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[AZA 0] 
1P.372/2000/bmt 
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG 
********************************** 
 
1. September 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der 
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Féraud, 
Bundesrichter Catenazzi und Gerichtsschreiber Steinmann. 
 
--------- 
 
In Sachen 
P.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Gerold Meier, Vordergasse 18, Schaffhausen, 
 
gegen 
Untersuchungsrichteramt des Kantons Schaffhausen, Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Obergericht des Kantons Schaffhausen, 
betreffend 
 
Einstellung des Untersuchungsverfahrens, 
hat sich ergeben: 
 
A.- Die Verantwortlichen des Hotels und Restaurants "X.________" in Neuhausen erstatteten im Januar 1998 Anzeige wegen geringfügigen Diebstählen aus dem Tresor des Betriebes. 
Nach Einrichtung einer Diebesfalle und erneuten Diebstählen erliess der zuständige Untersuchungsrichter gegen P.________ am 31. Januar 1998 einen Zuführungsbefehl. Diese wurde um 09.00 Uhr an ihrem Wohnort festgenommen und dem Zentralpolizeiposten zugeführt. Anlässlich von polizeilichen Einvernahmen bestritt sie vorerst jeglichen Diebstahl, gestand indessen hernach ein, einmal Fr. 300.-- und einmal Fr. 200.-- gestohlen zu haben. Anschliessend wurde sie um 16.00 Uhr aus der Haft entlassen. 
 
B.- Mit Strafverfügung vom 19. März 1998 verurteilte der zuständige Untersuchungsrichter P.________ wegen mehrfachen geringfügigen Diebstahls zu 21 Tagen Gefängnis (abzüglich eines Tages Haft), unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs. Dagegen erhob sie am 25. März 1998 Einsprache. 
 
Am 11. Mai 1999 beantragte P.________, das Verfahren infolge Verfolgungsverjährung einzustellen, sie in verschiedener Hinsicht zu entschädigen und sie als nicht schuldig zu erklären. Der Untersuchungsrichter stellte darauf das Verfahren ein und auferlegte ihr die Kosten. 
 
Auf Einsprache hin verfügte die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, das Untersuchungsverfahren gegen P.________ bleibe eingestellt, die Kosten würden der Einsprecherin auferlegt und eine Entschädigung werde verweigert. 
In den Erwägungen wies sie darauf hin, dass die Feststellung der Nichtschuld ausgeschlossen sei. 
 
Gegen den Einspracheentscheid der Staatsanwaltschaft erhob P.________ beim Obergericht des Kantons Schaffhausen Beschwerde. Mit Entscheid vom 5. Mai 2000 hiess dieses die Beschwerde teilweise gut. Es bestätigte die Verfahrenseinstellung, hob im Wesentlichen die Kostenauflagen aus Gründen der Unschuldsvermutung auf und sprach Entschädigungen und eine Genugtuung zu. Schliesslich wies es das Gesuch um Nichtschuldigerklärung im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Kantonsverfassung gestützt auf die Strafprozessordnung mit eingehender Begründung ab. 
 
C.- Gegen diesen Entscheid des Obergerichts hat P.________ am 9. Juni 2000 beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie rügt in erster Linie eine Verletzung der Kantonsverfassung wegen Verweigerung der förmlichen Nichtschuldigerklärung. Auf die Begründung der Beschwerde ist, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen. Schliesslich hat die Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht und dieses Begehren mit separater Eingabe ergänzt. 
 
Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht beantragen in ihren Vernehmlassungen (sinngemäss) die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. 
 
Die Beschwerdeführerin reichte dem Bundesgericht am 25. Juli 2000 unaufgefordert eine Replik zur Vernehmlassung des Obergerichts ein. 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
 
1.- a) Die Beschwerdeführerin beantragt ohne weitere Präzisierung, den angefochtenen Entscheid aufzuheben. Der Begründung der Beschwerde ist indessen zu entnehmen, dass sie lediglich die Verweigerung der Nichtschuldigerklärung anficht, den Kostenpunkt betreffend das Untersuchungsverfahren (Verfahrenskosten und Entschädigungen bzw. Genugtuung) nicht aufgehoben haben will. Die Beschwerde ist in diesem Sinne entgegen zu nehmen. 
 
b) Mit der staatsrechtlichen Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 lit. a OG können Verletzungen des kantonalen Verfassungsrechts gerügt werden. Die vorliegende Beschwerde ist daher zulässig. 
 
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ist in der staatsrechtlichen Beschwerde darzulegen, welche verfassungsmässi-gen Rechte verletzt sein sollen und inwiefern dies der Fall sei. Die Begründung muss in der Beschwerdeschrift selber enthalten sein, Verweise auf die den kantonalen Instanzen eingereichten Rechtsschriften genügen nicht (BGE 115 Ia 27 S. 30, 109 Ia 304 S. 306). - Diesen Anforderungen genügt die Rüge der Verletzung von Art. 9 und Art. 29 Abs. 2 BV (Ziff. 11 S. 5 f. der Beschwerdeschrift) nicht. Insofern kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 
 
c) Die Beschwerdeführerin hat auf die Zustellung der Vernehmlassung des Obergerichts hin unaufgefordert eine Replik eingereicht. Ein zweiter Schriftenwechsel findet nach Art. 93 Abs. 3 OG nur ausnahmsweise und auf ausdrückliche Anordnung des Bundesgerichts hin statt. Im vorliegenden Fall enthält die Vernehmlassung des Obergerichts gewisse Ausführungen, die eine Replik rechtfertigen mögen. Daher kann die Replik der Beschwerdeführerin zu den Akten genommen werden. 
d) Im Übrigen geben die Eintretensvoraussetzungen zu keinen weitern Bemerkungen Anlass. 
 
2.- a) Die Verfassung des Kantons Schaffhausen (KV/SH) enthält in Art. 8 Abs. 4 folgende Bestimmung: 
 
Jeder in strafrechtliche Untersuchung Gezogene muss 
schuldig oder nicht schuldig erklärt werden, sofern 
er sich nicht mit der von der kompetenten Stelle 
verfügten einfachen Aufhebung der Untersuchung 
begnügt. 
 
Die Strafprozessordnung des Kantons Schaffhausen (StPO/SH) umschreibt die genannte Verfassungsnorm insbesondere mit Art. 61. Diese Bestimmung mit dem Marginale "Erledigungsgrundsatz" hat folgenden Wortlaut: 
 
1Jede Strafverfolgung ist entweder durch einen auf 
Verurteilung oder Freispruch lautenden Sachentscheid 
oder durch abschliessende Einstellung des 
Verfahrens zu beenden. 
 
2Wer als Angeschuldigter richterlich zur Sache 
einvernommen worden ist, kann im Falle einer abschliessenden 
Einstellung des Verfahrens unter 
Berufung auf Art. 8 Abs. 4 KV verlangen, schuldig 
oder nicht schuldig erklärt zu werden, sofern die 
prozessualen Voraussetzungen für eine Beurteilung 
der Sache gegeben sind. 
 
b) Das Obergericht führte im angefochtenen Entscheid zum einen aus, der verfassungsmässige Ausdruck "in strafrechtliche Untersuchung gezogen" bedürfe der Auslegung. 
Der Gesetzgeber habe mit dem Erlass der Strafprozessordnung die Verfassungsbestimmung konkretisiert und den Beginn der Untersuchung auf den Umstand einer richterlichen Einvernahme festgesetzt; damit falle das vorangehende Verfahren - auch wenn die Untersuchung mit einem Aktenvermerk förmlich eröffnet wird sowie polizeiliche Einvernahmen durchgeführt und gewisse Zwangsmassnahmen ergriffen werden - ausserhalb des Bereiches, der nach Art. 8 Abs. 4 KV/SH einen Anspruch auf Nichtschuldigerklärung einräumt. 
 
Zum andern hielt das Obergericht fest, eine Nichtschuldigerklärung im Sinne von Art. 8 Abs. 4 KV/SH falle nach Art. 61 Abs. 2 letzter Satzteil StPO/SH nur in Betracht, sofern die prozessualen Voraussetzungen für eine Beurteilung der Sache noch gegeben seien. Im vorliegenden Fall sei die Verfolgungsverjährung eingetreten. Damit fehlten die Voraussetzungen für einen materiellen Sachentscheid. 
Das Prozesshindernis stehe demnach auch einer förmlichen Nichtschuldigerklärung entgegen. 
 
c) Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, das Obergericht habe die Bestimmungen der Strafprozessordnung willkürlich ausgelegt. Sie behauptet insbesondere nicht, dass sie im Sinne von Art. 61 Abs. 2 erster Satzteil StPO/SH richterlich einvernommen worden sei und dass gemäss Art. 61 Abs. 2 letzter Satzteil StPO/SH wegen eingetretener Verjährung die Voraussetzungen für eine Beurteilung der Sache noch gegeben seien. Vielmehr rügt sie, dass die Strafprozessordnung mit ihren Voraussetzungen für den Erhalt einer Nichtschuldigerklärung die Verfassungsnorm unzulässig einschränke und daher in dieser Hinsicht mit der Kantonsverfassung im Widerspruch stehe. 
 
Mit dieser Rüge verlangt die Beschwerdeführerin eine inzidente (vorfrageweise) Normkontrolle von Art. 61 Abs. 2 StPO hinsichtlich Art. 8 Abs. 4 KV/SH. Dies ist im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren zulässig. Eine allfällige vorfrageweise Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen der Strafprozessordnung führt indessen nicht zu deren Aufhebung, sondern hat lediglich zur Folge, dass die Vorschrift auf die Beschwerdeführerin nicht angewendet wird und der gestützt darauf ergangene Entscheid aufgehoben wird (vgl. zum Prüfungsprogramm BGE 120 V 319 E. 8d/aa S. 331, 114 Ia 50 E. 2a S. 52). Es ist daher zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin mit Blick auf ihre eigene Angelegenheit in ihrem verfassungsmässigen Anspruch auf Nichtschuldigerklärung verletzt worden ist. 
 
3.- a) Für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde gilt es, die Bestimmung von Art. 8 Abs. 4 KV/SH auszulegen. 
Die Auslegung einer Verfassungsbestimmung hat dabei grundsätzlich nach denselben methodischen Regeln zu erfolgen, wie sie für die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts entwickelt wurden. Die Gewichtung der einzelnen Auslegungselemente kann allerdings unterschiedlich ausfallen, je nachdem ob die zu interpretierende Norm den organisatorischen Bestimmungen der Verfassung angehört oder verfassungsmässige Grundrechte schützt. Im Gegensatz zu organisatorischen Bestimmungen bedürfen Grundrechte vermehrt einer Konkretisierung, welche sich wandelnden geschichtlichen Bedingungen und gesellschaftlichen Vorstellungen Rechnung trägt (BGE 112 Ia 208 E. 2a S. 212 f., mit Hinweisen). Dies trifft auf die Auslegung von Art. 8 Abs. 4 KV/SH in besonderem Masse zu. 
Zum einen ist kaum mehr erkennbar, was der historische Verfassungsgeber vor rund 125 Jahren mit der gewählten Formulierung genau bezweckte (vgl. Heinz Aemisegger, Die Rechtsbehelfe der Schaffhauser Strafprozessordnung, Diss. Zürich 1976, S. 98 ff.). Zum andern steht die umstrittene Verfassungsbestimmung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Strafrechtspflege, die in der Strafprozessordnung umschrieben und systematisch erfasst ist und mit deren Revisionen ihrerseits Wandlungen unterworfen ist. 
 
b) Ausgangspunkt von Art. 8 Abs. 4 KV/SH ist offensichtlich, dass sich der strafrechtlich Beschuldigte nicht ohne weiteres mit einer "einfachen" Einstellung des Verfahrens soll begnügen müssen. In Fällen etwa, die eine gewisse Publizität erfahren haben, soll dem Betreffenden die Möglichkeit eingeräumt werden, zu einer förmlichen Schuldloserklärung zu gelangen, um ungeachtet von möglichen Verdachtselementen von jeglichem Schuldvorwurf befreit zu werden. 
Insoweit besteht, wie die Beschwerdeführerin darlegt, tatsächlich ein Zusammenhang mit der Unschuldsvermutung und dem Bedürfnis, auch nach Durchführung eines Verfahrens als unbescholtener Bürger auftreten zu können. Daran vermag auch die nunmehr verfassungs- und konventionsrechtlich sowie in der Strafprozessordnung garantierte Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK und Art. 38 Abs. 1 StPO/SH) grundsätzlich nichts zu ändern. 
 
Dem Obergericht ist allerdings zuzustimmen, dass die Garantie der Unschuldsvermutung die Tragweite von Art. 8 Abs. 4 KV/SH relativiert und einschränkt. So hat die Rechtsprechung des Bundesgerichts im Anschluss an Entscheide des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes erkannt, dass es mit der Unschuldsvermutung unvereinbar ist, die Einstellung eines Verfahrens oder einen Freispruch mit einer Kostenauflage zu verbinden, wenn mit der Begründung direkt oder indirekt der Eindruck vermittelt wird, der Beschuldigte habe sich strafbar gemacht oder es treffe ihn ein strafrechtliches Verschulden (vgl. BGE 116 Ia 162 E. 2 S. 165 ff., 119 Ia 332, mit Hinweisen). Insofern übernehmen Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK ein Anliegen von Art. 8 Abs. 4 KV/SH, nämlich zu verhindern, dass dem Beschuldigten im Falle der Einstellung oder eines Freispruchs "etwas hängen" bleibt. So hat denn das Obergericht auch im vorliegenden Fall die Kostenauflage und die Verweigerung einer Entschädigung an die Beschwerdeführerin als verfassungs- und konventionsrechtlich unzulässig erachtet und sie ungeachtet der Aktenlage vorbehaltlos aufgehoben. 
 
c) Die Bestimmung von Art. 8 Abs. 4 KV knüpft in mehrfacher Weise an die Strafrechtspflege an; sie verwendet insbesondere die Ausdrücke des "in strafrechtliche Untersuchung Gezogenen" und der "von der kompetenten Stelle verfügten einfachen Aufhebung der Untersuchung". Diese Begriffe sind nicht verfassungsrechtlicher, sondern strafprozessualer Natur. Der Gesetzgeber ist befugt und aufgerufen, die Verfassungsbestimmung durch die Gesetzgebung mit dem Erlass der Strafprozessordnung zu konkretisieren. Er kann insbesondere näher umschreiben, was ein "in strafrechtliche Untersuchung Gezogener" und eine von der zuständigen Behörde verfügte "einfache Aufhebung der Untersuchung" bedeutet. Dabei kommt ihm mangels hinreichender Bestimmtheit der Verfassungsnorm ein gewisser Spielraum zu. 
 
Wie dem angefochtenen Entscheid zu entnehmen ist, stellte sich dem Gesetzgeber u.a. die Frage, von welchem Moment an eine Person als "in strafrechtliche Untersuchung gezogen" gilt. Wird diese Grenze in einem sehr frühen Stadium angesiedelt, so verlöre die Verfassungsbestimmung zum Teil ihre Konturen. Zu Beginn einer Untersuchung wird oftmals eine Vielzahl von Personen polizeilich befragt, ohne dass schon klar feststehen würde, wer nun tatsächlich verdächtigt erscheint. Es kann kaum der Sinn von Art. 8 Abs. 4 KV/SH sein, dass alle diese Personen einen förmlichen Verfassungsanspruch auf Nichtschuldigerklärung haben. Auf der andern Seite darf die Grenze nicht zu stark auf eine späte Phase wie etwa diejenige der Anklage verschoben werden, weil diesfalls dem Anliegen der Kantonsverfassung nicht mehr hinreichend Rechnung getragen würde. Bei dieser Sachlage erscheint es aus der Sicht von Art. 8 Abs. 4 KV/SH sachgerecht, wenn Art. 61 Abs. 1 StPO/SH den verfassungsmässigen Anspruch mit der eigentlichen richterlichen Einvernahme beginnen lässt. 
 
Desgleichen lässt der Ausdruck "Aufhebung der Untersuchung" in Art. 8 Abs. 4 KV/SH nicht genau erkennen, wann eine Untersuchung als eingeleitet gilt. Auch insofern bedarf es einer näheren Umschreibung durch die Strafprozessordnung. 
Dem Gesetzgeber standen hierfür verschiedene Möglichkeiten offen. Wie im angefochtenen Entscheid und in der Beschwerdeschrift dargelegt, könnte auf die Eröffnung der Untersuchung durch Aktenvermerk im Sinne von Art. 214 Abs. 1 StPO oder auf das Ergreifen gewisser Zwangsmassnahmen abgestellt werden. Diesen Merkmalen kommt indessen eine gewisse Zufälligkeit zu; insbesondere werden Zwangsmassnahmen nicht immer ergriffen und können sich - wie etwa die Beschlagnahme nach Art. 172 ff. StPO - auch gegen Dritte richten. Demgegenüber hat das Abstellen auf eine richterliche Befragung den Vorteil der Klarheit und Eindeutigkeit und erscheint auch diesbezüglich im Hinblick auf den verfassungsmässigen Anspruch nach Art. 8 Abs. 4 KV/SH sachgerecht. 
 
d) Die Beschwerdeführerin weist weiter darauf hin, dass sie tatsächlich in Haft genommen worden sei und dass ihr in der ursprünglichen Strafverfügung ein Tag Haft angerechnet worden und ihr hierfür vom Obergericht eine Genugtuung zugesprochen worden sei. Diese Genugtuung stütze sich auf Art. 356 StPO und letztlich auf Art. 8 Abs. 5 KV/SH. Diese Verfassungsbestimmung räume einen Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung für Personen ein, die ohne eigenes Verschulden "in Untersuchung gezogen" worden sind. 
Dieser Umstand belege, dass sie nicht nur im Sinne von Art. 8 Abs. 5 KV/SH, sondern auch gemäss Art. 8 Abs. 4 KV/SH als in Untersuchung gezogen zu betrachten sei. 
 
Ein Vergleich der beiden Bestimmungen der Kantonsverfassung zeigt, dass im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Schuldloserklärung in Art. 8 Abs. 4 von "in strafrechtliche Untersuchung Gezogenen" die Rede ist, während Entschädigung und Genugtuung den "ohne eigenes Verschulden in Untersuchung gezogenen" Personen zukommen. Den Ausführungen des Obergerichts zufolge lässt sich nicht ausmachen, welche Differenzierung der historische Verfassungsgeber mit der unterschiedlichen Formulierung bezweckte. Umgekehrt darf davon ausgegangen werden, dass der Unterschied nicht auf einer blossen redaktionellen Nachlässigkeit beruht und der Ausdruck "strafrechtliche Untersuchung" eine Qualifizierung enthält. Aus dem Vergleich der beiden Absätze darf daher geschlossen werden, dass der Anwendungsbereich für Entschädigung und Genugtuung weiter reicht als für die Nichtschuldigerklärung. 
Dies wird durch den Umstand bestätigt, dass unter Umständen Dritte ins Verfahren einbezogen werden, dass diese etwa befragt werden und dass diesen gegenüber Zwangsmassnahmen wie Beschlagnahme zu Beweiszwecken ergriffen werden, was entsprechende Entschädigungen zur Folge haben kann. 
Umgekehrt soll eine Nichtschuldigerklärung nur von in strafrechtliche Untersuchung Gezogenen und damit unter qualifizierten Voraussetzungen von einem späteren Zeitpunkt an verlangt werden können. Bei dieser Sachlage kann im Umstand, dass der Beschwerdeführerin zwar eine Genugtuung zugesprochen, das Ersuchen um Nichtschuldigerklärung aber abgewiesen wurde, kein Verstoss gegen die Kantonsverfassung erblickt werden. Auch in dieser Hinsicht erscheint es demnach sachgerecht, den Beginn des Anspruchs nach Art. 8 Abs. 4 KV/SH auf die erste richterliche Einvernahme festzulegen. 
 
Ferner stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob allein der Umstand der Haft einen Anspruch auf Nichtschuldigerklärung im Sinne von Art. 8 Abs. 4 KV/SH begründet. Allgemein darf davon ausgegangen werden, dass eine länger andauernde Haft geeignet ist, der betroffenen Person auch im Falle einer Verfahrenseinstellung im sozialen Umfeld einen "schlechten Ruf" zu hinterlassen. Diesfalls kann ein Bedürfnis nach einer förmlichen Nichtschuldigerklärung nicht verneint werden. Die Strafprozessordnung schliesst bei dieser Sachlage eine förmliche Nichtschuldigerklärung denn auch nicht aus, weil dann auf jeden Fall richterliche Einvernahmen durchgeführt werden. Demgegenüber zeitigt ein kurzfristiger Polizeiverhaft von wenigen Stunden keine entsprechenden Folgen und wird von Familie und Bekannten sowie am Arbeitsplatz im Allgemeinen kaum zur Kenntnis genommen. Im Hinblick auf die vorliegende Angelegenheit macht die Beschwerdeführerin denn auch in keiner Weise konkret geltend, dass ihr wegen der 7-stündigen Polizeihaft Nachteile im sozialen Ansehen erwachsen seien, die eine förmliche Nichtschuldigerklärung erfordern würden. Die Verweigerung einer Nichtschuldigerklärung kann daher auch im Hinblick auf die vorliegenden Verhältnisse nicht als Verstoss gegen die Kantonsverfassung betrachtet werden. 
 
e) Schliesslich knüpft Art. 61 Abs. 2 letzter Satz-teil StPO/SH den Anspruch auf Nichtschuldigerklärung an die Bedingung, dass die prozessualen Voraussetzungen für eine Beurteilung der Sache (noch) gegeben sind. Für den vorliegenden Fall führte das Obergericht aus, der Eintritt der Verfolgungsverjährung habe ein Prozesshindernis zur Folge, welches einer Fortsetzung des Verfahrens ebenso im Wege steht wie einer förmlichen Nichtschuldigerklärung. Demgegenüber wendet die Beschwerdeführerin ein, die Voraussetzungen für eine Verurteilung seien auch dann nicht gegeben, wenn es etwa an einer hinreichenden Verdachtslage fehle. 
Es sei daher mit Art. 8 Abs. 4 KV/SH nicht vereinbar, eine Nichtschuldigerklärung an die prozessualen Voraussetzungen für eine materielle Beurteilung der Sache zu knüpfen. 
 
Die Beschwerdeführerin übersieht mit ihrer Argumentation, dass die prozessualen Voraussetzungen für eine Weiterführung des Verfahrens und die sachlichen Voraussetzungen für eine Verurteilung nicht miteinander verglichen werden können und auf einer verschiedenen Ebene liegen. Entscheidend ist vielmehr die durch das Obergericht vorgenommene Beurteilung des Eintritts der Verfolgungsverjährung als Prozesshindernis. 
Mit einem beachtlichen Teil der Doktrin kann die Auffassung vertreten werden, dass der Eintritt der Verfolgungsverjährung einer materiellen Fortführung des Verfahrens grundsätzlich entgegensteht. Gleich mag es sich beim Eintritt anderer Prozesshindernisse verhalten wie etwa beim Tod des Angeschuldigten, bei fehlender Verhandlungs- und Vernehmungsfähigkeit, Gewährung von Amnestie oder Begnadigung, diplomatischer Immunität oder wegen des Grundsatzes "ne bis in idem" (vgl. Niklaus Schmid, Strafprozessrecht, 
3. Auflage 1997, Rz. 539). Bei dieser Sachlage kann es als eine Frage der strafprozessualen Logik betrachtet werden, das Verfahren nicht nur hinsichtlich eines Schuldspruchs, sondern auch im Hinblick auf eine materielle Nichtschuldigerklärung nicht fortzuführen (vgl. Aemisegger, a.a.O., S. 95 f.). 
 
Im Hinblick auf die kantonale Verfassungsgarantie und die vorliegende Angelegenheit erscheint diese Auffassung allerdings nicht unproblematisch. Gerade in Fällen der Verjährung besteht in besonderem Masse die Gefahr, dass der Ruf des Betroffenen im sozialen Umfeld getrübt bleibt. Tritt die Verjährung erst nach einem langen Prozessverfahren vor erst- und zweitinstanzlichen Gerichten mit entsprechender Publizität ein, mag ein spezielles Bedürfnis nach förmlicher Nichtschuldigerklärung bestehen. Es erscheint daher fraglich, ob es mit Sinn und Zweck der verfassungsrechtlichen Garantie vereinbar ist, den Anspruch auf Nichtschuldigerklärung allein wegen des Eintritts der Verjährung auszuschliessen, ob insoweit Art. 91 Abs. 2 letzter Satzteil StPO/SH mit Art. 8 Abs. 4 KV/SH vereinbar ist und ob der Beschwerdeführerin eine förmliche Schuldloserklärung tatsächlich aus diesem Grund verweigert werden darf. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Auffassung des Obergerichts aus rein strafprozessualer Sicht sachgerecht erscheinen mag. 
 
Wie es sich mit dieser Frage letztlich verhält, kann indessen angesichts der Doppelbegründung des Obergerichts und in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen zum Begriff des "in strafrechtliche Untersuchung Gezogenen" und zu Art. 61 Abs. 1 erster Satzteil StPO/SH offen gelassen werden. 
 
f) Gesamthaft betrachtet kommt dem Gesetzgeber ein beachtlicher Spielraum bei der Umsetzung und Konkretisierung der Verfassungsbestimmung von Art. 8 Abs. 4 KV/SH zu. Aus der Sorge, der Garantie klare Konturen zu verleihen, erscheint es abstrakt gesehen sachgerecht, mit Art. 61 Abs. 2 erster Satzteil StPO den Anspruch auf Nichtschuldigerklärung erst mit einer richterlichen Befragung beginnen zu lassen. 
Ebenso darf beachtet werden, dass die Verfassungsbestimmung keine absolute Pflicht der Behörden, sondern ein verzichtbares Recht enthält. In Bezug auf den vorliegenden Fall einen derartigen Anspruch zu verneinen, erweist sich mit Sinn und Zweck von Art. 8 Abs. 4 KV/SH vereinbar, da die Beschwerdeführerin lediglich polizeilich befragt und nur für wenige Stunden festgehalten worden ist. Demnach sind die Beschwerde und die Rüge der Verletzung von Art. 8 Abs. 4 KV/SH unbegründet. 
 
4.- Aufgrund dieser Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
Die Beschwerdeführerin hat um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht. Das Bundesgericht hat deren Bedürftigkeit bereits im Urteil vom 11. November 1998 bejaht; die Beschwerdeführerin hat zudem weitere Unterlagen zu ihrer Bedürftigkeit eingereicht. In sachlicher Hinsicht stellen sich im vorliegenden Verfahren heikle verfassungsrechtliche Fragen, die eine anwaltliche Vertretung erforderlich erscheinen lassen. Dem Gesuch kann daher stattgegeben werden. 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.- Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt: 
 
a) Es werden keine Kosten erhoben. 
 
b) Rechtsanwalt Gerold Meier wird als amtlicher 
Rechtsvertreter bezeichnet und für das bundesgerichtliche 
Verfahren aus der Bundesgerichtskasse 
mit Fr. 1'500.-- entschädigt. 
 
3.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin sowie dem Untersuchungsrichteramt, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 1. September 2000 
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: