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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_757/2021  
 
 
Urteil vom 7. Oktober 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Gerichtsschreiber Brunner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Carol Wiedmer-Scheidegger, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI, Eigerstrasse 65, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Amtshilfe DBA CH-AT, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, 
vom 8. September 2021 (A-6074/2019). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Am 6. Mai 2019 ersuchte das "Central Liaison Office for International Cooperation" des österreichischen Bundesministeriums für Finanzen (nachfolgend: die ersuchende Behörde) die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) gestützt auf Art. 26 des Abkommens vom 30. Januar 1974 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (SR 0.672.916.31; DBA CH-AT) um die amtshilfeweise Übermittlung verschiedener näher bezeichneter Informationen zum Verhältnis zwischen A.________, einem in Österreich ansässigen Zahnarzt, und der in der Schweiz ansässigen Gesellschaft B.________ AG. Das Amtshilfeersuchen bezweckt, für den Zeitraum zwischen 2013 und 2018 die korrekte Besteuerung des Einkommens A.________s sicherzustellen. Die ersuchende Behörde hegt den Verdacht, dass die B.________ AG im erwähnten Zeitraum für einen Teil der von A.________ in Österreich erbrachten zahnärztlichen Leistungen direkt Rechnungen an österreichische Patienten gestellt habe, wodurch A.________ die Bemessungsgrundlage für seine Einkommenssteuerfestsetzungen wesentlich verkürzt haben könnte.  
 
1.2. Mit Schlussverfügung vom 15. Oktober 2019 erklärte die ESTV, der ersuchenden Behörde die anbegehrte Amtshilfe leisten zu wollen. Mit Urteil vom 8. September 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht eine von A.________ dagegen erhobene Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat; gleichzeitig hielt es die ESTV jedoch an, die ersuchende Behörde darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen des vorliegenden Amtshilfeverfahrens zu übermittelnden Informationen gemäss Art. 26 Abs. 2 DBA CH-AT nur in Verfahren betreffend A.________ verwendet werden dürften.  
 
1.3. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 27. September 2021 ficht A.________ das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. September 2021 beim Bundesgericht an.  
 
2.  
Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt (Art. 84a BGG). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist in der Beschwerdeschrift in gedrängter Form darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 139 II 404 E. 1.3). 
 
3.  
Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, vorliegend stellten sich drei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung: Zu klären sei erstens, ob die Beschaffung von dem Berufsgeheimnis unterliegenden Informationen bei einer Hilfsperson eines einem Berufsgeheimnis unterliegenden Geheimnisträgers nach Schweizer Recht zulässig sei und ob die Informationen auf dem Weg der Amtshilfe in Steuersachen an einen anderen Staat übermittelt werden dürften. Zu klären sei zweitens die Frage, ob bei der Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung der Informationen neben dem Schweizer Recht auch das auf den Geheimnisträger anwendbare ausländische Recht zu berücksichtigen sei. Und drittens sei zu beantworten, ob Patienten zur Anfechtung der Schlussverfügung legitimiert seien, weil besonders schützenswerte und besonders sensible Informationen übermittelt werden sollten, die dem Berufsgeheimnis unterliegen würden. 
 
3.1. Soweit sich der Beschwerdeführer auf sein ärztliches Berufsgeheimnis beruft und geltend macht, dieses stehe der Erhebung von Informationen bei der B.________ AG entgegen (oben erwähnte Rechtsfragen 1 und 2), geht aus der Beschwerde nicht klar hervor, ob Art. 26 Abs. 3 lit. a und b DBA CH-AT oder Art. 26 Abs. 3 lit. c DBA CH-AT angerufen werden sollen. Die Frage kann jedoch offenbleiben, denn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt weder unter dem einen noch unter dem anderen Titel vor.  
 
3.1.1. Soweit der Beschwerdeführer Art. 26 Abs. 3 lit. a und b DBA CH-AT anrufen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung mehrfach erläutert hat, wie der Vorbehalt der Beschaffbarkeit von Informationen nach innerstaatlichem Recht zu verstehen ist (vgl. statt vieler BGE 142 II 69 E. 4 und 5; Urteile 2C_616/2018 vom 9. Juli 2019 E. 4.2). Die Vorinstanz hat auf diese Rechtsprechung ausdrücklich Bezug genommen und nachvollziehbar dargelegt, warum die B.________ AG nach schweizerischem Steuerverfahrensrecht mitwirkungspflichtig wäre (vgl. E. 3.2.1 und 3.2.2 des angefochtenen Urteils). Sodann hat sie erwogen, dass die B.________ AG sich einer Mitwirkung auch nicht unter Berufung auf Art. 321 StGB entziehen könne, weil ihr im Verhältnis zum Beschwerdeführer nicht die Eigenschaft einer Hilfsperson zukomme (vgl. E. 3.2.3.3 des angefochtenen Urteils). Der Beschwerdeführer rügt die entsprechenden Erwägungen zwar als unzutreffend. Die Frage, unter welchen Umständen einer inländischen Gesellschaft die Eigenschaft einer Hilfsperson nach Art. 321 StGB zukommt, hat allerdings keine spezifisch amtshilferechtliche Bedeutung, so dass darin unter dem Blickwinkel von Art. 84a BGG auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erblickt werden kann (vgl. Urteil 2C_651/2021 vom 13. September 2021 E. 6.1). Die Beantwortung der Frage, welche Tragweite dem ärztlichen Berufsgeheimnis nach österreichischem Recht zukommt, sprengt grundsätzlich die Prüfungszuständigkeit des Bundesgerichts im Rahmen eines Amtshilfeverfahrens (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.3 und 4.4; 142 II 218 E. 3.7; Urteil 2C_588/2018 vom 13. Juli 2018 E. 4.3); auch darin kann keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erblickt werden.  
 
3.1.2. Soweit der Beschwerdeführer mit den oben erwähnten Fragen an Art. 26 Abs. 3 lit. c DBA CH-AT anknüpfen wollte, mangelt es der Beschwerde an einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG). Im Urteil 2C_616/2018 vom 9. Juli 2019 hat das Bundesgericht die damals eingangs aufgeworfene Rechtsfrage, unter welchen Umständen Berufsgeheimnisse die Amtshilfe auszuschliessen vermögen (a.a.O., E. 1.3.2), zwar nicht in allen Einzelheiten beantwortet; es hat aber doch erkennen lassen, dass sich der dem OECD-Standard entsprechende Begriff des Berufsgeheimnisses nicht einfach unter Rückgriff auf Bestimmungen des nationalen Rechts auslegen lässt (a.a.O., E. 6.2); diese Sichtweise wird auch in der Doktrin eingenommen (vgl. ANDREA OPEL, § 3 - Amtshilfe nach DBA [Art. 26 OECD-MA], in: Zweifel/Beusch/Oesterhelt [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Amtshilfe, 2020, N. 328). Die vorliegende Beschwerde, die sich mit dem ärztlichen Berufsgeheimnis nur unter dem Gesichtspunkt des österreichischen bzw. des schweizerischen Rechts befasst, erlaubt keine nähere Auseinandersetzung mit Aspekten, die mit Blick auf den abkommensrechtlichen Begriff des Berufsgeheimnisses noch unbeantwortet sein mögen.  
 
3.2. Auch der dritten vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu: Das Bundesgericht hat in mehreren jüngeren Entscheiden dargelegt, unter welchen Umständen vom Amtshilfeersuchen mittelbar betroffene Drittpersonen über das Amtshilfeverfahren in Kenntnis gesetzt werden müssen. Demnach muss die ESTV eine Person, die nicht Gegenstand des Ersuchens bildet, nach Art. 14 Abs. 2 StAhiG nur dann über das Amtshilfeverfahren informieren, wenn deren Beschwerdeberechtigung im Sinne von Art. 19 Abs. 2 StAhiG aufgrund der Akten evident ist; allein der Umstand, dass eine Drittperson in den zur Übermittlung vorgesehenen Unterlagen namentlich genannt ist, reicht hingegen für sich allein nicht aus, um eine entsprechende Informationspflicht zu begründen (vgl. BGE 146 I 172 E. 7.2 f.; Urteil 2C_687/2019 vom 13. Juli 2020 E. 6.4). Die Vorinstanz hat die bundesgerichtliche Praxis zutreffend dargelegt (vgl. E. 2.7 des angefochtenen Urteils) und sodann auf die konkreten Verhältnisse des vorliegenden Falls angewendet (vgl. E. 3.5 des angefochtenen Urteils). Die Anwendung von Leitsätzen der Rechtsprechung auf den konkreten Einzelfall stellt keine Grundsatzfrage dar (vgl. Urteil 2C_618/2020 vom 12. August 2020 E. 2.1.1).  
 
3.3. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist nach den vorstehenden Erwägungen nicht rechtsgenüglich dargetan. Dass in anderer Hinsicht ein besonders bedeutender Fall vorliegen könnte, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich damit als unzulässig (Art. 84a BGG). Darauf ist nicht einzutreten (Art. 107 Abs. 3 BGG).  
 
4.  
Bei diesem Verfahrensausgang (vgl. E. 3.3 hiervor) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer zu überbinden (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Verfahrenskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Oktober 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Brunner