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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_286/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 2. November 2015  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Marazzi, Bovey, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
C.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Heinrich Hempel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Aberkennung eines Anspruchs im Lastenverzeichnis, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 26. Februar 2015 (K.2014.7). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 21. Januar 2014 teilte das Betreibungsamt Kreuzlingen im Verfahren auf Pfandverwertung der beiden im Eigentum von D.D.________ stehenden Grundstücke Nr. www und Nr. xxx, welche zwei Einfamilienhäusern an der F.________strasse Nr. yyy und Nr. zzz in U.________ entsprechen, den Beteiligten das Lastenverzeichnis mit. Die C.________ AG, welche auf den beiden Grundstücken für ihre Forderungen gegen D.D.________ hatte Arrest legen lassen, bestritt den im Lastenverzeichnis aufgeführten Anspruch von A.________ (Position Nr. 03) und denjenigen von B.________ (Position Nr. 04). Innert der vom Betreibungsamt infolge Bestreitung angesetzten Frist erhob sie die Lastenbereinigungsklage.  
 
A.b. Mit Entscheid vom 22. Oktober 2014 stellte das Bezirksgericht Kreuzlingen fest, dass der im Lastenverzeichnis zu Gunsten von A.________ und zu Gunsten von B.________ aufgenommene Anspruch und das Pfandrecht nicht bestehen und wies das Betreibungsamt entsprechend zur Streichung an. Das Gesuch der Beklagten um unentgeltliche Prozessführung und Bestellung eines Rechtsvertreters lehnte es ab.  
 
A.c. Am 9. Januar 2015 erhoben die beiden Beklagten, erneut vertreten durch D.D.________ und E.D.________, Berufung an das Obergericht des Kantons Thurgau. Sie beantragten die Aufhebung des erstinstanzlichen Entscheides, die Sistierung des Verfahrens bis zum Entscheid in einem Parallelverfahren (G.________ AG, K.2014.6), eventuell die Abweisung der Klage. Schliesslich sei allenfalls für B.________ ein Dolmetscher zu bestellen. Mit Entscheid vom 26. Februar 2015 wies das Obergericht die Berufung ab, soweit es darauf eintrat. Es stellte den Nichtbestand der vertraglichen Pfandrechte (Position Nr. 03 und Nr. 04) fest und wies das Betreibungsamt an, diese nach Rechtskraft des Urteils im Lastenverzeichnis zu streichen. Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung einschliesslich der Bestellung eines Rechtsvertreters lehnte das Obergericht ab.  
 
B.   
Mit Eingabe vom 8. April 2015 sind A.________ und B.________ an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführer beantragen die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides, die Sistierung des zeitgleich laufenden Verfahrens (5A_368/2015) gegen die G.________ AG, eventuell die Abweisung der Klage. Zudem ersuchen sie um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung einschliesslich der Ernennung eines Rechtsvertreters. Die Beschwerdeführerin ersucht alsdann, ihr eventuell einen Dolmetscher zu bestellen. 
Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die C.________ AG (Beschwerdegegnerin) beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerdeführer haben daraufhin repliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über eine Lastenbereinigungsklage, der der Beschwerde in Zivilsachen unterliegt (Art. 72 ff. BGG). Die Streitwertgrenze ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerdeführer, welche sich gegen die Streichung ihres Pfandes im Lastenverzeichnis wehren, sind vom Entscheid des Obergerichts betroffen und haben grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Zwar fand die Versteigerung der beiden Grundstücke von D.D.________ bereits am 5. März 2014 statt, was indes auch bei streitigem Anspruch im Lastenverzeichnis möglich ist (vgl. Art. 141 SchKG).  
 
1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich grundsätzlich von Amtes wegen und mit freier Kognition an (Art. 106 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nicht zulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.   
Anlass zur vorliegenden Beschwerde bildet eine Lastenbereinigungsklage, gegen welche sich die Beschwerdeführer zur Wehr setzen. 
 
2.1. Die Vorinstanz sah die Voraussetzungen für die von den Beschwerdeführern geforderte Sistierung des Verfahrens auch im Rechtsmittelverfahren nicht als gegeben. Ihrer Ansicht nach hängt der Entscheid in diesem Verfahren (K.2014.7) nicht vom Ausgang eines andern Verfahrens (K.2014.6) ab (Art. 126 ZPO). Zudem würden die beiden Verfahren zwar separat aber parallel geführt, so dass keine Gefahr von widersprechenden Urteilen bestehe.  
Die Beschwerdeführer sind nach wie vor der Ansicht, dass die Vorinstanz das eine Verfahren (K.2014.7) hätte sistieren müssen und verlangen vom Bundesgericht ebenfalls die Sistierung des vorliegenden Verfahrens 5A_286/2015. Worin eine Verletzung von Art. 126 ZPO liegen sollte, ist nicht nachvollziehbar. Damit erübrigt sich auch eine Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens bis zum Entscheid über das ebenfalls hängige Verfahren 5A_368/2015. 
 
2.2. Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz grobe Verfahrensfehler und die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs vor. Insbesondere sei ihnen die Teilnahme am Verfahren verweigert worden. Das Gericht habe ihnen keinen Rechtsvertreter und keinen Dolmetscher bestimmt, obwohl sie vor allem aus sprachlichen Gründen nicht im Stande gewesen waren, den Prozess selber zu führen. Darin liege eine Verletzung von Art. 69 Abs. 1 ZPO.  
 
2.2.1. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die beiden Beklagten vom Bezirksgericht ausdrücklich auf die Möglichkeit und die konkreten Voraussetzungen zur Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege hingewiesen worden waren. In ihrer Mitteilung, dass sie kein Geld für einen Anwalt hätten, könne kein derartiges Gesuch erblickt werden. Hingegen hätten sie erklärt, sich durch D.D.________ und E.D.________ vertreten zu lassen, "die alles besser wissen". Am 7. Oktober bzw. am 21. Oktober 2014 hatten die Beklagten ihnen eine schriftliche Vollmacht ausgestellt. Aufgrund ihres Verhaltens im Verfahren, insbesondere der Mitteilung an das Bezirksgericht vom 13. Juni 2014, sie hätten von der Beklagten umfangreiche Akten erhalten, mussten die Beauftragten nach Ansicht der Vorinstanz allerdings schon vorher im Besitz der Klageschrift gewesen sein. Von einer Verweigerung eines Rechtsvertreters und der Verletzung des rechtlichen Gehörs kann daher nach Ansicht der Vorinstanz keine Rede sein.  
 
2.2.2. Entgegen der Darstellung der Vorinstanz ist die Erstinstanz sogar davon ausgegangen, dass in den Äusserungen der Beklagten auf die richterlichen Fristansetzungen zur Klageantwort ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu erblicken ist. Dieses wurde indes infolge Aussichtslosigkeit der Begehren abgelehnt. Da die Beklagten zudem von Personen vertreten wurden, welche mit dem Prozessthema bestens vertraut waren, sei auch aus diesem Grund die Verbeiständung durch einen Anwalt nicht notwendig.  
 
2.2.3. Wenn auch die Vorinstanz den Entscheid der Erstinstanz bezüglich der unentgeltlichen Rechtsvertretung anders verstanden hat, erwächst den Beschwerdeführern daraus kein Nachteil. Sie hat nämlich explizit darauf hingewiesen, dass diese überdies selber eine Vertretung bestimmt haben. Mit dieser Begründung setzen sich die Beschwerdeführer nicht auseinander. Sie beschränken sich darauf, den Verlauf des kantonalen Verfahrens aus ihrer Sicht zu schildern und hierzu eine Reihe von Behauptungen aufzustellen. So bestehen sie darauf, dass ihnen vom Bezirksgericht keine Nachfrist zur Einreichung der Klageantwort angesetzt und die Hauptverhandlung nicht verschoben worden war. Ebenso sei kein Dolmetscher bestellt worden. Zudem sei ihre Vertreterin nicht als Nebenintervenientin zugelassen worden. Dazu ist festzuhalten, dass einzig das vorinstanzliche Urteil Gegenstand der Beschwerde an das Bundesgericht bilden kann. Auf die Vorwürfe der Beschwerdeführer gegen die Erstinstanz kann daher nicht eingetreten werden, zumal sie nicht dartun, diese bereits vor Obergericht erhoben zu haben.  
 
2.2.4. Schliesslich bringen die Beschwerdeführer vor, es habe ihnen im kantonalen Verfahren an der Postulationsfähigkeit im Sinne von Art. 69 Abs. 1 ZPO gefehlt. Gemäss dieser Bestimmung kann das Gericht eine Partei, die offensichtlich nicht im Stande ist, den Prozess selber zu führen, auffordern, einen Vertreter zu bestimmen. Leistet sie innert der angesetzten Frist dieser Aufforderung keine Folge, so bestellt ihr das Gericht eine Vertretung. Diese Vorschrift ist in Anbetracht der gesamten Umstände des Verfahrens und restriktiv zu handhaben. Ein unzweckmässiges oder für die Beteiligten gar lästiges Verhalten im Prozess genügt indes nicht. Hingegen kommen dauernde Abwesenheit oder gesundheitliche Beeinträchtigungen in Frage. Zudem ist erforderlich, dass der Rechtsstandpunkt der zu vertretenden Partei nicht aussichtslos erscheint. Müsste einer Partei die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege versagt werden, macht es keinen Sinn, ihr gestützt auf Art. 67 Abs. 1 ZPO einen Rechtsvertreter beizugeben (STERCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 1 und 3 zu Art. 69; TENCHIO, in: Basler Kommentar, ZPO, 2. Aufl. 2013, N. 8 zu Art. 69; JEANDIN, in: Code de procédure cilvile commenté, 2011, N. 4 und 5 zu Art. 69).  
 
2.2.5. Dass es den Beschwerdeführern im kantonalen Verfahren an einer minimalen Kenntnis der Verfahrenssprache fehlen soll, wie sie behaupten, um auf richterliche Anordnungen adäquat zu reagieren, überzeugt nicht. Immerhin konnten sie schon vor Bezirksgericht zwei Vertreter bestimmen, die in deutscher Sprache bereits eine Reihe von Verfahren geführt haben. Es ist daher davon auszugehen, dass die Vertreter die richterlichen Anordnungen verstanden haben und ihren Standpunkt im Verfahren einbringen konnten. Aus dieser Sicht drängte sich auch der Beizug eines Dolmetschers für die Beschwerdeführerin nicht auf. Damit kann offen bleiben, ob in der geltend gemachte Verletzung von Art. 69 Abs. 1 ZPO überhaupt eine gegen den vorinstanzlichen Entscheid gerichtete Rüge gemeint ist. Soweit ein solcher Vorwurf gegen den Entscheid des Bezirksgerichts erhoben wird, wäre er vorliegend ohnehin nicht zu prüfen, da dieser nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet.  
 
2.3. In der Sache kam die Vorinstanz zum Schluss, dass auf die Berufung der Beklagten nicht eingetreten werden könne, da es an einer minimalen Begründung der Anträge fehle. Insbesondere werde auf eine Rechtsschrift aus dem Parallelverfahren (K.2014.6) verwiesen, das gemäss den Ausführungen der Beschwerdeführer selber teils andere Fragen aufwerfe. Zudem erweise sich diese Eingabe als wirr und es sei dem Gericht nicht zuzumuten, die für das vorliegende Verfahren allenfalls massgebenden Argumente daraus zu entnehmen.  
Demgegenüber halten die Beschwerdeführer vor Bundesgericht sinngemäss daran fest, dass sie Inhaber je eines Schuldbriefes seien und daher ihr jeweiliger Anspruch ins Lastenverzeichnis aufzunehmen sei. Damit übergehen sie, dass die Vorinstanz auf ihre Berufung in diesem Punkt gar nicht eingetreten ist und legen nicht dar, inwiefern dies bundesrechtswidrig sein sollte. Sie wiederholen auch hier bloss ihre prozessualen Vorwürfe und schildern den Sachverhalt aus ihrer Sicht, ohne eine einzige rechtsgenüglich begründete Rügen zu erheben (E. 1.2). 
 
2.4. Schliesslich bestehen die Beschwerdeführer auf die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im kantonalen Verfahren. Sie begründen ihren Standpunkt mit den fehlenden finanziellen Mitteln. Indes gehen sie auf die vorinstanzliche Begründung, wonach bereits ihre Anträge aussichtslos schienen, mit keinem Wort ein. Ist dieses Erfordernis nicht erfüllt, besteht kein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 117 lit. b ZPO). Damit brauchte die Vorinstanz auch nicht zu prüfen, ob den Beschwerdeführern die erforderlichen Mittel für die Finanzierung des Verfahrens allenfalls fehlen (Art. 117 lit. a ZPO)  
 
3.   
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Die Anträge der Beschwerdeführer erwiesen sich von Beginn an als aussichtslos, weshalb ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege auch für das bundesgerichtliche Verfahren abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Zudem erweist sich die Ernennung eines Dolmetschers für die Beschwerdeführerin angesichts der Sprachkenntnisse und der Prozesserfahrung ihrer Berater als unnötig, auch wenn diese vor Bundesgericht sie nicht wie Anwälte vertreten können (Art. 40 Abs. 1 BGG). Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Gerichtskosten den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung auferlegt (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Zudem schulden sie der Beschwerdegegnerin ebenfalls zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 und 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Gesuch um Sistierung des Verfahrens wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und um Ernennung eines Dolmetschers wird abgewiesen. 
 
4.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
5.   
Die Beschwerdeführer haben der Beschwerdegegnerin zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftbarkeit eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 2'500.-- zu bezahlen. 
 
6.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. November 2015 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante