 130 Abs. 2 BGG) noch läuft (BGE 133 III 439 E. 2.2.2.2 und 2.2.2.3; vgl. auch Urteil 4A_404/2007 vom 13. Februar 2008 E. 1, nicht publ. in: BGE 134 III 166); 
dass Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, den Parteien schriftlich zu eröffnen sind mit einer Begründung, in der die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art enthalten sind und insbesondere die angewendeten Gesetzesbestimmungen angegeben werden (Art. 112 Abs. 1 lit b BGG); 
dass die Behörde ihren Entscheid ohne Begründung eröffnen kann, wenn es das kantonale Recht vorsieht, und die Parteien in diesem Fall innert 30 Tagen eine vollständige Ausfertigung verlangen können (Art. 112 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BGG); 
dass die Beschwerdeführerin das Zivilgericht Basel-Stadt mit Schreiben vom 29. Januar 2010 um schriftliche Begründung des Entscheids vom 26. Januar 2010 ersuchte, worauf ihr das Zivilgericht mitteilte, dass in mündlichen Verfahren die Urteilsbegründung lediglich mündlich erfolge und somit keine schriftliche Urteilsbegründung ausgefertigt werde; 
dass damit die Beschwerdeführerin innerhalb der dreissigtägigen Frist nach Art. 112 Abs. 2 BGG eine Begründung der Verfügung vom 26. Januar 2010 verlangte und bis heute jegliche schriftliche Begründung der angefochtenen Entscheide, die den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 BGG genügen würde, ausblieb; 
dass sich die Beschwerdegegnerinnen allerdings auf den Standpunkt stellen, es treffe entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin nicht zu, dass die angefochtene Verfügung vom 26. Januar 2010 noch nicht begründet worden sei, habe der Einzelrichter am Zivilgericht doch am 17. März 2010 im Rahmen des kantonalen Beschwerdeverfahrens vor dem Appellationsgericht Basel-Stadt die schriftliche Begründung für diese Verfügung nachgereicht, die dem Bundesgericht ermögliche, die Verfügung zu überprüfen; 
dass dem nicht gefolgt werden kann, ist doch das entsprechende Dokument vom 17. März 2010 mit "Vernehmlassung i.S. X.________ AG gegen ein Urteil des Zivilgerichtspräsidenten vom 26. Januar 2010" überschrieben und mit dem Antrag "Die Beschwerde sei abzuweisen." versehen, und bezieht sich dieses Dokument somit auf Rügen, die die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfahrensmangelbeschwerde an das Appellationsgericht erhob bzw. erheben konnte und die mit den im materiellen Bundespatentrecht fussenden Willkürrügen, die vor Bundesgericht gegen die Verfügung vom 26. Januar 2010 zusätzlich erhoben werden könnten (und welche die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren verständlicherweise noch nicht erhoben hat), nicht identisch sind; 
dass in der Vernehmlassung vom 17. März 2010 mithin keine Begründung im Sinne von Art. 112 Abs. 1 BGG gesehen werden kann, die (der Beschwerdeführerin eine Anfechtung und) dem Bundesgericht eine Überprüfung der Verfügung vom 26. Januar 2010 ermöglichen würde, zumal die Vernehmlassung gegenüber der Beschwerdeführerin nicht formell als Begründung dieser Verfügung eröffnet wurde; 
dass das Bundesgericht einen Entscheid, der den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 BGG nicht genügt, von Amtes wegen an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben kann (vgl. Art. 112 Abs. 3 BGG); 
dass eine blosse Zurückweisung zur Verbesserung nur in Betracht fällt, wenn es um die Behebung von kleineren Mängeln geht, wie sie namentlich als Folge von Kanzleiversehen vorliegen können, nicht aber wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Entscheidbegründung vollständig fehlt (vgl. Bernard Corboz, Commentaire de la LTF, in: Corboz und andere [Hrsg.], 2009, N. 58 zu Art. 112 BGG; Bernhard Ehrenzeller, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 21 f. zu Art. 112 BGG); 
dass demnach der angefochtene Entscheid aufzuheben ist und die Sache an das Zivilgericht zurückzuweisen ist, das - gegebenenfalls nach Gewährung des rechtlichen Gehörs - einen neuen Entscheid zu fällen und ordnungsgemäss zu begründen haben wird; 
dass der neue Entscheid - falls er nach dem 31. Dezember 2010 ergeht und bis zu diesem Zeitpunkt das Bundesgesetz über das Bundespatentgericht vom 20. März 2009 (PatGG, AS 2010 S. 513 ff.) noch nicht in Kraft getreten ist (vgl. insbes. Art. 26 Abs. 1 und Art. 41 PatGG) - durch ein oberes kantonales Gericht im Sinne von Art. 75 Abs. 2 lit. a zu fällen sein wird (Art. 130 Abs. 2 und Art. 132 Abs. 1 BGG); 
dass die mit dem Gesuch um aufschiebende Wirkung zusammenhängenden Anträge mit der Aufhebung des angefochtenen Entscheids gegenstandslos werden; 
dass es der Beschwerdeführerin unbenommen ist, den Entscheid des Appellationsgerichts vom 7. September 2010 innerhalb der noch laufenden Beschwerdefrist anzufechten, soweit sie nach der Aufhebung des Entscheids des Zivilgerichts vom 26. Januar 2010 überhaupt noch ein Rechtsschutzinteresse an dessen Überprüfung hat; 
dass die Beschwerdegegnerinnen, die mit ihrem Standpunkt im bundesgerichtlichen Verfahren unterliegen, solidarisch kosten- und entschädigungspflichtig werden (Art. 66 Abs. 1 und 5 und Art. 68 Abs. 2 und 4 BGG); 
 
erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 BGG
 
1. 
Der Entscheid des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 26. Januar 2010 wird aufgehoben und die Sache wird zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das Zivilgericht Basel-Stadt zurückgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdegegnerinnen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdegegnerinnen haben die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Zivilgericht Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 17. November 2010 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: 
 
Klett Widmer