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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5D_46/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 17. Oktober 2014  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Herrmann, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt David Gruber, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Y.________, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Definitive Rechtsöffnung, 
 
Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis, Zivilkammer, vom 11. März 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Urteil des Bezirksgerichts A.________ vom 7. Januar 2009 wurde die Ehe zwischen X.________, geb. 1950, und Y.________, geb. 1949, geschieden. In Bezug auf den nachehelichen Unterhalt wurde X.________ gestützt auf eine entsprechende Vereinbarung in der Scheidungskonvention verpflichtet, "unter Berücksichtigung der lebensprägenden Ehedauer einerseits und der Tatsache, dass Y.________ aufgrund ihrer Krebserkrankung bislang keine Arbeit aufnehmen konnte, je im Voraus einen monatlichen nachehelichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 2'500.-- bis zum Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters des Ehegatten" zu bezahlen. 
 
 Mit Abänderungsurteil des Bezirksgerichts A.________ vom 16. Oktober 2012 wurde der nacheheliche Unterhalt ab April 2011 auf Fr. 1'650.-- pro Monat herabgesetzt. Dabei wurde in der Begründung erwähnt, im Urteil vom 7. Januar 2009 sei "für die Ehefrau ein Unterhaltsbeitrag von Fr. 2'500.-- bis zum Erreichen des ordentlichen AHV-Alters des Ehegatten (der Ehefrau) " vereinbart worden. 
 
B.   
Nachdem Y.________ mit 64 Jahren ihr AHV-Alter erreicht hatte, stellte X.________ die Zahlungen ein, worauf diese für den Betrag von Fr. 3'300.-- (zwei Monatsbetreffnisse) die Betreibung einleitete, gegen die X.________ Rechtsvorschlag erhob. 
 
 Mit Rechtsöffnungsentscheid vom 19. September 2013 wies das Bezirksgericht A.________ das Rechtsöffnungsbegehren ab mit der Begründung, aus dem Abänderungsentscheid vom 16. Oktober 2012 sei klar ersichtlich, dass es sich bei der Bezeichnung "Ehegatte" im Urteil vom 7. Januar 2009 um die Ehefrau handle; diesbezüglich sei das Abänderungsurteil klar und bestehe kein Spielraum für Interpretationen, zumal es nicht angefochten worden sei. 
 
 Auf Beschwerde von Y.________ hin erteilte das Kantonsgericht Wallis mit Urteil vom 11. März 2014 definitive Rechtsöffnung für Fr. 3'300.-- nebst Zinsen mit der Begründung, der Begriff "Ehegatte" werde üblicherweise verwendet, wenn ungewiss sei, ob die Ehefrau oder der Ehemann betroffen sei (z.B. "der überlebende Ehegatte" in Art. 109 Abs. 1 ZGB), während üblicherweise der Ehemann als "Ehegatte" und die Ehefrau als "Ehegattin" bezeichnet werde, wenn Gewissheit bestehe (z.B. "als Angehörige des Opfers gelten seine Ehegattin oder sein Ehegatte" in Art. 116 Abs. 2 StPO). Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Parteien in der mit Urteil vom 7. Januar 2009 genehmigten Vereinbarung von "Ehegattin" gesprochen hätten, wenn ihr und nicht sein Eintritt ins AHV-Rentenalter hätte massgeblich sein sollen. Das Ende des Rentenanspruches werde denn auch meist an das Erreichen des AHV-Alters des Unterhaltspflichtigen geknüpft. Schliesslich könne die fehlende Anfechtung des Abänderungsurteils vom 16. Oktober 2012 keine Bedeutung haben, weil grundsätzlich nur das Dispositiv des Entscheides anfechtbar sei, in welchem einzig die betragsmässige Herabsetzung der Rente zum Ausdruck komme. 
 
C.   
Gegen dieses Urteil hat X.________ am 11. April 2014 eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben mit dem Begehren um dessen Aufhebung. In ihren Vernehmlassungen vom 7. bzw. 21. Mai 2014 schliessen das Kantonsgericht und Y.________ auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Angefochten ist ein Rechtsöffnungsentscheid, dessen Streitwert weniger als Fr. 30'000.-- beträgt, womit der für die Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Mindeststreitwert nicht erreicht wird (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) und deshalb die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegeben ist (Art. 113 BGG). Mit dieser kann einzig eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG), wofür das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). 
 
2.   
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Willkürverbotes (Art. 9 BV). Er macht im Kern geltend, aus den Erwägungen des Abänderungsurteils ergebe sich verbindlich, was unter dem Begriff "Ehegatte" im Rahmen der Formulierung "bis zum Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters des Ehegatten" zu verstehen sei. 
 
2.1. Soweit der Beschwerdeführer der Ansicht ist, dass aufgrund des Abänderungsurteils kein Auslegungsspielraum mehr bestehe, geht seine Willkürrüge fehl: Beruht das Dispositiv des Scheidungsurteils nicht auf einer eigenen Anordnung des Richters, sondern auf einer Übernahme der Scheidungskonvention, so ist es wie ein Vertrag auszulegen, mithin nach dem Vertrauensprinzip (Urteil 5A_487/2011 vom 2. September 2011 E. 4.1). Eine solche Auslegung ist auch vorliegend geboten, weil sich der Abänderungsprozess, der grundsätzlich auch in Bezug auf eine mit Scheidungskonvention getroffene Regelung möglich ist (BGE 117 II 211 E. 1a S. 213), nur auf die Höhe, nicht aber auf die Dauer des nachehelichen Unterhalts bezog. Was die vom Kantonsgericht vorgenommene Auslegung von der Sache her betrifft, ist keine Willkür zu erkennen. Bereits eine grammatikalische Auslegung der Konventionsklausel spricht dafür, unter "Ehegatte" den Ehemann zu verstehen, denn es hätte sonst näher gelegen, entweder zu formulieren, dass "für die Ehefrau ein Unterhaltsbeitrag von Fr. 2'500.-- bis zum Erreichen  deren ordentlichen AHV-Alters" geschuldet sei, oder aber im Anschluss an diesen Textteil das Wort "Ehegattin" zu verwenden. Sodann trifft auch das Argument des Kantonsgerichts zu, dass das Ende der Unterhaltsrente, soweit keine andere Begrenzung stattfindet, in der Regel an das Erreichen des AHV-Alters bzw. an die ordentliche Pensionierung des Unterhaltspflichtigen geknüpft wird, weil dieser durch den betreffenden Vorgang meistens eine erhebliche Einbusse in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfährt. Insofern ist keine Willkür ersichtlich, wenn das Kantonsgericht auf die Scheidungskonvention zurückgegangen ist und diese als auslegungsbedürftig angesehen hat.  
 
2.2. Für den betreffenden Fall begründet der Beschwerdeführer seine Willkürrüge subsidiär damit, dass allfällige Unklarheiten nicht vom Rechtsöffnungsrichter beurteilt werden dürften, sondern durch den Sachrichter zu entscheiden wären. Dies trifft zu. Vorauszuschicken ist, dass nach dem Gesagten zwar vieles dafür spricht, dass die Ehegatten mit der Scheidungskonvention beabsichtigten, den nachehelichen Unterhalt bis zum Erreichen des AHV-Alters des Ehemannes laufen zu lassen. Der Text ist freilich nicht eindeutig bzw. ein Auslegungsbedarf nicht abzustreiten. Diesfalls liegt nach konstanter und mehrfach publizierter bundesgerichtlicher Rechtsprechung kein genügender Rechtsöffnungstitel vor und ist es nicht am Rechtsöffnungsrichter als reinem Vollstreckungsrichter, sondern am Sachrichter, in materieller Hinsicht für Klarheit zu sorgen (vgl. BGE 135 III 315 E. 2.3 S. 319; 124 III 501 E. 3a S. 503; 113 III 6 E. 1b S. 9 f.; siehe ferner auch BGE 139 III 444 E. 4.1.1 S. 446). Indem sich das Kantonsgericht in seiner Funktion als Rechtsöffnungsgericht an die Stelle des Sachgerichts gesetzt und die Scheidungskonvention ausgelegt hat, ist es in Willkür verfallen. Aufgrund der Interpretationsbedürftigkeit des Rechtsöffnungstitels ist vor einer Klärung durch den Sachrichter keine Rechtsöffnung möglich. Es wird an den Parteien sein zu prüfen, ob für diese Klärung eine materielle Klage nötig ist oder ob dies auch im Rahmen einer Erläuterung geschehen kann (vgl. etwa Urteil 5A_493/2011 vom 12. Dezember 2011).  
 
3.   
Zusammenfassend ergibt sich, dass in Gutheissung der subsidiären Verfassungsbeschwerde und Aufhebung des angefochtenen Entscheides das Rechtsöffnungsgesuch abzuweisen ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdegegnerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Die Neuregelung der kantonalen Kosten wird dem Kantonsgericht überbunden (Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
In Gutheissung der Beschwerde und Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts Wallis vom 11. März 2014 wird das Gesuch um Rechtsöffnung der Beschwerdegegnerin abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 800.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Die Neuregelung der kantonalen Kosten wird dem Kantonsgericht Wallis überbunden. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. Oktober 2014 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli