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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 323/02 
 
Urteil vom 17. April 2003 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Schön, Bundesrichter Frésard und nebenamtlicher Richter Maeschi; Gerichtsschreiberin Berger Götz 
 
Parteien 
S.________, 1957, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 78, 5001 Aarau, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
(Entscheid vom 19. November 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1957 geborene S.________ arbeitete seit 1. April 1997 als Werkzeugkonstrukteur bei der B.________ AG. Zufolge Lohnzahlungsschwierigkeiten der Arbeitgeberin kündigte er das Arbeitsverhältnis am 28. Mai 1999 per 31. August 1999. In Absprache mit der B.________ AG wurde das Ende des Arbeitsverhältnisses auf den 30. September 1999 festgelegt. Nachdem S.________ am 27. April 2000 bei der ehemaligen Arbeitgeberin den Ausstand der Löhne August und September 1999 sowie den Anteil des 13. Monatslohnes moniert hatte, bestätigte sie am 13. Dezember 2000 einen Lohnausstand von Fr. 16'999.05 und teilte mit, sie werde im Laufe des Jahres 2001 ein unwiderrufliches Akkreditiv erhalten, von welchem sie zu seinen Gunsten eine Zession in der Höhe von Fr. 8'000.- (Auszahlungstermin: Oktober 2001) ausstellen werde; das Restguthaben von Fr. 8'999.05 werde ihm nach Eingang weiterer Akkreditive abgetreten. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes C.________ vom 15. März 2002 wurde der B.________ AG die definitive Nachlassstundung bewilligt. Daraufhin stellte S.________ bei der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau einen Antrag auf Insolvenzentschädigung im Betrag von Fr. 18'750.-. Die Arbeitslosenkasse lehnte das Leistungsbegehren mit der Begründung ab, der Versicherte sei seiner Pflicht zur Geltendmachung der offenen Lohnforderung nicht nachgekommen (Verfügung vom 1. Juli 2002). 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau ab (Entscheid vom 19. November 2002). 
C. 
S.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihm die beantragte Insolvenzentschädigung zuzusprechen. 
 
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zum Anspruch auf Insolvenzentschädigung (Art. 51 Abs. 1 lit. a AVIG), zu dessen Umfang (Art. 52 Abs. 1 AVIG in der seit 1. September 1999 gültigen, hier anwendbaren Fassung in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 AVIG), zu den Pflichten des Arbeitnehmers im Konkurs- oder Pfändungsverfahren (Art. 55 Abs. 1 AVIG; BGE 114 V 59 Erw. 3d; ARV 1999 Nr. 24 S. 140 ff.; Urteil B. vom 18. Februar 2000, C 362/98, zusammengefasst in SZS 2001 S. 92 ff.) sowie zur Entstehung des Anspruchs im Rahmen einer Nachlassstundung (Art. 58 AVIG) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 1. Juli 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
2. 
2.1 Streitig ist der Anspruch auf Insolvenzentschädigung für Lohnforderungen aus der Zeit von August bis September 1999 (zuzüglich Anteil 13. Monatslohn). Trotz Kündigung des Arbeitsverhältnisses per 30. September 1999 hat der Beschwerdeführer die Arbeitgeberin erstmals am 27. April 2000, und damit mehr als ein halbes Jahr nach Fälligkeit der Lohnansprüche schriftlich gemahnt und es in der Folge unterlassen, rechtliche Schritte zur Realisierung der Lohnforderung zu unternehmen. Erst nach Bewilligung der definitiven Nachlassstundung durch das Bezirksgericht C.________ am 15. März 2002 und der Aufforderung zur Forderungseingabe im kantonalen Amtsblatt vom 13. Mai 2002 hat er gegenüber dem Sachwalter eine entsprechende Lohnforderung erhoben. Er ist damit der ihm obliegenden Schadenminderungspflicht nicht hinreichend nachgekommen, obschon er Kenntnis von den finanziellen Schwierigkeiten der Arbeitgeberin hatte und ernsthaft mit einem Lohnverlust rechnen musste. Verwaltung und Vorinstanz haben den Anspruch unter diesen Umständen zu Recht verneint. 
2.2 Die Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vermögen zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Dass der Beschwerdeführer zu Beginn der Lohnausstände nicht untätig gewesen ist und seinen Angaben zufolge die Zahlung von drei Monatslöhnen (offenbar für die Monate Mai bis Juli 1999) erwirkt hat, vermag ihn bezüglich der zur Diskussion stehenden Lohnforderungen für die Zeit ab August 1999 nicht zu exkulpieren. Ein Verzicht auf entsprechende Massnahmen lässt sich umso weniger rechtfertigen, als der Beschwerdeführer das Arbeitsverhältnis auf Ende August bzw. September 1999 gekündigt hatte und an die Schadenminderungspflicht für die Zeit nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses höhere Anforderungen zu stellen sind (BGE 114 V 60 Erw. 4; ARV 1999 Nr. 24 S. 143 Erw. 1c). Nicht gehört werden kann daher auch das Argument des Beschwerdeführers, er habe aus sozialem Verhalten und in der Hoffnung auf weitere laufende Projekte auf eine Durchsetzung der Lohnansprüche verzichtet. Wie er selbst ausführt, war ihm bekannt, dass ein Weiterbestand der Arbeitgeberfirma von einem einzigen, vom Auftraggeber nicht angenommenen Projekt abhing und die Aussichten für eine Übernahme des Projektes durch einen anderen Interessenten ungünstig waren. Wenn er dennoch auf eine Geltendmachung der Lohnforderung verzichtet hat, so kann er das Risiko eines Lohnverlustes nicht nachträglich auf die Arbeitslosenversicherung überwälzen. Denn es kann nicht Zweck der Insolvenzentschädigung sein, Lohnansprüche zu ersetzen, auf deren Geltendmachung der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin ohne hinreichenden Grund verzichtet hat (ARV 2002 Nr. 30 S. 192 Erw. 1b; Urteil T. vom 4. Juli 2002, C 39/02, Erw. 2b). Daraus, dass seinen Angaben zufolge einem anderen Arbeitnehmer der gleichen Gesellschaft Insolvenzentschädigungen ausbezahlt worden sind, vermag der Beschwerdeführer nichts für sich abzuleiten. Nicht gefolgt werden kann ihm schliesslich auch, soweit er beantragt, die Arbeitslosenkasse habe nach Art. 55 Abs. 1 AVIG in das Verfahren einzutreten. Ein Forderungsübergang im Sinne dieser Bestimmung kann nur erfolgen, wenn ein Anspruch auf Insolvenzentschädigung besteht, was hier nicht zutrifft. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Aargau und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 17. April 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: