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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_535/2023  
 
 
Urteil vom 15. August 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
nebenamtliche Bundesrichterin Griesser, 
Gerichtsschreiberin Meier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dominik Brändli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Einfache Verletzung der Verkehrsregeln; Willkür, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer, vom 20. März 2023 (STBER.2022.51). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 12. Januar 2022 erliess die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn einen Strafbefehl gegen A.________ wegen grober Verletzung von Verkehrsregeln und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 120.--, bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie einer Busse von Fr. 900.--. Dagegen erhob A.________ Einsprache. 
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn hielt am Strafbefehl vom 12. Januar 2022 fest und überwies diesen am 24. Januar 2022 als Anklageschrift an das Richteramt Thal-Gäu. 
 
B.  
Der Amtsgerichtspräsident von Thal-Gäu sprach A.________ mit Urteil vom 14. April 2022 der einfachen Verletzung von Verkehrsregeln schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 700.--. Dagegen erhob A.________ Berufung. 
 
C.  
Am 20. März 2023 bestätigte das Obergericht des Kantons Solothurn den erstinstanzlichen Entscheid. Es sprach A.________ der einfachen Verletzung von Verkehrsregeln (durch Mangel an Aufmerksamkeit sowie mangelnde Rücksicht beim Fahrstreifenwechsel) im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 700.--. 
 
D.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 20. März 2023 sei aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Sämtliche Verfahrenskosten seien auf die Staatskasse zu nehmen und ihm sei eine Entschädigung in der beantragten Höhe zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt die Sachverhaltsfeststellung als offensichtlich unrichtig. Er sei sofort auf die erste Überholspur (mittlere Spur) eingeschwenkt und schon darauf gefahren, als es zur Kollision gekommen sei. Die Vorinstanz ziehe seine Aussagen völlig unbegründet in Zweifel und nehme eine unkritische Beweiswürdigung vor.  
 
1.2. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2). Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Erforderlich ist zudem, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 144 III 368 E. 3.1; 141 IV 305 E. 1.2). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.6; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1, 88 E. 1.3.1).  
 
1.3. Die Vorinstanz würdigt die Aussagen des Beschwerdeführers, des Unfallbeteiligten B.________ und des Polizeibeamten C.________. B.________ habe ausgesagt, er sei mit dem Lastwagen auf der A2 Richtung Luzern auf der mittleren der drei Spuren, d.h. auf dem ersten Überholstreifen, gefahren und habe den Personenwagen mit Anhänger des Beschwerdeführers bei der Autobahneinfahrt Egerkingen gesehen. Plötzlich habe er von rechts eine leichte Streifung festgestellt und es habe ihn leicht nach links gedrückt. Erst da habe er realisiert, dass rechts ein Fahrzeug gewesen sei, welches ihn nach links gedrückt habe. Der Polizeibeamte C.________ habe den Unfall beobachtet. Er habe gesehen, wie der ca. 100 Meter weiter vorne fahrende Personenwagen mit Anhänger den Blinker gesetzt und angefangen habe, nach links zu fahren. Links von ihm sei jedoch ein Lastwagen gefahren und da der Personenwagen mit Anhänger weiter nach links gezogen habe, sei es zur Kollision gekommen. Sodann stellt die Vorinstanz fest, der Beschwerdeführer habe in der ersten Befragung angegeben, er habe bei der Einfahrt auf 80 km/h beschleunigt und im Anschluss einen Fahrstreifenwechsel von der rechten auf die mittlere Spur vorgenommen. Als er sich auf der mittleren Spur, d.h. der ersten Überholspur, befunden habe, habe er plötzlich gespürt, wie der Lastwagen mit seiner Fahrzeugkomposition kollidiert sei. Vor Erstinstanz habe der Beschwerdeführer demgegenüber ausgeführt, er habe die Spur nicht gewechselt, sondern sei direkt auf die mittlere Spur gefahren. Dass der Beschwerdeführer gar keinen Spurwechsel vorgenommen haben will, hält die Vorinstanz gestützt auf seine erste Aussage und die Aussagen von B.________ sowie C.________ für nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer habe einen Spurwechsel vornehmen müssen, um vom Einfahrtsstreifen, der zum Normalstreifen werde, auf den ersten Überholstreifen zu gelangen. Es sei auch logisch, dass er, erst als er die gewünschte Geschwindigkeit von 80 km/h erreicht habe, den Spurwechsel vorgenommen habe. Die Aussage des Beschwerdeführers, wonach er bereits auf der mittleren Spur gefahren sei, als es zum Unfall kam, widerspreche den übereinstimmenden, glaubhaften Aussagen von B.________ und C.________. Es sei ohne Weiteres möglich, auf einer geraden Strecke eine Kollision zu beobachten, die sich in ca. 100 Meter Entfernung zwischen einem Lastwagen und einem Personenwagen, der von rechts kommend in die rechte Seite des Lastwagens fahre, ereigne.  
Die Vorinstanz erachtet als erstellt, dass der Beschwerdeführer vom rechten Normalstreifen auf den ersten Überholstreifen (mittlerer Fahrstreifen) habe wechseln wollen und dabei mit der linken Seite seines Anhängers mit dem auf dieser Spur (ersten Überholstreifen) fahrenden Lastwagen von B.________ kollidiert sei. 
 
1.4.  
 
1.4.1. Der Beschwerdeführer beschränkt sich im Wesentlichen darauf, allgemeine appellatorische Kritik auszuüben und seine Sicht der Dinge darzutun.  
 
1.4.2. Erstellt ist die Kollision zwischen dem Personenwagen mit Anhänger des Beschwerdeführers und dem Lastwagen von B.________ am 26. Oktober 2021 auf der Autobahn A2 in Egerkingen, Fahrtrichtung Zürich/Luzern.  
 
1.4.3. Die Vorinstanz gelangt gestützt auf das Gesamtbeweisergebnis willkürfrei zum Schluss, dass sich der Unfall ereignete, als der Beschwerdeführer vom rechten Normalstreifen auf den ersten Überholstreifen habe wechseln wollen und dabei mit der linken Seite seines Anhängers mit dem von B.________ gelenkten Lastwagen kollidierte. Die Vorinstanz würdigt die Aussagen des Beschwerdeführers willkürfrei, wenn sie einen Widerspruch in seinen Aussagen feststellt und festhält, dass sich seine Erstaussage in Bezug darauf, wann er auf die erste Überholspur wechselte, mit dem übrigen Beweisergebnis deckt. Als unbehelflich erweist sich die Rüge, der Zeuge C.________ habe "rein physikalisch" aus einer Distanz von ca. 100 Metern den Unfall nicht bzw. nicht im Detail beobachten können, da sich zwischen ihm und dem Unfallgeschehen weitere Fahrzeuge befunden hätten. Ohne in Willkür zu verfallen erwägt die Vorinstanz, es sei ohne Weiteres möglich, auf einer geraden Strecke trotz vorausfahrender Fahrzeuge aus einer Distanz von 100 Metern das Unfallgeschehen wahrzunehmen, insbesondere da das Auto mit Anhänger von einer Spur auf die andere fuhr und sich dabei in gut einsehbarem Raum zwischen den Spuren befand. Nicht zu folgen ist sodann dem Vorbringen, die Vorinstanz hinterfrage die Aussagen des Unfallbeteiligten B.________ nicht und habe nicht beachtet, dass B.________ ausgesagt habe, das Auto und nicht der Anhänger hätte ihn von rechts gedrückt, was er aufgrund des toten Winkels unmöglich habe beobachten können. B.________ hat sich nicht dazu geäussert, ob ihn der Personenwagen oder der Anhänger nach links drückte. Er gab sowohl vor der Polizei als auch bei seiner Zeugeneinvernahme zu Protokoll, plötzlich habe sein Lastwagen nach links gezogen, er habe zunächst nicht gewusst wieso. Er habe zuerst nach links und dann nach rechts geschaut und gesehen, dass ihn von rechts ein Fahrzeug drücke. Die Rüge, es gebe keine Detailaufnahmen der entstandenen Schäden, weshalb der Unfallhergang gemäss den Aussagen von B.________ und C.________ nicht durch Sachbeweise bestätigt werde und vielmehr für die Sachdarstellung des Beschwerdeführers spreche, erweist sich als unberechtigt. Aus der erstellten Fotodokumentation ist ersichtlich, dass der Anhänger hinten unbeschädigt ist. Gleiches geht aus dem Polizeirapport hervor, wonach der Schaden am Anhänger auf der linken Seite entstanden ist. Sodann nennt der Polizeirapport als Schaden am Personenwagen des Beschwerdeführers Dellen und Kratzer auf der linken Fahrzeugseite und am Aussenspiegel links. Dies untermauert die allein für sich glaubhaften Aussagen von B.________ und C.________. Hätte sich der Unfall so ereignet, wie vom Beschwerdeführer behauptet, d.h. wäre B.________ mit seinem Lastwagen auf den vor ihm fahrenden Anhänger des Beschwerdeführers aufgefahren, wäre das Schadensbild ein anderes, insbesondere wäre die Rückseite des Anhängers beschädigt.  
Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung ist willkürfrei. 
 
2.  
Sofern der Beschwerdeführer die rechtliche Würdigung beanstandet, legt er seinen Ausführungen nicht den von der Vorinstanz willkürfrei festgestellten, sondern den von ihm behaupteten Sachverhalt zugrunde. Darauf ist nicht einzutreten. In Befolgung des Verbots der "reformatio in peius" spricht die Vorinstanz den Beschwerdeführer zutreffend der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln schuldig. 
 
3.  
Die Anträge betreffend die Kosten- und Entschädigungsfolgen werden für den Fall eines Freispruchs gestellt. Nach den vorstehenden Erwägungen erübrigt es sich, darauf einzugehen. 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. August 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Meier