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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
H 185/02 
 
Urteil vom 5. Juni 2003 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiberin Bollinger 
 
Parteien 
H.________ und T.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse des Kantons Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
(Entscheid vom 16. Mai 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
H.________, geboren 1936, erlitt im Juni 1991 einen Militärunfall, der zu bleibender Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit führte. Die Militärversicherung erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Taggelder und Renten). Ab 1. Januar 1992 war H.________ der Ausgleichskasse des Kantons Bern als Nichterwerbstätiger angeschlossen und bezog ab dem 1. März 1994 eine halbe, ab dem 1. Oktober 1994 eine volle Invalidenrente sowie eine Zusatzrente für seine nichterwerbstätige Ehefrau T.________. Ab Inkrafttreten des neuen Militärversicherungsgesetzes (MVG) am 1. Januar 1994 wurden die AHV/IV/EO-Beiträge direkt von den Taggeldern der Militärversicherung abgezogen, weshalb eine weitere AHV-Beitragspflicht der Eheleute bis Ende 1997 entfiel. Die Militärversicherung richtete ab 1999 keine weiteren Taggelder mehr aus. Anlässlich der Rentenberechnung bei Eintritt von H.________ ins Rentenalter am 1. Mai 2001 stellte die Ausgleichskasse des Kantons Bern Beitragslücken in den Jahren 1998 bis 2001 fest. Mit Verfügungen vom 22. Mai 2001 forderte sie von den Eheleuten H.________und T.________ persönliche Beiträge für diese Zeit, wobei sie die von der Militärversicherung im Jahre 1998 erbrachten Leistungen als massgebliches Renteneinkommen allen vier Jahren zu Grunde legte. 
B. 
Die gegen die Beitragsfestsetzungen der Jahre 1999 bis 2001 erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 16. Mai 2002 ab. 
C. 
H.________und T.________ führen Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Verfügungen der Ausgleichskasse für die Jahre 1999, 2000 und 2001 seien abzuändern. 
 
Nachdem das Eidgenössische Versicherungsgericht die Beschwerdeführer am 21. August 2002 aufgefordert hatte, einen Kostenvorschuss von Fr. 900.- zu bezahlen, ersuchten H.________und T.________ am 30. August und 25. September 2002 um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege, welche ihnen im Sinne der Befreiung von der Kostenpflicht gewährte wurde (Entscheid vom 6. Februar 2003). 
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid Bundesrecht verletzt, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder um die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht. 
1.2 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der AHV geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 22. Mai 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die neuen Bestimmungen nicht anwendbar. 
2. 
Nicht mehr streitig ist, dass die Beschwerdeführer als Nichterwerbstätige der AHV-Beitragspflicht unterstehen. Zu prüfen ist einzig, ob die Berechnung der von der Ausgleichskasse für die Jahre 1999, 2000 und 2001 verfügten persönlichen Beiträge korrekt ist. 
 
Die Vorinstanz ist unter Berufung auf die Beschwerdeantwort der Ausgleichskasse vom 12. September 2001 und auf die Stellungnahme der AHV-Zweigstelle der Stadt X.________ vom 28. August 2001 zum Schluss gelangt, die Beiträge seien in Anwendung von Art. 28 Abs. 1, 2 und 4 AHVV zu Recht aufgrund des hälftigen, von der Militärversicherung bezogenen und mit 20 multiplizierten Einkommens im Jahre 1998 berechnet worden. Demgegenüber machen die Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, die persönlichen Beiträge hätten aufgrund des in den Jahren 1999 bis 2001 tatsächlich ausbezahlten, wesentlich geringeren Renteneinkommens aus der Invalidenversicherung festgelegt werden müssen. 
3. 
3.1 In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgeblich, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1 mit Hinweis; Erw. 1.2 hievor). Im vorliegenden Fall ist die Höhe der AHV-Beiträge für die Jahre 1999 bis 2001 zu beurteilen. Die gesetzliche Grundlage für die Beitragsberechnung der Nichterwerbstätigen findet sich in Art. 10 AHVG in Verbindung mit Art. 28-30 AHVV. Art. 29 AHVV, der die Regelung von Beitragsjahr und Bemessungsgrundlagen zum Inhalt hat, wurde auf den 1. Januar 2001 geändert; während die bis Ende 2000 gültig gewesene Fassung ordentlicherweise die Vergangenheitsbemessung und ausserordentlicherweise, so etwa im Fall des Beginns der Beitragspflicht, die Gegenwartsbemessung vorsah, ist nach heute geltendem Recht bezüglich der Renteneinkommen generell die Gegenwartsbemessung anzuwenden. Auf die für die Beitragsperioden 1. Januar bis 31. Dezember 1999 und 1. Januar bis 31. Dezember 2000 zu entrichtenden Beiträge findet demnach Art. 29 AHVV in der bis 31. Dezember 2000 gültig gewesenen Fassung Anwendung. 
3.2 Nach unbestritten gebliebener Darstellung der AHV-Zweigstelle der Stadt X.________ vom 28. August 2001 begann die Beitragspflicht der Beschwerdeführer am 1. Januar 1998, weil die Militärversicherung ab diesem Zeitpunkt keine Taggelder mehr erbrachte, auf denen die AHV/IV/EO-Beiträge bereits entrichtet worden wären. Bei der Berechnung der Beitragshöhe für das Jahr 1999 ist demnach vom Renteneinkommen im Jahre 1998 auszugehen, weil dieses das Vorjahr zur ersten ordentlichen Bemessungsperiode darstellt; das Vorgehen von Vorinstanz und Verwaltung ist insoweit nicht zu beanstanden. Die Jahre 1999 und 2000 bilden die erste ordentliche Bemessungsperiode. Nach dem für diese Zeit anwendbaren System der Vergangenheitsbemessung ist für die Beiträge des Jahres 2000 daher ebenfalls das Renteneinkommen des Jahres 1998 massgebend (vgl. Käser, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl., Bern 1996, S. 231 ff. Rz 10.34 ff.), sodass sich der angefochtene Entscheid auch diesbezüglich als rechtmässig erweist. Die Beiträge für das Jahr 2001 dagegen bemessen sich gemäss der ab 1. Januar 2001 geltenden Rechtslage - nach dem System der Gegenwartsbemessung - aufgrund der in diesem Jahr erzielten Einkünfte. Die Verfügungen für die Beitragsperiode vom 1. Januar bis zum 30. April 2001 für H.________ und vom 1. Januar bis 31. Dezember 2001 für T.________ hätten demnach ausgehend vom Renteneinkommen, welches den Ehegatten im Jahre 2001 zufloss, bestimmt werden müssen. Die Sache ist daher an die Verwaltung zurückzuweisen, damit sie die nötigen Abklärungen betreffend Einkommen und Vermögen im Jahre 2001 durchführen und über die Beitragshöhe neu verfügen kann. 
4. 
Entsprechend dem Verfahrensausgang werden die Gerichtskosten zu einem Drittel der Kasse sowie zu zwei Dritteln den Beschwerdeführern auferlegt. Soweit diese unterliegen, wird ihnen gemäss Zwischenentscheid vom 6. Februar 2003 die unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten gewährt (Art. 152 OG in Verbindung mit Art. 135 OG). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
5. 
Die nicht anwaltlich oder sonst wie qualifiziert vertretene obsiegende Partei hat nur ausnahmsweise Anspruch auf Parteientschädigung (sog. Umtriebsentschädigung). Voraussetzung ist namentlich, dass die Interessenwahrung einen hohen Arbeitsaufwand notwendig macht, welcher den Rahmen dessen überschreitet, was der Einzelne üblicher- und zumutbarerweise auf sich zu nehmen hat (BGE 110 V 82). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben, weshalb eine Umtriebsentschädigung nicht zugesprochen werden kann. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 16. Mai 2002 sowie die Verfügungen der Ausgleichskasse des Kantons Bern vom 22. Mai 2001 mit den Abrechnungs-Nummern 386559 und 386569 aufgehoben werden und die Sache an die Ausgleichskasse zurückgewiesen wird, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über die Beitragshöhe neu verfüge. 
2. 
Die Gerichtskosten von total Fr. 900.- werden zu einem Drittel der Ausgleichskasse des Kantons Bern auferlegt, welche Fr. 300.- zu tragen hat. Infolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege an die Beschwerdeführer wird deren Gerichtskostenanteil von Fr. 600.- einstweilen auf die Kasse des Eidgenössischen Versicherungsgerichts genommen. 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der AHV-Zweigstelle der Stadt X.________ und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 5. Juni 2003 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: 
 
i.V.