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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6F_21/2022  
 
 
Urteil vom 2. August 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin Koch, 
Gerichtsschreiber Boller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________,  
2. B.B.________,  
 
Gesuchsteller, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel, 
2. C.________, 
vertreten durch Advokat Pascal Riedo,  
Gesuchsgegner, 
 
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, St. Alban-Vorstadt 25, 4052 Basel. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 4. Mai 2022 (6F_9/2022). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
A.A.________ und B.B.________ erstatteten am 24. Mai 2019 Strafanzeige gegen C.________ wegen Veruntreuung, eventuell Betrugs und allfälliger weiterer Delikte im Zusammenhang mit dem Verkauf ihrer Liegenschaft "Seehaus" an der Via D.________ in U.________ (Italien) im Jahre 2015. Mit Verfügung vom 15. Januar 2020 stellte die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt das Strafverfahren ein und verwies die Zivilklage auf den Zivilweg. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 28. September 2020 ab. Das Bundesgericht trat auf eine dagegen erhobene Beschwerde aus formellen Gründen nicht ein (Urteil 6B_1402/2020 vom 17. Januar 2022). Ein in der Folge von A.A.________ und B.B.________ gestelltes Revisionsgesuch wies das Bundesgericht ab, soweit es darauf eintrat (Urteil 6F_9/2022 vom 4. Mai 2022). 
 
A.A.________ und B.B.________ gelangen am 15. Juni 2022 mit einem zweiten Revisionsgesuch erneut an das Bundesgericht. Sie ersuchen sinngemäss um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
2.  
Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Das Bundesgericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Allfällige Revisionsgründe sind in gedrängter Form darzulegen (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 121-123 BGG). Der Revisionsgrund muss sich auf den Gegenstand des zu revidierenden Urteils beziehen. Die Revision dient nicht der Korrektur einer angeblich unrichtigen rechtlichen Würdigung oder Rechtsauffassung des Bundesgerichts. Sie eröffnet dem Gesuchsteller insbesondere nicht die Möglichkeit, die Rechtslage erneut zu diskutieren und eine Wiedererwägung des bundesgerichtlichen Urteils zu verlangen, das er für unrichtig hält (so bereits das gegen die Gesuchsteller ergange Urteil 6F_9/2022 vom 4. Mai 2022 E. 3 S. 4 mit Hinweis). 
 
3.  
Die Gesuchsteller sind der Ansicht, es liege in Bezug auf einen am Revisionsurteil vom 4. Mai 2022 beteiligten Bundesrichter ein Befangenheitsgrund vor, weil er, im Gegensatz zu den übrigen, mit jenem Urteil befassten Gerichtspersonen, schon am Nichteintretensentscheid vom 17. Januar 2022 mitgewirkt habe. Das Revisionsurteil müsse bereits aus diesem formellen Grund aufgehoben werden. Die Gesuchsteller berufen sich damit sinngemäss auf den Revisionsgrund von Art. 121 lit. a BGG (Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand). Einem Richter kann indes die Unabhängigkeit nicht abgesprochen werden, nur weil er bereits in früheren Verfahren gegen die Gesuchsteller entschieden hat (vgl. Art. 34 Abs. 2 BGG). Ein solchermassen begründetes Ausstandsbegehren ist unzulässig, weshalb darauf ohne Ausstandsverfahren nach Art. 37 Abs. 1 BGG nicht einzutreten ist (BGE 114 Ia 278 E. 1). Dass und inwiefern das bundesgerichtliche Revisionsurteil an einem Revisionsgrund im Sinne von Art. 121 lit. a BGG leiden sollte, ist nicht ersichtlich. 
 
4.  
 
4.1. In der Sache beziehen sich die Gesuchsteller auf die Beschwerdelegitimation, welche im Nichteintretensentscheid vom 17. Januar 2022 abschlägig beurteilt wurde, sowie auf die im Revisionsurteil vom 4. Mai 2022 getroffene Feststellung, es liege betreffend die Beurteilung dieser Beschwerdelegitimation entgegen der gesuchstellerischen Auffassung kein Revisionsgrund nach Art. 121 lit. d BGG (fehlende Berücksichtigung von in den Akten liegenden erheblichen Tatsachen) vor. Das Bundesgericht führte diesbezüglich in seinem Revisionsurteil aus, es habe im Nichteintretensentscheid die Beschwerdelegitimation der Gesuchsteller als Privatkläger im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG mangels hinreichender Begründung verneint, d.h. weil sie nicht rechtsgenüglich dargelegt hätten, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche ihnen allenfalls zustehenden Zivilforderungen auswirken könnte. Das Bundesgericht hielt im Revisionsurteil weiter fest, es habe dabei zwar - worauf die Gesuchsteller im ersten Revisionsgesuch zu Recht hingewiesen hätten - offensichtlich übersehen, dass in der Beschwerde ausdrücklich konkrete Zivilforderungen im Zusammenhang mit dem zur Anzeige gebrachten Deliktssachverhalt des Liegenschaftsverkaufts benannt worden seien. Gleichwohl könne nicht vom Vorliegen einer "erheblichen" Tatsache im Sinne von Art. 121 lit. d BGG gesprochen werden. Denn der Beschwerde und ebenso dem ersten Revisionsgesuch könne entnommen werden, dass die fraglichen Zivilforderungen bereits Gegenstand eines zivilrechtlichen Gerichtsverfahrens in Italien gebildet hätten bzw. bildeten. Weil eine bereits in einem Zivilprozess rechtshängige oder rechtskräftig beurteilte Klage unter den gleichen Parteien über den selben Lebenssachverhalt ein Prozesshindernis im strafrechtlichen Adhäsionsprozess darstelle, hätten sich die Gesuchsteller im Beschwerdeverfahren auch zur Rechtshängigkeit und Klageidentität sowie insbesondere zur Frage äussern müssen, weshalb das angehobene Zivilverfahren in Italien einem strafrechtlichen Adhäsionsverfahren nicht entgegenstehe. Dass sie dies getan hätten, machten die Gesuchsteller zu Recht nicht geltend. An der bundesgerichtlichen Beurteilung, wonach auf die Beschwerde mangels (hinreichender Begründung der) Legitimation nicht einzutreten sei, ändere sich daher im Ergebnis nichts. Trotz des Vorliegens einer versehentlich unbeachtet gelassenen Tatsache verneinte das Bundesgericht demzufolge einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 121 lit. d BGG mangels Erheblichkeit jener Tatsache (vgl. Urteil 6F_9/2022 vom 4. März 2022 E. 3).  
 
4.2. Die Gesuchsteller legen in ihrem zweiten Revisionsgesuch dar, weshalb das Zivilverfahren in Italien dem Adhäsionsverfahren in der Schweiz nicht entgegenstehe, nämlich weil im italienischen Zivilverfahren ein geringerer Betrag eingeklagt werde als im Adhäsionsverfahren in der Schweiz. Jedenfalls im Umfang des Differenzbetrags stelle das Verfahren in Italien kein Hindernis für das Adhäsionsverfahren in der Schweiz dar. Nach Ansicht der Gesuchsteller handle es sich bei dieser Forderungsdifferenz und dem Umstand, dass insoweit das italienische Zivilverfahren dem Adhäsionsverfahren nicht entgegenstehe, um eine in den Akten liegende erhebliche Tatsache, die das Bundesgericht sowohl im Beschwerde- als auch im Revisionsverfahren übersehen habe. Daneben machen die Gesuchsteller (alternativ) geltend, ein (ausländisches) Zivilverfahren stehe "dem Strafverfahren" gegen den Gesuchsgegner 2 ohnehin nicht entgegen. Die Gesuchsteller erachten sich insoweit als zur Revision im Sinne von Art. 121 lit. d BGG berechtigt.  
 
4.3. Der Argumentation der Gesuchsteller kann nicht gefolgt werden. Soweit sie die Relevanz einer den gleichen Streitgegenstand betreffenden Zivilklage für das Adhäsionsverfahren per se in Abrede stellen wollen, setzen sie sich nicht nur in Widerspruch zu der ihnen bereits mit dem Revisionsurteil zur Kenntnis gebrachten Rechtslage (vgl. Urteil 6F_9/2022 vom 4. Mai 2022 E. 3 S. 3 mit Hinweis auf BGE 145 IV 351 E. 4.3; Art. 59 Abs. 2 lit. d und e sowie Art. 64 Abs. 1 lit. a ZPO; Art. 122 Abs. 3 StPO; für das internationale Verhältnis vgl. ausserdem Art. 27 des Lugano-Übereinkommens [SR 0.275.12] und Art. 9 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht [SR 291]), sondern werfen sie auch eine Rechtsfrage auf, was im Revisionsverfahren unzulässig ist (vgl. E. 2 oben). Darauf ist von vornherein nicht näher einzugehen.  
Hinsichtlich der weiteren Vorbringen der Gesuchsteller ergibt sich was folgt: Zwar kann der Umstand, dass ein anderes rechtshängiges Zivilverfahren dem Adhäsionsverfahren nicht entgegensteht, grundsätzlich eine in den Akten liegende erhebliche Tatsache im Sinne von Art. 121 lit. d BGG sowohl betreffend den Nichteintretens- als auch den Revisionsentscheid darstellen. Das bedingt allerdings, dass dieser Umstand als gegeben erachtet werden kann, was hier nicht der Fall ist. Wie schon im Nichteintretensentscheid erwähnt, obliegt es nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dem Privatkläger, seine Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen darzutun (Urteil 6B_1402/2020 vom 17. Januar 2022 E. 1.1 mit Hinweis auf BGE 141 IV 1 E. 1.1; vgl. auch BGE 137 IV 246 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Bei Vorliegen eines im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Strafverfahrens stehenden rechtshängigen oder rechtskräftig entschiedenen Zivilverfahrens liegt es daher auch an ihm aufzuzeigen, dass dieses Zivilverfahren dem Adhäsionsverfahren nicht entgegensteht (vgl. etwa Urteile 6B_1244/2021 vom 12. April 2022 E. 1.3.3; 6B_266/2021 vom 21. Oktober 2021 E. 2.1). Wie dies bereits aus dem Revisionsurteil hervorgeht, fehlt es in der seinerzeitigen Beschwerde an entsprechenden Darlegungen. Die Gesuchsteller machen in ihrem zweiten Revisionsgesuch denn auch nicht geltend, sie hätten bereits in der Beschwerde Ausführungen zur Vereinbarkeit des Adhäsionsverfahrens mit dem Zivilverfahren in Italien getätigt, sondern sie äussern sich im zweiten Revisionsgesuch erstmals dazu. In der Beschwerde unterlassene Substanziierungen können im Revisionsverfahren indes nicht mehr nachgeholt werden (vgl. Urteil 6F_12/2021 vom 19. Juli 2021 E. 3 mit Hinweisen). Im Weiteren war gestützt auf die im Beschwerdeverfahren vorgelegenen Umstände auch nicht ohne Weiteres erkennbar, weshalb das Zivilverfahren in Italien kein Hindernis für das Adhäsionsverfahren sein sollte. Zwar reichten die Gesuchsteller bereits mit ihrer Beschwerde den sog. "italienischen Mahnbescheid" ein, der die im Gerichtsverfahren in Italien eingeklagte (geringere) Forderungssumme ausweist, wie die Gesuchsteller dies in ihrem zweiten Revisionsgesuch betonen. Äusserungen zum Nebeneinander der beiden Verfahren finden sich jedoch ebenso im Zusammenhang mit diesem Beleg in der Beschwerde nicht. Entgegen der Gesuchsteller war es damit auch nicht am Bundesgericht, von sich aus den besagten Beleg, der als Sammelbeilage auf einem Datenträger zu den Akten gegeben wurde (Beschwerdebeilage 2), zu konsultieren und gestützt darauf Überlegungen betreffend die Zulässigkeit eines Adhäsionsprozesses in der Schweiz anzustellen. Es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, in den Akten und Beilagen nach für den Standpunkt des Rechtssuchenden sprechenden Hinweisen zu suchen (vgl. Urteile 1B_324/2021 vom 14. Dezember 2021 E. 2.3.2; 5A_917/2018 vom 20. Juni 2019 E. 4.5 mit Hinweisen). 
Ob es in der Sache zutrifft, dass das Zivilverfahren in Italien dem Adhäsionsverfahren in der Schweiz im Umfang des Differenzbetrags nicht entgegensteht, braucht bei dieser Sachlage nicht vertieft zu werden. Offenbleiben kann mithin, ob neben der in Italien rechtshängigen Zivilklage eine weitere Zivilklage adhäsionsweise erhoben werden kann, obwohl - wie aus den Ausführungen der Gesuchsteller zu schliessen ist - mit beiden Klagen ein Teilbetrag einer aus dem gleichen, angeblich strafbaren Verhalten abgeleiteten Gesamtschadenssumme geltend gemacht wird, die (Teil-) Klagen also den gleichen Lebenssachverhalt betreffen (zur Identität von Streitgegenständen vgl. BGE 142 III 210 E. 2.1; zur Rechtskraft eines abweisenden Urteils über eine Teilklage vgl. BGE 147 III 345 E. 6). 
 
4.4. Aus den genannten Gründen, d.h. nachdem sich die Gesuchsteller in der Beschwerde zur Vereinbarkeit des Adhäsionsverfahrens mit dem Zivilverfahren in Italien nicht äusserten und eine solche Vereinbarkeit ebenso aufgrund der Umstände nicht leichthin ersichtlich war, erweist sich die von den Gesuchstellern angeführte Forderungsdifferenz bzw. die von ihnen daraus abgeleitete Zulässigkeit der Adhäsionsklage nicht als in den Akten liegende erhebliche Tatsache, die das Bundesgericht hätte beachten müssen und versehentlich ausser Acht gelassen hätte. Auch der geltend gemachte Revisionsgrund von Art. 121 lit. d BGG liegt demnach nicht vor. Die von den Gesuchstellern kritisierte Tatsache, dass das Bundesgericht im Nichteintretensentscheid die in der Beschwerde erwähnten Zivilforderungen übersehen hat und erst im Revisionsurteil auf die in der Beschwerde fehlende Darlegung der Vereinbarkeit des Adhäsionsverfahrens mit dem italienischen Zivilverfahren eingegangen ist, bleibt für dieses Ergebnis im Übrigen ohne Belang.  
 
5.  
Das Revisionsgesuch ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Von einer Kostenauflage kann ausnahmsweise und letztmals abgesehen werden (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das sinngemäss gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird damit gegenstandslos. Dem Gesuchsgegner 2 steht keine Parteientschädigung zu, da ihm im bundesgerichtlichen Revisionsverfahren keine Umtriebe entstanden sind (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. August 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Boller