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[AZA] 
I 14/00 Vr 
 
III. Kammer  
 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; 
Gerichtsschreiber Signorell 
 
Urteil vom 15. Mai 2000  
 
in Sachen 
 
H.________, 1958, Beschwerdeführerin, vertreten durch 
Rechtsanwalt Dr. A.________, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, Zürich, 
Beschwerdegegnerin, 
und 
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
    Mit Verfügung vom 14. September 1999 lehnte die IV- 
Stelle des Kantons Zürich ein Rentengesuch der 1958 gebore- 
nen H.________ ab. 
    Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich trat 
mit Beschluss vom 26. Oktober 1999 auf eine dagegen erhobe- 
ne Beschwerde nicht ein. 
    Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die Aufhebung 
des vorinstanzlichen Entscheides und die Rückweisung der 
Sache an die Vorinstanz zur materiellen Beurteilung bean- 
tragt. 
    Die IV-Stelle des Kantons Zürich und das kantonale 
Gericht verzichten auf eine Stellungnahme; das Bundesamt 
für Sozialversicherung lässt sich nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht 
um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleis- 
tungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht 
nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht 
verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Miss- 
brauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachver- 
halt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter 
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt 
worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und 
b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
    2.- Nach Art. 85 Abs. 2 lit. b AHVG, anwendbar gemäss 
Art. 69 IVG auch auf dem Gebiet der Invalidenversicherung, 
muss die bei der kantonalen Rekursbehörde eingereichte 
Beschwerde eine gedrängte Darstellung des Sachverhalts, ein 
Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Genügt 
die Beschwerde diesen Anforderungen nicht, so setzt die 
Rekursbehörde dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist 
zur Verbesserung und verbindet damit die Androhung, dass 
sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten werde. 
    Im Gegensatz zum letztinstanzlichen Verfahren, in wel- 
chem gemäss Art. 108 Abs. 3 OG eine nachträgliche Verbesse- 
rungsmöglichkeit der Beschwerde nur bei Unklarheit von Be- 
gehren oder Begründung vorgesehen ist, hat im erstinstanz- 
lichen Verfahren die Fristansetzung zur Verbesserung der 
Beschwerde ganz allgemein immer dann zu erfolgen, wenn die 
Beschwerde den in Art. 85 Abs. 2 lit. b AHVG genannten ge- 
setzlichen Anforderungen nicht genügt; also auch dann, wenn 
es an Begehren oder Begründung gänzlich mangelt. Es handelt 
sich bei der erwähnten Bestimmung um eine formelle Vor- 
schrift, die den erstinstanzlichen Richter - ausser in Fäl- 
len von offensichtlichem Rechtsmissbrauch - verpflichtet, 
eine Frist zur Verbesserung der Mängel anzusetzen (BGE 119 
V 266 Erw. 2a mit Hinweis). 
 
    3.- a) Nach der Rechtsprechung (RKUV 1988 Nr. U 34 
S. 34, Erw. 2a mit Hinweisen) hat eine Nachfristansetzung 
im Falle von offensichtlichem Rechtsmissbrauch zu unter- 
bleiben. Auf einen solchen Missbrauch läuft es hinaus, wenn 
ein Anwalt eine bewusst mangelhafte Rechtsschrift ein- 
reicht, um sich damit eine Nachfrist für die Begründung zu 
erwirken. Satz 1 von Art. 85 Abs. 2 lit. b AHVG würde wir- 
kungslos, wenn sich jeder Beschwerdeführer dadurch, dass er 
die Beschwerde ohne Begründung einreicht, über die Nach- 
frist von Satz 2 eine zusätzliche Begründungsfrist erwirken 
könnte. Insbesondere derjenige Beschwerdeführer kann nicht 
die Nachfrist beanspruchen, welcher die Erfordernisse von 
Art. 85 Abs. 2 lit. b Satz 1 AHVG bewusst nicht erfüllt in 
der Absicht, sich auf Satz 2 berufen zu können. 
 
    b) Die Vorinstanz erwog, dass die Eingabe vom 15. Ok- 
tober 1999 wohl einen Antrag, jedoch keine Begründung ent- 
halte. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin habe eine 
Begründung bewusst unterlassen, um in den Genuss einer 
Nachfrist zu gelangen, was er denn auch ausdrücklich bean- 
tragt habe. 
 
    4.- Streitig ist, ob die Eingabe vom 15. Oktober 1999 
die Anforderung an eine Beschwerde erfüllt. 
    Nachdem die anzufechtende Verfügung am 14. September 
1999 ergangen war, zog die Versicherte einen Rechtsbeistand 
bei, nahm indessen erst am letzten Tag der Rechtsmittel- 
frist mit diesem Kontakt auf. Damit konnte dieser innert 
der Rechtsmittelfrist die Akten der Invalidenversicherung 
nicht mehr beiziehen, was ihn nach der Rechtsprechung in- 
dessen nicht davon zu befreien vermag, die gestellten 
Rechtsbegehren wenigstens summarisch zu begründen. Dabei 
ist von der Begründung in der anzufechtenden Verfügung so- 
wie den Instruktionen auszugehen. Ein Rechtsvertreter ver- 
hält sich korrekt, wenn er gestützt auf die verfügbaren An- 
gaben darlegt, aus welchen Gründen der Entscheid angefoch- 
ten und inwiefern er beanstandet werde. Vorliegend hat der 
beschwerdeführende Rechtsanwalt unter Ziffer 2 der vorin- 
stanzlichen Eingabe dargelegt, dass das von der Verwaltung 
eingeholte Gutachten der MEDAS vom 4. Mai 1999 nicht 
anerkannt werde, dass die psychischen Komponenten des Ge- 
sundheitszustandes nicht oder nicht ausreichend untersucht 
worden seien und dass schliesslich zu Unrecht angenommen 
worden sei, die Beschwerdeführerin sei normal arbeitsfähig. 
    Mit diesen Ausführungen ist die Beschwerde unter dem 
Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit hinreichend summarisch be- 
gründet, weshalb die Vorinstanz insofern darauf einzutreten 
hat. Dabei ist es der Vorinstanz unbenommen, allenfalls 
eine ergänzende Begründung zu verlangen. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird 
    der Beschluss des Sozialversicherungsgerichts des Kan- 
    tons Zürich vom 26. Oktober 1999 aufgehoben, und es 
    wird die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit 
    sie im Sinne von Erw. 4 verfahre. 
 
II.Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwer- 
    degegnerin auferlegt. 
 
III.Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird der 
    Beschwerdeführerin zurückerstattet. 
 
IV.Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat der Beschwerde- 
    führerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen 
    Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von 
    Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezah- 
    len. 
 
V.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche- 
    rungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse 
    des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialver- 
    sicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 15. Mai 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: