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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_322/2018  
 
 
Urteil vom 12. Dezember 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Grunder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch lic. iur. Jacqueline Steffen, 
 c/o AXA-ARAG Rechtsschutz AG, Postfach 2577, 
8401 Winterthur, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 15. März 2018 (IV.2016.01254). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Mit Verfügungen vom 14. Dezember 2007 und 20. März 2008 sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich dem 1965 geborenen A.________ ab 1. April 2004 eine ganze und ab 1. September 2004 eine halbe Invalidenrente zu. Am 20. Februar 2009 liess der Versicherte beantragen, es sei ein Revisionsverfahren einzuleiten. Die IV-Stelle holte unter anderem die Gutachten des Dr. med. B.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Chefarzt, Klinik C.________ AG, vom 22. Oktober 2009 und des Dr. med. D.________, FMH Innere Medizin und Rheumaerkrankungen, vom 14. Juni 2010 ein. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren setzte die Verwaltung die Invalidenrente ab 1. November 2011 auf eine Viertelsrente herab (Verfügung vom 15. September 2011). Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenem Entscheid vom 10. April 2012 ab und stellte im Sinne einer reformatio in peius unter Aufhebung der Verfügung vom 15. September 2011 fest, dass der Versicherte ab dem ersten Tag des zweiten des der Zustellung dieses Entscheids folgenden Monats keinen Rentenanspruch mehr hatte (Dispositiv-Ziffer 1). Zur Begründung führte es aus, der Versicherte sei sowohl aus somatischer wie auch aus psychiatrischer Sicht betrachtet in seiner bisherigen Tätigkeit im Baugewerbe spätestens seit Juni 2010 wieder vollumfänglich arbeitsfähig gewesen.  
 
A.b. Am 11. Juli 2012 meldete sich der Versicherte erneut zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle holte unter anderem das Gutachten des Dr. med. E.________, Facharzt FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 9. April 2014 ein, wonach der Explorand an einer chronischen Depression (gegenwärtig mittel- bis schwergradig, ohne psychotische Symptome, ICD-10 F33.1 und F33.2), an einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41) sowie an einer Agoraphobie mit Panikstörung (ICD-10 F40.01) litt. Deswegen war er für jegliche Arbeitstätigkeit spätestens ab dem psychiatrischen Konsilium des Universitätsspitals F.________ vom 25. November 2011 (recte: 25. Oktober 2011) vollständig leistungsunfähig gewesen. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren hielt die IV-Stelle mit Verfügung vom 13. Oktober 2016 fest, aus den psychiatrischen Auskünften habe sich keine revisionsrechtlich erhebliche Veränderung des psychischen Gesundheitszustands ergeben, weshalb das Leistungsbegehren abzuweisen sei.  
 
B.   
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 15. März 2018). 
 
C.   
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm ab Januar 2013, eventualiter ab 1. April 2014, eine ganze Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter seien weitere medizinische Abklärungen vorzunehmen. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Streitgegenstand bildet die Frage, ob sich der Invaliditätsgrad seit der letzten rechtskräftigen Verfügung, die auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Invaliditätsbemessung beruhte (BGE 133 V 108), bis zur verfügungsweisen Neuprüfung am 13. Oktober 2016 in revisionsrechtlich erheblicher Weise verändert hatte (Art 17 Abs. 1 ATSG). Die Vorinstanz hat zutreffend erkannt, dass zeitliche Vergleichsbasis die Verfügung vom 15. September 2011 bilde. Zwar habe sie mit Entscheid vom 10. April 2012 eine reformatio in peius vorgenommen, dies ändere aber nichts daran, dass für die Prüfung des Vergleichszeitraums der 15. September 2011 Ausgangspunkt bilde.  
 
2.2. Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen seit Zusprechung der Rente, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen. Insbesondere ist die Rente bei einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes revidierbar. Weiter sind, auch bei an sich gleich gebliebenem Gesundheitszustand, veränderte Auswirkungen auf den Erwerbs- oder Aufgabenbereich von Bedeutung (BGE 134 V 131 E. 3 S. 132); dazu gehört die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit aufgrund einer Angewöhnung oder Anpassung an die Behinderung (Urteile 9C_349/2013 24. Oktober 2013 E. 3.1 und 9C_292/2012 vom 7. August 2012 E. 2.3). Hingegen ist die lediglich unterschiedliche Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts im revisionsrechtlichen Kontext unbeachtlich (BGE 112 V 371 E. 2b S. 372; SVR 2011 IV Nr. 1 S. 1, 8C_972/2009 E. 3.2; Urteil 8C_133/2013 vom 29. Mai 2013 E. 4.1). Praxisgemäss ist die Invalidenrente auch dann revidierbar, wenn sich die erwerblichen Auswirkungen des an sich gleich gebliebenen Gesundheitszustands erheblich verändert haben (BGE 133 V 545 E. 6.1 S. 546; 130 V 343 E. 3.5 S. 349 f. mit Hinweisen). Liegt in diesem Sinne ein Revisionsgrund vor, ist der Rentenanspruch in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend ("allseitig") zu prüfen, wobei keine Bindung an frühere Beurteilungen besteht (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 11 mit Hinweisen und E. 6.1 S. 13).  
 
2.3. Das kantonale Gericht hat die Grundsätze zum Beweiswert medizinischer Unterlagen richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass einer neuen ärztlichen Einschätzung, die sich nicht hinreichend darüber ausspricht, inwiefern im Vergleich zur früheren Beurteilung eine effektive Veränderung des Gesundheitszustands eingetreten ist, für die Belange der Rentenrevision kein genügender Beweiswert zukommt (Urteil 9C_137/2017 vom 8. November 2017 E. 3.1; Bestätigung von SVR 2012 IV Nr. 18 S. 81, 9C_418/2010 sowie des Urteils 9C_710/2014 vom 26. März 2015).  
 
3.  
 
3.1. Es ist unbestritten, dass sich der Gesundheitszustand in somatischer Hinsicht im massgeblichen Vergleichszeitraum nicht in revisionsrechtlich erheblicher Weise verändert hatte. Zu prüfen ist, wie es sich mit dem psychischen Krankheitsbild verhielt.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Die Vorinstanz ist nach umfassender Darstellung der medizinischen Akten zum Schluss gelangt, aus dem Gutachten des Dr. med. E.________ vom 9. April 2014 ergäben sich verglichen mit demjenigen des Dr. med. B.________ vom 22. Oktober 2009 keine Befunde, die auf eine erhebliche Veränderung des psychischen Gesundheitszustands schliessen liessen. Zu den abweichenden früheren psychiatrischen Beurteilungen halte er fest, es gebe bei einer so langen medizinischen Dokumentation naturgemäss viele voneinander abweichende Meinungen, die nicht alle diskutiert werden könnten. Die meisten Unterschiede hätten mit der Methodik der Anamnese- und Befunderhebung zu tun, wofür es inzwischen klare Leitlinien gebe, welchen keines der psychiatrischen Vorgutachten entspräche. Manche diagnostischen Unterschiede erklärten sich über den Verlauf, das heisst über den naturgemäss schwankenden Schweregrad zum Beispiel einer chronischen depressiven Störung. Aus diesen Auskünften hat das kantonale Gericht geschlossen, dass Dr. med. E.________ im Vergleich zu den von Dr. med. B.________ erhobenen Befunden lediglich eine andere Beurteilung eines gleich gebliebenen Sachverhalts vorgenommen habe, zumal er die früheren psychiatrischen Beurteilungen des Sachverhalts und der Arbeits (un) fähigkeit aus aktueller Sicht als nicht mehr fachgerecht bezeichne.  
 
3.2.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die IV-Stelle habe mit dem ergänzenden Fragebogen vom 4. Dezember 2013 Dr. med. E.________ aufgefordert, detaillierte Angaben zum chonologischen Verlauf der Arbeitsfähigkeit seit dem psychiatrischen Konsilium des Universitätsspitals F.________ vom 25. Oktober 2011 zu machen. Dem Gutachter sei die retrospektive Einschätzung der Arbeitsfähigkeit schwer gefallen, was nachvollziehbar sei. Aus seiner Expertise vom 9. April 2014, die der RAD in seiner Stellungnahme vom 7. Juli 2014 als umfassend und schlüssig bezeichnet habe, gehe eindeutig hervor, dass jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Exploration vom 3./4. April 2014 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht bestanden habe.  
 
Weiter erörtert der Beschwerdeführer, der Rechtsdienst der IV-Stelle habe am 28. Mai 2015 festgehalten, dass der Verfügung vom 15. September 2011 das psychiatrische Gutachten des Dr. med. B.________ vom 22. Oktober 2009 zugrunde gelegt worden sei. Daher sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Verwaltung Dr. med. E.________ nicht aufgefordert habe, zur Frage Stellung zu nehmen, ob und inwieweit sich der psychische Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit seither verändert hätten. Das psychiatrische Konsilium des Universitätsspitals F.________ vom 25. Oktober 2011, das während des stationären Aufenthalts vom 24. bis 28. Oktober 2011 in der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin (Austrittsbericht vom 2. November 2011) erstellt worden sei, sei auch nach der Auffassung der Vorinstanz zur Beurteilung der Rechtsfrage, ob sich der Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit in revisionsrechtlich erheblicher Weise verändert hätten, nicht aussagekräftig. Unter diesen Umständen (fehlerhafter Auftrag an Dr. med. E.________) hätten die Verwaltung und das kantonale Gericht den Untersuchungsgrundsatz und damit Bundesrecht verletzt. 
 
3.3. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers äusserte sich Dr. med. E.________, auch wenn die ihm von der IV-Stelle unterbreiteten Fragen allenfalls nicht genügend klar formuliert worden waren, zum Rechtsthema eingehend. So hielt er in der Expertise vom 9. April 2014 unter anderem fest, dass die von ihm eingeschätzte vollständige Arbeitsunfähigkeit ab 29. Mai 2011, spätestens aber ab 25. November 2011 (recte: 25. Oktober 2011) gelte. Zudem hielt er fest, eine Schmerzstörung nach ICD-10 F45.41 hätte auch schon im Jahre 2009 diagnostiziert werden müssen. Daraus und aus den vom kantonalen Gericht zitierten Äusserungen des Gutachters (vgl. E. 3.2.1 hievor) ist ohne Weiteres zu schliessen, dass er die von Dr. med. B.________ vorgenommene psychiatrische Beurteilung des Gesundheitszustands und der Arbeitsfähigkeit retrospektiv anders beurteilte, ohne dass dies durch eine veränderte Befundlage begründet wäre. Mithin ging er von einem unveränderten Gesundheitszustand seit Beginn des Vergleichszeitraums (Verfügung der IV-Stelle vom 15. September 2011) aus, den er hinsichtlich der Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit anders einschätzte. Weder aus den Vorbringen des Beschwerdeführers noch anderweitig ist ersichtlich, inwiefern das kantonale Gericht den zu prüfenden Sachverhalt offensichtlich unrichtig oder in Verletzung von Bundesrecht festgestellt hat. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen.  
 
4.   
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei auferlegt (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 12. Dezember 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Grunder